EWa 15-26
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24. Juni 20<strong>15</strong> Lesestoff 9 EWA<br />
Als Mariner im Krieg<br />
Fortsetzungsroman<br />
Joachim Ringelnatz‘<br />
Erlebnisse. Folge 37<br />
Siebzehn Menschen mußte ich sprechen,<br />
nach sechs Gebäuden und durch<br />
achtzehn Zimmer wandern, um zwei<br />
Paar Filzschuhe für die Nachtposten<br />
zu erhalten.<br />
Ich war ermächtigt, die dienstliche<br />
Post für »Vulkan« zu öffnen. Der erste<br />
Brief enthielt die Verfügung, daß<br />
Obermaat Eibel nicht auf Urlaub zu<br />
lassen wäre, weil er kürzlich in der<br />
Marktstraße einer Patrouille entlaufen<br />
wäre, die ihn wegen Skandalierens<br />
angehalten hatte. Nun, Eibel war<br />
längst in seiner Heimat.<br />
Ich genoß das »Jeden Abend an Land«<br />
mit Wonne. Ich hörte Marcell Salzer,<br />
sah Humperdincks Märchenoper<br />
»Hänsel und Gretel« und besuchte das<br />
Kriegstheater. Damen und Herren der<br />
Gesellschaft führten unter Mitwirkung<br />
von Marinern Ludwig Fuldas<br />
»Jugendfreunde« auf. An der Spitze<br />
dieses Wohlfahrtunternehmens<br />
stand die Frau des Korvettenkapitäns<br />
Moraht. Es gelang mir durch Beharrlichkeit,<br />
diese Dame einmal zu sprechen.<br />
Ich wollte gern mit Theater<br />
spielen, obwohl ich absolut nicht die<br />
Überzeugung hatte, dafür geeignet zu<br />
sein. Mich lockte der Gedanke, wieder<br />
einmal mit Kunst in Berührung zu<br />
kommen. Vor allem aber hoffte ich,<br />
durch den Einfluß von Frau Morath<br />
meine Abkommandierungspläne zu<br />
fördern.<br />
Und dann hatte ich ein schönes Erlebnis.<br />
Ich lernte nachts vor dem Tor<br />
einer Villa M. M. ein hübsches, rotbackiges,<br />
heißäugiges und märchenhaft<br />
sittsames Dienstmädchen kennen. Sie<br />
wurde mein Verhältnis. Es gab einmal<br />
ein eigenartiges und komisches<br />
Renkontre mit der gnädigen Frau. Ich<br />
führte M. M. aus. In den einfachen Lokalen,<br />
die wir aufsuchten, versteckte<br />
sie ihre roten und rissigen Hände und<br />
erzählte mir ungeziert, auch nicht<br />
ohne Humor, ihre einfache, brave Lebensgeschichte.<br />
Sie fragte, was ich im<br />
Zivilberuf wäre, und als ich nach längerem<br />
Ratenlassen sagte, ich machte<br />
Verse, erschrak sie hübsch und äußerte,<br />
daß ich ja dann gar nicht zu<br />
ihren Kreisen gehörte. Ich redete ihr<br />
das aus. Dann tranken wir Brüderschaft,<br />
und ich verabredete<br />
mit ihr, die nur<br />
selten Ausgangserlaubnis<br />
bekam, das nächste<br />
Zusammentreffen.<br />
Darüber hatte ich meinen<br />
Urlaubsschein<br />
verloren, ich half mir<br />
aber mit einem Trick<br />
durch die Sperre am<br />
Werfttor. Mit raschen<br />
Schritten ging ich auf<br />
den dortigen Polizeiposten<br />
zu, hielt ihm<br />
rasch, als wär‘s ein<br />
Urlaubsschein, eine Quittung über<br />
ein zurückgeliefertes leeres Bierfaß<br />
vor und frug dabei aufgeregt: »Ist es<br />
wahr, daß ein englischer Flieger eine<br />
Bombe auf das Café Central geworfen<br />
hat?« Der Posten machte große Augen.<br />
Andere Leute der Wache traten<br />
neugierig herzu, beteiligten sich an<br />
der Debatte, und einer behauptete,<br />
er habe es gesehen. Ich verduftete<br />
mit der Versicherung: eine alte Frau<br />
habe mir die Nachricht zugerufen,<br />
und ich möchte beschwören, daß sei<br />
eine freche Lüge.Kaum saßen wir im<br />
Dock trocken, so hatte Jessen schon<br />
das Schiff über und über gestrichen.<br />
Die Ölfarbe wollte aber bei dem Frostwetter<br />
nicht trocknen. Aus Kummer<br />
darüber ging Jessen nun auch einmal<br />
abends an Land, sonst schlief er immer.<br />
Ich blieb für ihn an Bord, wo es<br />
eisig kalt war, weil wegen der Kesselreinigung<br />
die Dampfheizung wegfiel.<br />
Auf Deck lag hoher Schnee, und wir<br />
hatten kein Wasser. Ich wusch mich<br />
in einer sehr fragwürdigen Flüssigkeit,<br />
die ich in einem Eimer im Heizraum<br />
entdeckte.<br />
Nach neun Uhr kamen die Matrosen<br />
Mehr über den Dichter, Maler,<br />
Kabarettisten und seine Marinezeit<br />
können Sie im<br />
Joachim-Ringelnatz-Museum<br />
in Cuxhaven, Südersteinstr. 44,<br />
27472 Cuxhaven erfahren.<br />
Di-So 10-13 und 14-17 Uhr,<br />
www.ringelnatzmuseum.de<br />
vom Urlaub zurück, alle kanonenvoll<br />
besoffen. Es war erstaunlich, daß sie<br />
auf der steilen Leiter und bei den sonstigen<br />
unumgänglichen Kletterpartien<br />
im Dock nicht das Genick brachen. Dafür<br />
wischten sie mit ihren Hosen und<br />
Überziehern Jessens schöne nasse Ölfarbe<br />
ab. Einer brachte unseren Hund<br />
Bootsmann wieder mit, der, seit er<br />
uns entlaufen, groß und struppig geworden<br />
war und jedem ersten besten<br />
Kuli nachlief. Der Koch hatte Tränen<br />
im Auge und behauptete, der Heilige<br />
Geist sei ein Stoßvogel. Stüben torkelte<br />
in meine Kammer und brachte mir<br />
ein Vertrauensvotum aus mit dem<br />
Nachsatz, daß gewisse andere Leute<br />
dagegen ein paar Messerstiche in die<br />
Rippen verdienten. Ich beschwichtigte<br />
ihn und ermahnte alle, sich im<br />
Logis ruhig zu verhalten. Aber schon<br />
wenige Minuten danach erhob sich in<br />
diesem Raume eine gewaltige Schlägerei,<br />
an der sich dem Klange nach<br />
unterschiedliche Inventarstärke beteiligten.<br />
Schaffrot und ich lauschten<br />
lachend.<br />
Ich ging auf »Seydlitz«. Der Adjutant<br />
hatte noch nichts von meinem<br />
Gesuch vernommen.<br />
Also hatte es der Sperrkommandant<br />
nicht<br />
weitergegeben.<br />
Es war Aussicht<br />
vorhanden, daß »Vulkan«<br />
außer Dienst<br />
gestellt würde, denn<br />
beim Ausklopfen des<br />
Kesselsteins stellte<br />
sich heraus, daß unser<br />
Kessel stellenweise nur<br />
noch sieben Millimeter<br />
maß, also in Gefahr<br />
war, eines Tages zu<br />
platzen. Ein Stabsingenieur sollte den<br />
Schaden demnächst untersuchen und<br />
das entscheidende Wort sprechen.<br />
Unsere Leute gaben sich inzwischen<br />
Mühe, von den sieben Millimetern<br />
noch etwas herunterzuschaben.<br />
Von meiner Liebe erhielt ich den ersten<br />
und letzten Brief, sehr sauber geschrieben.<br />
»Wilhelmshaven, den 10.<br />
Februar 19<strong>15</strong>. Leider muß ich Ihnen<br />
mitteilen, daß ich aus bestimmten<br />
Gründen auf jedes Wiedersehen verzichten<br />
muß. Ich will hoffen, daß Sie<br />
unser kurzes Beisammensein recht<br />
bald vergessen werden. Leben Sie<br />
wohl!!! und werden Sie glücklich. M.<br />
M.« Ich war traurig.<br />
Die Arbeiter in der Werft hatten<br />
schweren Dienst. Diejenigen, die<br />
mit dem Luftdruckhammer nieteten,<br />
klagten darüber, daß ihre Arme<br />
nachts zuckten; manche hatten das<br />
Gehör verloren. Man sah viele Arbeiter<br />
mit verkrüppelten Gliedmaßen,<br />
sah blasse, abgemagerte und schwindsüchtige<br />
Gestalten.<br />
Von der Kesselbesichtigung wurde<br />
abgesehen. Wir verholten vom Dock<br />
in den Bauhafen. Zufällig kamen wir<br />
dort wieder neben die »Berlin« zu liegen,<br />
die mit geheimnisvollen Sachen<br />
beladen wurde. Natürlich klopfte ich<br />
gleich einmal auf den Busch, ob etwa<br />
ein Maat an der Besatzung fehlte, aber<br />
ich hatte kein Glück. Man erzählte mir,<br />
der Kommandant der »Berlin« wüßte<br />
selbst nicht, wohin die Reise ginge. Er<br />
hätte geheime Order, die er erst fünfzig<br />
Seemeilen von Land weg öffnen<br />
dürfte. Eichmüller vertraute mir sein<br />
neuestes Leid. Er hatte ermittelt, daß<br />
in einer gewissen Kneipe ein Signalgast<br />
von der Baudivision verkehrte,<br />
der aus dem gleichen Heimatdörfchen<br />
stammte wie Eichmüller, und dieser<br />
hatte ihn schon dreimal besucht, um<br />
etwas über Zuhause zu hören, »aber«,<br />
sagte Eichmüller wörtlich, »der Kerl<br />
ist jedesmal so besoffen, daß er überhaupt<br />
nicht mehr weiß, wo er geboren<br />
ist.«<br />
Der achtzehnte Februar kam, der wegen<br />
des U-Boot-Ultimatums mit Spannung<br />
erwartet wurde. Wir erhielten<br />
zunächst nur einen Funkspruch<br />
»Zwei Zeppeline vermißt«.<br />
Ich übernachtete auf einem romantischen<br />
Minenprahm, wo ich mir in<br />
einer Hängematte Wanzen und Mandelentzündung<br />
holte.<br />
Weiter in der nächsten Woche<br />
Täglich frische Erdbeeren<br />
Ab sofort kann man auf dem Erdbeerhof Niemczyk selbst pflücken<br />
ALTENBRUCH jcm • Jens Niemczyk ist anerkanntermaßen<br />
der „Herr der Erdbeeren“. Zur Zeit sind die Familie<br />
sowie etliche fleißige Pflückerinnen vollauf beschäftigt,<br />
denn es ist Erdbeerzeit auf dem Erdbeerhof Niemczyk<br />
in Altenbruch, Heerstraße 24.<br />
Was die Eltern von Jens Niemczyk vor über 40 Jahren<br />
mit großem Erfolg begonnen haben, führt nun der<br />
junge Betriebs-Chef in bester Tradition fort.<br />
Auf einer Fläche von gut dreieinhalb Hektar<br />
baut der Landwirt und Lohnunternehmer<br />
mehrere Erdbeersorten an, um so seine<br />
Kunden über einen möglichst langen Zeitraum<br />
mit den schmackhaften Erdbeeren<br />
aus dem guten Marschboden der Altenbrucher<br />
Feldmark zu verwöhnen.<br />
In den nächsten zwei Wochen ist hier die<br />
Haupterntezeit der begehrten Frucht.<br />
Ab sofort kann auf dem Feld, das ungefähr<br />
einen Kilometer vom Hof entfernt<br />
liegt, täglich von 8 bis 18 Uhr selbst gepflückt<br />
werden. Ein Hinweisschild und<br />
ein kleines Verkaufshäuschen weisen<br />
den Selbstpflückern an der Heerstraße<br />
den Weg.<br />
Wer lieber gleich genießen<br />
möchte ohne vorher auf dem Feld<br />
tätig zu sein, sollte direkt beim<br />
Erdbeerhof Niemczyk anhalten.<br />
Jetzt geht’s<br />
richtig los!<br />
Dort gibt es täglich superfrische Erdbeeren,<br />
liebevoll von den treuen und teils langjährig<br />
auf dem Hof beschäftigten<br />
Saisonhelfern<br />
aus Polen geerntet.<br />
Da die norddeutsche Erdbeersaison leider zeitlich ziemlich<br />
begrenzt ist, sollten jetzt alle die Gelegenheit nutzen,<br />
dem Erdbeerhof Niemczyk einen Besuch abzustatten.<br />
Denn auch an der Altenbrucher Heerstraße gibt es die<br />
frischen Erdbeeren nur noch bis in die erste Häfte des<br />
Juli hinein, dann ist die hiesige Erdbeerzeit schon wieder<br />
vorbei und man muss sich bis zum nächsten Jahr<br />
gedulden, um sich an den leckeren erdnah gedeihenden<br />
Früchten direkt aus unserer Heimat zu erfreuen.<br />
Ab sofort<br />
Selberpflücken<br />
– voller Behang<br />
Erdbeerhof Niemczyk • Heerstraße 24 • Cuxhaven-Altenbruch • Telefon (0 47 22) 91490<br />
Täglich Erdbeeren satt!