01.06.2015 Aufrufe

inter|esse 2/2015

In der Ausgabe 2/2015 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: Deutschland braucht eine Demografie-Strategie, Wachstum durch Zuwanderung, Wachstum durch Investitionen in die Infrastruktur und unterschätzte Lebenserwartung.

In der Ausgabe 2/2015 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: Deutschland braucht eine Demografie-Strategie, Wachstum durch Zuwanderung, Wachstum durch Investitionen in die Infrastruktur und unterschätzte Lebenserwartung.

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Staatshaushalte würden entlastet. Beides umso mehr, je<br />

qualifizierter die Zuwanderer sein werden.<br />

<strong>inter|esse</strong>: Damit die Zuwanderung den gewünschten<br />

Beitrag zum Wachstum leistet, müssen also vor allem<br />

qualifizierte Kräfte kommen und solche, an denen es<br />

hierzulande mangelt. Welche Qualifikationen werden bei<br />

uns in der alternden Gesellschaft besonders gefragt sein?<br />

Plünnecke: Aktuell fehlen Fachkräfte vor allem in den Bereichen<br />

Technik und Gesundheit – dies sowohl mit beruflichem<br />

als auch akademischem Abschluss. Berechnungen<br />

bis zum Jahr 2030 zeigen, dass selbst bei einer hohen Zuwanderung<br />

in diesen Bereichen Engpässe bestehen bleiben<br />

oder weiter zunehmen. Positiv ist, dass unter den erwachsenen<br />

Zuwanderern fast ein doppelt so hoher Anteil<br />

eine akademische MINT-Qualifikation besitzt, also über<br />

eine naturwissenschaftlich-technische Ausbildung verfügt,<br />

als in der Gesamtbevölkerung. Durch Zuwanderung<br />

steigt folglich auch das Angebot an Ingenieuren.<br />

Plünnecke: Zunächst geht es darum, für Deutschland als<br />

Einwanderungsland zu werben. Die Internet-Plattform<br />

„Make-it-in-Germany“ beispielsweise ist dafür ein wichtiges<br />

Instrument und wird vor allem von Personen aus<br />

möglichen Zielländern wie Indien und Indonesien besucht.<br />

Seit Beginn der Werbemaßnahmen konnten auch<br />

besonders viele Zuwanderer in den akademischen MINT-<br />

Berufen aus diesen Ländern gewonnen werden. Neben<br />

attraktiven Zuwanderungsregeln ist es auch wichtig,<br />

dass potenzielle Zuwanderer bereits in ihren Heimatländern<br />

die Möglichkeit haben, deutsch zu lernen. Hier leisten<br />

die Goethe-Institute und die Auslandschulen einen<br />

wichtigen Beitrag. Zentral ist ferner die Zuwanderung<br />

über die Hochschulen. Wir wissen aus Untersuchungen,<br />

dass diese Zuwanderer ähnlich erfolgreich am Arbeitsmarkt<br />

Fuß fassen wie inländische Absolventen.<br />

<strong>inter|esse</strong>: Gibt es noch größere rechtliche oder auch<br />

andere Hindernisse, die die Zuwanderung von Arbeitnehmern<br />

behindern?<br />

<strong>inter|esse</strong>: Die süd- und osteuropäischen Länder werden<br />

in naher Zukunft selbst vom demografischen Wandel betroffen<br />

sein. Gibt es noch andere Regionen, aus denen<br />

Arbeitskräfte künftig vermehrt nach Deutschland kommen<br />

könnten?<br />

Plünnecke: In der Tat kommen die Zuwanderer bisher vor<br />

allem aus den Ländern, die in den kommenden Jahren<br />

selbst starken demografischen Veränderungen unterliegen.<br />

Daher dürfte die Nettozuwanderung aus diesen<br />

Regionen nicht auf dem aktuellen Niveau zu halten sein.<br />

Wichtig ist es daher vor allem, Zuwanderer auch aus Regionen<br />

zu gewinnen, die ein hohes Qualifikationsniveau<br />

und ein hohes Bevölkerungswachstum haben, zum Beispiel<br />

aus Indien und Indonesien. Wanderungsentscheidungen<br />

hängen wiederum von bestehenden Netzwerken<br />

ab. Plakativ formuliert: Inder wandern eher dorthin, wo<br />

schon zuvor Inder zugewandert sind. Deutschland muss<br />

sich folglich besonders anstrengen, sich in diesen Regionen<br />

als Einwanderungsland zu positionieren.<br />

<strong>inter|esse</strong>: Wie kann Deutschland für qualifizierte Arbeitskräfte<br />

aus dem Ausland noch attraktiver werden?<br />

Plünnecke: Ein großer Teil der Hemmnisse besteht in<br />

administrativen Hürden. So können die Visa-Verfahren<br />

sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Das Problem beginnt<br />

häufig schon damit, dass an Zuwanderung Interessierte<br />

bis zu zwei Monate warten müssen, bis sie<br />

überhaupt einen Termin bei der zuständigen Auslandsvertretung<br />

bekommen. Anders als viele andere Länder<br />

stellt Deutschland den Bewerbern auch keine Informationen<br />

bereit, wie lange das Verfahren typischerweise<br />

dauert. Ein weiteres Problem besteht in der kleinteiligen<br />

Struktur der Ausländerbehörden, von denen es in<br />

jedem Kreis mindestens eine gibt. Das führt dazu, dass<br />

die zuständigen Mitarbeiter häufig mit anderen Migrationsformen<br />

beschäftigt sind und wenig Expertise<br />

bei der Fachkräftezuwanderung haben. Trotzdem entscheidet<br />

ihre Rechtsauffassung in vielen Fällen darüber,<br />

ob ein Aufenthaltstitel erteilt wird oder nicht. Gerade<br />

wenn der rechtliche Rahmen regional unterschiedlich<br />

umgesetzt wird, kann das zu Unsicherheit führen.<br />

<strong>inter|esse</strong>: Was muss zur besseren Integration der Menschen<br />

noch getan werden, die oft auch mit ihren Familien<br />

nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten?<br />

4 <strong>inter|esse</strong> 2 ◆ <strong>2015</strong>

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