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Eine Rezension von ist in der Zeitschrift Studien zur Deutschkunde ...

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<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>Rezension</strong> <strong>von</strong> <strong>ist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeitschrift</strong> <strong>Studien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Deutschkunde</strong> / Studia<br />

Niemcoznawcze (Band XXVIII, 2004, S. 1042 ff., Hrsg.: German<strong>ist</strong>isches Institut <strong>der</strong><br />

Universität Warschau) erschienen:<br />

Die Mann-Frau-Beziehungen im Märchen sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Zeit e<strong>in</strong> nicht unpopuläres<br />

Thema zu se<strong>in</strong>. Als Beweis für das nach wie vor nicht nachlassende Interesse <strong>der</strong><br />

Märchenforscher an dieser, lebensnahen' Problematik lassen sich beispielsweise sowohl <strong>der</strong><br />

im Auftrag <strong>der</strong> Europäischen Märchengesellschaft <strong>von</strong> Harl<strong>in</strong>da Lox, Sigrid Früh und<br />

Wolfgang Schultze herausgegebene, <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht aufschlussreiche Band Mann und<br />

Frau im Märchen. Forschungsberichte aus <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Märchen (2002) als auch die<br />

Dissertation Jessica Lütges ‚Liebe, Partnerschaft und Erlösung <strong>in</strong> den "K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und<br />

Hausmärchen" <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Grimm‘ anführen.<br />

Das letztgenannte und hier zu besprechende Buch setzt sich mit den Grimmschen Märchen<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> textimmanenten Methode ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und macht <strong>von</strong> sozialh<strong>ist</strong>orischen sowie<br />

psychologischen Interpretationsmöglichkeiten Gebrauch. Die Konzentration auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong>-<br />

und Hausmärchen <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Grimm erklärt die Forscher<strong>in</strong> damit, "dass sie e<strong>in</strong>erseits<br />

mündlich tradiert und erst relativ spät, 1810, <strong>von</strong> Jacob und Wilhelm Grimm aufgezeichnet<br />

wurden, an<strong>der</strong>erseits ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Märchensammlung jemals die Popularität <strong>der</strong> Grimmschen<br />

Märchen erreicht hat. [ ... ] Da jedoch auch die Brü<strong>der</strong> Grimm <strong>von</strong> den Vorstellungen ihrer<br />

Zeit bee<strong>in</strong>flusst wurden, die sich durchaus <strong>in</strong> den Texten wi<strong>der</strong>spiegeln, sollen neben den<br />

literaturwissenschaftlichen auch die sozialh<strong>ist</strong>orischen Komponenten berücksichtigt werden,<br />

wobei zu e<strong>in</strong>em besseren Verständnis auch tiefenpsychologische Aspekte zu beachten s<strong>in</strong>d".<br />

(S. 7) Die Veröffentlichung besteht aus sieben Kapiteln: Nach den <strong>in</strong> die zu behandelnde<br />

Problematik e<strong>in</strong>führenden Bemerkungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung (Kap. I), stellt die Autor<strong>in</strong> die<br />

Motive <strong>der</strong> Methodenwahl (Kap. II) dar, um <strong>in</strong> den weiteren Kapiteln des Buches <strong>zur</strong> Analyse<br />

des Märchenstoffes überzugehen. Während sich das Kapitel III <strong>der</strong> Mann-Frau-Thematik im<br />

Zaubermärchen widmet, werden im Kapitel IV die Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong> Liebe am<br />

Beispiel "Aschenputtel" (KHM 21) angeschnitten. Im Kapitel V kommt die Forscher<strong>in</strong> auf die<br />

Liebe und Ehe im Schwank(-märchen) zu sprechen, wobei sie u.a. solche Aspekte <strong>der</strong><br />

Problematik wie Alltagsbrutalität, Dummheit, Brautwerbung, Ehebruch unter die Lupe<br />

nimmt. Die aus <strong>der</strong> Untersuchung resultierenden Schlussfolgerungen werden im Kapitel VI<br />

zusammengefasst, und die während <strong>der</strong> Recherche herangezogene Literatur wird im Kapitel<br />

VII präsentiert.<br />

Aus <strong>der</strong> Arbeit Lütges ergibt sich e<strong>in</strong> differenziertes Bild <strong>von</strong> Liebe, Partnerschaft und<br />

Erlösung <strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Hausmärchen <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Grimm. Der Märchenpr<strong>in</strong>z ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong><br />

diesem Kontext ke<strong>in</strong>esfalls als Ritter ohne Schattenseiten, aber ,,[d]iese dunkle Seite des<br />

Märchenpr<strong>in</strong>zen än<strong>der</strong>ten die Grimms […] geschickt um, <strong>in</strong>dem sie aus dem Pr<strong>in</strong>zen<br />

kurzerhand e<strong>in</strong>en Räuber machten, <strong>der</strong> dann um so grausamer morden darf. Das Bild des<br />

galanten Adligen sollte damit aufrechterhalten werden". (S. 197) Der Märchenpr<strong>in</strong>z <strong>ist</strong><br />

grundsätzlich an <strong>der</strong> Schönheit und den bürgerlichen Tugenden se<strong>in</strong>er Zukünftigen<br />

<strong>in</strong>teressiert und bleibt oft nicht <strong>von</strong> se<strong>in</strong>er Mutter unbee<strong>in</strong>flusst. "Damit bedarf im Grunde<br />

auch <strong>der</strong> Märchenpr<strong>in</strong>z erst noch e<strong>in</strong>er Entwicklung, bevor er die nötige Partnerschaftsreife


esitzt. Die Liebe bei<strong>der</strong> Partner bleibt <strong>in</strong>sofern zunächst auch recht oberflächlich". (S. 197)<br />

Oft wird hierbei die Problematik <strong>der</strong> Sexualität und Erotik ausgeklammert o<strong>der</strong> stark<br />

reduziert. "Die Enterotisierung kann man aber den Grimms nicht vorhalten, da die Urfassung<br />

und <strong>der</strong> Erstdruck noch vermehrt sexuelle Komponenten enthalten. Es wurde aber <strong>von</strong><br />

mehreren Seiten e<strong>in</strong> großer Druck auf die Brü<strong>der</strong> ausgeübt, diese Stellen zu streichen o<strong>der</strong> zu<br />

kürzen". (S. 199) Wird im Märchen die zweite Ehe geschlossen, spielen dabei wirtschaftliche<br />

Gründe die vorherrschende Rolle. "Nicht mehr Prüfungen stehen im Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> ganz reale Aspekt des Versorgtse<strong>in</strong>s sowohl vom Mann als auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Frau<br />

kennzeichnet die Partnerschaft". (S. 200) Wenn e<strong>in</strong> erlösungsbedürftiger Held im Märchen<br />

auftaucht, braucht er "e<strong>in</strong>e[n] gegengeschlechtlichen Partner [...]", <strong>der</strong> oft ebenfalls <strong>der</strong><br />

Erlösung bedarf, "was sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ebensolchen Verzauberung äußert, son<strong>der</strong>n daran<br />

sichtbar wird, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Teil des Märchens <strong>der</strong> Partner wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>fantilen<br />

Zustand gerät o<strong>der</strong> aus Unreife e<strong>in</strong>en schwerwiegenden Fehler begeht. Erst nach <strong>der</strong><br />

erfolgreichen Suchwan<strong>der</strong>ung s<strong>in</strong>d letztendlich beide Partner gereift". (S. 200) E<strong>in</strong> weniger<br />

optim<strong>ist</strong>isches Bild <strong>der</strong> Partnerschaft zeichnen die Schwänke. "Während das Zaubermärchen<br />

Mann und Frau zusammenführt, trennt <strong>der</strong> Schwank diese Beziehungen und fuhrt e<strong>in</strong>ige<br />

Figuren bis <strong>in</strong> den Bereich des Absurden" (S. 202) um nur e<strong>in</strong>ige Schlussfolgerungen Lütges<br />

zu zitieren.<br />

Das Buch Liebe. Partnerschaft und Erlösung <strong>in</strong> den "K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Hausmärchen " <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong><br />

Grimm <strong>ist</strong> durch e<strong>in</strong>e erstaunliche und äußerst positiv zu bewertende Konsequenz <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beantwortung <strong>der</strong> am Anfang <strong>der</strong> Arbeit gestellten Fragen gekennzeichnet. Die Forscher<strong>in</strong><br />

weiß genau, wonach sie strebt, und verfolgt ihr Ziel <strong>von</strong> <strong>der</strong> ersten bis <strong>zur</strong> letzten Seite <strong>der</strong><br />

Publikation grundsatztreu. Sowohl mit <strong>der</strong> <strong>in</strong> die Untersuchung mit e<strong>in</strong>bezogenen Sekundär-<br />

als auch Primärliteratur, die neben den Grimmschen Märchen z.B. die <strong>von</strong> Afanassjew,<br />

Basile, Musäus und Schiller umfasst, geht sie mit wissenschaftlicher Exaktheit um.<br />

Hervorzuheben <strong>ist</strong> darüber h<strong>in</strong>aus die klare und durchsichtige Struktur des Buches, was nicht<br />

ohne Bedeutung für die Rezeption <strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>ist</strong>. Und letzten Endes bleibt noch<br />

h<strong>in</strong>zuzufügen, dass die Arbeit Lütges 2001 mit dem Lutz-Röhrich-Preis <strong>der</strong> Märchenstiftung<br />

Walter Kahn ausgezeichnet worden <strong>ist</strong>. Mit Recht, wie mir sche<strong>in</strong>t.

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