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Marktbasiertes strategisches Human Resource Management. Peter

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<strong>Marktbasiertes</strong> <strong>strategisches</strong><strong>Human</strong> <strong>Resource</strong> <strong>Management</strong><strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira / Roman LombriserDas HRM und die gegenwärtige StrategiediskussionSeit den Neunzigerjahren fordert die HR-Funktion immer eindringlicher, einen entscheidendenBeitrag zum Unternehmenserfolg leisten zu können. Genährt wurde diese Forderung unter anderemdurch den ressourcenorientierten Strategieansatz (im Gegensatz zur marktorientierten Sichtweise),der in der Folge des Aufsatzes von Prahalad/Hamel über die Bedeutung der Kernkompetenzenfür die Unternehmensstrategie in der Harvard Business Review (3/1990) intensiv diskutiertwurde. Gemäss deren These, stellen in der immer wissensintensiveren Wirtschaft die(<strong>Human</strong>-)Ressourcen die entscheidende Basis für nachhaltige Wettbewerbsvorteile dar, indem siedurch einmalige Auswahl und Kombinationen zu Kernkompetenzen entwickelt werden, welcheder Wertschätzung der Kunden unterliegen und die es zu schützen und auszubauen gilt (vgl. Rühli1995). Allein schon daraus liess sich natürlich eine bedeutendere Stellung des HRM in derUnternehmensführung (und der HR-Funktion in den Unternehmen) herleiten, was in den letztenJahren auch in der HR-Strategiediskussion seinen Niederschlag fand (vgl. etwa Meyer-Ferreira2000 und Ridder u.a. 2001).Unterstützt wurde diese Sichtweise durch empirische Studien aus den USA: Spätestens mit denPublikationen von Jeffery Pfeffer (1994 und 1997) schien nämlich das <strong>Management</strong> der <strong>Human</strong>ressourcenbelegbar den Erfolg der Unternehmen langfristig am stärksten von allen relevantenFaktoren zu beeinflussen. Damit konnte der erwähnte Anspruch der HR-Verantwortlichen aufeinen strategischen Stellenwert des Personalmanagements herausgestrichen und untermauert werden.Die Bedeutung der <strong>Human</strong>ressourcen, auf die seit den Siebzigerjahren immer wieder hingewiesenwurde, schien sich nun zu konkretisieren und endlich mehr zu werden als ein personalpolitischesLippenbekenntnis.Zusammengefasst wurden von Pfeffer folgende Argumente ins Feld geführt: Die traditionellenstrategischen Erfolgsfaktoren wie Wettbewerbsintensität in der Branche, Unternehmensgrösseund Marktanteil, Economy of Scale, Technologisches Niveau der Produkte, tiefe Kosten, etc.vermögen den langfristigen Unternehmenserfolg nicht genügend zu erklären. Im Gegenteil, einzelnedieser Faktoren wirken sich sogar kontraproduktiv auf den Unternehmenserfolg aus, wieetwa das Lean <strong>Management</strong>: Wenn zu hohe Kosten und ungenügende Unternehmensperformancemit Kostensenkungsmassnahmen begegnet wird, so führt das nach Pfeffer meistens zu tiefererMotivation und Loyalität der Mitarbeitenden, was sich wiederum negativ auf die Unternehmensleistungauswirkt. Hinzu kommt, dass Kostensenkungsprogramme in den allermeisten Fällenleicht kopierbar sind und deshalb als wettbewerbsstrategischer Erfolgsfaktor a priori nicht vieltaugen.Demgegenüber versuchte Pfeffer zu zeigen, dass es im wesentlichen die Beschäftigungssicherheitist, welche (verbunden mit anderen Faktoren) letztlich langfristig zu überdurchschnittlichem Erfolgvon Unternehmen führt: Wenn sich ein Unternehmen entschlossen hat, auf eine langfristigeund loyale Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitenden zu setzen, dann wird es normalerweise© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 1


sorgfältiger rekrutieren (da sie mit der Aussicht auf eine langjährige Zusammenarbeit gewonnenwerden) und damit im Durchschnitt bessere Mitarbeiter auswählen und diese Leute auch besserentwickeln, da sie eben langfristig leistungsfähig bleiben müssen. Um diese besseren Leute zugewinnen und zu halten, müssen die Unternehmen auch tendenziell höhere Saläre bezahlen alsihre Konkurrenten. Unter diesen Umständen macht es auch Sinn, die Fähigkeiten der Leute vollauszunutzen, was insbesondere über autonome Teams und dezentrale Entscheidungsfindung(Empowerment) geschieht und einen intensiven Austausch von finanziellen und anderen erfolgsrelevantenUnternehmensinformationen bedingt. Zudem sollten diese Unternehmen relativ kleineStatusunterschiede zwischen den verschiedenen <strong>Management</strong>-Levels aufweisen und zwar sowohlbezüglich Symbolen als auch bezüglich der Gehälter.Pfeffer weist nach, dass Unternehmen, welche diese sieben Faktoren systematisch beachten, zuden erfolgreichsten der letzten fünfundzwanzig Jahre gehören. Es ist offensichtlich, dass allesieben Faktoren aus dem Einflussbereich des HRM stammen und die positive Aufnahme derPublikationen von Pfeffer durch die HR-Verantwortlichen ist deshalb durchaus verständlich.Unterstützt wurde das um sich greifende Strategie-Interesse der HR-Verantwortlichen allerdingsauch von anderer Seite: Dave Ulrich (1996 und 1998) definierte die Rollen der HR-Funktion neuund sprach dem business- und resultatorientierten HR-Champion als strategischem Partner derGeschäftsleitung das Wort. Es passte alles zusammen und eine neue Ära schien anzubrechen, inder selbst der CEO aus dem HRM denkbar wurde: Wenn das HRM tatsächlich von wettbewerbsentscheidenderBedeutung ist, so ist anzunehmen, dass die Leiter der HR-Funktion ebenfalls anBedeutung gewinnen würden und sich diese in Zukunft – wie zuvor die Leiter aus der Produktion,dem Marketing und dem Finanzbereich – gar bis zur CEO-Position durchsetzen können (Meyer-Ferreira 2000).Um die Vision des strategischen Partners zu realisieren braucht es allerdings ein entsprechendesVerständnis des strategischen HRM in mindestens dreifacher Hinsicht, das – unabhängig vonallen zusätzlichen Schwierigkeiten, die dem strategischen HRM entgegenstehen – noch kaum ingenügender Weise entwickelt ist:1. Eine zentrale Konsequenz aus dem Wechsel von marktorientierten zu ressourcenorientiertenSichtweisen ist die Verschiebung des strategischen Schwerpunktes vom Absatzmarkt aufden Arbeitsmarkt. Ein Wechsel zur Ressourcenorientierung erfolgt ja sinnvoller weisegerade dort, wo die kritischen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens oder einer Brancheprioritär auf der Seite der Unternehmenskompetenzen liegen. Und diese wiederum basieren inerster Linie auf den Kompetenzen der Mitarbeitenden, womit eine Orientierung am (internenund externen) Arbeitsmarkt zwingend wird. Unter diesen Umständen wird Personalmarketingzu einem wichtigen Element der strategischen Unternehmensführung.Diese Tatsache spiegelt sich einem seit Mitte der Neunzigerjahre strategischer werdendenVerständnis des Personalmarketing und findet ihren Ausdruck etwa im Begriff des EmployerBranding, der die Erkenntnisse des Marketings hinsichtlich der Bedeutung von Markennamenauf das Personalmarketing überträgt: Will sich ein Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt einennachhaltigen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen, muss es sich bezüglichaller Aspekte, die den aktuellen und potenziellen Mitarbeitern wichtig sind, gezieltpositionieren. Wem da nur Compensation und Benefits in den Sinn kommt, erleidet (teuren)Schiffbruch (vgl. etwa Chambers et al. 1998). Aber auch herausforderndeAufgabengestaltung, attraktive Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten und einesympathische Unternehmenskultur bilden nur weitere – zwar wichtige – Aspekte desstrategischen Personalmarketings. Mit dem Employer Branding wird sozusagen das ganze© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 2


Unternehmen zum Produkt, dessen Design und Name auf dem Arbeitsmarkt systematischaufgebaut und gepflegt werden muss, um die (Mitarbeiter-) Kunden zu gewinnen und derenLoyalität zu sichern.2. Eine weitere – unmittelbar aus dem ressourcenorientierten Ansatz – zu ziehende Konsequenzist die systematische Ausrichtung des strategischen <strong>Management</strong> auf die Kompetenzender (<strong>Human</strong>-)Ressourcen, auf deren einmalige Kombination und Schutz. Es verwundertdeshalb auch nicht, dass kurz nach der Eröffnung des Diskurses über die ressourcenorientiertenStrategien und des Wettbewerbs über die Kernkompetenzen (wenn auch ziemlichunabhängig von diesem) eine neue <strong>Management</strong>disziplin entstand – dasWissensmanagement. Eine einmalige Auswahl und Kombination der Ressourcen und –damit von deren Kompetenzen – war über das traditionelle HRM nicht zu leisten. Benötigtwurde ein systematischerer und gezielterer Ansatz als jener der bisherigen Rekrutierung undPersonalentwicklung, die in erster Linie auf Individuen zielten:Die Wissensgenerierung und der Wissenserwerb müssen aus dieser Sicht gezielt erfolgen undkönnen sich nicht etwa einfach nach den Anforderungen einzelner Stellen richten. Hinzukommt, dass dieses Wissen eben optimal kombiniert – und das heisst auch ausgetauscht undgenutzt – werden muss, was bei der Komplexität vor allem grösserer Unternehmen ebenfallsgezielte und systematische Massnahmen erfordert. Und nicht zuletzt gewinnt der Schutzdieses Wissens eine übergeordnete Bedeutung, der ebenfalls nicht mehr einfach mit denklassischen Retention-Massnahmen beizukommen ist.3. Und hinzu kommt nun eben noch, dass die Orientierung an den Resultaten von Pfeffer zurKonsequenz führt, dass ein strategisch verstandenes HRM sich auch direkt für die –mindestens langfristige – Unternehmensperformance mitverantwortlich fühlen muss undentsprechende Instrumente und Verfahren entwickelt.Wir werden weiter unten auf dieses strategische HRM-Verständnis zurückkommen. Um zu einerkonkreten Vorstellung über die Anforderungen und die Ausprägung eines strategischen HRM zukommen, ist es vorerst aber notwendig, die heutigen Realitäten des strategischen <strong>Management</strong>etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.Die heutige Realität des strategischen <strong>Management</strong>Hierzu müssen wir nochmals auf Pfeffer zurückkommen: Es lässt sich feststellen, dass die Befundevon Pfeffer keineswegs die typische Basis heutiger strategischer Planung und Entscheidebilden. Entsprechend darf sich ein strategisch verstandenes HRM auch nur bedingt auf dieseabstützen. Pfeffer selber stellt sogar fest (und nennt die Gründe dafür), dass es gerade umgekehrtist, dass nämlich die Entscheide – wider besseres Wissen – auf ganz anderen Grundlagen gefälltwerden. Es braucht keine vertieften Kenntnisse, um tatsächlich festzustellen, dass das, was in denletzten zehn Jahren auf unternehmensstrategischer Ebene abgelaufen ist folgendermassenbeschrieben werden kann:1. Die Grösse der Unternehmen ist eine wichtige OrientierungsgrösseWas in den vergangenen Jahren unter dem Titel Mergers und Acquisition an Aktivitäten entfaltetwurde, hatte in den meisten Fällen ein Stärkung des Unternehmens durch Vergrösserung entwederdes Marktanteils bzw. des Leistungsangebots oder durch den Einkauf von Know-how zum Ziel.Dass dabei gleichzeitig eine Konzentration auf das jeweilige Kerngeschäft stattfand, in dem dann© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 3


Perspektiven unterscheiden, aus denen die Mitarbeitenden betrachtet werden können (und auchwerden). Je nach strategischer Situation des Unternehmens erhalten diese drei ein unterschiedlichesGewicht.1. Mitarbeitende als Wertschöpfungspotenzial und AssetsAus der Sicht der neueren Strategieliteratur (mindestens insofern sie einer ressourcen- und humancapital - orientierten Strategieentwicklung das Wort reden) sind die Mitarbeitenden in erster Liniedas wichtigste Wertschöpfungspotenzial des Unternehmens, das es zu erhalten, zu fördern und zuentwickeln gilt. <strong>Human</strong>ressourcen sind Assets, ein Teil des Unternehmensvermögens, auch wenndieses nicht bilanzierbar ist. Aus der Kombination ihrer Kompetenzen lassen sich die Kernkompetenzengewinnen, welche letztlich zu Wettbewerbsvorteilen führen und nur durch deren Erhaltungund Verteidigung lassen sich auch die Wettbewerbsvorteile langfristig aufrechterhalten. Geradeauf diese Perspektive berufen sich die HR-Manager mehrheitlich, um die strategische Bedeutungihrer Funktion zu belegen. In dieser Sicht sind Personalkosten – mindestens zum grossen Teil –Investitionen und keine Kosten und ein Personalabbau stellt eine Desinvestition dar, welche dieWettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gefährdet.AccountingebeneLieferantenund KostenfaktorAbsatzmarktFinanzmarktArbeitsmarktMarketingebeneKunden undAnspruchsgruppeMitarbeitendeals...Asset undWertschöpfungspotenzialBilanzierungs-ebeneAbbildung 1: Die drei Perspektiven der Mitarbeitenden© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 6


2. Mitarbeitende als Kunden und AnspruchsgruppeEng verwandt (und meist kombiniert) mit dieser Perspektive ist das Verständnis der Mitarbeitendenals Kunden und Anspruchsgruppe des Unternehmens. Auf diese gilt es das Unternehmenauszurichten, wenn dieses am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig werden oder bleiben, oder wenn eshier gar einen Wettbewerbsvorteil erzielen möchte.Hinter dieser Perspektive steckt die banale Erkenntnisse, dass die Mitarbeitenden bei funktionierendemArbeitsmarkt eine Wahl haben zwischen verschiedenen Arbeitgebern und dass sie sichauf grund verschiedener Kriterien entscheiden, wovon der Lohn nur eines ist. Mitarbeitende„kaufen“ also sozusagen das Unternehmen als Arbeits- und Lebenswelt mit allen seinen Aspekten.Hierzu gehören eben nicht nur Arbeitsweg, Lohn, Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten,sondern ebenso die Unternehmenskultur, die Sozialbeziehungen, das Image desUnternehmens und seiner Produkte und Dienstleistungen. Je besser diese Elemente für die Mitarbeitendenstimmen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie das „Produkt“ nicht nur „kaufen“,sondern auch einen guten Preis dafür bezahlen und zwar in Form einer – gegenüber der Normalleistung– massiv erhöhten Identifikation und einem entsprechend besseren Ergebnis. (In diesemSinne hat Pfeffer sozusagen die allgemein gültigen wichtigsten Aspekte identifiziert, welche„Mitarbeiter-Kunden“ generell suchen und mit einer markant erhöhten Leistung bezahlen).3. Mitarbeitende als Lieferanten und KostenfaktorIn einer dritten Perspektive sind die Mitarbeitenden Lieferanten von zu honorierenden Arbeitsleistungenund als solche in erster Linie ein Kostenfaktor, den es im Griff zu behalten gilt. <strong>Human</strong>Ressource <strong>Management</strong> hat in dieser Sichtweise die bestmöglichen Arbeitsleistungen zu dentiefstmöglichen Preisen einzukaufen – und zwar für den Zeitraum, für den sie benötigt werden.Diese Perspektive ist offensichtlich nicht nur die bekannteste, sondern auch die verbreitetste. Sieist es, welche der strategischen Realität der 90er-Jahre und des Beginns des 21. Jahrhunderts zugrundeliegt. Allerdings ist offensichtlich, dass sie in vielen Situationen mit der ersten (und wohlauch mit der zweiten) Perspektive in Konflikt gerät.Natürlich gelten in jedem Fall alle drei Perspektiven. <strong>Human</strong> Ressourcen sind immer alles,Kostenfaktor, Wertschöpfungspotenzial und Anspruchsgruppe. In vielen konkreten Situationenkönnen sich einzelne Perspektiven allerdings widersprechen, weil sie sich gegenseitig ausschliessendeMassnahmen implizieren. In diesen Fällen ist man gezwungen zu fragen, welchePerspektive jeweils welches Gewicht hat und welche allenfalls zugunsten einer anderen in denHintergrund zu treten habe. Und diese Frage lässt sich nicht beantworten, ohne dass man denBlick auf das ganze Unternehmen richtet, sowie auf dessen Situation bezüglich der relevantenMärkte und seiner Umwelt. Erst in der Abwägung dieser Situation lässt sich entscheiden, welcheder Perspektiven Priorität haben soll und welches Gewicht den anderen zukommt.Nur so kann die HR-Funktion sicherstellen, dass sie ihre eigene HR-Strategie hinreichend auf dieUnternehmensrealitäten abstellt und nicht einfach einige allgemein gültige Erkenntnisse umsetzt,die aber im konkreten Einzelfall kaum geeignet sind, die Position des Unternehmens zu stärken.Unternehmensstrategieentwicklung und HRMWas muss nun diese Sicht auf das ganze Unternehmen für Informationen liefern, damit einemarktbasierte HR-Strategieentwicklung möglich wird?© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 7


Grundsätzlich kann vorerst festgehalten werden, dass es nicht eine richtige strategische Orientierungfür alle Unternehmen gibt. Eine ressourcenorientierte Strategie ist nicht grundsätzlich besserals eine marktorientierte (auch wenn die Diskussion in den letzten zehn Jahren oftmals genaudiesen Anschein machte) und ist auch nicht in jedem Falle sinnvoll. Dies zeigt allein schon dieTatsache, dass ein bedeutender Teil der Unternehmen nach wie vor eine (absatz-)marktorientierteStrategie verfolgt (und dies in dem meisten Fällen erfolgreich).Die HR-Strategieentwicklung muss sich deshalb auf die Festlegung einer sinnvollenStrategierichtung durch die Geschäftsleitung abstützen können. Und eine solche sollte aus unsererSicht nicht nur aufgrund einer generellen SWOT-Analyse für das gesamte Unternehmenentwickelt werden. Um realistisch zu sein, d.h. um die realen Einflüsse der verschiedenen Märkteauf die Geschäftsleitungsentscheidungen korrekt abzubilden, sollte als Grundlage für die Entwicklungeiner Unternehmensstrategie eine SWOT-Analyse des Unternehmens bezüglich allenMärkten und bezüglich der sonstigen Umwelt gemacht werden (vgl. Abbildung 2 und Tabelle aufS. 9). Ansonsten wird ein Unternehmen Gefahr laufen, eine einseitige Strategie zu entwickeln unddiese dann allenfalls auch nicht umzusetzen, da bewusste oder unbewusste Rücksichtnahmen aufnicht analysierte (aber dennoch wirkende) Einflüsse sich letztlich gegen eine solche Umsetzungstemmen.Ein Beispiel: Es macht keinen Sinn, eine langfristig angelegte Strategie zur nachhaltigen Innovationskraftsteigerungzu entwickeln (auch wenn eine solche noch so erfolgreich auf dem Absatzundauf dem Arbeitsmarkt wäre), wenn vom Finanzmarkt her eben kurzfristige Ertragssteigerungenmit grosser Macht gefordert werden. Unter diesen Umständen muss eine Strategie diese Einflüssedes Finanzmarktes gezielt mit berücksichtigen. Das heisst aber auch nicht einfach, eine„kurzfristige Ertragsstrategie“ zu entwickeln, welche das Unternehmen längerfristig in Existenzschwierigkeitenbringt. Vielmehr muss eine Strategie die Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeitendes Unternehmens angesichts der Einflüsse der verschiedenen Märkte derart ausschöpfen,dass die kurzfristigen Anforderungen optimal in die langfristigen Notwendigkeitenintegriert werden können (vgl. auch Fussnote 3).Finanzmarkfür:TrendsTrendsPolitischeTrendFremdkapitalEigenkapitalRechtlicheTrendBeschaffungs-/Technologie-Markt für:Produktionsmittel& ProduktekomponentenProduktionund VerkaufUnternehmenF & EProdukteServices für:AbsatzmarktTrendArbeitsmarktfür:Trendetc. Rahmen-bedingungenTrendsTrends© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser Kompetenzen8und Verhalten


Abbildung 2: Das Unternehmen in seinen Märkten und RahmenbedingungenWir sprechen hier von den bekannten vier Märkten, die für ein Unternehmen jeweils mehr oderweniger wettbewerbsrelevant sein können: Den Absatzmarkt, sowie die drei RessourcenmärkteFinanzmarkt, Arbeitsmarkt und Beschaffungs- bzw. Technologiemarkt. Gerade die Vorkommnisseder letzten 2 Jahre haben deutlich gemacht, dass sich die theoretische Strategiediskussionnicht nur auf den Absatzmarkt konzentrieren kann, auch wenn sich die Unternehmen letztlich aufdiesem durchsetzen müssen um zu überleben. Aber die kritischen Erfolgsfaktoren für den Wettbewerbserfolgkönnen eben sehr wohl auf den Ressourcenmärkten liegen, und zwar nicht nur aufdem <strong>Human</strong>ressourcenmarkt. Denn über Erfolg oder Misserfolg vieler grosser (wie natürlich auchkleinerer) Unternehmen entschied in dieser unmittelbaren Vergangenheit oftmals der Finanzmarkt.Und immer wieder gab es Zeiten, in denen der Beschaffungsmarkt die kritische Erfolgsgrössefür verschiedene Unternehmen darstellte (man denke etwa an die Automobilindustrie undden Streit zwischen GM und VW um die illegale Verwendung von Lieferantendaten).SWOT-Analyse bezüglich den vier MärktenMarktFragestellungAbsatzmarktArbeitsmarktFinanzmarktBeschaffungs-undTechnologiemarkt• Welche Stärken, bzw. welche Schwächen haben wir gegenüber unseren wichtigen Absatzmarktkonkurrenten auf demAbsatzmarkt?• Welche Trends werden in den nächsten Jahren diesen Markt beeinflussen?• Welche Chancen, bzw. welche Gefahren repräsentieren diese für unsere Position auf dem Absatzzmarkt angesichtsunserer Stärken und Schwächen?• Wie beeinflussen diese Befunde unsere Wettbewerbsposition auf dem Absatzmarkt (keinen, wenig, grossen,entscheidenden Einfluss)?• Welche Stärken, bzw. welche Schwächen haben wir gegenüber unseren wichtigen Absatzmarktkonkurrenten auf demArbeitsmarkt?• Welche Trends werden in den nächsten Jahren diesen Markt beeinflussen?• Welche Chancen, bzw. welche Gefahren repräsentieren diese für unsere Position auf dem Arbeitsmarkt angesichtsunserer Stärken und Schwächen?• Wie beeinflussen diese Befunde unsere Wettbewerbsposition auf dem Absatzmarkt (keinen, wenig, grossen,entscheidenden Einfluss)?• Welche Stärken, bzw. welche Schwächen haben wir gegenüber unseren wichtigen Absatzmarktkonkurrenten auf demFinanzmarkt?• Welche Trends werden in den nächsten Jahren diesen Markt beeinflussen?• Welche Chancen, bzw. welche Gefahren repräsentieren diese für unsere Position auf dem Finanzmarkt angesichtsunserer Stärken und Schwächen?• Wie beeinflussen diese Befunde unsere Wettbewerbsposition auf dem Absatzmarkt (keinen, wenig, grossen,entscheidenden Einfluss)?• Welche Stärken, bzw. welche Schwächen haben wir gegenüber unseren wichtigen Absatzmarktkonkurrenten auf demBeschafffungsmarkt?• Welche Trends werden in den nächsten Jahren diesen Markt beeinflussen?• Welche Chancen, bzw. welche Gefahren repräsentieren diese für unsere Position auf dem Finanzmarkt angesichtsunserer Stärken und Schwächen?• Wie beeinflussen diese Befunde unsere Wettbewerbsposition auf dem Absatzmarkt (keinen, wenig, grossen,entscheidenden Einfluss)?© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 9


Synthese• Auf welchem der vier Märkte können wir die entscheidenden Wettbewerbsvorteile für unsere Position auf demAbsatzmarkt gewinnen und halten?• Welcher der vier Märkte spielt die entscheidende Rolle angesichts möglicher Existenzbedrohungen für unserUnternehmen?Es macht deshalb Sinn, alle diese Märkte grundsätzlich in die Analyse einzubeziehen und diePosition des jeweiligen Unternehmens zu erkunden. Auch wenn ohne konkretes Unternehmen imVisier nicht gesagt werden kann, welche Bedeutung die einzelnen Märkte für ein Unternehmenbekommen können, kann doch gezeigt werden, welcher Zusammenhang grundsätzlich zwischender Bedeutung der einzelnen Märkte für das Unternehmen und den verschiedenen Perspektivender Mitarbeitenden im strategischen HRM zu beachten ist. Wir werden hierzu bezüglich dereinzelnen Märkte kurz skizzieren, was es für die HR-Strategieentwicklung heisst, wenn ein Marktvon wettbewerbsentscheidender Bedeutung ist (und zwar sowohl im Sinne, dass er von entscheidenderBedeutung für das Überleben des Unternehmens ist als auch im Sinne, dass er entscheidendfür die Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen ist):1. AbsatzmarktDieser Markt ist in der Strategieliteratur am besten untersucht und verschiedene Strategietypen,die auf die Situation des jeweiligen Unternehmens eine Antwort geben können, sind ausgearbeitetund diskutiert worden. Entsprechend klar lässt sich auch die Bedeutung der Mitarbeitendenherausarbeiten. Generell kann gesagt werden, dass immer dann, wenn das Kaufverhalten derKunden die kritische Erfolgsgrösse eines Unternehmens darstellt, der Absatzmarkt als strategiebestimmendeGrösse im Vordergrund steht. Da dies während den letzten Jahrzehnten für eineMehrzahl der Unternehmen mehrheitlich der Fall war, wird der Absatzmarkt meist als der wichtigsteMarkt generell angesehen. Hinzu kommt, dass die Mission der meisten Unternehmen sichauf diesen Markt bezieht, im Sinne, dass sich deren Daseinsberechtigung durch die Generierungeines Kundennutzens definiert.Es ist klar, dass im Falle einer primären Orientierung am Absatzmarkt und den Kunden die Mitarbeitendenals Anspruchsgruppe (gegenüber den Mitarbeitenden als Wertschöpfungspotenzialund als Kostenfaktor) etwas in den Hintergrund treten werden. Nicht weil sie unwichtig wären,sondern allein, weil eben die Kunden die strategiebestimmende Grösse darstellen. Um denKunden die geforderten Leistungen anbieten zu können und sich erfolgreich im Wettbewerb zubehaupten, ist das Unternehmen aber auf entsprechende <strong>Human</strong>ressourcen angewiesen. DerenBeschaffenheit leitet sich aber von den Anforderungen des Absatzmarktes ab. Die Unternehmensstrategiewird also primär durch die Absatzmarktbedürfnisse und nicht durch dieArbeitsmarktbedürfnisse bestimmt.Je nach den Anforderungen dieses Marktes – und der durch das Unternehmen gewählten Strategie– wird nun die Perspektive der Mitarbeitenden als Lieferant und Kostenfaktor oder jene alsWertschöpfungspotenzial und Asset im Vordergrund stehen: Dort wo hochwertige Leistungenverkauft werden, wo also eher eine Differenzierungsstrategie angewandt wird, dürfte das Wertschöpfungspotenzialder Mitarbeitenden im Vordergrund stehen. Gleiches gilt, wenn vor allemdie Innovationsrate und –geschwindigkeit über den Unternehmenserfolg entscheidet oder wenndie Kundenbindung über die persönlichen Kontakte zu den Mitarbeitenden sichergestellt wird.Dort wo das Unternehmen seine Leistungen über Kostenvorteile verkaufen muss, werden eher dieMitarbeitenden als Lieferanten und Kostenfaktor im Vordergrund stehen. In diesem Fall wird esdarum gehen, eine effiziente Leistungserbringung sicherzustellen (was aber nicht heisst, dassunbedingt eine Tieflohnpolitik praktiziert werden muss, wie etwa Pfeffer zeigt).© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 10


2. ArbeitsmarktGerade in Zeiten von akutem Arbeitskräftemangel und generell mit der verstärkten Ressourcenorientierungwird aber oft der Arbeitsmarkt von wettbewerbsentscheidender Bedeutung. Dies giltinsbesondere dann, wenn ein Unternehmen seine hochwertigen Leistungen nur dann erbringenkann, wenn es ihm gelingt, sich auf dem Arbeitsmarkt seiner Schlüsselpersonen gegenüber derKonkurrenz durchzusetzen, sei dies, indem es die besten Leute zu gewinnen und halten imstandeist oder indem es gar verhindern kann, dass seine Konkurrenten die benötigten Leute gewinnenoder halten können. Dies ist etwa im Beratungsgeschäft, aber auch in anderen wissensintensivenBranchen mehrheitlich der Fall, da hier oftmals (insbesondere in Zeiten eines Nachfrageüberhangs)die im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen und Kapazitäten über den Geschäftserfolgentscheiden.Es ist offensichtlich, dass in dieser Situation die Perspektive der Mitarbeitenden als Lieferantenund Kostenfaktor nicht im Vordergrund steht, sondern die Mitarbeitenden als Asset und Wertschöpfungspotenzial.Um dieses Wertschöpfungspotenzial aufzubauen und zu schützen müssendie Mitarbeitenden aber zuallererst als Kunden und Anspruchsgruppe des Unternehmens verstandenwerden. Nur wenn es gelingt, das Unternehmen für die Zielgruppen als besonders attraktivenArbeitgeber zu positionieren und die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmenherzustellen, können die Wertschöpfungspotenziale aufgebaut und gegen Verlust geschützt werden.3. FinanzmarktWie oben schon angetönt ist in den letzten zwei Jahren in einigen wichtigen Fällen der Finanzmarktzur wettbewerbsentscheidenden Grösse geworden. Dies gilt insbesondere im Versicherungsbereich,hat aber auch Unternehmen aus der Industrie getroffen. Immer dann, wenn es zuLiquiditätsengpässen kommt, wird dieser Markt für kürzere oder längere Zeit von zentraler Bedeutung3 . Ebenfalls bedeutsam ist er bei entsprechender Aktionärsmacht und mehrheitlich auchfür Startup-Unternehmen, die meist über den Absatzmarkt, die Mitarbeitenden und ein gutesProdukt verfügen, denen aber die Finanzen fehlen für dessen erfolgreiche Vermarktung.Je nach Situation des Unternehmens hat hier eine der beiden folgenden Perspektiven Priorität:Geht es um die langfristige Finanzierung eines überzeugenden Businessmodells, so wird dieGeldgeber in erster Linie interessieren, welches Wertschöpfungspotenzial die Mitarbeitendendarstellen. Damit können sie einigermassen abschätzen, ob das Unternehmen in der Lage seinwird, das Businessmodell auch umzusetzen und den Businessplan einzuhalten. Dort hingegen, woes um die Sanierung eines fehlgeschlagenen Businessmodells geht und wo ein Unternehmen sichübermässig verschuldet hat oder mächtige Aktionärsgruppen massive Gewinnsteigerungen durchsetzen,wird es in erster Linie darum gehen, abzuschätzen, ob die Kostenstruktur des Unternehmenskurzfristig verbessert werden kann. In diesem Fall ist selbstverständlich die Perspektive derMitarbeitenden als Lieferanten von Arbeitsleistungen und Kostenfaktor prioritär.4. Beschaffungs- und TechnologiemarktSeltener ist es, dass der Beschaffungsmarkt zur wettbewerbsentscheidenden Grösse wird. Dieskann einerseits dann eintreten, wenn der Zugang zu den Rohstoffen, Energieträgern oder Halb-3 Wobei die Bedeutung meist weniger die Wettbewerbsvorteile des Unternehmens betrifft, als dessenÜberlebenschancen. Das heisst der Finanzmarkt generiert meist keine sogenannten „Win-Faktoren“, sondern eher„Knockout-Faktoren“.© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 11


fabrikaten als Voraussetzung für die eigene Produktion erschwert oder ungleich ist und einUnternehmen gegenüber seinen Konkurrenten bevor- oder benachteiligt, oder allenfalls in seinerExistenz bedroht. Andererseits kann es sein, dass sich die Technologie der Arbeitsmittel und -prozessederart verändert, dass ein Unternehmen mit seiner bisherigen Technologie massiv inRückstand gerät, bzw. dass es durch die frühe Verwendung der neuen Technologien einenentscheidenden Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten erarbeiten kann. Beide Fälle sindheute allerdings eher die Ausnahme, da heutzutage der Zugang der Unternehmen zu den relevantenGütern global relativ gleichmässig verteilt ist.Dort, wo der Zugang zu den Produktkomponenten einen Kostennachteil für das Unternehmenergibt, treten die Mitarbeitenden zuerst als Kostenfaktoren ins Blickfeld (da letztlich die Gesamtkostender Produkte im Vordergrund stehen werden). Bei entsprechendem Kostenvorteil, dürftenaber die Mitarbeitenden überhaupt nur von untergeordneter Bedeutung sein. Dort wo die Technologieder Arbeitsmittel- und Prozesse von entscheidender Bedeutung ist, wird die Perspektive derMitarbeitenden als Wertschöpfungspotenzial eine gewisse Bedeutung gewinnen, da diese letztlichdarüber bestimmt, ob die Anwendung der neuen Technologien durch Entwicklung und Reorganisationder <strong>Human</strong>ressourcen gelingt oder eben nicht.Konsequenzen für die HR-StrategieentwicklungDiese kurze Übersicht macht deutlich, dass für unterschiedliche strategische Situationen derUnternehmen in den verschiedenen Märkten jeweils unterschiedliche Perspektiven derMitarbeitenden besonders bedeutsam sind. Daraus lässt sich der Schluss ziehen – und das ist diezentrale These dieses Aufsatzes, dass die HR-Strategieentwicklung sich auf das in einerstrategischen Situation jeweils spezifische Bedeutungsverhältnis der Mitarbeiterperspektivenabstützen muss und für dieses Verhältnis ein entsprechendes <strong>strategisches</strong> Konzept zu entwickelnhat, um einen substanziellen Beitrag zur Unternehmensstrategieentwicklung und –umsetzungleisten zu können.Dies führt allerdings nur unter der Voraussetzung zu einem nachhaltigen Beitrag zum Unternehmenserfolg,dass ihre Konzepte auch langfristig umgesetzt werden können. Und dies setzt voraus,dass sich das Unternehmen auch tatsächlich auf eine langfristige Strategie fokussiert und diesesystematisch umsetzt, was bei den heutigen, schnell wechselnden Rahmenbedingungen langenicht immer der Fall ist. 4 Denn HR-Strategien haben (wie etwa Marketingstrategien) die Eigenschaft,dass sie nur langfristig nachhaltigen Erfolg zeigen. Das heisst: Kurzfristige Veränderungender Unternehmenssituation in den verschiedenen Märkten, die eine Anpassung der Unternehmensstrategieerfordern und dadurch eine veränderte Perspektive der Mitarbeitenden und entsprechendeAnpassungen bei den Massnahmen zur Folge hätten, erschweren oder verunmöglichen gar dieerfolgreiche HR-Strategieumsetzung: „Wandel kann nicht kurzfristig verordnet werden, sondernerfordert langfristig angelegte Änderungen von Routinen, Prozeduren und Verhaltensweisen. (...)Die Annahme, wonach das Personalmanagement seine Strategie ändern kann, wenn das <strong>Management</strong>seine strategischen Ziele ändert, verkennt die Eigenständigkeit von Subsystemen und diesymbolische Wirkung von Verfahren.“ (Ridder at al. 2001 S.21) Der Employer Brand und seine4 Insbesondere in Fällen, wo das Unternehmen versuchen muss, die kritischen „Knockout-Faktoren“ durch drastische,kurzfristige Massnahmen in den Griff zu kriegen, etwa um eine Liquiditätskrise zu bewältigen, kann von einer langfristigenStrategie nicht mehr die Rede sein. In diesem Fall wird die HR-Funktion nicht darum herum kommen, ihr"<strong>strategisches</strong>“ Konzept auf die kurzfristige Situation auszurichten. Dies heisst in den meisten Fällen wohl, dass diealles dominierende Perspektive der Mitarbeitenden jene des Kostenfaktors ist (eine gewisse Ausnahme bildet etwaABB, bei der die Gewährung überlebenswichtiger Kredite auch vom Wertschöpfungspotenzial der Mitarbeitendenabhing). Parallel wird die HR-Funktion aber auch Konzepte entwickeln und unterbreiten müssen, die aufzeigen, überwelche Unternehmens- und HR-Strategien eine weitere solche Krisensituation langfristig zu vermeiden wäre.© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 12


Wirkung auf die Mitarbeitenden unterliegt hier ganz ähnlichen Gesetzmässigkeiten wie dieMarken und ihre Wirkung auf die Kunden im Absatzmarkt.Die HR-Funktion kann und muss damit in der Unternehmensstrategieentwicklung eine eigenständigePosition einnehmen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Einerseits ist sie aufgrund ihrerFunktion im Unternehmen prädestiniert die Rolle des strategischen Arbeitsmarktexperten zu spielen.Das heisst, die HR-Funktion sollte in der Lage sein, die Unternehmenssituation auf demArbeitsmarkt umfassend und detailliert einzuschätzen und entsprechende Konsequenzen darausfür die Unternehmensstrategieentwicklung ziehen zu können (so wie Gleiches von der Finanz-Funktion bezüglich des Finanzmarktes, von der Marketing-Funktion bezüglich des Absatzmarktesund von der Beschaffungsfunktion bezüglich des Beschaffungsmarktes zu erwarten wäre).Andererseits müsste sie aber auch die kritischen Erfolgsfaktoren und operativenRahmenbedingungen einer HR-Strategieimplementierung und von HR-Strategiewechseln kennenund gegenüber der Geschäftsleitung darzulegen imstande sein, um diese in der Entwicklung einernachhaltigen Unternehmensstrategie zu unterstützen. Welche strategischen Entscheidungen dieGeschäftsleitungen angesichts der Unternehmenssituation auf den verschiedenen Märkten immerfällen, eines muss ihnen die HR-Funktion klarmachen: Die HR-Funktion kann wohl die solchenEntscheiden angemessene HR-Konzepte entwickeln und die entsprechenden Massnahmenergreifen, sie kann diese aber nicht erfolgreich alle paar Monate auswechseln. Zudem gilt es zuberücksichtigen, dass eine Veränderung der HR-Strategie immer auch eine Veränderung derPosition des Unternehmens auf dem (internen wie externen) Arbeitsmarkt mit sich bringt.Unternehmensstrategieentwicklung hinsichtlich der vier MärkteAbsatzmarktArbeitsmarktFinanzmarktBeschaffungs-undTechnologiemarkt• Mit welchem Image und welchen Produkten und Dienstleistungen müssen wir am Absatzmarkt auftreten, um unsereStärken optimal einzusetzen und dabei unsere Ziele zu erreichen und unsere Mission erfolgreich zu erfüllen?• Mit welchem Image und welchen Leistungen müssen wir auf dem Arbeitsmarkt auftreten, um unsere Stärken optimal einzusetzenund die für unsere Kunden und unsere Unternehmenskompetenzen entscheidenden Mitarbeitenden gewinnenund halten zu können und dabei möglichst wenig in Abhängigkeit zu geraten?• Mit welchem Image und welchen Eigenschaften müssen wir auf dem Finanzmarkt auftreten, um die Finanzierungunseres Geschäftsmodells sicherzustellen und dabei möglichst wenig in Abhängigkeit zu geraten?• Mit welchen Leistungen müssen wir am Beschaffungsmarkt auftreten, um unsere Stärken optimal einzusetzen undunsere Prozesse und Leistungen konkurrenzfähig zu gestalten und dabei möglichst wenig in Abhängigkeit zu geraten?Es geht also nicht darum, als Anwalt einer bestimmten Perspektive aufzutreten (meist jener derMitarbeitenden als Wertschöpfungspotenzial), wie dies bis heute meist der Fall war. Vielmehrmuss die HR-Funktion durch ihre Kenntnisse des Arbeitsmarktes und der kritischenErfolgsfaktoren für die HR-Strategieimplementierung einen ebenso gewichtigen Beitrag in derUnternehmensstrategieentwicklung leisten wie andere Unternehmensfunktionen auch. Sowohl inder Erarbeitung der Unternehmensanalyse auf dem Arbeitsmarkt als auch in der Verarbeitung derAnalysen aus den anderen Märkten zu einer Unternehmensstrategie (vgl. Tabelle oben) ist ihrBeitrag jenem der Finanz-, Marketing-, Beschaffungs- oder Technologiefunktionen ebenbürtig.Soviel zum Beitrag des HRM zur Unternehmensstrategieentwicklung. Wie sieht nun aber die HR-Strategie (als Teil der Unternehmensstrategie) selber aus? Welche Fragen muss sie beantworten,welche Leistungen erbringen?© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 13


Abbildung 3: Elemente der HR-Strategie und WettbewerbsvorteileProzesse&Strukturenb. InUnternehmensdividuellProduktee kompetenzen& ServicesKompetenzenAkquisitionen &PartnerschaftenKulturundVerhalteni. Finanzanlagenund-geschäfteWettbe-werbs-vorteileGrundsätzlich kann man sagen, dass sich das strategische HRM mit jenen Voraussetzungen desUnternehmenserfolgs beschäftigen muss, in denen die <strong>Human</strong>ressourcen eine entscheidende Rollespielen. In welcher Position sich ein Unternehmen gegenüber seinen Ressourcenmärkten auchimmer befindet, um erfolgreich zu sein muss es die Fähigkeit besitzen, mit den zur Verfügungstehenden Ressourcen Produkte und Services zu generieren, die auf dem AbsatzmarktAnerkennung finden. Und diese Fähigkeit, die wir im folgenden unter dem Begriff derUnternehmenskompetenzen genauer untersuchen (ob es sich dabei im Einzelfall umKernkompetenzen handelt oder nicht sei dahingestellt), basiert auf drei Elementen: Es handeltsich dabei erstens um die individuellen Kompetenzen der Mitarbeitenden, zweitens um derenMotivation und deren Verhaltensweisen und die dadurch erzeugte Unternehmenskultur, unddrittens um die Prozesse und Strukturen, in denen sich das Handeln der Mitarbeitenden vollziehtund die deren Handlungs- und Entscheidungsspielräume definieren und letztlich für derenEffizienz und Effektivität verantwortlich sind. Diese drei Elemente zusammen generieren dieUnternehmenskompetenzen, die dadurch im Normalfall mehr sind als die Summe derindividuellen Kompetenzen 5 und auf denen die Leistungserstellung des Unternehmens beruht(vgl. Abbildung 3).5 In den Fällen, wo ein Unternehmen durch entsprechende Weisungen und eine entsprechende Kultur sowohl dieMotivation der Mitarbeitenden als auch deren Entfaltungsmöglichkeiten extrem limitiert, kann es allerdingsvorkommen, dass die Unternehmenskompetenzen kleiner sind als die Summe der ( mehrheitlich nicht genutzten)individuellen Kompetenzen. In diesen Fällen gerät das Unternehmen dann oftmals in jene in Fussnote 3 dargestellteSituation.© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 14


Wollen(motivieren) Labour Market &Employee Relationship<strong>Management</strong>Gewinnung, Pflege &Erhaltung der MitarbeitendenVerhaltens- & KulturentwicklungDürfen(ermächtigen)Kombination & Einsatz,der MitarbeitendenArbeits- & Prozessgestaltung.OrganisationsentwicklungPerformance& Labour Cost<strong>Management</strong>HRM-St rat egieCompetence &<strong>Human</strong> Asset<strong>Management</strong>Können(befähigen)Erschliessung & Entwicklungder KompetenzenAnders ausgedrückt: Die vom Unternehmen erbrachte Leistung basiert auf den Fähigkeiten derMitarbeitenden (Können), auf deren Motivation (Wollen) und auf deren Ermächtigung, ihreFähigkeiten auch zur Anwendung bringen zu dürfen (Dürfen).Alle diese Elemente haben offensichtlich direkt mit den <strong>Human</strong>ressourcen zu tun. Es sind deshalbdie zentralen Punkte, zu denen eine HR-Strategie Aussagen zu machen hat, und zwar unterBerücksichtigung der jeweils strategisch relevanten Perspektiven der Mitarbeitenden, wie wir sieweiter oben erläuterten. Unter diesen Perspektiven gewinnt die HR-Strategie ihre spezifischeAusrichtung(vgl. Abbildung 4):Unter der Perspektive der Mitarbeitenden als Kunden und Anspruchsgruppe muss die HR-Strategie den Auftritt auf dem Arbeitsmarkt und die Gestaltung der Mitarbeiterbeziehungen(inklusive kultureller Elemente) des Unternehmens definieren. Unter der Perspektive derMitarbeitenden als Wertschöpfungspotenzial und <strong>Human</strong> Assets macht sie Aussagen zum<strong>Management</strong> der Mitarbeiterkompetenzen und unter der Perspektive der Mitarbeitenden alsLieferanten und Kostenfaktoren definiert sie das <strong>Management</strong> der Mitarbeiterperformance (samtstruktureller und prozessualer Aspekte) und der Arbeitskosten. Wie diese Festlegungen imEinzelfall aussehen, hängt natürlich von der Gewichtung der jeweiligen Perspektiven ab. Aufjeden Fall wird aber die Gewichtung der verschiedenen Perspektiven auch die Bedeutung dereinzelnen Elemente beeinflussen.© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 15


HR-StrategieentwicklungLabour Market &EmployeeRelationship<strong>Management</strong>Performance &Labour Cost<strong>Management</strong>Competence &<strong>Human</strong> Asset<strong>Management</strong>• Welche Erwartungen müssen unsere Mitarbeiter-Kundensegmente hinsichtlich Fähigkeiten, Motivation und Leistungenerfüllen?• Welche Wünsche, Bedürfnisse und Werte versuchen unsere Mitarbeiter-Kundensegmente zu erfüllen, befriedigen,repräsentieren und mit welchen (auch kulturellen) Eigenschaften und –leistungen ist unser Unternehmen in der Lage,diese Anforderungen besser abzudecken als unsere Arbeitsmarktkonkurrenten?• Wer sind unsere wichtigsten Konkurrenten, welche Stärken und Schwächen weist deren Arbeitsmarktangebotgegenüber dem unseren auf und welche Chancen und Gefahren repräsentiert das für unser Unternehmen?• Auf welchen Arbeitsmärkten sprechen wir unser Mitarbeiter-Kundensegmente mit welchen Botschaften an?• Mit welchen Leistungen vermögen wir am Absatzmarkt erfolgreicher aufzutreten als die Konkurrenten?• Durch welche Massnahmen lassen sich diese Leistungen sicherstellen?• Welches ist der Maximalpreis, der für diese Leistungen bezahlt werden kann?• Welches Sparpotenzial haben wir im Bereich der Mitarbeiterlöhne und Prozesskosten?• Über welche Massnahmen lässt sich dieses Potenzial realisieren, ohne die Unternehmensleistung zu gefährden?• Welche Unternehmenskompetenzen entscheiden über unseren Erfolg, bzw. Misserfolg ?• Auf welche individuellen Fähigkeiten stützen sich diese Unternehmenskompetenzen (wer sind unsere Schlüsselpersonen?• Welche Möglichkeiten haben wir, um diese Fähigkeiten so zu entwickeln und zu erschliessen, dass sie eine maximaleWirkung entfalten können?• Über welche Massnahmen lassen sich diese Möglichkeiten am effektivsten realisieren?Erwartungen an die Rollen des HRM durch die GLBis dahin haben wir die Aufgaben und die dabei notwendigen Überlegungen dargestellt, welchedie HR-Funktion als strategischer Partner der Geschäftsleitung zu erfüllen, bzw. anzustellen hat.Besonderes Gewicht haben wir dabei auf eine ökonomieorientierte Ausgestaltung dieser Rollegelegt, in welcher den existierenden Machtverhältnissen im und um das Unternehmen Rechnunggetragen wird. Um diese Rolle aber überhaupt spielen zu können, muss die HR-Funktion imUnternehmen entsprechende Anerkennung haben. Und diese erwirbt sie sich in den meistenFällen nicht allein – und oft nicht zuerst – durch strategische Kompetenz, sondern eher durchausgezeichnete Dienstleistungen für das Linienmanagement und die Geschäftsleitung bei derUmsetzung der Unternehmensstrategie und bei der Erreichung der Unternehmensziele.Man darf über der Rolle des strategischen Partners nicht vernachlässigen, dass die HR-Funktionauch andere Aufgaben zu erfüllen und weitere Rollen zu spielen hat und mehrheitlich nachanderen Kriterien beurteilt wird. Wunderer hat letzteres schon vor einigen Jahren in seinemKonzept des Wertschöpfungscenters und der Unterscheidung dreier verschiedener Dimensionendes HRM ausgedrückt. In seinem Verständnis wäre das, was wir bis anhin diskutiert haben, die<strong>Management</strong>funktion, in welcher es um den strategischen und qualitativen Erfolgsbeitrag desHRM geht. Daneben ist das HRM nach Wunderer aber auch aus einer Servicedimension zubetrachten, in der die interne Kundenzufriedenheit Kriterium ist, und aus einerBusinessdimension, in welcher das „Geschäftsergebnis“ der HR-Funktion zur Beurteilung kommt.Das heisst, dass die Erwartungen der Geschäftsleitungen und des Linienmanagements an die HR-Funktion wesentlich umfassender sind als dies aus der Vorstellung des strategischen Partnershervorgeht. Was zum Schluss noch erläutert werden soll, ist der Zusammenhang zwischen denoben postulierten zusätzlichen Rollen der HR-Funktion und den Erfolgskriterien der HR-Funktion, wie sie sich aus den Anforderungen von Geschäftsleitungen und Linienmanagementableiten lassen und wie sie Wunderer systematisiert hat. Natürlich sind diese Aufgaben bestensbekannt und werden auch überall in den Unternehmen mehr oder weniger gut erfüllt, und zwar© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 17


häufiger als jene der Strategieentwicklung. Im Prinzip lassen sich zwei Gruppen von zusätzlichenAufgaben unterscheiden, die auch je einer eigenen Rolle der HR-Funktion entsprechen:HR-Systems ProviderBeim HR-Systems Provider handelt es sich um die Rolle, die für die Entwicklung, Einführungund Administration der verschiedenen HR-Systeme verantwortlich ist, wie sie jedes Unternehmenbraucht, um seine Strategie operativ umzusetzen und die alltäglichen HR-Transaktionenentsprechend abzuwickeln. Ob Mitarbeiter angestellt oder (ein-)geführt, beurteilt, entlohnt,ausgebildet, entlassen, etc. werden - in praktisch allen Unternehmen geschieht dies standardisiertund mit Hilfe entsprechender Konzepte und Systeme. In der Praxis grösserer Unternehmen findensich verschiedene Systeme, für die je spezialisierte Systems Providers zuständig sind:Personalentwicklung, Compensation, Personalcontrolling, Personalmarketing, etc.Die Rolle des HR-Systems Providers kann in zwei (oder allenfalls drei) Richtungen interpretiertwerden (Scholz hat in ähnlichem Zusammenhang 1994 von einem Horror- und einFaszinationsszenarium des HRM gesprochen): Erstens kann sie als gesetzgebende Funktion (miss-) verstanden werden, welche über die entwickelten Systeme dem Unternehmen vorgibt, wie essich richtig (im Sinne der HRM-Denkmuster) zu verhalten hat. Zweitens kann (und sollte) sie alsDienstleistungsaufgabe verstanden werden, welche das Unternehmen in seiner Leistungserbringungoptimal unterstützen muss und ihm allenfalls zu Wettbewerbsvorteilen (z.B.durch ein einmaliges Personalentwicklungskonzept oder durch ein leistungsförderndes Entlohnungskonzept)verhelfen kann. Und drittens kann sie allenfalls auch (eingeengt) als reine Administrationsfunktionverstanden werden, welche die Aufgabe hat, die Korrektheit und Effizienz derTransaktionen sicherzustellen, ohne sich um die Effektivität der Systeme zu kümmern.Je nach Rollenverständnis sind die Vorstellungen über die zu erbringenden Leistungen und den zuerwartenden Wertschöpfungsbeitrag anders. Wie immer die HR-Systems Providers ihre Rolleaber leben, von der Geschäftsleitung, dem Linienmanagement und selbst von den Mitarbeitendenin der HR-Funktion wird die Arbeit dieser Rolle normalerweise an der Angemessenheit und derQualität ihrer Systeme und deren Einführung und Administration gemessen: Ermöglichen dieseeine effektive Umsetzung der Unternehmens- und HR-Strategie? Decken sie die Bedürfnisse derGeschäftsleitung und des Linienmanagements ab? Sind sie leicht verständlich und erlernbar undeinfach in der Handhabung? Sind sie zuverlässig? Erleichtern sie die Arbeit? Sind sie kostengünstig?Dies sind die Kriterien, an denen diese Systeme gemessen und gleichzeitig deren Entwickler(oder Einkäufer) und Administratoren beurteilt werden. Das heisst, die HR-Systemehaben sowohl strategischen wie auch operativen und finanziellen Gesichtspunkten zu genügenund stellen damit sozusagen das Verbindungsglied zwischen der HR-Strategie und der operativenHRM-Tätigkeit dar, welche in der dritten Rolle der HR-Funktion ausgeübt wird:Operativer BusinesspartnerBei dieser dritten Gruppe von zusätzlichen Aufgaben handelt es sich um die Unterstützung derGeschäftsbereiche beim erreichen von deren Geschäftszielen und der operativen Abwicklung vonderen <strong>Human</strong> Ressource <strong>Management</strong>. Hier fällt die Grosszahl der Transaktionen an, für welchedie HR-Systeme entwickelt wurden. In der Erfüllung dieser Aufgaben übernimmt das HRM dieRolle des operativen Businesspartners des Linienmanagement.Diese Rolle kann einerseits als Polizistenrolle (miss-)verstanden werden, welche darüber wacht,dass das Linienmanagement seine Mitarbeiterführung gemäss den Regeln de HR-Funktionausgestaltet. Andererseits kann sie als Dienstleistungsrolle verstanden werden, und zwareinerseits in einem administrativen Sinne, in welchem das Linienmanagement von administrativen© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 18


Personalmanagementaufgaben entlastet wird, oder andererseits in einem beratungsorientiertenSinne, wobei das Linienmanagement in seiner Leistungserbringung kompetent unterstützt bzw.entlastet wird.Auch hier wird die Vorstellung der zu erbringenden Leistung und des zu erwartenden Wertschöpfungsbeitragsvom jeweiligen Rollenverständnis abhangen. In jedem Fall muss der OperativeBusinesspartner aber zeigen, dass der Wert seiner Leistungen deren Kosten übersteigt. Unddies wird ihm nur gelingen, wenn er in der Lage ist, den erwarteten Beitrag zum Geschäftserfolgder Kunden zu liefern und sein Geschäft kompetent, effizient und kostengünstig abzuwickeln,bzw. zu unterstützen.Bei beiden dargestellten Rollen stehen für die internen Kunden in erster Linie die Servicedimensionund die Businessdimension im Sinne Wunderers im Vordergrund und erst in zweiter Liniedie <strong>Management</strong>funktion. Das heisst, das operative HRM muss effektiv und vor allem effizientabgewickelt werden, um die Anerkennung der internen Kunden zu gewinnen. Es verwundert dahernicht, dass in den vergangenen Jahrzehnten die HR-Spezialisten mehrheitlich darauf auswaren, ihre operative HRM-Kompetenz zu sichern und Transaktionskosten zu minimieren, währenddie Rolle des strategischen Partners eher zu kurz kam.Allerdings hat dies auch auf der operativen Ebene nicht genügend zum Erfolg geführt: Insbesonderewas die Transaktionskosten anbelangt ist die HR-Funktion in den letzten Jahren immer mehrunter Druck geraten. Neue Ansätze der Abwicklung standardisierter operativer HR-Aufgaben sindnotwendig, nicht nur um Freiraum für die Rolle des strategischen Partners zu gewinnen, wieRidder u.a. (2002) feststellen, sondern um überhaupt den Ansprüchen der internen Kunden anServicequalität und die Transaktionskosten des operativen HRM gerecht werden zu können.Electronic HR und gezieltes Outsourcing sind in diesem Zusammenhang etwa Stichworte, welchedie eingeschlagene Richtung kennzeichnen. Nur wenn es der HR-Funktion gelingt, denAnsprüchen der Praxis zu genügen, können sie die Option des strategischen Partners auch einlösen.Insbesondere dort, wo der Erfolg eines Unternehmens von dessen Stellung auf dem Arbeitsmarktabhängt, müsste es aber darauf bedacht sein, aus seiner HR-Funktion wichtige Wettbewerbsvorteileherauszuholen und sich nicht einfach auf die Minimierung der Transaktionskosten zukonzentrieren. Wie muss nun ein erfolgreiches (<strong>strategisches</strong> und operatives) HRM gestaltet werden?Von zentraler Bedeutung auch für das operative HRM ist die oben dargestellte enge Verbindungder HR-Strategieentwicklung mit der strategischen Analyse des Unternehmens, um dieBedeutung der verschiedenen Mitarbeitersichtweisen (Kostenfaktor, Wertschöpfungspotenzial,Kunden) für das Unternehmen festzustellen. Darauf basierend lassen sich erst eine HR-Strategieentwickeln und die konkrete Ausformung der anderen beiden HR-Rollen (des Systems Providerund des Operativen Businesspartners) sowie deren Beiträge zur Unternehmensleistung definieren.Für die HR-Spezialisten bedeutet dies auch, dass sie bereit sein sollten, sich konsequent aufsolche Dienstleistungen zu konzentrieren, welche aufgrund ihrer Analysen strategisch undwertschöpfungsmässig unternehmenserfolgskritisch sind und andere zu outsourcen, auch wenn siedafür hohe Kompetenzen haben. Selbstverständlich kommt auch die HR-Funktion nicht darumherum, die Wirkung ihrer Strategie und der HR-Systeme und -Dienstleistungen zu überprüfen, umfestzustellen, ob diese zu den intendierten Ergebnissen führen.© 2003 <strong>Peter</strong> Meyer-Ferreira, Roman Lombriser 19


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