NEUbei - der photograph
NEUbei - der photograph
NEUbei - der photograph
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
11 2011<br />
titelstory<br />
Der Reiz <strong>der</strong> Vielfalt<br />
Rudolf Brandstätter, Presse & Illustration & neue Medien<br />
Ein Vollprofi wie er weiß, wohin er seine Kamera zu richten<br />
hat. Das – gar nicht so spektakuläre – Foto rechts<br />
ist eines jener Bestseller, mit denen sich heute gute Geschäfte<br />
machen lassen. „Themenfotografie“, nennt Rudolf<br />
Brandsätter dieses Genre von Ansichten typischer<br />
heimischer Landschaften. Bil<strong>der</strong>, die <strong>der</strong> Tourismus gerne<br />
sieht und die schöne Geschichten illustrieren. Wie<br />
wichtig es ist, dass die Fotos alleine schon Geschichten<br />
erzählen, das lernte er zuerst: Als Sportredakteur <strong>der</strong><br />
Oberösterreichischen Kronen Zeitung war Rudolf Brandstätter<br />
oft unzufrieden mit dem ihm gelieferten Bildmaterial,<br />
und da er niemals ein Mann des langen Wartens war,<br />
löste er, um sich seine Wunschbil<strong>der</strong> selbst zu fertigen,<br />
den Gewerbeschein für Pressefotografie. Das war 1978.<br />
Seit nunmehr 30 Jahren arbeitet Rudolf Brandstätter<br />
ausschließlich als Fotograf für Presse und Reportage –<br />
<strong>der</strong> weit spannen<strong>der</strong>e Teil als Autor, wie er meint. Und er<br />
verdiente nicht schlecht, dies, obwohl sich in den letzten<br />
3 Dekaden viel verän<strong>der</strong>t hat in <strong>der</strong> Branche. Doch<br />
das Jammern war niemals seines, vielmehr wusste er<br />
immer konsequent auf die Verän<strong>der</strong>ungen zu reagieren,<br />
Untaugliches wurde abgeworfen, Chancen aufgegriffen.<br />
Oft war es ungemütlich, wenn man bei Eiseskälte und<br />
nach beschwerlichem Fußmarsch stundenlang auf <strong>der</strong><br />
Lauer lag, doch keine Sekunde wollte er tauschen gegen<br />
Jobs in viel wärmerer Umgebung, wie dem Hochofen in<br />
<strong>der</strong> Voest. Jedes gelungene Foto ist ein Gewinn, nicht<br />
nur fürs Ego – vor allem in den „analogen“ Jahren florierte<br />
das Geschäft. Aus dem aktuellen Verdrängungswettbewerb<br />
zog er sich jedoch zugunsten an<strong>der</strong>er fotografischen<br />
Aufgaben zunehmend zurück. Das kommt<br />
seiner Vielseitigkeit sehr entgegen. Schon fast zehn<br />
Jahre besteht die Kooperation mit dem Ars Electronica<br />
Festival. Die nicht ganz alltägliche Kunst trifft sein Verständnis<br />
perfekt. Neben kulturellen Beiträgen greift er<br />
heute auch gerne Umweltthemen auf, stets unter <strong>der</strong><br />
Bedingung, dass die Bil<strong>der</strong> die richtigen Worte finden<br />
lassen. Um in <strong>der</strong> Pressefotografie erfolgreich zu sein,<br />
muss man nicht mit <strong>der</strong> Masse schwimmen...<br />
„Heute stehen Pressefotografen vor katastrophalen<br />
Bedingungen, vor allem in Wien. Verlage zahlen ganz<br />
schlecht. Viele junge Kollegen lassen sich von mächtigen<br />
Verlagsgruppen Knebelverträge unterjubeln, die kaum<br />
zum Überleben reichen. Ich würde jedem Fotografen<br />
von einer <strong>der</strong>art einseitigen Kooperation abraten. Bevor<br />
sie unter den Selbstkosten arbeiten wäre es besser, sie<br />
än<strong>der</strong>n ihren Beruf“, ruft er mit harten Worten zur Selbstreflexion<br />
auf.<br />
Trotzdem stößt Rudolf Brandstätter bei jenen Fotografen,<br />
die unter diesen mieserablen Arbeitsbedingungen stöhnen,<br />
auf Verständnis. „Die Betroffenen sind als Einzelpersonen<br />
machtlos etwas zu verän<strong>der</strong>n. Die Fachvertretung<br />
müsste sie viel mehr unterstützten“, schlägt er sich für<br />
die jungen Fotografen in die Bresche. Brandstätter weiß,<br />
wovon er spricht, schließlich war er selbst 12 Jahre aktives<br />
Innungsmitglied. Auch das aktuelle Ausbildungswesen<br />
sieht er kritisch: „viel zu wenig kaufmännisches<br />
Wissen“, und verweist auf die enorme Bedeutung des<br />
Kalkulierens. „Nur richtiges Kalkulieren bringt das Brot<br />
auf den Tisch“. Doch ohne ordentliches Equipment kann<br />
kein Pressefotograf gute = gewinnbringende Bil<strong>der</strong> liefern.<br />
Er selber arbeitet mit einer Range lichtstarker Objektive<br />
von 17 bis 400 mm, Kosten, die sich nur mit fairen<br />
Honoraren wie<strong>der</strong> amortisieren lassen. Weil eben dies<br />
durch den digitalen Siegeszug mit all seinen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
am Fotomarkt immer schwieriger wurde, stellte<br />
Brandstätter sein Geschäft im Laufe <strong>der</strong> Jahre auf zwei<br />
weitere gesunde Standbeine: Video und Internet.<br />
„Die Zukunft <strong>der</strong> Reportage liegt im Video und dessen<br />
Verknüpfung mit und Verwertung in den neuen Medien.“<br />
Nur kurze Clips sind gefragt, doch sie werten eine<br />
Homepage dramatisch auf. „Eine recht professionelle<br />
Videokamera kostet heute nur mehr ein paar tausend<br />
Euro, sie ist handlich und liefert Ergebnisse wie seinerzeit<br />
eine Filmausrüstung um fast das zehnfache.“ Gemeinsam<br />
mit einer Mitarbeiterin ist er dabei, diese beiden<br />
Bereiche noch intensiver auszubauen.<br />
3<br />
Rudolf Brandstättter.Einfallsreichtum<br />
&<br />
kühle Strategie,<br />
unternehmerischesSelbstbewusstsein<br />
&<br />
kontroverse Ansichten<br />
sind die<br />
Erfolgsmerkmale<br />
seiner mehr<br />
als 30 Jahren<br />
fotografischer<br />
Tätigkeit