Rede Besselpreis 2010 - Besselgymnasium
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Schmoll aus der FAZ gesagt: „Inzwischen scheint bei aller Pisa-Seligkeit unter den Eltern das<br />
Bedürfnis gewachsen zu sein, ihren Kindern Bildungserfahrungen zu vermitteln, die sich<br />
nicht in skills oder Kompetenzen für die Durchsetzung in der Wettbewerbsgesellschaft<br />
niederschlagen.“<br />
Wird unser Bildungswesen dieser Aufgabe gerecht? Die Gefahr ist mit Händen zu greifen,<br />
dass hierzulande aus den PISA-Studien auf dramatische Weise verkürzte Konsequenzen<br />
gezogen werden. Man beschränkt sich auf die Suche nach Wegen, das kognitive<br />
Leistungsniveau zu steigern - und zwar bezogen auf seine testbaren Dimensionen. Man<br />
betreibt sozusagen eine Digitalisierung der Lernprozesse. Dabei wird verkannt, dass das<br />
Lernen nur verbessert, wer die Bedingungen des Lernens - sein soziales Setting sozusagen -<br />
verändert.<br />
Ich wiederhole mich gerne: Das Ziel zeitgemäßer Schulreformen tritt erst dann zureichend in<br />
den Blick, wenn eine neue Balance von Leistungsorientierung und Lebensorientierung, von<br />
nachprüfbarem Wissen und Identitätsbildung, von Kulturtechniken und kultureller<br />
Verwurzelung erreicht wird.<br />
Dabei muss man sich die Balance zwischen diesen beiden Dimensionen nicht im Sinn von<br />
zwei kommunizierenden Röhren vorstellen, wonach der Zugewinn auf der einen Seite mit<br />
einem Verlust auf der anderen Seite erkauft wird. Vielmehr muss man es für möglich halten<br />
und darauf hinzielen, dass eine Verstärkung auf der einen auch zu einer Verstärkung auf der<br />
anderen Seite zu führen vermag.<br />
Schulreformprojekte sind daran zu messen, ob das auch gelingt. Zu ihnen gehört dann aber in<br />
jedem Fall auch, für Schülerinnen und Schüler Räume zu schaffen, in denen sie ihrer Freiheit<br />
gewiss werden und diese verantwortlich zu gebrauchen lernen.<br />
Charlotte Haake und Fynn Schmidt gehören zu jener Verantwortungselite, welche Schule<br />
ebenso wie unsere Gesellschaft für ihr Fortbestehen im Sinne einer notwendigen<br />
Humanisierung nur allzu nötig braucht.<br />
Deshalb freue ich mich persönlich ganz besonders, liebe Charlotte, lieber Fynn, dass Ihr zwei<br />
heute für Euer Engagement mit dem <strong>Besselpreis</strong> ausgezeichnet und geehrt werdet. Ihr habt<br />
ihn wirklich verdient.<br />
Und das ist kein Honig, sondern die Wahrheit.<br />
Herzlichen Glückwunsch!