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filmeheft-sophie-scholl

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■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■KameraperspektivenDie übliche Kameraperspektive ist dieNormalsicht. Sie fängt das Geschehenin Augenhöhe der Handlungsfigurenein und versucht, unsere ‘normale’perspektivische Wahrnehmungabzubilden. Aus der Untersicht/Froschperspektive aufgenommeneObjekte und Personen können mächtigund bedrohlich wirken, während dieAufsicht/Obersicht/VogelperspektivePersonen als klein, hilflos oder einsaminszenieren kann. Die Schrägsicht/gekippteKamera evoziert einenirrealen Eindruck und wird häufig inHorrorfilmen eingesetzt.Spielraum. Sie bleibt meist auf mittlererDistanz, ■ Großaufnahmen vonGesichtern sind den Szenen vonProzess und Hinrichtung vorbehalten.Nicht die Kamera, sondern das Spielder Darsteller/innen soll die Identifikationmit ihnen ermöglichen. ■ AufundUntersichten kommen nur begrenztzum Einsatz. So etwa bei derersten Vernehmung der Geschwisterdurch Mohr, der aus Sicht der sitzendenSophie bedrohlich wirkt. In denVerhören allerdings begegnen sichMohr und Sophie auf Augenhöhe.Eine Ausnahme vom ruhigen Schnittrhythmusdes Films bildet die spannungsgeladeneFlugblattaktion, diezur Verhaftung von Hans und Sophieführt. Hier wird auch die äußerstbewegliche ■ Steadycam verwendet.Sie vermag dem Weg der Geschwisterüber Treppen und Emporen zu folgenund fängt die hastige Aktion ausunterschiedlichsten Perspektivendynamisch ein. Die Scholls werdendabei in schnellen Schnittwechselnsowohl von hinten als auch von vorngezeigt. Außerdem findet ein ständigerWechsel von Auf- und Untersichtenstatt. Ersteres vermittelt jeweilsein bedrohliches Gefühl des Beobachtetwerdens.Letzteres zeigt dieGeschwister als Handelnde. ZurVerdeutlichung des Fenstermotivs,das für Sophies nie ausgesprocheneHoffnung steht, kommt gelegentlichdie ■ subjektive Kamera zum Einsatz.In der Prozesssequenz ist bemerkenswert,dass hier wie schon in denVerhören auf Auf- und Untersichtenverzichtet wird, Freisler also nichtübermäßig dämonisiert wird.Musik und TonDer Film beginnt mit Swingmusik(„Sugar“ von Billie Holliday ) aus demRadio, deren Melodie und Text dieAkteurinnen nachzusingen versuchen.Durch die ■ Realmusik wirdeine glaubwürdige und zugleich persönlicheAtmosphäre geschaffen, inwelcher Sophie Scholl als vergnügtejunge Frau erscheint. Danach wirdMusik nur sehr sparsam, aber dramaturgischhöchst effektiv eingesetzt.Ein dramatischer Streichersatz begleitetin der Anfangssequenz denDruck eines Flugblattes. Die anschließendeFlugblattaktion und später dieFahrt zum Prozess sind mit DrumBeats unterlegt. Hierbei handelt essich um einen bewussten Anachronismus,der auch einem jüngerenPublikum mit anderen Hörgewohnheitendie Dynamik der Situation vermittelnsoll und eine stärkere Identifikationmit dem Geschehen in derGegenwart ermöglicht – schließlichhat die Bedeutung des Widerstandsbis heute nicht an Aktualität eingebüßt.Spannung wird auch auf derTonebene erzeugt: Die Schritte derGeschwister hallen durch den leerenLichthof, aus einem Saal sind gedämpftPassagen aus einer staatstheoretischenVorlesung, vermutlichvon Prof. Kurt Huber, zu hören.Später werden besonders emotionale,auch religiöse Momente wieSophies Gebete, von einfachenKlaviermelodien und Chormusikuntermalt.Schuss-Gegenschuss-Technikbezeichnet eine Sequenz von Einstellungen,in denen die Darsteller/inneninsbesondere während eines Dialogsabwechselnd gezeigt werden. Dabeibewegt sich die Kamera auf nur einerBlickachse.Subjektive Kameraauch: Point of view shot. Die Kameranimmt die Position einer Figur ein. DasBild zeigt also, was die Person selbstsieht. Die Wirkung ist besonders suggestiv.Steadycamam Körper des Kameramanns/derKamerafrau befestigtes Tragstativ mitFederungssystem, das auch beischnellen Bewegungen eine ruhigeBildführung ermöglicht.MusikDas Filmerlebnis wird zu einem gehörigenTeil von der Filmmusik beeinflusst.Sie kann Stimmungen begleiten (Illustration),in eine bestimmte Richtunglenken (Polarisierung) oder im krassenGegensatz zu den Bildern stehen(Kontrapunkt). Eine extreme Form derIllustration ist die Pointierung (auch:Mickeymousing), die nur kurze Momenteder Handlung mit passendenmusikalischen Signalen unterlegt. BeiSzenenwechseln, Ellipsen, Parallelmontagenoder Montagesequenzenfungiert die Musik als akustischeKlammer, in dem sie die Übergängeals zusammengehörig definiert.Realmusikim Rahmen der Handlung eingespielteMusik, also z. B. Musik aus dem Radiooder bei einer Tanzveranstaltung. Weildie Figuren sie selbst wahrnehmen,wirkt sie authentischer als die Filmkomposition.Filmheft SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE11

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