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Viele Menschen sehen die Kirche wie sie ist und ... - Wir sind Kirche

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Enthaltsamkeit <strong>und</strong> daraus das Zölibatsgebot. Am Beginn des zweiten Jahrtausends wurdeschließlich der Zölibat als Voraussetzung für das Priesteramt im <strong>Kirche</strong>nrecht fixiert.Die Ostkirche entwickelte eine andere Regelung: Orthodoxe Priester <strong>und</strong> Bischöfe könnenzwar nicht heiraten, verheiratete Männer jedoch können Priester, nicht aber Bischöfe werden.Es sei fest gehalten: Beim Zölibatsgesetz handelt es sich nicht um ein göttliches Gebot,sondern um eine kirchenrechtliche Regelung, <strong>die</strong> unter bestimmten h<strong>ist</strong>orischen Bedingungen<strong>und</strong> nur in der westlich-lateinischen Tradition entstanden <strong>ist</strong>, während <strong>die</strong> katholischostkirchlicheTradition am verheirateten Priester festhält. Beim Zweiten Laterankonzil (1139)wurde für <strong>die</strong> westliche <strong>Kirche</strong> beschlossen, dass nur noch unverheiratete Männer zumPriesteramt zugelassen werden.Argumente, <strong>die</strong> seinerzeit zum Eheverbot für Priester führten, <strong>sind</strong> heute nicht mehr haltbar.Umgekehrt begründet man heute den Zölibat mit Argumenten, <strong>die</strong> es zur Zeit seinerEntstehung noch nicht gab. Der Hinweis auf <strong>die</strong> lange Tradition <strong>ist</strong> daher problematisch <strong>und</strong>zeigt, dass <strong>die</strong>ses von <strong>Menschen</strong> gemachte Gesetz nichts mit dem Wesen der <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> ihrerGlaubensverkündigung zu tun hat.8Ein veränderbares <strong>Kirche</strong>ngesetzDas II. Vatikanische Konzil hat <strong>die</strong> Ehelosigkeit als Gnadengabe <strong>und</strong> eschatologischesZeichen erneut ins Bewusstsein gerückt, als Charisma, das Gott Einigen schenkt, um sichleichter ungeteilten Herzens Gott hin zu geben (vgl. LG Nr. 42). Das Konzil betont, dass derZölibat vom Wesen des Weihesakramentes her nicht gefordert <strong>ist</strong>, spricht aber von derAngemessenheit <strong>die</strong>ser Lebensform für das priesterliche Amt (vgl. PO Nr. 16).Die Feststellung des Konzils <strong>ist</strong> von entscheidender Bedeutung: Vom Wesen desPriesteramtes lässt sich der Zölibat nicht einfordern, <strong>wie</strong> <strong>die</strong> gelebte Praxis der frühen <strong>Kirche</strong><strong>und</strong> <strong>die</strong> ostkirchliche Tradition zeigen. Es handelt sich nicht um ein Dogma, nicht um einenverbindlichen Glaubenssatz, sondern um eine, noch dazu unterschiedlich begründete,kirchenrechtliche Regelung, <strong>die</strong> jederzeit verändert oder aufgehoben werden kann.Die <strong>Kirche</strong>nführung könnte also den Zölibat aufheben. Er beruht nicht auf göttlichem Recht,hat in der katholischen <strong>Kirche</strong> nicht immer, nicht überall <strong>und</strong> nicht ausnahmslos gegolten <strong>und</strong><strong>ist</strong> auch in der Gegenwart kein durchgehendes Gesetz der römisch-katholischen <strong>Kirche</strong>. Diemit Rom unierten Ostkirchen kennen <strong>die</strong> Zölibatspraxis in <strong>die</strong>ser Form nicht. Und auch in derrömisch-katholischen <strong>Kirche</strong> <strong>ist</strong> - <strong>wie</strong> etwa in der Ausnahmesituation der kommun<strong>ist</strong>ischenDiktatur - verheirateten Männern das Weihesakrament gespendet worden. Evangelische,anglikanische <strong>und</strong> altkatholische Amtsträger, <strong>die</strong> zur römisch-katholischen <strong>Kirche</strong>übergetreten <strong>sind</strong>, können ihr Amt weiterhin ausüben <strong>und</strong> gleichzeitig ihre Ehe aufrechterhalten.Der dem Zölibatsgesetz zugr<strong>und</strong>e liegende Sexualpessimismus <strong>und</strong> <strong>die</strong> diskriminierendeEinschätzung der Frau wurden in den Dokumenten des II. Vatikanischen Konzils zwargr<strong>und</strong>sätzlich überw<strong>und</strong>en – Konsequenzen blieben aus, wichtige Schritte wurden nichtgesetzt. „Im Sprung gehemmt“ blieb, <strong>wie</strong> Bischof Helmut Krätzl schreibt, <strong>die</strong> <strong>Kirche</strong> auch in<strong>die</strong>sem Punkt.Für <strong>die</strong> Beibehaltung des Amtszölibates werden unterschiedliche Gründe ins Treffengeführt. Zuerst <strong>die</strong> lange Tradition, an der man nicht rütteln will, wohl aus Angst, dass dannnoch manch andere, brüchig gewordene Säule der Macht einstürzen könnte.Weiters scheut man vor der Aufhebung des Zölibatsgesetzes zurück, weil es dann zweiKlassen von Priestern gäbe, den „starken <strong>und</strong> guten zölibatären“ auf der einen <strong>und</strong> den„schwachen, weil verheirateten“ Priester auf der anderen Seite. Diese Annahme <strong>ist</strong>, zumindestwas den Großteil der Gemeindemitglieder anbelangt, unbegründet. Die <strong>Menschen</strong> akzeptierendurchaus weitgehend <strong>die</strong> freie Entscheidung eines Priesters, wenn <strong>die</strong> eine <strong>wie</strong> <strong>die</strong> andereLebensform glaubwürdig gelebt <strong>und</strong> er als guter Seelsorger erfahren wird.

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