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Stadtkirchen- Bote - Evangelische Stadtkirche Langen

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8<br />

Vor 20 Jahren...<br />

Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Die<br />

Menschen in der DDR gewannen damals<br />

nnicht<br />

nur die Freiheit zu<br />

rreisen.<br />

Sie eroberten sich<br />

aauch<br />

die Freiheit jenseits<br />

dder<br />

engen Grenzen, die<br />

dder<br />

Staat vorgab, zu den-<br />

kken,<br />

zu kritisieren und zu<br />

hhandeln.<br />

Scheinbar Un-<br />

hhinterfragbares<br />

wurde in<br />

Frage gestellt. Bisher Unerlaubtes fand statt.<br />

Menschen standen auf und sprachen von<br />

ihren Träumen.<br />

Ich war damals Schüler der 6. Klasse in<br />

einem Dorf bei Dresden. Ein unvergesslicher<br />

Abend des Wende-Herbstes, an dem sich<br />

vieles verdichtete, ist für mich der 6. Oktober<br />

1989. Am darauf folgenden Tag feierte<br />

die DDR ihren 40. Geburtstag. In den Zeitungen<br />

gab es die üblichen Jubelarien über<br />

„die Erfolge beim Aufbau des Sozialismus“.<br />

Von der Regierung waren wie so oft aufgeblähte,<br />

aber im Kern doch nichts sagende<br />

Phrasen zu hören. In Berlin fand ein imposanter<br />

Fackelzug der „Freien Deutschen<br />

Jugend“ statt. Was die Menschen in dieser<br />

Zeit wirklich bewegte, davon war offiziell<br />

keine Rede: die dramatische Ausreisewelle<br />

von DDR-Bürgern über Ungarn; die Montagsdemonstrationen<br />

in Leipzig oder die<br />

Gründung von Oppositionsgruppen.<br />

Wir waren an jenem 6.10. in der Dresdner<br />

Innenstadt. Noch nie hatte ich bis dahin Polizisten<br />

mit Gummiknüppeln, Schildern und<br />

Helmen gesehen. Ich wusste, warum sie da<br />

waren und man spürte, dass Anspannung<br />

in der Luft lag. Diese Spannung wuchs noch<br />

mehr, als wir in die Kreuzkirche kamen. Dort<br />

hätte man Brocken aus der Luft schneiden<br />

können – wie Blei lagen die Ereignisse der<br />

letzten Tage auf den Menschen. Auf großen<br />

Infotafeln las ich Berichte über die Demonstrationen,<br />

über Prügeleinsätze der Polizei<br />

und Verhaftungen. Daneben ein Aufruf von<br />

Künstlern und Kirchenmenschen: Keine Gewalt!<br />

Beim anschließenden Friedensgebet<br />

kamen die Angst und Bedrückung, aber<br />

auch zaghafte Hoffnung zur Sprache. Und<br />

plötzlich hörte man von Draußen die Megaphone<br />

der Polizei. Wenig später strömten<br />

Menschen mit Transparenten in die Kirche.<br />

Eine Demonstration war aufgelöst worden<br />

und sie suchten Schutz. Bisher hatten sich<br />

die „Staatsorgane“ noch in keine Kirche gewagt<br />

– würde es auch heute dabei bleiben?<br />

Es blieb dabei. Und doch schien es an<br />

diesem Abend noch absolut undenkbar,<br />

dass in einem Monat die Mauer fallen<br />

würde. Es hätte niemand im Traum gedacht,<br />

dass in zwei Monaten die Zentrale<br />

der Staatssicherheit gestürmt würde und<br />

in fünf Monaten tatsächlich freie Wahlen<br />

stattfinden sollten. Wir waren erstmal froh,<br />

so viele Gleichgesinnte getroffen zu haben,<br />

von kleinen Schritten zu träumen, frei nach<br />

Hause gehen zu können.<br />

Ich bin sehr dankbar, diese Zeit miter-

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