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Ein asiatisches Jahrhundert? - Deutschland vor neuen Herausforderungen

Dokumentation der Schönhauser Gespräche 2007. Berlin 2008. In einer Mischung aus Faszination und Beunruhigung blickt die Welt auf den asiatischen Kontinent.

Dokumentation der Schönhauser Gespräche 2007. Berlin 2008. In einer Mischung aus Faszination und Beunruhigung blickt die Welt auf den asiatischen Kontinent.

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den „guten“ Staaten treibt man Handel, mit<br />

den „bösen“ Staaten unterhält man wegen<br />

der Missachtung von Menschenrechten, wegen<br />

mangelnder demokratischer Systeme,<br />

wegen Korruption besser keine Beziehungen<br />

– noch taugt. Die „bösen“ Staaten sind die<br />

rohstoffstarken Länder. Wenn wir den Amerikanern<br />

folgen und mit einigen dieser Länder<br />

wegen der Menschenrechte usw. keinen<br />

Handel mehr treiben, dann werden die Chinesen,<br />

die eine andere <strong>Ein</strong>stellung haben,<br />

und die Inder in zehn Jahren die Hand auf<br />

den Rohstoffen haben. Dann sehen wir<br />

schlechter aus.<br />

Prof. Dr. Jürgen Strube: Die Frage, ob<br />

<strong>Deutschland</strong> <strong>vor</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Herausforderungen</strong><br />

steht, ist aus meiner Sicht eine sehr verkürzte<br />

Fragestellung. <strong>Deutschland</strong> ist Bestandteil<br />

der Europäischen Union. Wir haben einen<br />

vollendeten Binnenmarkt. Wir haben mit<br />

dem Euro eine ganz andere Konstellation.<br />

Zumindest für die Industrie ist Europa ganz<br />

eindeutig der Heimatmarkt.<br />

Ich glaube, der Unterschied zwischen<br />

der Finanzwelt, die ja sehr viel stärker reguliert<br />

und damit sehr viel stärker auf die nationalen<br />

Märkte eingegrenzt ist, jedenfalls in<br />

großem Umfang, und der Industrie ist ganz<br />

auffällig. Ich meine damit nicht nur die Großindustrie,<br />

sondern auch die Mittelständler,<br />

die familiengeführten Unternehmen. Für diese<br />

ist Europa der Heimatmarkt.<br />

Wenn man das als Basis nimmt, existiert<br />

ein ganz anderer Vergleichsmaßstab für das<br />

„asiatische <strong>Jahrhundert</strong>“. Wäre es von daher<br />

nicht klüger, zu fragen: Wie treten wir als<br />

Europa in der Welt und in Asien auf?<br />

Nach meinen Erfahrungen in Asien respektiert<br />

man dort <strong>vor</strong> allem starke Partner.<br />

Das bedeutet, dass man möglichst nur mit<br />

einer Stimme spricht und dass man sich sehr<br />

wohl überlegen sollte, ob die Europäische<br />

Union und der französische Präsident zur<br />

selben Zeit in China auftreten sollten und<br />

welches die Auswirkungen eines solchen<br />

nicht klug aufeinander abgestimmten Vorgehens<br />

sind.<br />

Dr. Hans D. Barbier: Sind Sie sich, Herr<br />

Dr. Strube, denn gewiss, dass die <strong>Ein</strong>igkeit<br />

in der Europäischen Union so ist, dass wir<br />

an Gewicht gewinnen, wenn wir strikt Wert<br />

darauf legen, immer als Mitglied der Europäischen<br />

Union aufzutreten? Oder sehen<br />

Sie nicht mit mir Unterschiede, die so gravierend<br />

sind, dass es vielleicht auch unter<br />

Wettbewerbsgesichtspunkten interessant<br />

ist, die eigene Identität, das eigene Politikbündel<br />

und den eigenen Auftritt neben dem<br />

<strong>Ein</strong>gebettetsein in der Europäischen Union<br />

zu vertreten?<br />

Prof. Dr. Jürgen Strube: <strong>Ein</strong>heit in der<br />

Vielfalt ist die Stärke Europas. „<strong>Ein</strong>heit in<br />

der Vielfalt“ bedeutet, dass wir sowohl die<br />

Vielfalt als auch die <strong>Ein</strong>heit gleichermaßen<br />

her<strong>vor</strong>heben müssen.<br />

Ich nehme als Beispiel den Begriff „Exportweltmeister“.<br />

Das ist aus meiner Sicht<br />

ein schönes Beispiel der Selbsttäuschung.<br />

Alle Binnenlieferungen in der Europäischen<br />

Union sind in diesem Begriff enthalten. Möge<br />

mir bitte jemand erklären, was im vollendeten<br />

Binnenmarkt und im Euroraum<br />

Der Begriff „Exportwelt<br />

meister“ ist ein<br />

schönes Beispiel der<br />

Selbsttäuschung.<br />

Bankenverband<br />

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