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Ein asiatisches Jahrhundert? - Deutschland vor neuen Herausforderungen

Dokumentation der Schönhauser Gespräche 2007. Berlin 2008. In einer Mischung aus Faszination und Beunruhigung blickt die Welt auf den asiatischen Kontinent.

Dokumentation der Schönhauser Gespräche 2007. Berlin 2008. In einer Mischung aus Faszination und Beunruhigung blickt die Welt auf den asiatischen Kontinent.

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Aus deutscher Sicht klingt es jedenfalls<br />

für mich hochmütig, wenn man von<br />

Entwicklungshilfe spricht. Ich glaube, dass<br />

die Entwicklungszusammenarbeit, die stattfindet,<br />

uns mindestens so viel hilft wie den<br />

Chinesen; denn der Löwenanteil liegt, empirisch<br />

nachweisbar, im Bereich des Umweltschutzes.<br />

Herr Professor Simon hat auf die Bedeutung<br />

der Standardsetzung hingewiesen.<br />

Die Standardsetzung beginnt schon bei<br />

der Problemdefinition. Wenn man bei der<br />

Problemwahrnehmung und der Problemdefinition<br />

kooperiert, dann kann das nicht<br />

zum eigenen Schaden sein. Deshalb glaube<br />

ich, dass es eine Verletzung deutscher Interessen<br />

wäre, wenn man unter parochialen<br />

Gesichtspunkten diese Entwicklungszusammenarbeit<br />

einstellen wollte.<br />

Jürgen Fitschen: Ich möchte kurz auf<br />

die Ausführungen von Herrn Simon eingehen.<br />

Ich möchte nicht missverstanden werden.<br />

Die Standards, die wir haben, sind in aller<br />

Regel die besten. Ich bin sehr dafür, dass<br />

wir sie weitgehend anwenden. Ich wollte<br />

zum Ausdruck bringen: Wir können sie nicht<br />

mehr aufoktroyieren. Das Kräfteverhältnis<br />

ist heute ein anderes. Wir müssen <strong>vor</strong>sichtig<br />

sein, wenn wir vom Level Playing Field<br />

sprechen. Dabei handelt es sich nicht nur<br />

um eine formale Angelegenheit. Wenn wir<br />

Umweltstandards zu früh und zu heftig einführen,<br />

bedeutet dies das Aus für viele der<br />

Beteiligten in eben diesen Entwicklungsländern,<br />

wie Herr Bütikofer meines Erachtens<br />

zu Recht angedeutet hat.<br />

Ich glaube, wir machen uns nicht immer<br />

ein richtiges Bild davon, wie viele Probleme<br />

in diesen Ländern <strong>vor</strong>handen sind.<br />

Die Mehrheit der Menschen dort hat nicht<br />

teil an den Errungenschaften der Globalisierung.<br />

Das ist das größte Problem in diesen<br />

Ländern. Wenn das Problem nicht gelöst<br />

wird, weil wir zu heftig unsere Standards,<br />

die wir uns leisten können, durchsetzen,<br />

dann geht das schief. Darunter werden wir<br />

zum Schluss alle leiden.<br />

Wir haben die Chance, viele Menschen<br />

mit jenen Dingen vertraut zu machen, die<br />

bei uns gut funktionieren, und nutzen diese<br />

Chance nicht. <strong>Ein</strong> Beispiel: Wir haben in<br />

<strong>Deutschland</strong> 4.000 Studenten aus Indien.<br />

Warum nicht mehr? Weil wir sie zwar in<br />

<strong>Deutschland</strong> studieren, aber danach nicht<br />

hier arbeiten lassen. Was geschieht? Sie<br />

kommen erst gar nicht oder sie gehen von<br />

hier aus in die USA und sind dann dort mit<br />

dem Know-how tätig, das sie bei uns erworben<br />

haben.<br />

Prof. Dr. Martin Seidel: Wenn ich richtig<br />

informiert bin, ist China durch die <strong>Ein</strong>-<br />

Kind-Politik eine alternde Nation, mit der<br />

Konsequenz, dass es – abgesehen von den<br />

sozialpolitischen Problemen – möglicherweise<br />

einen beträchtlichen Arbeitskräftebedarf<br />

geben wird, der unter Umständen<br />

nur durch Immigration befriedigt werden<br />

kann. In Pakistan und Indien sieht die demografische<br />

Entwicklung völlig anders aus. Dort<br />

gibt es bestimmte Generationen mit sehr<br />

kinderreichen Familien. Die Konsequenz ist,<br />

dass der Arbeitsmarkt für die betreffenden<br />

Wir haben in<br />

<strong>Deutschland</strong> 4.000<br />

Studenten aus Indien.<br />

Warum nicht mehr?<br />

Bankenverband<br />

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