11.07.2015 Aufrufe

Studienführer 2010 - 2011 - Hochschule für katholische ...

Studienführer 2010 - 2011 - Hochschule für katholische ...

Studienführer 2010 - 2011 - Hochschule für katholische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Grande Dame der RegensburgerOrgellandschaftDie Frantz Jakob Späth-Orgel von 1750 inSt. Oswald zu Regensburgvon Stefan BaierRegensburgs Orgellandschaft hat sich inden vergangenen fünf Jahren gewaltigverändert, so dass man mit Fug und Rechtmittlerweile von der „Orgelstadt Regensburg“sprechen kann. Angefangen von derPapst Benedikt-Orgel in der Alten Kapelle,der Schwalbennest Orgel in der Minoritenkirche,der neugeschaffenen, imposanten,12 Instrumente verschiedener Stilrichtungenumfassenden Orgellandschaft an derMusikhochschule Regensburg (www.hfkmregensburg.de),die ihresgleichen suchtund nicht zuletzt die neue Domorgel bietenOrgelfreunden einen reichhaltigen und vielfältigenHörgenuß. Die „Grande Dame“ derRegensburger Orgellandschaft ist jedochdie Orgel von Frantz Jakob Späth (1714–1786) aus dem Jahre 1750. Mittlerweile 260Jahre alt ist sie die einzige im wesentlichenbis heute erhaltene große Orgel aus Regensburgsruhmreicher Vergangenheit. Biszur Mitte des 20. Jahrhunderts war der Originalbestandder Orgel trotz mehrmaligerReparaturen und Änderungsmaßnahmen28weitgehend erhalten geblieben. Erst durcheinen Umbau der Firma Paul Ott aus Göttingen(1953/55) wurden Teile ihrer Substanzzerstört. So wurde das Erscheinungsbild desInstruments technisch und klanglich im Sinneder damals vorherrschenden Vorstellungeiner norddeutschen Barockorgel verändert.Ihr Wert als Beispiel für den süddeutschenOrgelbau war nicht erkannt worden.Eine Restaurierung (1986-1991) durch dieFirma Klais in Bonn bewirkte, dass das Instrumentweitgehend in den Zustand seinerErbauungszeit zurückversetzt werden konnte.Nach einer Generalüberholung im Jahr2005 wird das Werk heute von dem OrgelbauerAndreas Utz betreut.Das Instrument befindet sich in der St. OswaldKirche — von der zweiten von Späthin der Dreieinigkeitskirche zu Regensburgerbauten Orgel existiert nur noch der Prospekt- einem, dem äußeren Anschein nach,rein gotischem Kirchenbau. Am Ende desWeißgerbergrabens, mit Blick auf den dieDonau überspannenden Eisernen Steg gelegen,befand sie sich zum Zeitpunkt ihrerErbauung am Rande der Stadt — und istauch heute nicht auf den üblichen Routendes Regensburg-Besuchers. Ursprünglichim 14. Jahrhundert wohl aus Stiftungsgeldernzweier reicher Regensburger Patriziergeschlechterals Frauenspital für zwölfarme Pfründnerinnen errichtet, wurde dieKirche 1553 von den Protestanten als Gottesdienstraumübernommen. 1604 wurdedie Kirche erweitert und das interessanterweiseim gotischen Stil — ein frühes Beispielhistorisierenden Bauens sozusagen.Betritt man das Gotteshaus wird man voneiner, für eine protestantische Kirche wohleher als üppig zu bezeichnenden barockenInnenausstattung überrascht, in die auchdie Orgel integriert ist. Schon der reichmit Rocailleschnitzereien verzierte Orgelprospekt,die auf dem Gehäuse sitzendentrompetenden Engel, der weitausholendepaukende Putto und die von einem Strahlenkranzumgebene Heilig-Geist-Taube machenneugierig auf den sich dahinter verbergendenKlang. Scheint beim Erklingen derOrgel die Sonne durch das sich hinter derTaube befindende Fenster, so könnte manglauben, gold-gelb gefärbtes Licht ergießtsich in Tönen über die Orgel. Zugegeben,etwas poetisch... aber allein diese architektonischeKomposition ist bemerkenswertund anrührend. Das Spiel auf der Orgel istes gleichermaßen. Vielleicht der Tatsachegeschuldet, daß Späth von Haus aus eigentlichKlavierbauer war, dessen Instrumenteübrigens selbst von Mozart geschätzt wurden- darüber hinaus gilt er zusammen mitseinem Schwiegersohn Friedrich Schmahlals Erfinder des Tangentenflügels — ist dieTraktur der Orgel eine äußerst sensible undfeinsinnige. Die Orgel verzeiht wenig — einenschlecht gelaunten Organisten läßt dieGrande Dame dessen schlechte Laune hören— aber sie schenkt unglaublich viel,wenn man sich von ihrem Klang und ihremAtem führen und berühren läßt. Allein diefünf 8` Register im Hauptwerk — bei insgesamtneun im HW eine doch bemerkenswerthohe Anzahl — bieten eine Vielzahl anwunderbaren klanglichen Möglichkeiten.Die Disposition weist bereits auf eine nachbarockeKlangästhetik, die Intonation undder Bau des Instruments sind jedoch demklassischen Orgelbau verpflichtet, so dassdie klangliche Wiedergabe der Orgelmusikaus dem 17. und 18. Jahrhundert idealtypischmöglich ist.Bemerkenswert und außergewöhnlich fürein süddeutsches Instrument dieser Zeit istdie Tatsache, dass die Orgel, anders wie imRegelfall, mit einer chromatischen großenOktave ausgestattet ist und nicht wie üblichmit einer kurzen oder gebrochenen großenOktave. Ebenso die verwendeten Registerbezeichnungen.Sie werden zwar u.a. vonWerckmeister, Knecht oder Niedt in derFachliteratur genannt, aber offensichtlichkaum tatsächlich verwendet. Vielleichthaben diese beiden erwähnten Details etwasmit dem Wunsch nach Exklusivität zutun, der Exklusivität der damaligen StadtRegensburg Rechnung zu tragen, als einerfreien Reichsstadt mit Sitz des immerwährendenReichstags und der damit verbundenenständigen Präsenz hoher ausländischerRepräsentanten der verschiedenen Ständeaus aller Herren Länder, den sogenanntenGesandten.Wie dem auch sei, einige der Gesandtenkonnten wohl vom Klang dieser wunderbarenOrgel nicht genug bekommen – in dieserHinsicht ging es jenen damals wie mirheute: „(...) 1751 Orgelspiel in der Oswald– Kirche. Die bisherigen Kircheneinkünftelitten es nicht, daß in der Mittagskirchen zuSt. Oswald die Orgel geschlagen worden.Auf Antrag einiger Gesandtschaften, namentlichder Schwedischen Gesandtin vonHaren wurde indessen, da sie erboten demOrganisten jährlich 20 fl. dafür zu geben,solches beliebt, derselbe angewiesen, diesHonorar jährlich bey der Frau Gesandtin abzuholen(...)“. Die Frantz Jakob Späth-Orgel,die Grande Dame der Regensburger Orgellandschaft:Ein wunderbares altehrwürdigesInstrument, das seinen jungen Schwesternzur Ehre gereicht und ihnen seine Referenzerweist.Verwendete Quellen:- Karl Friedrich Wagner und Martina Topp,Booklettext der CDs „Die Musik der Gesandten“und „Der Gesandten Kindlwiegen“- Restaurierungsbericht Orgelbaufirma KlaisGumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte- CD –Einspielungen:„Die Musik der Gesandten“ und„Der Gesandten Kindlwiegen“ beim LabelAMBIENTE29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!