für Fortgeschrittene - DiveInside
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16<br />
Ausbildung<br />
vier Jahrzehnte alt, ist das doch ein Schlüsselsatz<br />
der Tauchausbildung und zugleich eine Warnung<br />
vor einem der fundamentalen Fehler im Tauchen:<br />
Zu früh zu tief.<br />
Auch hier ein einfaches Beispiel: Die größere Gasmenge,<br />
die man in der Tiefe benötigt - in 40 metern<br />
fünfmal mehr als an Oberfläche, bewirkt, dass ein<br />
Jacket, das an der Oberfläche blitzschnelle fünf<br />
Sekunden zum Füllen benötigt, in 40 metern stolze<br />
25, in 90 metern sogar 50 Sekunden beansprucht.<br />
Wer darauf nicht vorbereitet ist, dem kann diese<br />
Zeit unendlich lange vorkommen. Vor allem wenn<br />
gerade die Druckanzeige Probleme macht, oder ein<br />
ausgeprägtes Nässegefühl den Schluss nahelegt,<br />
dass der Trocki nicht mehr dicht ist und man zwei<br />
unangenehm kalte Stunden <strong>für</strong> den Aufstieg vor<br />
sich hat. Solche kleinen Besonderheiten, können<br />
in Extremsituationen schnell zum totalen Kontrollverlust<br />
führen.<br />
Tauchmediziner wie röschmann beobachten seit<br />
Jahren einen deutlichen Anstieg von Unfällen durch<br />
subjektive Gefährdung. „Das sind Unfälle auf Grund<br />
von Panikreaktionen, die z.B. durch Sedimentaufwirbelungen,<br />
plötzliche Dunkelheit oder Partnerverlust<br />
ausgelöst wurden. Unangenehme, aber nicht<br />
wirkliche gefährliche Situationen.“ Es liegt nahe,<br />
hier<strong>für</strong> mangelhafte Erfahrung und schlechten<br />
Ausbildungsstand verantwortlich zu machen.<br />
im Techtauchen beginnt man darauf zu reagieren.<br />
„Fundamentals“ etwa heißt der Einsteigerkurs bei<br />
GUE (www.bts-eu.com), der in ähnlicher Form auch<br />
bei anderen Verbänden in der Pipeline ist. Da geht<br />
es primär ums Tarieren und andere Basisfertigkeiten,<br />
die <strong>für</strong> den Tekkie überlebensnotwendig sind.<br />
Sporttaucher sollten das eigentlich beherrschen,<br />
aber die realität sieht anders aus. Jeder, der seine<br />
Tauchgruppe im Urlaub einmal beobachtet,<br />
merkt das schnell. Da wird oft der kontrollierte<br />
Aufstieg zum Boot zu einer echten Herausforderung.<br />
manchmal sieht das witzig aus, meistens ist<br />
es aber ziemlich traurig.<br />
Auch das Training potentiell gefährlicher Situationen<br />
ist wichtig, wird in der Basisausbildung aber<br />
meist vernachlässigt. Erst im fortgeschrittenen<br />
Stadium der Ausbildung, etwa auf rescue-Diver-<br />
Niveau ändert sich das. „Es ist schon interessant,<br />
dass etwa bei der Privatpilotenausbildung gerade<br />
Gefahrensimulation bei weitem stärker im Vordergrund<br />
steht als bei der Tauchausbildung“, sagt<br />
marco röschmann von aqua med. Der Taucherarzt<br />
weiß aus seiner Gutachtertätigkeit bei Tauchunfällen,<br />
dass es fast nie eine einzige klar abgrenzbare<br />
Ursache gibt, die man <strong>für</strong> einen Unfall verantwortlich<br />
machen kann: „Fast immer finden wir eine Aneinanderreihung<br />
mehrerer kleiner Probleme, die in<br />
der Summe dann zum Desaster führen“. So eine<br />
scheinbare Belanglosigkeit kann etwa mangelnde<br />
Fitness sein. Da reicht eine Strömung, die einen vom<br />
Wrack in 80 metern Tiefe abtreibt. Zwei minuten<br />
„Keulen“ und die Atmung wird zur Schnappatmung.<br />
Das Finimeter zeigt einen zu hohen Verbrauch an.<br />
Was tun?<br />
Genau diese Frage sollte man sich im Vorfeld stellen.<br />
Techtauchen ist kein Hochleistungssport, aber eine<br />
überdurchschnittliche Fitness hilft in Grenzsituationen.<br />
Je mehr leistungsreserven ein Taucher hat,<br />
desto besser! Auch <strong>für</strong> die Psyche! Deutlich wird das,<br />
wenn man den Tekki mit einem großen Automotor<br />
vergleicht. im Normalfall bringt dieser untertourig<br />
seine Standardleistung. So wie ein Taucher, der<br />
souverän und entspannt taucht. muss aber einmal<br />
überholt werden, greift er auf sein oberes leistungsspektrum<br />
zurück. immer noch souverän, aber nicht<br />
mehr so ganz entspannt. Ganz wichtig dabei: Die<br />
leistungsreserve, bei der er an seine Grenze stößt,<br />
darf er hier noch nicht erreichen!<br />
So viel Souveränität gibt es nicht gratis, gibt es nicht<br />
ohne regelmäßiges Training. Wo man steht und<br />
was man noch tun kann, darüber kann man mehr<br />
bei einem Fitnesstest erfahren, den die Deutsche<br />
Sporthochschule in Köln und aqua med entwickelt<br />
haben (www.fit2dive.eu). Kein schlechter Einstieg<br />
in die höheren Weihen des Tauchens.<br />
Zurück zu unserem Beispiel: Wird der Taucher nun<br />
doch vom Wrack abgetrieben, dann ist das bei<br />
guter Ausbildung kein Problem. Was sich so leicht<br />
liest, ist in der Praxis doch sehr anspruchsvoll und<br />
bestimmt die Hälfte derer, die sich Tekki nennen,<br />
sind hier überfordert. Auf dem Programm steht jetzt<br />
nämlich ein freier, tempokontrollierter Aufstieg mit<br />
allen Tiefenstopps. Dann das Setzen der Dekoboje<br />
und die folgende Deko. Dabei ist der Taucher völlig<br />
auf sich allein gestellt. Der Tauchpartner ist hier<br />
keine Hilfe. Allenfalls eine psychische Stütze. Aber<br />
als Krücke sind der Partner oder das Team eigentlich<br />
Me h R e R e stagefl aschen<br />
R ollieRen u n D u M h ä n g e n<br />
ist teil D e R intensiven<br />
tR ainingseinheiten<br />
zu schade. Die psychische Stärke sollte man aus der<br />
eigenen leistungsfähigkeit ziehen und nicht aus<br />
der Anwesenheit anderer. Und das braucht eine<br />
gute Ausbildung, regelmäßiges Training ... und<br />
eben Zeit, wie der oben zitierte Hans Hass schon<br />
zu Beginn des Tauchbooms feststellte.<br />
Und jetzt viel Spaß auf dem Weg zum Tekki, der sinnvollerweise<br />
mit dem ersten Schritt beginnt, einem<br />
gründlichen Wiederholen der Grundfertigkeiten:<br />
Tarierung, Trimmung müssen perfekt sein. in der<br />
Theorie steht dann das Verständnis der lehre von<br />
den Partialdrücken um den Einsatz von mischgasen<br />
besser zu verstehen. Und wie gesagt, das ist die<br />
Basis <strong>für</strong> die Grundlagen (nein, kein Verschreiber!).<br />
Ganz wichtig: runter vom Gas! Den schnellen Weg<br />
zum Techtauchen gibt es nicht. Noch weniger als<br />
beim Sporttauchen macht hier der Kurs den Könner.<br />
Das Brevet ist nicht mehr als ein Stück Papier oder<br />
Plastik, dass ein wirklich guter Tech-instructor mit<br />
der Aufforderung übergeben wird, eigenständig<br />
weiterzuüben. Der lohn der mühe ist eine neue<br />
Welt, jenseits der 50 meter. Selten betauchte Wracks,<br />
unbekannte Höhlengänge, riffe, die nicht untergepflügt<br />
sind. Diese Welt, die „Twilight Zone“ ist noch<br />
voller Geheimnisse und unbekannter Bewohner.<br />
Da kann man noch ein wenig das nachempfinden,<br />
was Pioniere des Tauchens vor fünfzig Jahren an<br />
der „stillen Welt“ reizte. WC<br />
Foto: Achim Schlöffel