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PUBLIC PRIVATE CONCEPTS

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AUSGABE NOVEMBER 2011<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong><br />

BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE KONZEPTE FÜR MENSCHEN MIT UNTERSTÜTZUNGSBEDARF<br />

> Focus<br />

Gespräch mit der Zürcher<br />

Stadträtin Claudia Nielsen<br />

«Das System ist hoch<br />

komplex und wenig<br />

transparent.» > Seite 4<br />

Foto: Erika Schmid<br />

> KONZEPTE<br />

Pionierrolle der Schweiz<br />

bei FER 21 > Seite 8<br />

> DIENSTLEISTUNGEN<br />

FER ist allen Institutionen<br />

möglich. > Seite 10<br />

> BERATUNG<br />

FER sorgt für gleich<br />

lange Spiesse > Seite 11


INHALT<br />

> EDITORIAL<br />

Fair and true: Vergleichbare Rechnungslegung<br />

ist eine Frage der Fairness. > Seite 3<br />

> FOCUS<br />

Ein menschengerechtes, differenziertes und faires<br />

Unterstützungssystem ...<br />

Stadträtin Claudia Nielsen äussert sich im Interview<br />

zum Bestreben der Stadt Zürich, verschiedene Institutionen<br />

mit einander vergleichbar zu machen.<br />

Erforderlich wäre ihrer Meinung nach ein übergeordnetes<br />

Benchmarking-Projekt, das einheitliche<br />

Kriterien definiert. > Seite 4<br />

> KONZEPTE<br />

Die Schweiz nimmt eine Vorreiterrolle mit<br />

SWISS GAAP FER 21 wahr. Ein KTI-Projekt<br />

untersucht das Verhältnis von Theorie und<br />

Umsetzung in die Praxis. > Seite 9<br />

> DIENSTLEISTUNG<br />

... bedarf einer qualitativ und quantitativ vergleichbaren<br />

Leistungserfassung ...<br />

CURAVIVA Schweiz strebt mit anerkannten<br />

buchhalterischen Instrumenten einheitliche,<br />

faire Massstäbe für alle Institutionen an. > Seite 10<br />

> BERATUNG<br />

Elke Wattinger erläutert Begriffe im Zusammenhang<br />

mit GAAP FER und stellt fest: Die Umsetzung<br />

dieses Standards ist für alle möglich. > Seite 11<br />

... die eine optimale Verteilung der öffentlichen Gelder erlaubt.<br />

> IMPRESSUM<br />

Public Private Concepts führt die Diskussion über die geeigneten<br />

Instrumente für eine optimale Lebensqualität für Menschen mit<br />

Unterstützungbedarf.<br />

Ausgabe Nr. 2, November 2011<br />

Herausgeber: CURAVIVA Schweiz ver tritt die Interessen von<br />

2300 Institutionen in den drei Berei chen: Menschen im Alter,<br />

Erwachsene Menschen mit Behinderung und Kinder und<br />

Jugendliche mit beson deren Bedürfnissen.<br />

Adresse: CURAVIVA Schweiz, 3007 Bern, 031 385 33 33,<br />

info@curaviva.ch, www.curaviva.ch<br />

Konzept: Stefan Sutter, CURAVIVA Schweiz<br />

Redaktion und Gestaltung: Schneider Communications AG.<br />

Die Fotos auf den Seiten 2, oben, und 6/7 stammen aus dem<br />

Sechtbach-Huus in Bülach, www.sechtbach-huus.ch<br />

Druck: Fotorotar, Egg/ZH<br />

Auflage: 1500 Exemplare.<br />

2 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011


EDITORIAL<br />

«Fair and True»<br />

GAAP heisse GENERELL AKZEPTIERTE ANSTANDSPRINZIPIEN,<br />

witzelte kürzlich ein Diskussionsteilnehmer an einer Tagung<br />

zur Rechnungslegung von Non Profit Organisationen. Der<br />

Spruch erntete beipflichtendes Schmunzeln und niemand<br />

bezweifelte, dass er einzig auf die Auswüchse und die Krise<br />

der Finanzbranche zielte. Unter Experten blieb an der Tagung<br />

unbestritten, dass die aktuelle Kreativität in der Rechnungslegung<br />

auch eine Folge zunehmend komplexer und undurchsichtiger<br />

Finanzierungs- und Investitionsmodelle ist, dass eine<br />

Rechnung aber nicht kreativ, sondern wahr und vergleichbar<br />

sein muss, um fair zu sein.<br />

Vergleichbar sind zwei Rechnungen erst, wenn sie auf vergleichbaren<br />

Prinzipien gründen. Angesichts der zunehmenden<br />

Vernetzung fordern Teilhaber und Steuerämter zu Recht,<br />

dass Autohändler und Apotheken allgemein verständlich<br />

nach den gleichen Prinzipien abrechnen. Heime und Institutionen<br />

haben indessen keinen Anlass, wie Apotheken abzurechnen,<br />

solange die öffentliche Hand pauschal ihren Betrieb<br />

finanziert. Erst wenn die öffentlichen Leistungsbesteller detaillierte<br />

subjektbezogene Rechnungen von den privaten Leistungserbringern<br />

fordern, entsteht eine vergleichbare, auf<br />

ähnlichen Prinzipien aufbauende Geschäftsbeziehung. Der<br />

grosse Unterschied zum privaten Markt bezieht sich auf die<br />

Leistungsqualität, die der einzelne Bezüger zugute hat.<br />

Der auf öffentliche Unterstützung angewiesene Leistungsbezüger<br />

kann nicht selber bestimmen, wie viel er ausgeben<br />

muss oder will. Gesellschaft und Politik legen fest, wie viel<br />

Solidarität und Lebensqualität für alle kosten darf. Allgemein<br />

gültige Prinzipien der Rechnungslegung für Heime und Institutionen<br />

des Gesundheits- und des Sozialwesens sowie für<br />

deren öffentliche Partner sind eine Voraussetzung für die faire<br />

Verteilung der verfügbaren Mittel. – mit branchenübergreifenden<br />

Instrumenten wie einer vergleichbaren Kostenrechnung,<br />

einem kompatiblen Kontenrahmen und einer einheitlichen<br />

Anlagebuchhaltung.<br />

Stefan Sutter, Mitglied Geschäftsleitung<br />

CURAVIVA Schweiz<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011<br />

3


FOCUS<br />

GESPRÄCH MIT DER ZÜRCHER STADTRÄTIN CLAUDIA NIELSEN<br />

«Derzeit ist die Schweiz weit weg von einem System,<br />

das Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleicht»<br />

Die Stadt Zürich verfügt als grösste Gemeinde der Schweiz über ein Budgetvolumen, das weit über<br />

demjenigen der meisten Kantone liegt, hat aber keine gesetzgeberischen Kompetenzen. Probleme mit<br />

der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen im Pflegebereich kann sie nicht an Zweckverbände<br />

delegieren, sondern muss sie selbst lösen. Deshalb kristallisieren sich hier Interessengegensätze<br />

zwischen der Gemeinde und dem Kanton schärfer heraus als anderswo, auch wenn wohl nirgendwo<br />

sonst die Zusammenarbeit gleich intensiv ist.<br />

> Interview: Bernhard Schneider<br />

Eintritt nicht klar, ob zu einem späteren Zeitpunkt<br />

eine Rückkehr nach Hause noch möglich ist. Für<br />

knapp 40 Prozent der Eintritte trifft dies zu, diese<br />

Zahl hat mich bei Amtsantritt selber überrascht.<br />

Um die nötige Vielfalt an Pflegeleistungen und<br />

fachlichen Kompetenzen zu einem bezahlbaren<br />

Preis anzubieten, sind die einzelnen Pflegezentren<br />

auch deutlich grösser als die Altersheime. Die Pflegezentren<br />

führen zusätzlich kleine Pflegewohngruppen<br />

in verschiedenen Quartieren.<br />

Claudia Nielsen ist<br />

seit Frühjahr 2010<br />

Vorsteherin des<br />

Gesundheits- und<br />

Umweltamts der<br />

Stadt Zürich.<br />

Die Stadt Zürich führt in eigener Regie Altersheime<br />

und Pflegezentren. Wie unterscheiden sich diese<br />

Institutionen grundsätzlich?<br />

Claudia Nielsen: Der Hauptunterschied liegt in der<br />

Wohnform und beim Pflegebedarf. Unsere 28 Altersheime<br />

sind sehr vielfältig. Wer in eines davon<br />

eintreten will, hat Wahlmöglichkeiten bezüglich<br />

Standard und geografischer Lage – und kann den<br />

Eintritt planen. Allerding darf zum Zeitpunkt des<br />

Eintritts keine Pflegebedürftigkeit bestehen. Die<br />

zehn Pflegezentren haben den Fokus bei der Pflegebedürftigkeit,<br />

und sie müssen flexibel sein, namentlich<br />

für kurzfristige Eintritte, wenn beispielsweise<br />

jemand nach einem Spitalaufenthalt nicht<br />

mehr selbstständig leben kann. Oft ist es bei einem<br />

Foto: Bernhard Schneider<br />

Unterscheiden die Stadtzürcher Heime zwischen<br />

IV- und AHV-Alter oder sind sie generationenübergreifend?<br />

Das Mindestalter für einen Eintritt in ein Altersheim<br />

ist das Pensionsalter. Bei einer Pflegebedürftigkeit<br />

ist das Alter aber irrelevant. Die Mehrheit der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner in den städtischen Institutionen<br />

ist über 80.<br />

«Bei einer Pflegebedürftigkeit darf<br />

das Alter nicht das entscheidende<br />

Kriterium sein.»<br />

Und wo werden jüngere Leute mit Pflegebedarf<br />

betreut?<br />

Es gibt zahlreiche private Institutionen für Erwachsene<br />

mit Behinderung, die das Rentenalter noch nicht<br />

erreicht haben. Für deren Finanzierung ist der Kanton<br />

zuständig. Die Institutionen für Kinder, Jugendliche<br />

und erwachsene Menschen mit Behinderung<br />

sind wesentlich stärker spezialisiert als die Pflegezentren,<br />

um je nach Behinderung oder Krankheit optimale<br />

Dienstleistungen erbringen zu können. Diese<br />

Heime befinden sich teilweise auf Stadtgebiet, teil­<br />

4 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011


weise ausserhalb. Die Stadt hat zwei Pflegezentren<br />

mit spezialisierten Abteilungen für jüngere pflegebedürftige<br />

Bewohnerinnen und Bewohner.<br />

Wie werden diese privaten Heime finanziert –<br />

ausschliesslich durch Kanton, Sozialversicherungen<br />

und Private, oder leistet auch die Stadt direkt oder<br />

indirekt einen Beitrag?<br />

An private Behindertenheime leistet die Stadt keine<br />

Beiträge, hier ist der Kanton zuständig. Das neue<br />

Pflegegesetz des Kantons Zürich, das auf den 1. Januar<br />

2011 in Kraft getreten ist, überträgt aber die<br />

Zuständigkeit für ambulante, Langzeit-, Akut- und<br />

Übergangspflege an die Gemeinden. Für die Sicherstellung<br />

der Finanzierung der Unterkunft, Verpflegung<br />

und Betreuung ist jede Leistungsanbieterin<br />

verantwortlich. Bewohnerinnen und Bewohner<br />

erhalten Ergänzungsleistungen im Rahmen der<br />

gesetzlichen Vorgaben. Bleiben nach Abzug des Beitrages<br />

der Krankenkassen und des eigenen Beitrags<br />

noch ungedeckte Pflegekosten übrig, ist die Stadt verpflichtet,<br />

diese zu übernehmen, und zwar unabhängig<br />

davon, ob jemand in einem stadteigenen Altersheim<br />

oder Pflegezentrum oder in einem privaten<br />

Heim – auch ausserhalb der Stadt – wohnt.<br />

Besteht ein System, um die Leistungen privater<br />

und städtischer Institutionen mit einander zu<br />

vergleichen?<br />

Gesuche potenzieller Vertragsheime werden entsprechend<br />

der Höhe ihrer ausgewiesenen Pflegekosten<br />

im Verhältnis zu den kantonalen Normkosten<br />

genau geprüft. Je höher die Kosten sind, desto<br />

eingehender fällt die Prüfung aus. Jahres- und Kostenrechnung<br />

erlauben eine recht gute Beurteilung<br />

der Kostenfaktoren. Dazu kommen bei teureren<br />

Heimen u.a. Bedarfsabklärungen. Auf diese Heime<br />

würden wir aber nur bei eigenen Versorgungslücken<br />

zugreifen. Gesuche zu teurer Heime werden<br />

begründet abgewiesen. Bei hohen Pflegekosten<br />

von Vertragsheimen werden im gemeinsamen Gespräch<br />

die Gründe analysiert, um auf eine Kostensenkung<br />

hinzuwirken.<br />

Wie legen die städtischen Institutionen Rechnung?<br />

Unsere Heime sind Teil des städtischen Budgets.<br />

Wir können daher nicht, wie Private, beispielsweise<br />

mit GAAP FER 21 arbeiten. Die Altersheime rechnen<br />

mit BESA, die Pflegezentren mit RAI/RUG mit den<br />

Krankenkassen ab. Als Teil des städtischen Budgets<br />

muss die Rechnungslegung mit dem harmonisierten<br />

Rechnungslegungsmodell HRM1 kompatibel sein.<br />

Ergeben sich keine Probleme aus den unterschiedlichen<br />

Rechnungslegungen – zwischen privaten und<br />

städtischen Institutionen, aber auch zwischen den<br />

städtischen Institutionen?<br />

Die Rechnungslegung ist zur Zeit das kleinste Problem.<br />

Ein grosses liegt in der schweizweit gleich<br />

festgelegten Krankenkassenentschädigung. Das<br />

Gesetz schreibt vor, dass die Krankenkassen in der<br />

ganzen Schweiz nach einheitlichen Kriterien Leistungen<br />

vergüten müssen. Doch: Sind Löhne und<br />

Investitionen im Bleniotal und in der Stadt Zürich<br />

wirklich identisch? Entsprechend schwierig sind<br />

Vergleiche.<br />

Dazu wäre wohl ein allgemein anerkanntes<br />

Benchmarkingsystem nötig …<br />

… aber zurzeit sind wir weit weg von einem System,<br />

das Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen<br />

vergleicht. Erforderlich wäre ein übergeordnetes<br />

Bench marking-Projekt, das einheitliche Kriterien<br />

definiert. Ich stelle fest, dass die Initiative dazu von<br />

Institutionen selbst kommt. Damit aber ein Benchmarkingprojekt<br />

übergreifende Vergleiche erlaubt,<br />

sind Vorgaben des Kantons oder, noch besser, des<br />

Bundes erforderlich. Heute definiert der Kanton für<br />

die Pflege ein Normkostensystem, auf dessen Grundlage<br />

die Gemeinden die Pflegeleistungen mitfinanzieren<br />

müssen. Das neue Pflegegesetz musste in<br />

einem eigentlichen Kraftakt in kürzester Zeit umgesetzt<br />

werden. Im Moment sind wir daran, die Erfahrungen,<br />

die wir damit gemacht haben, zu erfassen<br />

und auszuwerten.<br />

Claudia Nielsen ist<br />

seit ihrer Wahl zur<br />

Stadträtin (Stadtregierung)<br />

von<br />

Zürich im Frühjahr<br />

2010 Vorsteherin<br />

des Gesundheitsund<br />

Umweltdepartements.<br />

Ihr sind<br />

unter anderem die<br />

städtischen Spitäler,<br />

Altersheime und<br />

Pflegezentren unterstellt,<br />

in ihre Verantwortung<br />

fallen<br />

die Verträge mit der<br />

Spitex und der Stiftung<br />

Alterswohnungen.<br />

Als Ökonomin<br />

interessiert sie<br />

sich für monetäre<br />

Kennzahlen ebenso<br />

wie für die Messung<br />

weicher Faktoren.<br />

«Bei hohen Pflegekosten von Vertragsheimen werden<br />

im gemeinsamen Ge spräch die Gründe analysiert.»<br />

Liegen bereits erste Resultate vor?<br />

Mit unseren eigenen und den Vertragsheimen hier<br />

in der Stadt können wir Vergleiche anstellen. Ein Teil<br />

davon arbeitet sehr kostengünstig und effizient,<br />

andere sind teurer – mit ihnen suchen wir das Gespräch<br />

auf der Basis von Vergleichsdaten. Kaum möglich<br />

ist uns dagegen der Vergleich mit entfernteren<br />

Heimen, bei welchen wir einzelne Plätze in Anspruch<br />

nehmen. Es ist wichtig, dass der Kanton genauere<br />

Angaben zur Berechnung der Normkosten erstellt.<br />

Aufgrund der tiefen Normkosten in den städtischen<br />

Betrieben vermuten wir, dass die städtischen Heime<br />

vor allem im Bereich schwererer Pflegebedürftigkeit<br />

günstiger arbeiten als auswärtige Heime.<br />

Die neue Gesetzgebung in der Langzeitpflege verursacht<br />

in Zukunft für die Stadt Zürich Mehrkosten<br />

in der Grös senordnung von mindestens 35 Millionen<br />

Franken pro Jahr. ><br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011<br />

5


FOCUS<br />

><br />

Wie gehen Sie bei der Auswertung der Daten<br />

methodisch vor?<br />

Zuerst müssen wir die Methodik der Datenerfassung<br />

dem neuen System anpassen. In zwei bis vier<br />

Jahren dürften wir die Daten soweit aufgearbeitet<br />

haben, dass wir die neuen Gesetze und Regelungen<br />

überprüfen und gegebenenfalls überarbeiten können.<br />

Was wir schon jetzt absehen können: Die neuen<br />

Regelungen führen kaum zu einer Kostensenkung,<br />

weder im Akut- noch im Langzeitpflegebereich.<br />

Die neue Spitalfinanzierung führt zu einer Verlagerung<br />

in die Langzeitpflege, was zu mehr und qualifizierterer<br />

Pflege führt und zu – berechtigten –<br />

Mehrkosten.<br />

Insgesamt sprechen wir über ein hoch komplexes<br />

und wenig transparentes System, das nicht nach<br />

ökonomischen Gesetzmässigkeiten funktioniert.<br />

«Der Gesundheits- und Pflegebereich ist mitnichten ein<br />

freier Markt, sondern in hohem Mass reguliert, und das<br />

zum Teil sehr intransparent.»<br />

Das würde ich selbst als Ökonomin auch gar nicht<br />

wollen. Ich will zwar, dass unsere Institutionen die<br />

Steuergelder effizient und effektiv einsetzen,<br />

gleichzeitig haben die Institutionen eine Leistung<br />

zu erbringen, die auch ethischen Kriterien genügen<br />

muss. Hinzu kommt: Der Gesundheits- und Pflegebereich<br />

ist mitnichten ein freier Markt, sondern in<br />

hohem Mass reguliert, und das zum Teil sehr intransparent.<br />

Allerdings stehen Regulierung und Intransparenz<br />

nicht zwingend in einem Zusammenhang. Grundsätzlich<br />

spricht nichts dagegen, dass Regulierungen<br />

transparente Verhältnisse schaffen.<br />

Da gibt es in Theorie und Praxis grosse Fragezeichen.<br />

Natürlich streben wir nur schon im eigenen<br />

Interesse eine gute Steuerung und Transparenz an.<br />

Über unsere eigenen Institutionen hinaus liegt sie<br />

aber nicht in unseren Händen.<br />

Wie beurteilen Sie als Ökonomin die Transparenzfrage<br />

bei der Finanzierung und Rechnungslegung<br />

von Institutionen, losgelöst von den aktuellen politischen<br />

Realitäten?<br />

Politische Realitäten gehören zwingend zur Ökonomie,<br />

und umgekehrt. Wichtig für die Transparenz<br />

ist vorerst der Wille aller Beteiligten dazu. Transparenz<br />

allein reicht aber nicht aus. Und da unterscheidet<br />

sich die Situation der Stadt Zürich von Gemeinden,<br />

die sich Zweckverbänden anschliessen müssen.<br />

Die kleinen Gemeinden haben diesbezüglich kom­<br />

Differenzierte Rechnungsmodelle erleichtern differenzierte<br />

Autonomie optimieren.<br />

«Politische Realitäten gehören zwingend<br />

zur Ökonomie, und umgekehrt.»<br />

plexere Verhältnisse. Damit sind wir bei einem<br />

weiteren Aspekt: Wir haben in der Stadt viel Systemwissen.<br />

Wir haben zudem den Vorteil, dass wir<br />

Übertritte gezielt planen und begleiten können.<br />

Ein Beispiel: Die Einführung der Fallpauschalen<br />

wird den Trend verstärken, dass Menschen nach einer<br />

Operation oder einer Krankheit im Normalfall<br />

das Spital rascher verlassen werden. Diese Tendenz<br />

ist auch ohne Fallpauschalen seit einigen Jahren zu<br />

beobachten. Wir sind in der Lage, den Übertritt vom<br />

Spital in eine Pflegeinstitution, die Spitex-Betreuung<br />

zu Hause oder die Rückkehr ins Altersheim<br />

nahtlos zu planen. Dies macht sehr viel Sinn, auch<br />

ökonomisch. Im Unterschied zu den meisten anderen<br />

Gemeinden ist die Spitex bei uns eigenständig<br />

und arbeitet mit einem Leistungsauftrag der Stadt.<br />

Wir führen in den Pflegezentren ergänzend Entlastungsangebote<br />

für Angehörige<br />

6 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011


es sich auch wirtschaftlich rechnet. Diese Regelung<br />

ist im Kanton Zürich ziemlich einzigartig, Bern und<br />

Luzern beispielsweise kennen das nicht. Gleichzeitig<br />

kämpfen der Kanton Zürich und die Krankenkassen<br />

um die zeitliche Umsetzung der Pflegefinanzierungsfrage.<br />

Die Beträge, die wir für 2011 erhalten,<br />

sind lediglich vorsorglich durch den Kanton festgelegt<br />

worden. Das macht die Situation nicht einfacher.<br />

Angebote, die das Mass an Betreuung und individueller<br />

Wie intensiv ist die interkommunale Zusammenarbeit?<br />

Kooperiert Zürich beispielsweise mit anderen<br />

Städten?<br />

Der Erfahrungsaustausch mit anderen Städten findet<br />

statt und ist auch sehr sinnvoll. Aber die Verhältnisse<br />

sind von Gemeinde zu Gemeinde sehr<br />

unterschiedlich.<br />

Und wie funktioniert die Zusammen arbeit<br />

mit dem Kanton?<br />

Insgesamt ist die Zusammenarbeit konstruktiv,<br />

aber selbstverständlich bestehen auch Interessengegensätze.<br />

Bis Ende des letzten Jahres haben wir<br />

beispielsweise medizinische Leistungen in den<br />

Pflegezentren pauschal verrechnet. Auf Verlangen<br />

der Krankenversicherungen müssen die Pflegezentren<br />

ab diesem Jahr Einzelleistungen verrechnen –<br />

jede Salbe, jede Arbeitsminute. Wir haben zehn neue<br />

Stellen geschaffen, um das administrativ abwickeln<br />

zu können. Darüber hinaus haben die Krankenkassen<br />

wohl eine entsprechende Anzahl Kontrollstellen<br />

schaffen müssen. Hier fragt sich, ob das wirklich<br />

sinnvoll ist, ob die Patientin davon profitiert, ob<br />

Foto: Bernhard Schneider<br />

Bedeutet dies, dass die Frage der Rechnungslegung<br />

auch eine Interessenkomponente beinhaltet?<br />

Das liegt in der Natur der Sache. Aber die Welt besteht<br />

nicht nur aus Stadt und Kanton, sondern aus<br />

einer Vielzahl weiterer Player wie Krankenkassen,<br />

AHV und IV, BSV, Stiftungen und Verbänden. Damit<br />

wir uns in der Schweiz auf ein vergleichbares Rechnungslegungs-<br />

und Benchmarkingsystem einigen<br />

können, müssen sich sehr viele Player zusammen<br />

finden. Wenn man Heime und Institutionen unabhängig<br />

davon, wer sie führt und wo sie stehen, vergleichen<br />

will, muss als erstes die Art der Finanzierung<br />

sauber analysiert werden. Zweitens muss die<br />

Kostenrechnung eine einheitliche Struktur von Kostenstellen<br />

und Kostenträgern aufweisen. Drittens<br />

muss ein einheitlicher Umlageschlüssel von den<br />

Kostenstellen auf die Kostenträger eingesetzt werden.<br />

Das sind zwar technische Aspekte, aber die<br />

Auswirkungen sind gravierend, wenn man dabei<br />

unsauber vorgeht. Bereits heute haben wir in der<br />

Stadt Zürich ein internes Benchmarking-System,<br />

das Altersheime und Pflegezentren umfasst, was<br />

bereits eine recht gute Datenmenge ergibt. Mittelbis<br />

langfristig wollen wir von der Objekt- zur Subjektfinanzierung<br />

wechseln.<br />

«Es wird auch mit der Subjektfinanzierung niemand auf<br />

der Strasse stehen.»<br />

Eine wesentliche politische Frage befasst sich mit<br />

Objekt- beziehungsweise Subjektfinanzierung.<br />

Wo steht die Stadt Zürich in diesem Spannungsfeld?<br />

Das Gesundheits- und Umweltdepartement ist daran,<br />

den Wechsel zur Subjektfinanzierung zu vollziehen:<br />

Die Pflegekosten werden nebst dem Eigenbeitrag<br />

von den Kassen und der Stadt Zürich bereits<br />

heute getragen, während die Vollkosten für Betreuung<br />

und Hotellerie in Zukunft überall den Heimbewohnerinnen<br />

und -bewohnern in Rechnung gestellt<br />

werden sollen. Wer sich den Aufenthalt unter<br />

diesen Bedingungen nicht leisten kann, hat selbstverständlich<br />

das Recht auf Zusatzleistungen. Es<br />

wird auch mit der Subjektfinanzierung niemand<br />

auf der Strasse stehen.<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011<br />

7


KONZEPTE<br />

ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICHE FINANZBERICHTERSTATTUNG ALS VOLKSWIRTSCHAFTLICHES ERFORDERNIS<br />

FER 21 – Vorreiterrolle der Schweiz bei der Finanzberichterstattung<br />

von Nonprofit-Organisationen<br />

bs. Die Finanzen von Institutionen, die substanziell von Spenden und Subventionen finanziert werden, stehen unter<br />

besonderer Beobachtung sowohl des Staates als auch der spendenden Öffentlichkeit. Da viele Nonprofit-Organisationen<br />

(NPO) parastaatliche Aufgaben erfüllen, ist eine öffentlich zugängliche, vergleichbare Finanzberichterstattung<br />

auch ein volkswirtschaftliches Erfordernis. Der Zwischenbericht zur bedarfsgerechten Rechnungslegung für NPO<br />

empfiehlt, die Jahresrechnung jeweils auf der Homepage der betreffenden Organisation zu publizieren, um ohne<br />

nennenswerten Aufwand Transparenz zu schaffen.<br />

Zwei Defizite ortet das Projektteam im Zwischenbericht<br />

zum KTI-Projekt «Bedarfsgerechte Rechnungslegung<br />

und Berichterstattung für schweizerische<br />

Nonprofit-Organisationen» (siehe Kasten S.9)<br />

bei der Rechnungslegung von NPO: Erstens bestehe<br />

ein Forschungsdefizit im Bereich der Rechnungslegung<br />

von NPO, dies im Gegensatz zum gut erforschten<br />

Profitbereich. Zweitens sei eine Diskrepanz<br />

zwischen der nationalen Überwachung der<br />

Rechnungslegung und der oft grenzüberschreitenden<br />

Tätigkeit der NPO feststellbar.<br />

Die Schweiz habe 2003 mit dem speziell für NPO<br />

entwickelten Standard FER 21 in einer vornehmlich<br />

durch Soft Law regulierten Branche eine Vorreiterrolle<br />

übernommen. Die Analyse der Geschäftsberichte<br />

von 331 verschiedenen NPO ergebe, dass sich<br />

die Qualität der Rechnungslegung von NPO seit der<br />

Einführung von FER 21 und dessen Verbindlichkeitserklärung<br />

durch die ZEWO deutlich verbessert<br />

habe. Ziel des oben erwähnten KTI-Forschungsprojekts<br />

ist, das «aktuelle schweizerische NPO-Rechnungsmodell»<br />

vertieft zu analysieren, diskutieren<br />

und evaluieren, auch im Vergleich mit jenen gemeinnützigen<br />

Organisationen, die Swiss GAAP FER<br />

(noch) nicht anwenden.<br />

Im KTI-Projekt werden vier Typen von NPO unterschieden:<br />

• Staatlich subventionierte NPO<br />

• Entwicklungsorganisationen (NGO)<br />

• Förder- und Vergabestiftungen<br />

• Leistungserbringende privat finanzierte NPO<br />

Der vorliegende Artikel fokussiert die erste Gruppe,<br />

die staatlich subventionierten NPO, die namentlich<br />

Heime für Menschen mit Behinderung und Jugendheime<br />

umfasst. Nach dem Zufallsprinzip wurden<br />

in diesem Bereich 137 der 1280 in der Schweiz<br />

aktiven Institutionen analysiert. Der Medianwert<br />

der Bilanzsumme staatlich subventionierter NPO<br />

liegt bei 8.4 Mio. CHF. Bezüglich der Rechtsform<br />

handelt es sich überwiegend um Stiftungen. Die<br />

Angaben über die Anzahl Mitarbeitender sind uneinheitlich<br />

und lückenhaft, was einen systematischen<br />

Vergleich erschwert. Diese Gruppe hat beispielsweise<br />

häufig keine Angaben darüber gemacht,<br />

nach welchen Normen ihre Rechnung abgeschlossen<br />

wird – dementsprechend kann vermutet werden,<br />

dass die meisten FER nicht anwenden.<br />

Passivseite in der NPO-Bilanz<br />

unterscheidet sich<br />

Grundsätzlich unterscheidet sich die Aktivseite der<br />

NPO-Bilanz nicht von derjenigen eines profitorientierten<br />

Unternehmens. Auf der Passivseite besteht<br />

zwischen Stiftungen und Vereinen auf der einen<br />

sowie Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit<br />

beschränkter Haftung auf der anderen Seite der<br />

Unterschied, dass das Eigenkapital nur im Rahmen<br />

des – eng definierten – Stiftungszwecks zur freien<br />

Verfügung steht. Die Ausstattung mit Eigenkapital<br />

von durchschnittlich 36 Prozent der Bilanzsumme<br />

ist bei den staatlich subventionierten NPO relativ<br />

gering. Lediglich 26 Prozent der untersuchten Jugend-<br />

und Behindertenheime weisen Rückstellungen<br />

auf, da die kantonalen Subventionsbestimmungen<br />

die Bildung von Rückstellungen teilweise<br />

stark einschränken.<br />

FER 21 unterscheidet zwischen der qualitativen Effektivität<br />

als Mass für die Wirksamkeit der Handlungen<br />

einer Organisation und der Effizienz als<br />

quantitatives Mass für die Wirtschaftlichkeit des<br />

Mitteleinsatzes. Entsprechend der vielfältigen Zielsetzungen<br />

der NPO belässt FER viel Spielraum bei<br />

der Verfassung des Leistungsberichts und verzich­<br />

8 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011


Foto: Erika Schmid<br />

tet auf ein verbindliches Muster. Obwohl der Leistungsbericht<br />

gemäss FER obligatorisch ist, publizieren<br />

nur zwei Drittel der FER-21-anwendenen<br />

Institutionen einen solchen auch öffentlich. Die<br />

staatlich subventionierten Institutionen erstellen<br />

grossmehrheitlich keinen Leistungsbericht.<br />

Die per 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen<br />

bezüglich der Revisionspflicht gleichen die<br />

Vorschriften der Stiftungen denjenigen des Aktienrechts<br />

an. Entsprechend der Grösse der Institutionen<br />

führen die meisten NPO eine eingeschränkte Revision<br />

durch, kleinere unterstellen sich häufig freiwillig<br />

der Revision (der sog. «Statutenrevision»). Die<br />

Analyse ergibt, dass Revisionsstellen bei Vorliegen<br />

von Normverstössen nur sehr beschränkt Gebrauch<br />

von den zur Verfügung stehenden Sanktionsmöglichkeiten<br />

machen, beispielsweise mittels Hinweisen<br />

oder Einschränkungen im Revisionsbericht.<br />

Die Autoren des Zwischenberichts empfehlen, sowohl<br />

die Vorjahreszahlen als auch die Vergleichszahlen<br />

des Budgets in der Jahresrechnung auszuweisen,<br />

um die Transparenz zu erhöhen, was in den<br />

analysierten Rechnungen keineswegs selbstverständlich<br />

ist. Sie regen an, die Revisionskosten<br />

grundsätzlich offen zu legen. Zum Leistungsbericht<br />

heben sie eine NPO hervor, die diesen in verschiedene<br />

Elemente gliedert und Aussagen zu den Wirkungszielen<br />

in den verschiedenen Handlungsfel­<br />

dern formuliert, diese in Bezug zu den Jahreszielen<br />

skizziert und mithilfe von Indikatoren den jeweiligen<br />

Projektfortschritt systematisch beurteilt. Die<br />

Jahresrechnungen sollten grundsätzlich auf der jeweiligen<br />

Homepage publiziert werden, ergänzt mit<br />

einer Kommentierung durch die leitenden Organe,<br />

wie sie FER 21 vorschreibt, mit einer Einschätzung<br />

hinsichtlich der wichtigsten zukünftigen Finanzparameter.<br />

Dieser Artikel fasst die folgende Studie<br />

zusammen:<br />

DANIEL ZÖBELI, BEATRICE MEYER, SANDRO<br />

FUCHS, FELIX SCHULER: Bedarfsgerechte<br />

Rechnungslegung und Berichterstattung für<br />

schweizerische Nonprofit-Organisationen,<br />

Zwischenbericht KTI-Projekt 10495-1 PFES-ES,<br />

unter Mitarbeit von Domenico Ferrari, Josef<br />

Gohl, Josa Keller und Markus Tröndle, Manno/<br />

Regensdorf/Winterthur 2011.<br />

Forschungspartner des KTI-Projekts (Kommission<br />

für Technologie und Innovation) sind die<br />

Fernfachhochschule Schweiz (FFHS), die Zürcher<br />

Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />

(ZHAW) sowie die Scuola Universitaria Professionale<br />

della Svizzera Italiana (SUPSI).<br />

Der administrative<br />

Aufwand für FER 21<br />

lohnt sich, weil der<br />

Standard Qualität<br />

und Vergleichbarkeit<br />

der Rechnungslegung<br />

fördert.<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011<br />

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DIENSTLEISTUNGEN<br />

SWISS GAAP FER 21 IST FÜR ALLE INSTITUTIONEN MÖGLICH<br />

Buchhaltung auf der Basis von KVG und IVSE<br />

Der Trend im Sozialwesen hin zur subjektbezogenen Leistungsabgeltung erfordert Änderungen im Bereich der<br />

Buchhaltung, die sozialpolitische Auswirkungen zeitigen. Viele Institutionen des Gesundheitswesens streben<br />

landesweit kompatible Konzepte der Leistungsfinanzierung an. Gemeinsam mit öffentlich-rechtlichen Partnern<br />

und unabhängigen Hochschulinstituten entwickelt CURAVIVA Schweiz branchenübergreifende Konzepte für<br />

Betriebe des Gesundheits- und Sozialwesens, begleitet von einem KTI Forschungsprojekt (siehe S. 8 – 9).<br />

> Von Peter Läderach, Leiter Geschäftsbereich Dienstleistungen CURAVIVA Schweiz<br />

Öffentlich-rechtliche Heime finden im Anhang die<br />

Überführungsrichtlinien zum HRM (Harmonisiertes<br />

Rechnungslegungsmodell der öffentlichen Hand).<br />

Die Buchhaltungssoftware basiert auf dem Prinzip<br />

der Vollkosten. Die branchenspezifischen Kostenstellen<br />

sind standardmässig eingerichtet und können<br />

den individuellen Bedürfnissen entsprechend<br />

angepasst werden. Alle diese Instrumente ermöglichen<br />

die Anwendung von SWISS GAAP FER 21.<br />

Foto: Erika Schmid<br />

Betriebswirtschaft liche Instrumente müssen nachvollziehbar und verständlich sein,<br />

damit sie ihre Funktionen erfüllen.<br />

Peter Läderach<br />

Alters- und Pflegeheime, die einen Teil ihrer Leistungen<br />

auf der Basis des KVG abrechnen, müssen<br />

gleich wie Institutionen für Menschen mit Behinderung,<br />

Suchtkrankheiten oder psychosozialen Problemen<br />

jährlich die Statistik der sozialmedizinischen<br />

Institutionen (SOMED) ausfüllen. Die SOMED basiert<br />

auf dem Kontenrahmen, der Anlagebuchhaltung<br />

und der Kostenrechnung von CURAVIVA Schweiz, die<br />

heute in den meisten sozialen Institutionen Anwendung<br />

finden. Damit steht ein einheitliches Werkzeug<br />

zur Verfügung, das schweizweit Vergleichbarkeit<br />

ermöglicht. Kantonale Aufsichtsstellen<br />

verlangen mehr und mehr die Anwendung dieser<br />

betriebswirtschaftlichen Instrumente. Vielerorts<br />

sind sie Bestandteil kantonaler Verordnungen. Der<br />

Kontenrahmen für soziale Einrichtungen ist im<br />

Rahmen der IVSE landesweit gültig.<br />

Der Kontenrahmen ist für die Bereiche «Alters- und<br />

Pflegeheime» und «Soziale Einrichtungen IVSE» erhältlich.<br />

Er verfügt über ein Stichwortverzeichnis,<br />

das mit eigenen Begriffen ergänzt werden kann.<br />

Verknüpfung der Sparten<br />

Die zunehmende Verknüpfung der Sparten legt<br />

eine koordinierte und branchenübergreifende<br />

Konzeptentwicklung der betriebswirtschaftlichen<br />

Instrumente für Heime und Institutionen nahe.<br />

CURAVIVA Schweiz will diese Managementinstrumente<br />

in den nächsten ein bis zwei Jahren neu publizieren,<br />

mit der Möglichzeit zu fachlichen und<br />

regionalen Varianten sowie einer kontinuierlichen<br />

Pflege im Detail.<br />

Dienstleistungen von CURAVIVA Schweiz<br />

Dem nationalen Dachverband CURAVIVA Schweiz<br />

sind Institutionen und Heime aller Landesteile<br />

der Schweiz sowie des Fürstentums Liechtensteins<br />

angeschlossen. Ingesamt vertritt CURAVIVA<br />

Schweiz 2300 Institutionen, in denen rund<br />

100’000 Bewohnerinnen und Bewohner leben<br />

und 130’000 Mitarbeitende beschäftigt sind.<br />

CURAVIVA Schweiz hat mit dem Kontenrahmen,<br />

der Anlagebuch hal tung und der Kostenrechnung<br />

drei betriebswirtschaftliche Instrumente erar beitet,<br />

die den Heimen die Umsetzung der gesetzlichen<br />

Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes<br />

(KVG) und der Interkantonalen Vereinbarung<br />

für Soziale Einrichtungen (IVSE) erleichtern und<br />

die Vergleichbarkeit von Aus wertungen aus der<br />

Buchhaltung ermöglichen.<br />

10 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011


BERATUNG<br />

RECHNUNGSLEGUNG NACH SWISS GAAP FER FÜR ÖFFENTLICH-RECHTLICHE INSTITUTIONEN<br />

FER sorgt für gleich lange Spiesse<br />

Bei Swiss GAAP FER handelt es sich um Fachempfehlungen zur Rechnungslegung. Mit der Anwendung von FER<br />

für alle Heime, unabhängig von ihrer Rechtsform, kann erreicht werden, dass Aufwendungen und Erträge aus<br />

einer einheitlichen Sichtweise nach dem Prinzip True & Fair View dargestellt und damit vergleichbar werden.<br />

> Von Elke Wattinger, REDI AG Treuhand, Treuhandbüro für Heime<br />

Elke Wattinger<br />

Ist von SWISS GAAP FER (nachfolgend FER) die Rede,<br />

haben viele den Eindruck, dass Berge von Vorschriften<br />

für die Rechnungslegung eingehalten werden<br />

müssen, die sich nicht mit den Vorschriften nach<br />

OR (Obligationenrecht) und dem HRM1 (Harmonisiertes<br />

Rechnungslegungsmodell der öffentlichen<br />

Hand) vertragen. GAAP steht für Generally Accepted<br />

Accounting Principles, FER für Fachempfehlungen<br />

zur Rechnungslegung. Betrachtet man die Praxis<br />

im Detail, erkennt man schnell, dass sich für die<br />

meisten Heime die Anwendung auf die KERN-FER<br />

und FER 21 beschränkt. Kern-FER umfasst das Rahmenkonzept,<br />

die Grundlagen (Swiss GAAP FER 1),<br />

die Bewertung (Swiss GAAP FER 2), die Darstellung<br />

und Gliederung (Swiss GAAP FER 3), die Geldflussrechnung<br />

(Swiss GAAP FER 4), die Ausserbilanzgeschäfte<br />

(Swiss GAAP FER 5) sowie den Anhang (Swiss<br />

GAAP FER 6).<br />

FER kann alle Modelle ergänzen<br />

OR und HRM1 sind gesetzliche Grundlagen, die von<br />

den Fachempfehlung FER nicht abgeändert werden<br />

können. Daher wird die Rechnungslegung nach FER<br />

in der Regel zusätzlich und nicht an Stelle der bisherigen<br />

Rechnungslegung vorgenommen. Die Anerkennung<br />

der FER Standards als gesetzliche<br />

Grundlage ist in Kürze zu erwarten.<br />

Für die Anwendung von FER werden nach dem offiziellen<br />

Jahresabschluss (OR oder HRM1) die Kontensalden<br />

in eine Excel-Tabelle übertragen und die<br />

Überleitung zum Rechnungsabschluss nach FER<br />

ausserhalb der Buchhaltung abgewickelt. Die Anpassungen<br />

werden nicht gebucht, sondern nur berechnet.<br />

Die Rechnungslegung nach FER besteht<br />

dann in einer Excel-Version. Diese wird ergänzt mit<br />

einem Anhang, Informationen zu den Grundlagen,<br />

zur Bewertung, zum Geldfluss, zur Kapitalentwicklung<br />

und zu Fondskonten sowie dem Leistungsbericht.<br />

Das Ergebnis ist ein Jahresbericht mit Aussagen<br />

über ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild (True & Fair View) der Vermögens-,<br />

Finanz- und Ertragslage.<br />

Nutzen lohnt Mehraufwand<br />

Zugegeben, die erstmalige Anwendung der KERN-<br />

FER Bestimmungen verursacht einen grösseren Initialaufwand,<br />

besonders die Bewertung des Anlagevermögens.<br />

Der Nutzen ist jedoch hoch. Durch die<br />

Berechnung ausserhalb der Jahresrechnung nach<br />

HRM1 ist es auch für öffentlich-rechtliche Heime<br />

möglich, die Rechnungslegung nach FER durchzuführen.<br />

Gleichzeitig können auch die bereits<br />

heute bestehenden Anforderungen des Bundes,<br />

Rechnungslegung nach FER ergänzt<br />

private und öffentlich-rechtliche Abschlüsse<br />

und macht sie vergleichbar.<br />

beispielsweise betreffend Anlagespiegel gemäss<br />

SOMED, der Web-Applikation des Bundes für die<br />

Statistik der sozialmedizinischen Institutionen, erfüllt<br />

werden.<br />

Mit der Einarbeitung der FER-Positionen in die Kostenrechnung<br />

entsteht auch eine gute Grundlage<br />

für eine von der Rechtsform und der Finanzierungsart<br />

unabhängige Vollkostenrechnung zur Bestimmung<br />

von kostendeckenden Tarifen. Eines muss<br />

man sich bewusst sein: Eine klare Auskunft, warum<br />

ein Heim teurer ist als andere, kann auch ein FER-<br />

Abschluss nicht geben. Aber ein guter Anhaltspunkt<br />

für ein Benchmarksystem ist gegeben, da<br />

nach FER die Spiesse überall gleich lang sind.<br />

CURAVIVA<br />

Hotline<br />

Basierend auf den<br />

Erfahrungen bei der<br />

Einführung der Kostenrechnung<br />

im KVG-<br />

Bereich (Alterspflege)<br />

hat CURAVIVA<br />

Schweiz eine Hotline<br />

für Fragen zum Rechnungswesen<br />

eingerichtet.<br />

Unter der<br />

Telefonnummer:<br />

031 385 33 33<br />

werden die Fragen<br />

unentgeltlich beantwortet.<br />

Die Kosten<br />

werden bis jetzt von<br />

CURAVIVA Schweiz<br />

getragen.<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I November 2011<br />

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CURAVIVA SCHWEIZ · Zieglerstrasse 53 · 3000 Bern 14 · Telefon +41 (0)31 385 33 33 · info@curaviva.ch · www.curaviva.ch

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