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doch- etwas- bleibt. - Heinz-Westphal-Preis

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Trauerarbeit mit Flipchart<br />

Ein gemeinsamer Austausch der Trauerbegleiterinnen und -begleiter untereinander<br />

ist da umso wichtiger. Deshalb trifft sich die Projektgruppe einmal monatlich zu einer<br />

Supervision in den Räumen des Hospizbüros im Krankenhaus. Die Arbeit als Trauerbegleiter<br />

oder Trauerbegleiterin leisten die Jugendlichen meist am eigenen PC zu<br />

Hause; die Supervision ist so – neben einem Ausbildungswochenende zu Beginn des<br />

Projektes – der einzige regelmäßige Gruppentermin. Bei Kaffee und Keksen ist Zeit<br />

für Gespräche und die Auswertung des letzten Monats. Seit Ende Juni 2009 gibt es<br />

den Chatroom, im Laufe der Zeit sind zu einigen Trauernden beinahe schon Freundschaften<br />

entstanden. Man kennt sich halt – auch wenn die Trauerbegleitung außerhalb<br />

der Supervision einer strengen Schweigepflicht unterliegt.<br />

Die hohe Kunst<br />

Hermann-Josef Klein hat als Supervisor bisher hauptsächlich mit<br />

Erwachsenen gearbeitet. „Die Erfahrungen mit den Jugendlichen<br />

sind für mich neu – aber umso schöner“, sagt er, „junge Menschen<br />

gehen viel offener mit ihrer Trauer um. Davon profitieren auch<br />

die Jugendlichen, die in den Chatroom kommen“. Einen Filzstift<br />

griffbereit, sitzt Klein neben einer Flipchart und moderiert. Was<br />

war besonders im letzten Monat, mit welchen Problemen haben die<br />

Trauerbegleiter zu kämpfen, wo müssen Gruppenentscheidungen<br />

getroffen werden?<br />

Der offene Umgang mit Trauer und Tod liegt für die Jugendlichen auch am Medium<br />

Internet. Für Initiatorin Romy Kohler ist klar: „Wir müssen die Jugendlichen dort<br />

abholen, wo sie sind.“ Und das ist nun mal das Internet.<br />

„Hier ist die Anonymität der Chatter gesichert“, sagt Claudia Hassler, auch sie Trauerbegleiterin.<br />

„Im Internet ist die Hemmschwelle geringer. Wenn ich jemandem gegenübersitze<br />

und in die Augen schaue, wird es schon schwieriger“.<br />

Als sie 14 Jahre alt war, starben binnen sechs Monaten beide Großmütter. Um nicht<br />

den Boden unter den Füßen zu verlieren, hätte ihr ein Projekt wie der Trauerchat<br />

damals durchaus geholfen. Zwölf Jahre später arbeitet Claudia Hassler heute als Kinderkrankenschwester.<br />

Oft ein aufgeschlagenes Knie vom Spielen, häufiger ein gebrochener<br />

Arm. Fast immer trösten und Ängste nehmen. Und manchmal Leben retten.<br />

So schließt sich der Kreis.<br />

Das, was <strong>bleibt</strong>, ist die hohe Kunst: Niemals ausweichen, Trauer zulassen, die ganze<br />

Portion Elend nehmen – und wieder aufstehen.<br />

Das, was <strong>bleibt</strong>, hat einen Namen. Leben.

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