Max Küchler, JerusalemLage 31 Jerusalem im Abseits der antiken Kulturwelt: Ein Flecken im südlichen Zipfel des fruchtbarenHalbmonds.© 2014, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, GöttingenISBN Print: 9783525501733 — ISBN E-Book: 9783647501734
Max Küchler, Jerusalem4 Eine Stadt, mit der niemand zu Rande kommt70km entfernt lagen und durch Höhenunterschiede von bis zu 1000m getrennt waren.So betrachtet lag Jerusalem geographisch im Abseits, am Rande des Kulturlandes,isoliert durch Berge und Wüsten. Das Volk, das zur Stadt und ihrem Einflussgebietgehörte, konnte mit Recht von sich sagen, dass es »für sich allein wohnt und sichnicht unter die Völker rechnet« (Num 23,9).… inmitten der Völker: Trotz dieser Randständigkeit war Jerusalem im umkämpftenDurchgangsland Palästina stets auch in die historischen Machtwechsel des VorderenOrients eingebunden und stand – meist in aufmüpfiger Untertänigkeit – im Banneder Großmächte, die je nach den politischen Großkonstellationen das Land bald vonNorden nach Süden, bald von Süden nach Norden durchzogen. Wegen dieser meisttragischen Erfahrung, von dominanten Fremdmächten umgeben und bedrängt zusein, konnte Ezechiel im Namen des Gottes Israels formulieren: »Mitten unter dieVölker habe ich es gesetzt und Länder liegen ringsum« (Ez 5,5). Es brauchte außerordentlicheHerrscher wie David, Jehonatan/Alexander Jannai oder Herodes denGroßen, welche die territorialen Grenzen ausweiteten und diplomatische Fäden indie umgebenden Länder zogen, aber auch fremde Heere auf den Bergkamm brachten.Es brauchte die kultische Institution des Tempels oder religiöse Genies wie Jesaja,Jeremia, Jesus und Mohammed, um große Menschenmengen in die heilige »Stadt aufdem Berg« (Mt 5,14) zu bringen. Darüber hinaus bekam Jerusalem in der Anschauungdes jüdischen Volkes, später auch in der Glaubenswelt der Christen, eine mystischeZentralität, die wesentlich vom Auserwählungsgedanken, vom monotheistischenGottesbild, das in Jerusalem erstmals radikal formuliert wurde, und von derÜberzeugung her geprägt war, dass der Tempel von Jerusalem nicht nur für das weitzerstreute Judentum, sondern für die ganze Welt eine heilsgeschichtliche Funktion zuerfüllen hatte. So konnte Jerusalem von den Juden zum Nabel und Zentrum der Welterklärt werden: »Wie der Nabel in der Mitte des Mannes, so ist das Land Israel in derMitte der Welt … und so ist auch Jerusalem in der Mitte des Landes und das Heiligtumin der Mitte Jerusalems …« (Midrasch Tanchuma Buber). Die Christen habendiese theologische Verortung übernommen, das Zentrum Jerusalems aber nichtmehr im Tempel, sondern auf → Golgota proklamiert, wo Gott »inmitten der Weltdas Heil bewirkt hat« (Ps 74,12 Vulgata ). Christen und Juden haben deshalb meist ihreWeltkarten um Jerusalem herum gelegt. Das Bild des Kleeblatts (2), mit welchem derHannoveraner Heinrich Bünting (1581) Jerusalem im Brennpunkt der drei KontinenteAsien, Europa und Afrika erscheinen lässt, kann dafür als besonders deutlicheMetapher stehen. Wer diese antike Doppelsituierung Jerusalems an den Rand und indie Mitte der Welt weiter verfolgt, findet sie auch in der Gegenwart noch unglaublichpräsent und – trotz völlig veränderten Gesamtkonstellationen – ebenso verheißungsvollund gefährlich bestimmend für das Schicksal der Stadt.Nahaufnahme: Jerusalem im Gefüge PalästinasBinnenpalästinisch günstig …: Die antike Stadt lag auf dem samarisch-judäischenBergrücken zentraler als etwa Hebron im Süden oder Sichem im Norden und war vondaher durchaus für eine wichtige geschichtliche Rolle in der Binnenregion geeignet.Dass David Jerusalem zur ›Hauptstadt‹ der Nord- und Südstämme machte, war einekluge Einschätzung der günstigen Position dieser Stadt. Jerusalem lag zudem an dembequemsten unter den unbequemen Ost-West-Verbindungswegen vom Mittelmeer© 2014, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, GöttingenISBN Print: 9783525501733 — ISBN E-Book: 9783647501734
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