Blickpunkt: Das Vaterunser - Katholische Kirche St. Michael ...

Blickpunkt
Romano Guardini (1885 - 1968),
katholischer Religionsphilosoph und
Theologe, erschließt in seinem zum
Klassiker gewordenen Buch „Das
Gebet des Herrn" das Vaterunser
und seine Bitten. Der folgende Text
ist eine Zusammenstellung eines Kapitels.
Die Anrufung:
Vater unser im Himmel
Das Gebet beginnt mit den Worten:
„Vater unser im Himmel.“
.... im Himmel
Gott ist überall, in jedem Augenblick
und in jeder Situation. Er ist in
allem; in allen Dingen und in allen
Geschehnissen – aber als Der, der im
Himmel ist.
So bedeutet der Anruf „Vater unser
im Himmel“, dass wir wohl ausgehen
sollen von dem Ort, wo wir
sind; aus der Stunde, die wir leben;
aus den Dingen, mit denen wir es zu
tun haben – dass aber der Gott, den
wir suchen, im Himmel ist; anders,
als alles das.
Wir müssen zugestehen, dass Er
nicht ist, wie die Dinge, wie die Zeit,
wie wir selbst. Wir schreiben Ihm
nicht vor, wie Er zu sein habe, son-
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dern sind einverstanden, dass Er sei,
der Er aus sich selber ist. Und sind
darauf gefasst, dass Er anders ist als
unser Erwarten, geheimnisvoll und
unbekannt – aber eben darin ist Er
„unsere Heimat, in der unser Herz
ruhen“ kann.
So wagen wir es mit Gott, der „im
Himmel“ ist und anders als unsere
Erde. Wir wollen keinen Gott, wie
wir ihn uns von der Erde her vorstellen
können.
Wir wollen Ihn, den Lebendigen, der
gesagt hat: „Ich bin der Ich-bin.“
Das Wort „im Himmel“ spricht:
„Dich will ich, Gott, so, wie Du bist
in Dir selbst!“ Und der Christ wagt
es damit, dass dieser Gott in sein
Leben trete; dass die Selbstverständlichkeit
des eigenen Daseins beunruhigt
werde und das Neue, Unbegreifliche
Gottes hineinkomme.
Vater unser....
Das Vaterunser weist den Weg zum
„rechten Gott“. Es sagt: Willst du zu
Ihm gelangen, so musst du dort suchen,
wo Der steht, der dich in diesen
Worten beten lehrt.
Wenn wir also fragen, wer Gott sei,
so lautet die Antwort: Der, mit dem