Fachtagung_Demenz_Dokumentation_10_Internet_ES
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Wunde werde sofort mit Schmerz in Verbindung gebracht, bei Kopfschmerzen, die nicht<br />
zu erkennen seien, sei die Einschätzung problematischer. Chronische Schmerzen seien abhängig<br />
von Intensität, Ort und Zeit. Außerdem spielten biologische Prozesse, Kognition und<br />
Verhalten eine Rolle. Schmerzen sollten nach Ansicht der Referentin Dr. Sirsch multimodal<br />
behandelt werden: Schmerzmedikamente alleine reichten nicht. Chronischer Schmerz sei<br />
ein multidimensionales Syndrom.<br />
Das Modell nach Basler (Basler et al. 1999) verdeutliche, dass Schmerz im Alter einen<br />
Teufelskreis aus Schmerz, Mobilitätseinschränkung, Hilflosigkeit, Depression und Einsamkeit<br />
bis zur geistigen und körperlichen Inaktivität auslöse. Problematisch bei der Schmerzeinschätzung<br />
bei Menschen mit <strong>Demenz</strong> sei es, dass sie bei fortschreitenden Erkrankungen<br />
häufig nicht mehr in der Lage seien, ihren Schmerz verbal zu beschreiben oder diesen gar<br />
auf einer Skala von 0 – <strong>10</strong> anzugeben. Die Selbsteinschätzung des Schmerzes stoße damit an<br />
ihre Grenzen (Basler et al. 2001).<br />
Der pflegerische Auftrag zur Schmerzeinschätzung beginne mit dem initialen Assessment,<br />
bei dem erfasst werden müsse, ob ein akuter oder chronischer Schmerz oder kein<br />
Schmerz vorläge. Sei chronischer Schmerz festgestellt worden, müsse differenziert werden,<br />
ob eine stabile oder instabile Situation vorläge. Beide erforderten ein differenziertes multidimensionales<br />
Assessment, angepasst an die jeweilige Situation<br />
und unter Einbeziehung eines pflegerischen Schmerzexperten und<br />
eines interdisziplinären Teams. Danach werde entweder der bisherige<br />
Behandlungsplan beibehalten oder – bei instabiler Situation<br />
– ein interdisziplinärer Behandlungsplan erstellt. Danach finde sich<br />
der Übergang zur Schnittstelle „Planung der pflegerischen Maßnahmen“.<br />
Die Verlaufskontrolle erfolge nach individuellen Erfordernissen<br />
(DNQP 2014).<br />
Zur differenzierten Schmerzeinschätzung gehöre auch die<br />
Schmerzanamnese: Welche Qualität hat der Schmerz, wo und wann<br />
tritt er auf, wie lange hält er an und wie stark ist er? Die Referentin<br />
stellte die Instrumente der Selbsteinschätzung im differenzierten<br />
Assessment vor. Dazu gehören: Body Location Skala, Numerische Rangskala (NRS), visuelle<br />
Analogskala (VAS), Verbale Ratingskala (VRS) sowie die Wong-Baker oder Smiley Skala, die<br />
allerdings bei Menschen mit <strong>Demenz</strong> nicht gebräuchlich sei. Gerade bei Menschen mit <strong>Demenz</strong><br />
seien Pflegende erforderlich, die erkennen könnten, ob Schmerzen vorlägen oder ein<br />
Verhalten als Schmerzverhalten interpretieren könnten. Die Entscheidungsfindung werde<br />
durch persönliche Erfahrung, klinische Vorerfahrung und aktuelle Beobachtung beeinflusst.<br />
Fallbeispiele zum „akuten Schmerz“ verdeutlichten während des Workshops, wie problematisch<br />
die Entscheidungsfindung in der Praxis sein kann.<br />
Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen äußerten Schmerzen oft indirekt, beispielsweise<br />
durch Lautäußerungen oder Körperhaltung. Auf akute Schmerzen könne auch<br />
ein veränderter Atemrhythmus hinweisen. Items zur Schmerzerkennung seien zum Beispiel<br />
auch Appetitlosigkeit, erhöhtes Schlafbedürfnis, abweisendes Verhalten oder unspezifische<br />
verbale Perseveration, die Wiederholung von Worten oder Sätzen.<br />
Dr. Sirsch stellte die Instrumente zur Fremdeinschätzung vor: B<strong>ES</strong>D (Beurteilung von<br />
Schmerzen bei <strong>Demenz</strong>) (Basler et al. 2001), BISAD (Beobachtungsinstrument für das<br />
Schmerzassessment bei alten Menschen mit <strong>Demenz</strong>) (Fischer 2012), BPS (Schmerzerfassung<br />
bei Intensivpatienten) sowie ZOPA (Zurich Observation Pain Assessment) (Handel 20<strong>10</strong>). Im<br />
Anschluss zeigte sie verschiedene Faktoren auf, die Einflüsse auf das Schmerzassessment<br />
haben können, wie z. B. Vorabinformationen als Auslöser pflegerischer Entscheidungen, Angehörige<br />
oder die Identifizierung mit dem Menschen mit <strong>Demenz</strong>.<br />
„Schmerz ist das, was der<br />
Patient (Betroffene) als<br />
solchen beschreibt. Er ist<br />
immer dann vorhanden,<br />
wenn er geäußert wird.“<br />
MARGO MCCAFFERY, 1999<br />
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