seine Vorlieben leben - Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn
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Unter dem Motto „Wenn die<br />
Füße nicht mehr flitzen, tanzen<br />
wir im Sitzen“ gab es noch<br />
ein Sitztanz-Lied für alle zum<br />
Auflockern mit den verschiedensten<br />
Armbewegungen.<br />
Vertrautheit und Geborgenheit, „einen Ort,<br />
an dem man uns annimmt, wie wir sind“.<br />
Vom Träger stiftung st. franziskus heiligen-<br />
Tuttlingen. Jeder Mensch hat eigene<br />
Bedürfnisse und <strong>Vorlieben</strong>, blickt auf eigene<br />
Erfahrungen und ein einzigartiges Leben<br />
zurück. Das zeichnet ihn aus und macht ihn<br />
zu etwas Besonderem. Auch im Alter, wenn<br />
zunehmend Unterstützung bei der Bewältigung<br />
des Alltags benötigt wird, geht dieses<br />
„Besondere“ nicht verloren. Speziell daran<br />
arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
in den <strong><strong>St</strong>iftung</strong>s-Altenzentren, der Tagespflege<br />
und dem Betreutem Wohnen, ganz<br />
nach dem Motto der <strong><strong>St</strong>iftung</strong>s-Altenhilfe:<br />
Bleib, wer du bist!<br />
Die Biographie- oder Erinnerungsarbeit<br />
spielt dabei eine große Rolle. Das Wissen<br />
über die Vergangenheit, die <strong>Vorlieben</strong> oder<br />
Erfahrungen der Bewohner soll den Mitarbeitern<br />
helfen, besser auf Bedürfnisse und<br />
Wünsche der älteren Menschen einzugehen<br />
und die Individualität der Menschen zu<br />
unterstützen. Bei Menschen mit Demenz ist<br />
dies ganz besonders wichtig, da sie ihre<br />
Bedürfnisse nicht immer eindeutig äußern<br />
können. Das Motto Bleib wer du bist<br />
möchte genau dies erreichen, dass ältere<br />
Menschen, die zu uns ins Altenzentrum<br />
kommen, ihre Gewohnheiten und <strong>Vorlieben</strong><br />
nicht aufgeben müssen, sondern diese<br />
weiter <strong>leben</strong> können. Wie das Motto der<br />
Altenhilfe im Alltag verankert ist, sollen einige<br />
Beispiele aus den Tuttlinger Altenzentren<br />
<strong>St</strong>. Anna und Bürgerheim zeigen.<br />
Im Altenzentrum <strong>St</strong>. Anna wohnt seit<br />
Januar 2010 Hildegard Gassner, die das<br />
bronn richtete Miriam Benner aus dem<br />
Leitungsteam Altenhilfe die Grüße des Vorstands<br />
aus. Die Bewohner des Hauses würden<br />
bei ihrem Schutzpatron stets Zuflucht<br />
finden, sagte sie, und sprach noch ein altes<br />
Antonius-Gebet.<br />
Ehrenamtliche ein großer Gewinn<br />
Auch die anderen Grußredner würdigten die<br />
Arbeit und den Einsatz der haupt- und<br />
ehrenamtlichen Mitarbeiter im Haus. Gerade<br />
die Ehrenamtlichen im Haus seien ein großer<br />
Gewinn für das Altenzentrum, betonte<br />
Altenzentrum durch die Tagespflege schon<br />
zuvor kennen gelernt hat. Durch ihren früheren<br />
Beruf als Damenschneiderin ist sie<br />
schon immer viel mit <strong>St</strong>offen und Wolle in<br />
Verbindung gekommen. Davon profitierten<br />
auch die Enkelkinder, die des öfteren mit<br />
selbstgemachten Kleidungsstücken überrascht<br />
wurden.<br />
Häkeln als Leidenschaft<br />
Der Einzug ins Altenzentrum bedeutete<br />
keineswegs, dass Frau Gassner mit ihrer<br />
Leidenschaft, dem Häkeln, aufhören musste.<br />
Im Gegenteil, sie häkelte Unmengen von<br />
franziskus-bote 3/12 25<br />
Mühlheims Bürgermeister Jörg Kaltenbach<br />
und sagte: „In dieser <strong>St</strong>adt wird das urchristliche<br />
Verständnis des Miteinanders der<br />
Generationen gelebt.“ Hausarzt Dr. Alexander<br />
Luz erzählte, dass er gern zu den Bewohnern<br />
ins Altenzentrum komme. Das Haus strahle<br />
Offenheit aus. Und Hans Leibinger, Vorsitzender<br />
des Krankenpflege- und Altenzentrums-Fördervereins<br />
<strong>St</strong>. Elisabeth, befand es<br />
auch als nicht mehr selbstverständlich, dass<br />
heutzutage ein Patrozinium gefeiert werde.<br />
Ewald Graf<br />
„Bleib, wer Du bist“ am Beispiel der Tuttlinger Altenzentren<br />
Weiter <strong>seine</strong> <strong>Vorlieben</strong> <strong>leben</strong> – ob am<br />
Klavier, in der Küche oder beim <strong>St</strong>ricken<br />
Topflappen. „Ihre Schwiegertochter kam mit<br />
Wolle kaufen kaum nach“, berichten die<br />
Betreuungskräfte Petra Schwarz und Gerda<br />
Röther, die auch den wöchentlichen Handarbeitskreis<br />
leiten. Dieser Termin steht für<br />
Frau Gassner fest im Terminkalender. Hier<br />
überlegte man auch zusammen, was nun<br />
mit den vielen Topflappen geschehen soll.<br />
Die großartige Idee von Petra Schwarz, die<br />
Topflappen zu Decken zusammen zu nähen,<br />
fand großen Anklang. Mit dem großem En -<br />
gagement der Mitarbeiterin entstanden<br />
in Heimarbeit wunderschöne Decken, die<br />
sich sehen lassen können. Beim Fest<br />
Eine strahlende Bewohnerin Hildegard Gassner neben ihrer Schwiegertochter Bärbel Gassner und mit<br />
einem der fertigen Kunstwerke – entstanden aus ihrer Häkel-Leidenschaft, die sie auch im Altenzentrum<br />
fortsetzt. Foto: Röther
Christa Riess neben ihrem Klavier in ihrem Zimmer im Tuttlinger Bürgerheim, auf dem sie nach wie vor<br />
gern spielt. Fotos: Schumpp<br />
„Goldener Herbst“ in <strong>St</strong>. Anna am 30. September,<br />
werden diese Kunstwerke verkauft.<br />
Auch wenn Frau Gassner nicht mehr so viel<br />
mitgestalten kann, sieht man sie doch jeden<br />
Mittwoch beim Handarbeitskreis im Foyer –<br />
beim Häkeln.<br />
Musik war immer ein Begleiter<br />
Für Siglinde <strong>St</strong>einhart spielt Musik eine große<br />
Rolle. Schon ihr ganzes Leben lang hat sie<br />
gerne gesungen und Klavier gespielt. Nun<br />
ist sie bei den Kaffeekränzle, die Egon<br />
Hensler mit <strong>seine</strong>m Akkordeon begleitet,<br />
stets dabei und auch das Angebot der<br />
Musiktherapie mit Roswitha Fugmann nimmt<br />
sie gerne an. Musik war immer ein Begleiter<br />
im Leben von Frau <strong>St</strong>einhart und das<br />
hat sich mit dem Einzug ins Altenzentrum<br />
nicht geändert.<br />
Immer freitags wird kräftig gesungen<br />
So wie die Musik ist für manche Bewohner<br />
der Glaube ausgesprochen wichtig. Dementsprechend<br />
ist der Gottesdienst am Freitagmittag<br />
immer gut besucht. Wenn schon<br />
alle Bewohner wieder auf den Wohnberei-<br />
Marianne Mayer hilft gern und jederzeit in der<br />
Wohnküche des Altenzentrums Bürgerheim mit.<br />
chen sind, trifft man in der Kapelle, ganz in<br />
der Musik versunken, den Organisten und<br />
Bewohner Franz Schönle an. Er war ab <strong>seine</strong>m<br />
14. Lebensjahr im Kirchenchor. Knapp<br />
37 Jahre lang sang er mit Leib und Seele<br />
mit <strong>seine</strong>r Bassstimme dort mit. Die Orgelmusik<br />
und die Gottesdienste in <strong>St</strong>. Anna<br />
erinnern ihn an die 37 Jahre und so singt er<br />
immer freitags im Gottesdienst laut mit. Das<br />
Ritual des täglichen Tischgebets ist ebenfalls<br />
für Herrn Schönle schon lange ein wichtiges<br />
Ritual. Daher gehört das Tischgebet fest<br />
mit zum Tagesablauf, was auch bei anderen<br />
Bewohnern großen Zuspruch findet.<br />
Klavier musste mit ins Heim<br />
Nicht nur in <strong>St</strong>. Anna, auch im Bürgerheim<br />
gibt es einige besondere Beispiele für das<br />
Motto Bleib, wer Du bist! Viele Hobbies ins<br />
Altenzentrum nahm Christa Riess mit. Seit<br />
ihrer Schulzeit nahm sie insgesamt elf Jahre<br />
lang Klavierunterricht. Nicht verwunderlich<br />
daher, dass Frau Riess sich in ihrer ersten<br />
eigenen Wohnung mit ihrem Mann „als<br />
erstes“ ein Klavier kaufte. Bei dem Einzug<br />
ins Bürgerheim durfte das eigene Klavier<br />
im Zimmer natürlich nicht fehlen, was ihr<br />
selbstverständlich ermöglicht wurde. Und<br />
so kann sie in ihrem Zimmer ab und zu auf<br />
ihm spielen. Ein weiteres Hobby ist für die<br />
Klavierliebhaberin das Reisen. In vielen Ländern<br />
auf der ganzen Welt war Frau Riess<br />
schon unterwegs. Jeden Tag erinnert sie ihr<br />
Türschild im Bürgerheim an ihre schönen<br />
Reisen, genauso wie ein liebevoll gemachtes<br />
Fotoalbum mit Bildern aus Marokko, Südafrika<br />
oder China.<br />
Türschilder erzählen aus dem Leben<br />
Die Türschilder jedes Bewohners haben im<br />
Bürgerheim einen biografischen Bezug. So<br />
26<br />
Das Namensschild an ihrer Zimmertür im<br />
Bürgerheim erinnert Christa Riess an ihre<br />
vielen Urlaubsreisen.<br />
kann man bei vielen Bewohnern ihr Hobby<br />
oder ihren früheren Beruf anhand ihres<br />
Türschildes erkennen.<br />
Ebenfalls mit Freude und einer großen Be -<br />
gabung für die Handarbeit strickt auch<br />
Helene Neubourg immer noch fleißig. Ihre<br />
gestrickten Werke kann man des Öfteren<br />
begutachten, da sie ihre gestrickten Kleidungsstücke<br />
selbst trägt.<br />
Mit der Schürze in der Wohnküche<br />
Wenn man auf den Wohnbereich 1 im<br />
Bürgerheim kommt, egal an welchem Tag<br />
oder zu welcher <strong>St</strong>unde, fällt einem sofort<br />
Marianne Mayer ins Auge, die mit einer lila<br />
Schürze in der Wohnküche zugange ist. Sie<br />
hat früher schon immer gerne im Haushalt<br />
geholfen, etwa bei ihrem Schwager, als ihre<br />
Schwester immer wieder erkrankte. Seit<br />
ihrem Einzug ins Bürgerheim lässt sie es sich<br />
nicht nehmen, auch dort die Alltagsbegleiter<br />
in der Wohnküche zu unterstützen.<br />
So ist sie mit Tisch decken und Abräumen,<br />
Geschirrtücher zusammenlegen und weiteren<br />
Aufgaben in der Wohnküche stets mit<br />
Freude beschäftigt.<br />
Geschirrtücher erinnern an Beruf<br />
Eine große <strong>St</strong>ütze für den Wohnbereich<br />
ist auch Frau Hellstern, die eine eigene<br />
Wäscherei besessen hat und nun mit Begeis -<br />
terung die Geschirrtücher zusammenlegt.<br />
Damit kommt sie wieder mit ihrem früheren<br />
Beruf in Berührung. So werden bei jedem<br />
Bewohner Anknüpfungspunkte an <strong>seine</strong><br />
individuelle Lebensform und <strong>seine</strong> <strong>Vorlieben</strong><br />
gesucht. Mitarbeiter und Ehrenamtliche<br />
versuchen dies weiter zu führen. Denn jeder<br />
soll sich wohl fühlen in unseren Altenzentren.<br />
Simone Höschle<br />
franziskus-bote 3/12