ANDREA SCHERZ, - hoteljournal.ch
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<strong>ANDREA</strong> <strong>SCHERZ</strong>,<br />
wie geht 's weiter mit dem<br />
Palace?<br />
28 7–8I2012
HOTELIER-TALK <strong>ANDREA</strong> <strong>SCHERZ</strong><br />
Gstaad Palace. So nennt si<strong>ch</strong><br />
das Luxushaus im Berner Oberland<br />
heute. Zweifellos eines der<br />
berühmtesten Fünf stern-Hotels<br />
der Welt. Ein «Hort der Rei<strong>ch</strong>en<br />
und S<strong>ch</strong>önen», aber au<strong>ch</strong> ein<br />
Hotel, das seinen Gästen ni<strong>ch</strong>t<br />
nur Luxus, sondern au<strong>ch</strong> Individualität<br />
und Top-Service bietet.<br />
«Hotelier» spra<strong>ch</strong> mit Andrea<br />
S<strong>ch</strong>erz über seine Rolle als Gastgeber,<br />
Luxusgäste, die Währungskrise,<br />
Hotel-Kooperationen<br />
und die Frage: Wie geht es im<br />
Palace Gstaad na<strong>ch</strong> dem grossen<br />
100-Jahr-Jubiläum 2013 weiter?<br />
interVieW & teXte Hans R. Amrein<br />
POrtrÄt-Bilder Tanya Hasler<br />
Palace-Hotelier Andrea S<strong>ch</strong>erz vor dem Kamin in der<br />
Spa-Lounge. «Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> ist es mein Privileg, dass i<strong>ch</strong><br />
mir ni<strong>ch</strong>t allzu viele Gedanken und Sorgen ma<strong>ch</strong>e, sonst<br />
hätte i<strong>ch</strong> bestimmt s<strong>ch</strong>on fünf Magenges<strong>ch</strong>würe und könnte<br />
den Job ni<strong>ch</strong>t mehr ma<strong>ch</strong>en.»<br />
7–8I2012<br />
29
Andrea S<strong>ch</strong>erz, s<strong>ch</strong>on bei seiner Eröffnung<br />
1913 war das Palace in Gstaad ein<br />
spezielles Haus. 90 von 160 Zimmern<br />
verfügten bereits über ein eigenes<br />
Badezimmer – und es standen se<strong>ch</strong>s Telefonkabinen<br />
zur Verfügung.<br />
Und ni<strong>ch</strong>t nur das! Auf den Zimmern gab es no<strong>ch</strong><br />
Na<strong>ch</strong>thäfen und pro Etage eine Etagenfrau, die für<br />
die Gäste das Badewasser in die Wannen füllte.<br />
Das Palace feiert im nä<strong>ch</strong>sten Jahr also sein hundertjähriges<br />
Jubiläum – Sie, Andrea S<strong>ch</strong>erz, sind seit<br />
gut zehn Jahren Direktor und Mitinhaber. Haben Sie<br />
si<strong>ch</strong> nie gesagt «Oh, hätte i<strong>ch</strong> das Hotel do<strong>ch</strong> bloss<br />
ni<strong>ch</strong>t übernommen»?<br />
Nein, i<strong>ch</strong> habe meine Ents<strong>ch</strong>eidung wirkli<strong>ch</strong> nie<br />
bereut! I<strong>ch</strong> liebe meinen Job, au<strong>ch</strong> wenn i<strong>ch</strong> am<br />
Ende der Saison oft auf den spri<strong>ch</strong>wörtli<strong>ch</strong>en<br />
darin, auf diese Gäste einzugehen,<br />
sie glückli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en.<br />
Das Hotel als Bühne. Wie sehr<br />
müssen Sie si<strong>ch</strong> in der «Rolle» des<br />
Gastgebers verstellen?<br />
I<strong>ch</strong> kann zu rund a<strong>ch</strong>tzig Prozent<br />
mi<strong>ch</strong> selber sein. Aber<br />
man<strong>ch</strong>mal kommt es halt vor,<br />
dass man mit Gästen zusammen<br />
sein muss, die im Leben<br />
ganz andere Werte haben. Wissen<br />
Sie, i<strong>ch</strong> stehe mit beiden Beinen<br />
auf dem Boden, mir sagt der<br />
ganze Materialismus und Luxus<br />
ni<strong>ch</strong>ts. Der neuste Ferrari oder<br />
die neuste Tas<strong>ch</strong>e von Prada<br />
interessieren mi<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t.<br />
Was ist Ihnen wi<strong>ch</strong>tig im Leben?<br />
Mir ist es wi<strong>ch</strong>tig, glückli<strong>ch</strong> zu sein. Und i<strong>ch</strong> bin<br />
bemüht, niemandem etwas anzutun, was i<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t selber mö<strong>ch</strong>te.<br />
Spre<strong>ch</strong>en wir trotzdem kurz über Luxus, s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
führen Sie ja ein Luxushotel: Was fahren Sie für<br />
ein Auto?<br />
Einen Audi A7 und einen alten Audi Quattro. Das<br />
war immer mein Jugendtraum.<br />
Würden Sie 200 000 Franken für eine Armbanduhr<br />
ausgeben?<br />
Nein, i<strong>ch</strong> hätte das Geld au<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>t dafür. Persönli<strong>ch</strong><br />
trage i<strong>ch</strong> unter anderem eine Fortis. Einer<br />
unserer Gäste ist bei Fortis im Verwaltungsrat.<br />
Wie stehen Sie zu rei<strong>ch</strong>en russis<strong>ch</strong>en Gästen, die si<strong>ch</strong><br />
oft nur über Luxus und Konsum definieren?<br />
Wir sind in der glückli<strong>ch</strong>en Lage, dass hier vor<br />
allem Russen mit altem Geld absteigen. Gstaad<br />
ist bei den neurei<strong>ch</strong>en Russen nämli<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>t<br />
so «in». Wir hatten mal einen russis<strong>ch</strong>en Gast. Er<br />
fuhr in einem «Hummer» vor, bu<strong>ch</strong>te zwei Suiten<br />
und fuhr bereits na<strong>ch</strong> zwei Tagen wieder ab<br />
– in Ri<strong>ch</strong>tung St. Moritz. Der Chef de Rezeption<br />
fragte na<strong>ch</strong>, ob etwas ni<strong>ch</strong>t in Ordnung gewesen<br />
sei. Wissen Sie, was der Russe sagte?<br />
Keine Ahnung.<br />
Er sagte: «Gstaad is not bling enough.»<br />
S<strong>ch</strong>lafzimmer der Penthouse-Suite.<br />
Felgen daherkomme. Aber das<br />
ist ja das Faszinierende an der<br />
Saisonhotellerie: In der Zwis<strong>ch</strong>ensaison<br />
führe i<strong>ch</strong> so etwas<br />
wie ein Funktionärsleben, kann<br />
um 19 Uhr na<strong>ch</strong> Hause gehen,<br />
bin an den Wo<strong>ch</strong>enenden mit<br />
meiner Familie zusammen und<br />
kann au<strong>ch</strong> mal um 22 Uhr ins<br />
Bett steigen. Das ist alles s<strong>ch</strong>ön<br />
und wunderbar, aber na<strong>ch</strong> drei Monaten bin i<strong>ch</strong><br />
dann glückli<strong>ch</strong>, dass die Saison wieder losgeht.<br />
Glauben Sie mir: I<strong>ch</strong> führe als Hotelier hier ein<br />
unglaubli<strong>ch</strong> spannendes Leben!<br />
Als General Manager sind Sie so etwas wie der<br />
oberste Gastgeber im Haus. Wie gerne spielen Sie<br />
diese Rolle? Oder anders gefragt: Gehen Ihnen<br />
die Gäste ab und zu au<strong>ch</strong> mal auf die Nerven? Vor<br />
allem die verwöhnten und viellei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> etwas<br />
s<strong>ch</strong>wierigen Luxusgäste.<br />
Im Hotel spielt man als Gastgeber eine Rolle, das<br />
ist nun mal so und wurde mir s<strong>ch</strong>on an der Hotelfa<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule<br />
in Lausanne vermittelt. Dass es da<br />
au<strong>ch</strong> mal komplizierte oder s<strong>ch</strong>wierige Gäste gibt,<br />
ist unbestritten. Die Herausforderung besteht<br />
« Hotel-Kooperationen? nein,<br />
das ist kein thema. I<strong>ch</strong> will mein<br />
eigener Herr im Hause sein. »<br />
Andrea S<strong>ch</strong>erz<br />
Aber genau sol<strong>ch</strong>e Gäste, die<br />
si<strong>ch</strong> über Ferrari, Prada, Louis<br />
Vuitton, Cartier & Co. definieren,<br />
steigen do<strong>ch</strong> bei Ihnen im<br />
Palace ab!<br />
Das stimmt so ni<strong>ch</strong>t! Natürli<strong>ch</strong><br />
gibt es au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Gäste, aber<br />
die meisten kommen ni<strong>ch</strong>t ins<br />
Palace, um si<strong>ch</strong> hier ins Rampenli<strong>ch</strong>t<br />
der Fotografen zu stürzen!<br />
In der Regel verkehren hier<br />
treue Stammgäste, Leute mit<br />
«altem Geld», wie man so s<strong>ch</strong>ön<br />
sagt. Sie leben eher bes<strong>ch</strong>eiden<br />
und diskret. Mit ihnen ergeben<br />
si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>öne Kontakte.<br />
Wie sehen Sie eigentli<strong>ch</strong> die Zukunft des Palace,<br />
wenn Sie an die momentane Währungs- und S<strong>ch</strong>uldenkrise<br />
in Europa, den starken Franken, die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Verunsi<strong>ch</strong>erung weltweit denken?<br />
Im vergangenen Winter haben mi<strong>ch</strong> die Euround<br />
Frankenprobleme am Anfang stark bes<strong>ch</strong>äftigt.<br />
I<strong>ch</strong> hatte dann aber die Mögli<strong>ch</strong>keit, mit gut<br />
informierten Gästen darüber zu reden – und jeder<br />
hat mir etwas anderes gesagt. I<strong>ch</strong> ging also von<br />
einer s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ten Wintersaison aus<br />
und erwartete ein Minus von zehn<br />
Prozent.<br />
Und? Wie war die Saison tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>?<br />
Wir erzielten ein Umsatzplus von<br />
fünf Prozent!<br />
Was war der Grund?<br />
Wir konnten über Weihna<strong>ch</strong>ten<br />
und Neujahr, wo hier in Gstaad<br />
absolute Ho<strong>ch</strong>saison herrs<strong>ch</strong>t, die Zimmerpreise<br />
etwas anheben.<br />
Sie spüren den starken Franken derzeit also ni<strong>ch</strong>t?<br />
Ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong>. Aber fragen Sie mi<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t weshalb!<br />
Das Konsumverhalten unserer Gäste ist in<br />
etwa glei<strong>ch</strong> geblieben – bis auf den Spa-Berei<strong>ch</strong>,<br />
da mussten wir einen Umsatzrückgang von etwa<br />
zehn Prozent in Kauf nehmen. Luxusbehandlungen<br />
für 900 Franken werden ni<strong>ch</strong>t mehr oder nur<br />
no<strong>ch</strong> selten gebu<strong>ch</strong>t.<br />
Sagen Sie mir: Wo steht das Gstaad Palace in fünf<br />
Jahren?<br />
In fünf Jahren wird es uns etwa glei<strong>ch</strong> gut<br />
gehen wie heute. Kein Zweifel, die Zeiten wer-<br />
30 7–8I2012
HOTELIER-TALK <strong>ANDREA</strong> <strong>SCHERZ</strong><br />
WICHTIGE NEUBAUTEN SEIT 1970<br />
Ein Hallenbad mit künstli<strong>ch</strong>em Sonnenli<strong>ch</strong>t und Unterwassermusik,<br />
der Na<strong>ch</strong>tclub «GreenGo» sowie ein Fitnesshistory<br />
DIE PALACE-STORy<br />
1911 begannen die Bauarbeiten des Gstaad Palace. Die<br />
grosse Eröffnung des Hotels war im Jahr 1913. Für damalige<br />
Zeiten entstand ein sehr modernes Hotel; die 150 Zimmer<br />
verfügten über 50 private Badezimmer, im ganzen<br />
Gebäude gab es elektris<strong>ch</strong>es Li<strong>ch</strong>t und sogar se<strong>ch</strong>s Telefonkabinen.<br />
Mit dem Ersten Weltkrieg und den ges<strong>ch</strong>lossenen<br />
Grenzen erlebte das Hotel harte Zeiten mit wenig Gästen.<br />
Die «Goldenen Zwanziger Jahre» waren au<strong>ch</strong> für das Palace<br />
gute Jahre, das Hotel war erfolgrei<strong>ch</strong> und wurde immer<br />
bekannter. Na<strong>ch</strong> dem Wall Street Crash von 1929 wurde<br />
au<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz von der weltweiten Rezession heimgesu<strong>ch</strong>t.<br />
Die Ges<strong>ch</strong>äfte liefen s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t, Gäste kamen spärli<strong>ch</strong><br />
und waren ni<strong>ch</strong>t eben ausgabefreudig. Zur Sanierung der<br />
Finanzen musste das Aktienkapital der Gesells<strong>ch</strong>aft herabgesetzt<br />
werden.<br />
DIE ERSTE GENERATION<br />
Ernst und Silvia S<strong>ch</strong>erz-Bezzola übernahmen die Direktion<br />
des Palace im Jahr 1938. Sie waren zuvor Hotelier-Ehepaar<br />
im Carlton, St. Moritz. Der Zweite Weltkrieg: Wiederum<br />
ges<strong>ch</strong>lossene Grenzen, die Männer in der Armee, die<br />
Nahrung rationiert, wenig Gäste, viele unter ihnen Flü<strong>ch</strong>tlinge<br />
in der S<strong>ch</strong>weiz. Silvia S<strong>ch</strong>erz musste Gartenbau und<br />
Geflügelzu<strong>ch</strong>t betreiben. Sie führte das Hotel praktis<strong>ch</strong><br />
alleine, da ihr Mann in der S<strong>ch</strong>weizer Armee weilte. Die<br />
Mehrheitsaktionäre der Palace AG waren völlig entmutigt<br />
und bes<strong>ch</strong>lossen 1947, das Hotel zu verkaufen. Es war<br />
Ernst S<strong>ch</strong>erz ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>, den verlangten Preis innerhalb<br />
von 24 Stunden zu bezahlen, und so wurden die Aktien<br />
an einen deuts<strong>ch</strong>en Industriellen verkauft. Dieser hatte die<br />
Absi<strong>ch</strong>t, das Hotel in ein Heim für alte und kranke Fabrikarbeiter<br />
umzuwandeln. Mit Hilfe von Freunden und Bekannten<br />
konnte Ernst S<strong>ch</strong>erz die Aktien später zurückkaufen. Im<br />
Laufe der kommenden Jahre gelang es ihm, praktis<strong>ch</strong> alle<br />
Aktien, die nie eine Dividende gebra<strong>ch</strong>t hatten, von den<br />
vers<strong>ch</strong>iedenen Aktionären aufzukaufen. Das Ehepaar S<strong>ch</strong>erz<br />
begann, das Hotel mit viel Talent und bes<strong>ch</strong>eidenen Mitteln<br />
auszubauen.<br />
PROMINENZ IM PALACE<br />
Berühmte Stars wie Maurice Chevalier, Louis Armstrong<br />
und Ella Fitzgerald traten im Palace auf. Immer öfter<br />
weilten Berühmtheiten im Hotel, einige kauften si<strong>ch</strong> später<br />
Chalets oder Wohnungen in Gstaad. Na<strong>ch</strong>dem Ernst und<br />
Silvia S<strong>ch</strong>erz-Bezzola das Hotel während 30 Jahren geführt<br />
hatten, wollten sie si<strong>ch</strong> 1968 zurückziehen. Sie riefen ihren<br />
Sohn Ernst Andrea und seine Frau Shiwa na<strong>ch</strong> Hause, um<br />
die Na<strong>ch</strong>folge anzutreten.<br />
DIE ZWEITE GENERATION<br />
Ernst A. S<strong>ch</strong>erz absolvierte die typis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>weizer Hotelkarriere<br />
mit Hotelfa<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule Lausanne und Praktika in Kü<strong>ch</strong>e,<br />
Service und Rezeption in europäis<strong>ch</strong>en Top-Hotels. Es folgte<br />
ein kurzer Besu<strong>ch</strong> der Cornell Universität in den USA und<br />
no<strong>ch</strong>mals ein Praktikum bei der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
für Hotelkredit sowie bei den Mövenpick-Unternehmungen.<br />
Bevor Ernst A. S<strong>ch</strong>erz na<strong>ch</strong> Gstaad zurückkehrte,<br />
war er für Agha Khan an der Costa Smeralda (Sardinien)<br />
tätig, wo er si<strong>ch</strong> um vier Hotels kümmerte.<br />
Center mit Saunas und Massageräumen<br />
wurden um 1970 eröffnet. Renovationen<br />
und Erneuerungen waren<br />
für Hotelier S<strong>ch</strong>erz eine ständige Aufgabe.<br />
In den folgenden Jahren wurden<br />
die «Palace Résidence», das<br />
kleine Chalet «Shiwa» sowie ein Personalwohnhaus<br />
gebaut. 1986: Eröffnung<br />
der «Grande Terrasse» mit der<br />
grössten elektris<strong>ch</strong>en Sonnenstore der<br />
S<strong>ch</strong>weiz sowie eines neuen Tagungsraumes,<br />
und 1989 folgte ein weiteres<br />
Personalhaus. 1990: Restrukturierung<br />
der Eingangsseite des Hotels: zweistöckige<br />
Tiefgarage mit 80 Parkplätzen,<br />
eine neue Hotelvorfahrt, Modernisierung<br />
der Hotelkü<strong>ch</strong>en. 1991:<br />
Eröffnung des neuen Festsaals «Salle<br />
Baccarat» für 250 Personen (Bankett).<br />
1995 bis 1996: Bau einer zweiten<br />
Residence am Westhang unter<br />
dem Hotel.<br />
DIE DRITTE GENERATION<br />
Andrea S<strong>ch</strong>erz nimmt na<strong>ch</strong> der Hotelfa<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule<br />
in Lausanne sowie diversen<br />
Praktika und Stellen im In- und<br />
Ausland die Arbeit 1996 im elterli<strong>ch</strong>en<br />
Betrieb als Chef de Reception<br />
auf. Der junge S<strong>ch</strong>erz und Laura<br />
Antoniades heiraten 1997 und Laura<br />
tritt dem Management des Hotels bei.<br />
Bau und Inbetriebnahme der spektakulären<br />
Penthouse-Suite auf dem<br />
Da<strong>ch</strong> des Hotels (3 S<strong>ch</strong>lafzimmer,<br />
Salon, Kit<strong>ch</strong>enette, Panoramaterrasse<br />
mit Jacuzzi, Turm-Sauna). Direktor<br />
Hansruedi S<strong>ch</strong>aerer (inzwis<strong>ch</strong>en verstorben)<br />
tritt na<strong>ch</strong> 43 Dienstjahren im<br />
Palace in den Ruhestand. Am<br />
1. Januar 2001 wird Andrea S<strong>ch</strong>erz<br />
zum Direktor ernannt.<br />
2007: NEUER SPA AUF 1800 m 2<br />
Die Penthouse Suite war von Anfang<br />
an so erfolgrei<strong>ch</strong>, dass glei<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
zwei «Tower Suites» in ähnli<strong>ch</strong>em Stil<br />
und Luxus gebaut wurden. Das Restaurant<br />
«La Fromagerie» wird vergrössert<br />
und mit einer neuen Kü<strong>ch</strong>e ausgestattet.<br />
Die 45 Jahre alte Bar, der<br />
«Grill Room» und au<strong>ch</strong> das Restaurant<br />
«Sans-Cravatte» werden 2003<br />
zu einem Gastronomie-Zentrum des<br />
Hotels umgewandelt. Na<strong>ch</strong> einer Bauphase<br />
von 15 Monaten wird 2007 der<br />
existierende Spa auf 1800 m 2 erweitert.<br />
Im glei<strong>ch</strong>en Bauabs<strong>ch</strong>nitt wird<br />
unter dem Tennisplatz eine zusätzli<strong>ch</strong>e<br />
Tiefgarage erri<strong>ch</strong>tet. Seit das Gstaad<br />
Palace im Besitz der Familie S<strong>ch</strong>erz<br />
ist, wurde über 90 Millionen Franken<br />
in Erneuerungen und Unterhalt investiert.<br />
www.palace.<strong>ch</strong><br />
Erste Generation: Ernst und Silvia S<strong>ch</strong>erz.<br />
Luisa Moore, Ernst A. S<strong>ch</strong>erz, Roger Moore (James Bond 007).<br />
Liz Taylor mit Ri<strong>ch</strong>ard Burton (Silvester 1975).<br />
Ernst S<strong>ch</strong>erz Senior mit Louis Armstrong.<br />
7–8I2012<br />
31
den s<strong>ch</strong>wieriger, der Markt wird härter, das Konsumverhalten<br />
der Gäste verändert si<strong>ch</strong>, die Preissensibilität<br />
nimmt zu, au<strong>ch</strong> im Luxussegment.<br />
Wenn es uns jedo<strong>ch</strong> gelingt, die Kosten im Griff<br />
zu halten und ein hervorragendes Marketing zu<br />
betreiben, sollten wir über die Runden kommen.<br />
Mein Ziel ist es, das Haus eines Tages an die vierte<br />
Generation weiterzugeben, denn das Palace soll<br />
im Familienbesitz bleiben. I<strong>ch</strong> habe einen Sohn,<br />
der ist zwölf Jahre alt, und eine To<strong>ch</strong>ter, sie ist elfjährig.<br />
Mit ihnen will i<strong>ch</strong> es ma<strong>ch</strong>en, wie es mein<br />
Vater mit mir gema<strong>ch</strong>t hat: nie Druck ausüben!<br />
Wenn das Kind dann trotzdem ins Hotel einsteigen<br />
will, werde i<strong>ch</strong> ihm dasselbe sagen, was<br />
mein Vater s<strong>ch</strong>on zu mir gesagt hat: Wenn du das<br />
Hotel führen willst, musst du verdammt gut sein,<br />
denn kein Mitglied der S<strong>ch</strong>erz-Familie wird dieses<br />
Haus eines Tages zugrunde ri<strong>ch</strong>ten!<br />
Haben Sie si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on mal überlegt, das Palace zu<br />
verkaufen? Derzeit sind Luxushotels auf dem internationalen<br />
Immobilienmarkt äusserst begehrte Objekte.<br />
Wir hatten vor einigen Jahren mal ein lukratives<br />
Angebot. Da hatte i<strong>ch</strong> einige s<strong>ch</strong>laflose Nä<strong>ch</strong>te.<br />
Hätten wir damals verkauft, hätte i<strong>ch</strong> wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong><br />
nie mehr arbeiten müssen. Aber was<br />
hätte i<strong>ch</strong> dann gema<strong>ch</strong>t? Teure Autos kaufen, den<br />
ganzen Tag Champagner trinken? Nein, ein Verkauf<br />
des Hotels ist derzeit kein Thema! Erst will<br />
i<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>auen, was die nä<strong>ch</strong>ste Generation will.<br />
Der Investitionsdruck im Luxussegment ist enorm.<br />
Seit das Palace im Besitz der Familie S<strong>ch</strong>erz ist, wurden<br />
90 bis 100 Millionen in Umbauten, Unterhalt<br />
und neue Projekte investiert. Zum Teil generierte<br />
man das Geld aus dem Verkauf von Residenzen. Gibt<br />
es no<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Reserven im Hintergrund, von denen<br />
das Stammhaus profitieren kann?<br />
Nein, das Familiensilber ist verkauft. Alle Investitionen<br />
im Hotel müssen jetzt aus dem operativen<br />
Ges<strong>ch</strong>äft erwirts<strong>ch</strong>aftet werden. Und genau das<br />
ist die Herausforderung der dritten Generation.<br />
Wem gehört eigentli<strong>ch</strong> das Palace?<br />
Meinem Bruder und mir. Und dreissig Prozent<br />
sind im Besitz von Drittinvestoren.<br />
Die Hotelhalle steht vor der Renovation, das ganze<br />
Lüftungssystem muss erneuert werden. Wie ho<strong>ch</strong> ist<br />
die jährli<strong>ch</strong>e Investitionssumme?<br />
Der Gesamtumsatz liegt bei rund 28 Millionen<br />
Franken. Davon investieren wir rund zehn Prozent.<br />
Unser Eigenkapitalanteil beträgt über fünfzig<br />
Prozent.<br />
Wie ho<strong>ch</strong> ist der dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>e Zimmerpreis im<br />
Winter?<br />
Um die 1000 Franken. Wir haben hier die zweithö<strong>ch</strong>ste<br />
Average Room Rate in der S<strong>ch</strong>weiz.<br />
Haben Sie s<strong>ch</strong>on mal über eine Kooperation mit<br />
Kempinski, Four Seasons oder Ritz-Carlton na<strong>ch</strong>geda<strong>ch</strong>t?<br />
Daran vers<strong>ch</strong>wende i<strong>ch</strong> keine Gedanken! I<strong>ch</strong> will<br />
mein eigener Herr im Hause sein.<br />
Sti<strong>ch</strong>wort neue Zukunftsmärkte. China, Indien, Brasilien<br />
…<br />
Eines unserer Geheimnisse im Gstaad Palace ist<br />
die Dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>ung der Gäste, der sogenannte<br />
Gästemix. Wir haben hier nie mehr als zehn Prozent<br />
einer bestimmten Nationalität. Kein Gast<br />
fühlt si<strong>ch</strong> hier in der Minorität. Es herrs<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong><br />
eine gute Stimmung im Hotel, weil keine Gästegruppe<br />
dominiert.<br />
Ihre wi<strong>ch</strong>tigsten Märkte?<br />
Laut Statistik sind es die S<strong>ch</strong>weizer. Gefolgt von<br />
England, Frankrei<strong>ch</strong> und Italien. Dann kommen<br />
der Mittlere Osten, die USA und Russland.<br />
Viele Hoteliers und Touristiker setzen jetzt auf China.<br />
Wie sehen Sie das?<br />
I<strong>ch</strong> war im letzten Frühling zehn Tage in China.<br />
Wie au<strong>ch</strong> immer die Zahlen sein werden: I<strong>ch</strong><br />
werde das Palace wegen der Chinesen ni<strong>ch</strong>t<br />
umbauen, damit würde i<strong>ch</strong> alle anderen Gäste<br />
verärgern.<br />
Ende 2012 wird in Gstaad mit dem «The Alpina»<br />
ein weiteres Luxushotel eröffnet. Es gibt dann ni<strong>ch</strong>t<br />
weniger als fünf Fünfstern-Hotels im Saanenland. Ist<br />
no<strong>ch</strong> Potenzial vorhanden?<br />
Absolut – für vier Wo<strong>ch</strong>en im Jahr! Nämli<strong>ch</strong> die<br />
Weihna<strong>ch</strong>ts- und Neujahrszeit.<br />
Und die restli<strong>ch</strong>en Monate?<br />
Im Gegensatz zu St. Moritz haben wir in Gstaad<br />
den Vorteil, dass es bei uns au<strong>ch</strong> so etwas wie<br />
ein Sommerfeeling gibt.<br />
Das bringt Gäste im<br />
Sommer. Aber grundsätzli<strong>ch</strong><br />
ist es s<strong>ch</strong>on so,<br />
dass wir mal das einzige<br />
Fünf stern-Haus in<br />
Gstaad waren. Fakt ist:<br />
Wir sind immer no<strong>ch</strong><br />
da! Ja, mehr no<strong>ch</strong>: Wir<br />
haben uns über all die<br />
Jahre sogar no<strong>ch</strong> verbessert.<br />
befürwortete Zweitwohnungsinitiative<br />
wird zur Folge haben,<br />
dass künftig reine Zweitwohnungen<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr gebaut werden<br />
können.<br />
Finden Einheimis<strong>ch</strong>e in Gstaad<br />
überhaupt no<strong>ch</strong> bezahlbaren<br />
Wohnraum?<br />
Das ist in der Tat eine Katastrophe!<br />
Die Gemeinde su<strong>ch</strong>t<br />
zwar na<strong>ch</strong> Lösungen und ist<br />
sehr aktiv. Au<strong>ch</strong> für mi<strong>ch</strong> ist<br />
das ein Problem, denn i<strong>ch</strong> muss<br />
ja meine 300 Mitarbeitenden<br />
irgendwo unterbringen!<br />
Ihre Vision für Gstaad?<br />
Meine Sorge ist, dass si<strong>ch</strong> der<br />
Ort immer mehr weg vom<br />
authentis<strong>ch</strong>en Bergdorf entwickelt<br />
– hin zum Resort-Dorf mit<br />
einer Verdrängung der Einheimis<strong>ch</strong>en.<br />
Mit dem Restaurant «Bären» in<br />
Gsteig führen Sie no<strong>ch</strong> eine ri<strong>ch</strong>tig<br />
ur<strong>ch</strong>ige Beiz. Wie passt das zum<br />
Luxushotel?<br />
Unser Engagement im Bären<br />
ist mir sehr wi<strong>ch</strong>tig. Der Bären<br />
« Als Hotelier spielt man eine Rolle,<br />
do<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> kann zu a<strong>ch</strong>tzig Prozent<br />
mi<strong>ch</strong> selber sein. »<br />
Andrea S<strong>ch</strong>erz<br />
Dann bereitet Ihnen das neue Alpina keine s<strong>ch</strong>laflosen<br />
Nä<strong>ch</strong>te.<br />
Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> ist es mein Privileg, dass i<strong>ch</strong> mir<br />
ni<strong>ch</strong>t allzu viele Gedanken und Sorgen ma<strong>ch</strong>e,<br />
sonst hätte i<strong>ch</strong> bestimmt s<strong>ch</strong>on fünf Magenges<strong>ch</strong>würe<br />
und könnte den Job ni<strong>ch</strong>t mehr ma<strong>ch</strong>en.<br />
Nein, das neue Alpina bereitet mir keine s<strong>ch</strong>laflosen<br />
Nä<strong>ch</strong>te! Aber natürli<strong>ch</strong> wird es einen Teil des<br />
Ku<strong>ch</strong>ens wegnehmen.<br />
Brau<strong>ch</strong>t Gstaad mehr Hotelzimmer?<br />
Ja. Aber ni<strong>ch</strong>t im Fünfstern-Segment, sondern im<br />
Drei- und Vierstern-Berei<strong>ch</strong>. Wobei dann au<strong>ch</strong> die<br />
Infrastrktur mithalten müsste: S<strong>ch</strong>on heute gibt<br />
es zu wenig Restaurants – und die Strassen sind<br />
oft verstopft …<br />
Ihre Meinung zum Thema Zweitwohnungen?<br />
Mir wären weniger Chalets und dafür mehr<br />
Hotelbetten lieber. Aber das ist halt der Markt,<br />
und der spielt. Man kann ja niemandem verbieten,<br />
für ein Chalet, das im Unterland eine halbe<br />
Million kosten würde, hier in Gstaad sieben oder<br />
a<strong>ch</strong>t Millionen zu bezahlen. Nun, die vom Volk<br />
ist genau so ein Betrieb, wie<br />
die Region ihn brau<strong>ch</strong>t: Hier<br />
kommt es no<strong>ch</strong> zu einer natürli<strong>ch</strong>en<br />
Vermis<strong>ch</strong>ung von Einheimis<strong>ch</strong>en<br />
und Luxusgästen. Für<br />
sol<strong>ch</strong>e Orte kämpfe i<strong>ch</strong>. Au<strong>ch</strong><br />
dass die Bäckerei im Dorf bleibt,<br />
oder der Eisenwarenhändler,<br />
der Käser, der S<strong>ch</strong>reiner …<br />
Wie würden Sie Ihr Hotel in drei<br />
Sätzen verkaufen?<br />
Uff, darin bin i<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>t gut!<br />
Deshalb gehe i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> nie auf<br />
Sales-Tour. Aber i<strong>ch</strong> kann es<br />
ja mal versu<strong>ch</strong>en: Wir sind das<br />
älteste, traditionsrei<strong>ch</strong>ste Fünfstern-Haus<br />
am Platz mit den<br />
treusten Mitarbeitern. Die<br />
Atmosphäre im Palace ist – trotz<br />
Luxus und hö<strong>ch</strong>stem Komfort –<br />
gemütli<strong>ch</strong> und familiär. Wer im<br />
Palace absteigt, muss auf ni<strong>ch</strong>ts<br />
verzi<strong>ch</strong>ten.<br />
H<br />
32 7–8I2012
HOTELIER-TALK <strong>ANDREA</strong> <strong>SCHERZ</strong><br />
MaÎtre GildO<br />
SEIT 44 JAHREN FIRST MAÎTRE D´HÔTEL IM PALACE<br />
Er pflegt einen Service fast wie bei Hofe: Seit 44 Jahren dirigiert<br />
Ermenegildo Boc<strong>ch</strong>ini den Service im Gstaad Palace. In dieser Zeit hat<br />
der First Maître d´Hôtel alles bedient, was Rang und Namen hat.<br />
Und er hat gelernt, dass ein Lä<strong>ch</strong>eln ni<strong>ch</strong>ts kostet.<br />
Ermenegildo Boc<strong>ch</strong>ini, dürfen wir Sie Gildo nennen?<br />
Alle nennen mi<strong>ch</strong> Gildo. Als sol<strong>ch</strong>er bin i<strong>ch</strong> seit 44 Jahren im<br />
Palace bekannt.<br />
44 Jahre ers<strong>ch</strong>einen unendli<strong>ch</strong> lang. Hatten Sie nie das Gefühl, es<br />
müsste mal was anderes sein?<br />
I<strong>ch</strong> verbringe ja nur a<strong>ch</strong>t Monate in Gstaad. Die restli<strong>ch</strong>e Zeit,<br />
also die Zwis<strong>ch</strong>ensaison, bin i<strong>ch</strong> bei meiner Familie in Italien.<br />
Zudem bin i<strong>ch</strong> hier im Palace sehr glückli<strong>ch</strong> – i<strong>ch</strong> arbeite in<br />
einem wunders<strong>ch</strong>önen Hotel in einer ebenso s<strong>ch</strong>önen Region.<br />
Was will i<strong>ch</strong> mehr?<br />
Sie stellen Ihr Li<strong>ch</strong>t unter den S<strong>ch</strong>effel. Fakt ist, dass Sie von Roman<br />
Polanski über Liz Taylor und Robbie Williams s<strong>ch</strong>on alles bedient<br />
haben, was Rang und Namen hat – und dass Sie von diesen Gästen<br />
au<strong>ch</strong> mit Namen angespro<strong>ch</strong>en werden …<br />
I<strong>ch</strong> bin nur ein einfa<strong>ch</strong>er Ar beiter …<br />
… aber einer mit einer riesigen Serviceerfahrung. Was ist das<br />
Wi<strong>ch</strong>tigste, was Sie in all den Jahren gelernt haben?<br />
Positiv zu sein. Alles ist mögli<strong>ch</strong>, wenn man will.<br />
Man kann also alles errei<strong>ch</strong>en?<br />
Ja, das habe i<strong>ch</strong> wirkli<strong>ch</strong> gelernt. Ni<strong>ch</strong>t weil i<strong>ch</strong> Karrieren beoba<strong>ch</strong>ten<br />
konnte, es ist eine Art des Denkens. Es hilft, an si<strong>ch</strong> zu<br />
glauben, daran, dass man Erfolg haben wird.<br />
Können Sie altes und neues Geld unters<strong>ch</strong>eiden?<br />
Dafür habe i<strong>ch</strong> eine Nase. Das hat aber weniger mit S<strong>ch</strong>muck<br />
oder Pelz zu tun – man sieht es daran, wie jemand läuft oder sitzt.<br />
In meiner Funktion erkennt man Mens<strong>ch</strong>en, man wird au<strong>ch</strong> ein<br />
biss<strong>ch</strong>en Psy<strong>ch</strong>ologe.<br />
Erzählen Sie uns von Ihrem s<strong>ch</strong>warzen Bü<strong>ch</strong>lein.<br />
(la<strong>ch</strong>t) A<strong>ch</strong>, das Bu<strong>ch</strong>! Es ist eine Sammlung von Notizen, die<br />
i<strong>ch</strong> über meine Stammgäste gema<strong>ch</strong>t habe. Da stehen die Vorlieben<br />
der Herrs<strong>ch</strong>aften drin, aber au<strong>ch</strong> eventuelle Abneigungen.<br />
Ist Roger Moore darin au<strong>ch</strong> verewigt?<br />
Auf alle Fälle. Er war s<strong>ch</strong>on oft mein Gast.<br />
Werden Sie au<strong>ch</strong> gelobt?<br />
Es kommt vor, aber i<strong>ch</strong> lebe ni<strong>ch</strong>t<br />
für den Applaus. Mein Ziel ist<br />
es, die Gäste zufriedenzustellen.<br />
I<strong>ch</strong> nehme es als<br />
Kompliment, wenn sie mit<br />
mir auf Augenhöhe reden.<br />
Man muss si<strong>ch</strong> dafür<br />
gut informieren, Bü<strong>ch</strong>er<br />
lesen, Kultur haben. Das<br />
merkt der Gast sofort.<br />
H<br />
First Maître d’Hôtel Gildo, seit 44 Jahren<br />
im Palace. In seinem s<strong>ch</strong>warzen<br />
Bü<strong>ch</strong>lein sind die Wüns<strong>ch</strong>e<br />
und Besonderheiten<br />
seiner Stammgäste<br />
vermerkt.<br />
Finden Sie das Luxusleben Ihrer Gäste man<strong>ch</strong>mal ni<strong>ch</strong>t etwas dent?<br />
deka-<br />
I<strong>ch</strong> hinterfrage das ni<strong>ch</strong>t.<br />
Was ist der grösste Luxus, den Sie bieten?<br />
Der grösste Luxus ist, dass man immer «Ja» sagt zum Gast. Die<br />
Gäste befehlen, sie wollen etwas, und man muss es ihnen geben.<br />
Das ist so in der Hotellerie! «Nein» ist keine Antwort.<br />
Was zei<strong>ch</strong>net den guten Gast aus?<br />
I<strong>ch</strong> bin ein toleranter Mens<strong>ch</strong>, klassifiziere niemanden und<br />
masse mir kein Urteil an. Für mi<strong>ch</strong> sind alle Gäste glei<strong>ch</strong>. Jeder<br />
ist ein Stammgast, au<strong>ch</strong> wenn er das erste Mal im Palace ist.<br />
Das tönt na<strong>ch</strong> den Worten Ihres ehemaligen Chefs, Ernst S<strong>ch</strong>erz, der<br />
gesagt hat: «Jeder Gast ist ein König, jeder König nur ein Gast.»<br />
So ist es. Man muss jeden Gast mit Herz behandeln, ohne si<strong>ch</strong><br />
ihm aufzudrängen oder zu privat zu werden.<br />
7–8I2012<br />
33
Peter WYss<br />
35 SEIT JAHREN KÜCHENDIREKTOR IM PALACE<br />
Er pflegt die Kü<strong>ch</strong>e wie zu den Zeiten des französis<strong>ch</strong>en Meisterko<strong>ch</strong>s<br />
Georges Auguste Escoffier: Seit über 35 Jahren leitet Peter Wyss die Kü<strong>ch</strong>e<br />
des Palace in Gstaad. In der Zwis<strong>ch</strong>ensaison ko<strong>ch</strong>t der Meister in den<br />
privaten Chalets von prominenten Gästen.<br />
Peter Wyss, Sie sind vom Gastroführer Guide Bleu 2012/13 zum<br />
besten Kü<strong>ch</strong>en<strong>ch</strong>ef der S<strong>ch</strong>weiz gewählt worden. Gratulation!<br />
Danke. Wir freuen uns natürli<strong>ch</strong> über die 10 Punkte vom Guide<br />
Bleu, genauso wie über die 16 Punkte vom Gault/Millau. Es ist<br />
au<strong>ch</strong> unser Ziel, dieses Niveau zu halten, do<strong>ch</strong> in allererster<br />
Linie müssen ni<strong>ch</strong>t die Tester, sondern die Gäste zufrieden sein.<br />
Im Palace verkehren sehr viele Prominente. Leute, die häufig reisen,<br />
die Welt sehen. Sind die Ansprü<strong>ch</strong>e dieser Mens<strong>ch</strong>en besonders<br />
ho<strong>ch</strong>?<br />
Das würde i<strong>ch</strong> so ni<strong>ch</strong>t sagen. Die Gäste erwarten von uns, dass<br />
sie fris<strong>ch</strong>e Produkte gut und s<strong>ch</strong>nell serviert bekommen. Heute<br />
Mittag zum Beispiel gab es Blut- und Leberwürste.<br />
Und die werden tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> bestellt?<br />
Aber si<strong>ch</strong>er! Meine Aufgabe als Kü<strong>ch</strong>endirektor ist es ja au<strong>ch</strong>,<br />
die Nebenprodukte zu verarbeiten. Es gibt ni<strong>ch</strong>t nur die Filetstücke!<br />
Das müssen au<strong>ch</strong> unsere Kö<strong>ch</strong>e lernen. Deshalb bringe<br />
i<strong>ch</strong> Ihnen au<strong>ch</strong> bei, wie man zum Beispiel einen guten O<strong>ch</strong>sens<strong>ch</strong>wanz<br />
zubereitet.<br />
In der Ho<strong>ch</strong>saison bes<strong>ch</strong>äftigen Sie 55 Kö<strong>ch</strong>e und a<strong>ch</strong>t Lehrlinge.<br />
Stehen Sie selber überhaupt no<strong>ch</strong> am Herd?<br />
Ja, i<strong>ch</strong> bin Ko<strong>ch</strong> mit Leib und Seele. Aber um auf Ihre Frage<br />
zurückzukommen: Wir sind hier im Palace zwei Chefs. Mein<br />
langjähriger Kollege Hugo Weibel ist Kü<strong>ch</strong>en<strong>ch</strong>ef und kümmert<br />
si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wergewi<strong>ch</strong>tig um das Personal. I<strong>ch</strong> als Kü<strong>ch</strong>endirektor<br />
ma<strong>ch</strong>e die Menü- und Kartenplanung und<br />
kommuniziere mit den Gästen.<br />
Sie sagen, Essen sei au<strong>ch</strong> Entertainment …<br />
Das ist so! Es geht ja an Orten wie hier ni<strong>ch</strong>t darum,<br />
ein Hungergefühl zu befriedigen. Die Gäste wollen<br />
au<strong>ch</strong> kommunizieren, verlangen eine Atmosphäre,<br />
die stimmt.<br />
Und dann verkaufen si<strong>ch</strong> sogar Blut- und Leberwürste!<br />
Au<strong>ch</strong> die (la<strong>ch</strong>t). Aber grundsätzli<strong>ch</strong> müssen wir<br />
die ganze Bandbreite abdecken: von der Gerstensuppe<br />
übers Fondue bis hin zum kreativen<br />
Mehrgänger.<br />
Peter Wyss, seit 35 Jahren Kü<strong>ch</strong>endirektor<br />
im Palace und «bester Kü<strong>ch</strong>en<strong>ch</strong>ef der<br />
Deuts<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>weiz 2012» (Guide Bleu): «I<strong>ch</strong><br />
bin dem Palace, der Familie S<strong>ch</strong>erz, aber<br />
au<strong>ch</strong> den Gästen und der Region unendli<strong>ch</strong><br />
verbunden.»<br />
Ko<strong>ch</strong>en Sie au<strong>ch</strong> molekular oder experimentell?<br />
Wir probieren alles aus, au<strong>ch</strong> molekular. Zum Beispiel kann man<br />
bei uns ein Käsefondue haben, das mit Stickstoff zubereitet wird.<br />
Aber wir ma<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong>e Käses<strong>ch</strong>nitten oder Hamburger.<br />
Die Hamburger kommen besonders gut an, vor allem in der<br />
Lobby. Wir verwenden dafür nur eigenes Fleis<strong>ch</strong> – die Basis für<br />
unsere gute und gesunde Kü<strong>ch</strong>e.<br />
Sti<strong>ch</strong>wort «gesund»: Bieten Sie au<strong>ch</strong> Wellness-Menüs an?<br />
Wir haben das mal ausprobiert, aber die Na<strong>ch</strong>frage war ni<strong>ch</strong>t da.<br />
Wenn die Leute bei uns sind, wollen sie es si<strong>ch</strong> gut gehen lassen<br />
– au<strong>ch</strong> kulinaris<strong>ch</strong>.<br />
Wie s<strong>ch</strong>wierig ist es für Sie, motivierte Mitarbeiter zu finden?<br />
Da spre<strong>ch</strong>en Sie ein grosses Thema an. Viele der jungen Kö<strong>ch</strong>e<br />
springen vom Beruf ab und besu<strong>ch</strong>en eine Hotelfa<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule,<br />
andere wandern ins Ausland ab. Der Job ist nun mal hart und<br />
die Arbeitsbedingungen mit den vielen Wo<strong>ch</strong>enenddiensten<br />
sind ni<strong>ch</strong>t die einfa<strong>ch</strong>sten.<br />
Sie haben während den 35 Palace-Jahren zig Dutzend Kö<strong>ch</strong>e<br />
ausgebildet. Hatten Sie selbst mal so etwas wie ein Vorbild?<br />
I<strong>ch</strong> erinnere mi<strong>ch</strong> an ein Wo<strong>ch</strong>enende in den Neunzigerjahren,<br />
da waren Fredy Girardet und Joël Robu<strong>ch</strong>on als Gastkö<strong>ch</strong>e hier<br />
und haben drei Bankette ausgeri<strong>ch</strong>tet.<br />
Sie waren au<strong>ch</strong> bei Ferran Adrian.<br />
Ja, zusammen mit Othmar S<strong>ch</strong>legel, der hier im Palace mein<br />
Vorgänger war. Es gab unter anderem Fraises de tomates. Das<br />
ist eigentli<strong>ch</strong> das, was wir Kö<strong>ch</strong>e sonst wegwerfen, aber Adrian<br />
hat mit dem Pariser Löffel die Kernen der Tomate rausgenommen<br />
und uns wie Erdbeeren serviert.<br />
Eckart Witzigmann sagt, die Zukunft der Kü<strong>ch</strong>e liege in der<br />
Regionalität und nur dort. Sehen Sie das au<strong>ch</strong> so?<br />
I<strong>ch</strong> bin einverstanden. Wobei i<strong>ch</strong> ergänzen mö<strong>ch</strong>te, dass die Basis<br />
stets das Grundprodukt ist.<br />
35 Jahre Palace. Haben Sie nie daran geda<strong>ch</strong>t, si<strong>ch</strong> selbstständig<br />
zu ma<strong>ch</strong>en?<br />
Nein, das war nie ein Thema. I<strong>ch</strong> habe mi<strong>ch</strong> mit 27 Jahren für<br />
dieses Haus ents<strong>ch</strong>ieden, ein emotionaler Ents<strong>ch</strong>eid, der immer<br />
no<strong>ch</strong> Gültigkeit hat. I<strong>ch</strong> bin diesem Haus, der Familie S<strong>ch</strong>erz,<br />
aber au<strong>ch</strong> den Gästen und der Region unendli<strong>ch</strong> verbunden.<br />
Was wollen Sie no<strong>ch</strong> errei<strong>ch</strong>en?<br />
I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te weiterhin offen sein für Neues. In dem Zusammenhang<br />
steht für mi<strong>ch</strong> ein Besu<strong>ch</strong> im «besten Restaurant der Welt»,<br />
dem Noma in Kopenhagen, auf dem Programm. Wenn daneben<br />
au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> die Gesundheit stimmt und die Gäste zufrieden<br />
sind, dann bin i<strong>ch</strong> glückli<strong>ch</strong>.<br />
H<br />
34<br />
7–8I2012
HOTELIER-TALK <strong>ANDREA</strong> <strong>SCHERZ</strong><br />
Gstaad Palace<br />
KLASSIFIZIERUNG: 5 Sterne Superior<br />
EröFFNUNG: Dezember 1913<br />
INHABER: Andrea S<strong>ch</strong>erz<br />
DIREKTION: Andrea S<strong>ch</strong>erz<br />
ZIMMER: 104<br />
GröSSE ZIMMER: 21 m 2 bis 53 m 2<br />
BADEZIMMER: 7 m 2 bis 20 m 2<br />
SUITEN: 92 m 2 bis 240 m 2<br />
BETTEN: 197<br />
MITARBEITENDE: Sommer 201,<br />
Winter 296 (ganzjährig etwa 50)<br />
DAVON LERNENDE: 12<br />
RESTAURANTS: 5<br />
SITZPLäTZE:<br />
Le Grand Restaurant: 240<br />
Le Grill: 35<br />
Gildo’s Ristorante: 60 (im Winter geöffnet)<br />
La Fromagerie: 85 (im Winter geöffnet)<br />
Snack and Barbecue: 105<br />
Le Bar du Grill: 60<br />
Lobby Bar: 120<br />
La Grande Terrasse: 130<br />
DURCHSCHNITTLICHER ZIMMERPREIS (DZ): CHF 860<br />
MINDEST-ZIMMERPREIS: CHF 410<br />
Max. ZIMMERPREIS: CHF 15 900<br />
HERKUNFT der GäSTE: S<strong>ch</strong>weiz 29 %, UK 12 %, USA<br />
10 %, Frankrei<strong>ch</strong> 9 %, Russland 7 %, Italien 6 %, Mittlerer<br />
Osten 5 %, Deuts<strong>ch</strong>land 4 %, Diverse 11 %<br />
FERIENGäSTE: 90 %<br />
Wie ein Mär<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>loss: Gstaad Palace, 1913 eröffnet, 104 Zimmer und Suiten.<br />
Ein Traumhotel in den Bergen.<br />
BANKETT- und SEMINARRäUME: 5<br />
WELLNESS/SPA: 1800 m 2<br />
PARKPLäTZE/PARKHAUS:<br />
100 Parkplätze, 80 Garagenplätze<br />
Betriebszahlen<br />
ÜBERNACHTUNGEN pro JAHR:<br />
13 700 (Room Nights) oder 22 220<br />
(Bed Nights/Pax)<br />
ZIMMERAUSLASTUNG: 73 %<br />
JAHRESUMSATZ: CHF 28 Mio.<br />
ANTEIL F&B am GESAMTUMSATZ:<br />
45 %<br />
öFFNUNGSTAGE: 182<br />
BEHERBERGUNGSMOyENNE: ADR<br />
CHF 860<br />
REVPAR: CHF 645<br />
ADRESSE<br />
Gstaad Palace,<br />
Palacestrasse 28, 3780 Gstaad<br />
www.palace.<strong>ch</strong><br />
info@palace.<strong>ch</strong><br />
GSTAAD PALACE IN KÜRZE<br />
Das legendäre Gstaad Palace ist eines der berühmtesten<br />
Ferienhotels der S<strong>ch</strong>weiz Es wurde im Jahr 1913 eröffnet<br />
und wird nun von der dritten Generation der Familie S<strong>ch</strong>erz<br />
geführt. Das Luxushotel beherbergt Gäste aus aller Welt<br />
und ist oft Mittelpunkt des gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Lebens von<br />
Gstaad. Die 104 Zimmer, Junior Suiten und Suiten bieten<br />
ho<strong>ch</strong>wertigen Luxus und Komfort. Das Hotel verfügt über<br />
fünf Konferenzräume mit einer Kapazität von zehn bis 180<br />
Personen die si<strong>ch</strong> für vers<strong>ch</strong>iedenste Anlässe wie Ho<strong>ch</strong>zeiten,<br />
Konzerte, Ausstellungen und Sitzungen eignen. Der Spa<br />
& Health Club bietet auf 1800 m 2 a<strong>ch</strong>t Behandlungsräume,<br />
eine private Spa-Suite, Saunen und Dampfbäder, Entspannungsräume,<br />
Hallenbad und Aussenpool mit Jacuzzi, einen<br />
Fitnessraum mit Geräten von Te<strong>ch</strong>nogym, ein Pilatesstudio<br />
und ein Hammam-Bad mit sieben Stationen. Seit das Hotel<br />
im Besitz der Familie S<strong>ch</strong>erz ist, wurden etwa 90 Millionen<br />
Franken in Erneuerungen und Unterhalt investiert. Das<br />
Gstaad Palace ist Mitglied der Leading Hotels of the World,<br />
Swiss Deluxe Hotels und Leading Spas. Seit dem 1. Januar<br />
2001 führt Andrea S<strong>ch</strong>erz als Direktor das Traditionshaus im<br />
Saanenland.<br />
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7–8I2012<br />
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