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dorkypark<br />
an.<strong>schläge</strong>: Worum geht es in ihrem zweiteiligen<br />
Stück „I’m not the only one“?<br />
Constanza Macras: Im ersten Teil geht es<br />
um die Helden, die immer weggehen<br />
und einen verlassen. Wir konstruierten<br />
unterschiedliche Versionen von Heldensagen.<br />
Der zweite Teil handelt davon, sich fremd zu<br />
fühlen. Das Gefühl des Fremdseins, der Verfremdung.<br />
Darin steckt viel mehr Tanz, das<br />
kann man nicht mit Worten beschreiben. Da<br />
spielen nur Leute mit schwarzen Haaren mit,<br />
lauter „generische AusländerInnen“.<br />
Es geht auch um puren Pathos, um die<br />
Ideen und Vorstellungen von Emotionen. Es<br />
geht um die Pseudo-Globalisierung. Leute<br />
sind immer schon gewandert und herum gezogen.<br />
Jetzt ist alles im Internet. Es gibt eine<br />
Beschleunigung der Kommunikation, die uns<br />
das Gefühl gibt, integriert zu sein. Sind wir<br />
aber nicht. Es gibt keine wirkliche Integration,<br />
nur Schichten der Ignoranz. Du weißt nichts<br />
vom anderen, fast nichts, denn es gibt immer<br />
Missverständnisse. Es gibt schon genug Missverständnisse<br />
ohne Ausländerin zu sein …<br />
Wenn die Leute versuchen, bezüglich einer bestimmten<br />
Kultur sensibel zu sein, ist es<br />
manchmal noch verletzender. Bei einem<br />
Workshop dachten Berlinerinnen z. B., alle<br />
20 an.<strong>schläge</strong>februar <strong>2007</strong><br />
Herum hüpfende Leute<br />
Die Choreografin Constanza Macras arbeitete mit alten Damen und Kindern aus dem<br />
Libanon. Ihre Compagnie Dorky Park tanzt im Schauspielhaus die Liebe in Zeiten der<br />
Globalisierung. Ein Interview von Kerstin Kellermann<br />
muslimischen Frauen wären Vegetarierinnen,<br />
dabei gibt es in der Türkei wirklich viel Fleisch<br />
zu essen. Was wirklich wichtig ist, ist das, was<br />
die Leute dir selbst erzählen, zu welchen Plätzen<br />
sie dich bringen. Sicherlich reduzieren wir,<br />
aber die einzige Chance auf Kommunikation<br />
ist, sensibel zu sein. In meiner Compagnie sind<br />
alle AusländerInnen. Auch die Deutschen<br />
(lacht), auch für sie ist alles verschieden. Es gibt<br />
aber gewisse Tabus, die man nicht angreifen<br />
darf, meine koreanische Tänzerin wird z. B. niemals<br />
nackt tanzen.<br />
Interessieren Sie sich für transkulturelle<br />
Elemente?<br />
Die Entfremdung ist immer in uns, wir leben<br />
alle in einer Welt, die vorgibt, globalisiert<br />
zu sein. Liebe, Trennung, Tod sind überall<br />
gleich. Der Bruch, der Einbruch, sein Zuhause<br />
zu verlassen, seine Liebe in zwei Teile zu zerbrechen<br />
und zu gehen, ist für alle gleich. Auch<br />
wenn du wieder zurück kommst, es wird nicht<br />
das Gleiche sein. Erfahrung und neues Wissen<br />
machen dich zu jemand anderem. Trotz universeller,<br />
transkultureller Elemente arbeite ich<br />
aber sehr persönlich mit meinen SchauspielerInnen,<br />
mit Charakteren und Situationen, die<br />
Leute sind für mich überhaupt nicht austauschbar.<br />
Bleiben Emotionen in Zeiten der Globalisierung<br />
nicht noch sehr an der Oberfläche? Ein<br />
tiefes Gefühl und schnell wieder raus und<br />
weiter?<br />
Die Idee der Tiefe, der tiefen Emotionen<br />
ist relativ, persönlich und genau. Du hast ein<br />
Problem, dein Freund macht Schluss und dann<br />
legst du den Hörer auf und gehst arbeiten. Du<br />
bist durcheinander, aber du gehst auf jeden<br />
Fall in die Arbeit. Tiefe Gefühle und wieder<br />
raus. Das ist nett, finde ich. Das ist das Leben.<br />
Dieses Drama trägt jede/r.<br />
Kleine Gespräche, die eine Menge an<br />
Schmerz beinhalten, mag ich sehr gerne. <strong>An</strong>deutungen<br />
des Leides im alltäglichen Leben.<br />
Das ist nicht so oberflächlich, das kann zwar<br />
trivialisiert wirken, aber die Leute sind verzweifelt<br />
und allein.<br />
Ich will nicht die große Tiefe zeigen, sondern<br />
die Tiefe der Emotionen in kleinen Details.<br />
Die verbinde ich mit physischer Aggressivität.<br />
Auf der Bühne können sich die Leute gegenseitig<br />
hin und her ziehen, aber das ist<br />
nicht real. Im wirklichen Leben hüpfen die<br />
Menschen nicht so viel herum, oder sie sind<br />
verrückt.<br />
Vielleicht sollten die mehr hüpfen?<br />
Nein, die Leute hüpfen genug herum. ❚<br />
Fo t o : T h o m a s Au r i n