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Messerscharfe Nacht - Stuttgarter Kriminächte

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Der Vorstand des Vereins: Ingrid Rapp, Uli Wegen, Hannelore Petlik-Huber. Ghita von Berg und Ursula Sobek lv. li.]<br />

<strong>Messerscharfe</strong> <strong>Nacht</strong><br />

Der Verein <strong>Stuttgarter</strong> Krimi-<br />

nächte eV lud zur exklusiven<br />

Lesung mit Autor Heinrich<br />

Steinfest in den Jazzclub Bix.<br />

Lokalmatador Wolfgang<br />

Schorlau moderierte "mit<br />

knallhartem Charme",<br />

Dunkle Ecken, scharfe Waffen, heiße<br />

Spuren, knallharte Ermittler:<br />

Es gibt kaum eine zweite Literaturgat-<br />

tung, die mit so spannungsgeladenen<br />

Elementen aufwartet wie der Krimi,<br />

Das meint auch der von Ursula Sobek<br />

geführte Verein <strong>Stuttgarter</strong> Kriminäch-<br />

te, der es sich seit seiner Gründung vor<br />

gut zwei Jahren zur Aufgabe gemacht<br />

hat, alle "Krimi"-Aktivitäten der Region<br />

zu bündeln sowie dazu entsprechende<br />

Veranstaltungen zu koordinieren und<br />

anzubieten. So zum Beispiel die Lese-<br />

reihe .Stuttqarter <strong>Kriminächte</strong>", die<br />

dieses Jahr in Kooperation mit den<br />

Buchhandlungen Lindemanns und<br />

Wittwer, der Krimibuchhandlung Un-<br />

dercover und dem Literaturhaus Stutt-<br />

gart über die Bühne ging,<br />

Jüngstes Highlight: die ,,2, <strong>Nacht</strong><br />

der langen Messer", eine exklusive<br />

Veranstaltung für Vereinsmitglieder<br />

und Sponsoren im Jazzclub Bix. Hein-<br />

rich Steinfest, mehrfacher Träger des<br />

Deutschen Krimipreises, las bei die-<br />

ser Gelegenheit aus seinem brand-<br />

neuen Buch "Gewitter über Pluto", Als<br />

Moderator konnte der Verein mit dem<br />

<strong>Stuttgarter</strong> Schriftsteller Wolfgang<br />

Schorlau einen ausgewiesenen Fach-<br />

mann für diesen Abend gewinnen.<br />

Ganz nebenbei: Schorlau präsentierte<br />

Ende November im Literaturhaus un-<br />

ter dem Titel "Das München-Kom-<br />

plott" den fünften Fall "seines" Er-<br />

mittlers Dengler. Fürdie musikalische<br />

Unterhaltung im Bix sorgten Dieter<br />

Fischer, Bene Maser, Marcel Gustke<br />

und Tobi Bodensiek mit messer-<br />

scharfen Gitarrenriffs, geheimen Pia-<br />

no-Voicings, Basslinien aus dem Un-<br />

tergrund und Drumfills wie aus der<br />

Maschinenpistole.<br />

Stefanie Schuster, Frau Kilian, Helmut Irion-von Dincklage, Susanne Dietertch,<br />

Gabriele Mair und Frau Klimmt<br />

'T"op- f"\t\a~ "l:IN srullG\~<br />

~u s.~~~G" 4- "Lu 0 ~<br />

~ . .> .<br />

Auch 2010 hat der mittlerweile über<br />

70 Mitglieder zählende Verein Stutt-<br />

garter <strong>Kriminächte</strong> einiges vor. So zum<br />

Beispiel vom 2. bis zum 8. März das 1.<br />

<strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival "Die <strong>Stuttgarter</strong><br />

Krirninachte". Auf dem Pro-<br />

gramm stehen Theaterstücke und Le-<br />

sungen mit bekannten Autoren ebenso<br />

wie ein Podiumsgespräch mit zwei Kri-<br />

minalkommissaren des Landeskrimi-<br />

nalamtes, einem SOKO-Schauspieler<br />

und Wolfgang Schorlau über Realität<br />

und Fiktion. Zum Abschluss qibts ei-<br />

nen festlichen Abend, in dessen Rah-<br />

men auch verschiedene Preise verlie-<br />

hen werden INachwuchskrimipreis<br />

über 1.000 Euro, ausgelobt von der<br />

Buchhandlung Wittwer; Wirtschafts-<br />

krimipreis über 1.500 Euro, ausgelobt<br />

von der Sozietät Gleiss Lutz Hootz<br />

Hirsch; Preis für den besten deutsch-<br />

sprachigen Kriminalroman 2009 über<br />

3.000 Euro, ausgelobt von der HypoVe-<br />

reinsbankl. Weitere Infos über den Ver-<br />

ein, das Krimifestival und weitere Ver-<br />

anstaltungen qibts im Internet unter<br />

www.stuttgarter-kriminaechte.de . •<br />

Ludger Hünnekens und<br />

yoegarg Scborieu


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~ ~~;r-n. LOCJ.'"\ "'JOV('\"'N~'-, rvov~~~ 'L\!)~~ s * ~'1..<br />

<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

Die <strong>Stuttgarter</strong>in Ursula Sobek<br />

organisiert für das nächste<br />

Frühjahrdas erste Krimifestival<br />

in Stuttgart.<br />

Vom 2. bis zum 8. März 2010 findet<br />

in Stuttgart ein Krimifestival<br />

mit vielen verschiedenen Veranstaltungen<br />

in Buchhandlungen, in<br />

der Stadtbücherei, im Literaturhaus,<br />

in der Rampe, in der Krimifabrik<br />

und im Theaterhaus statt.<br />

Die Organisation hat Ursula Sobek,<br />

die Geschäftsführerin des Vereins<br />

<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, der im<br />

Jahr 2007 von Krimifans gegründet<br />

wurde. Die Schirmherrschaft<br />

für die <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

übernahmen die Schauspieler der<br />

Soko Stuttgart. In der Sokokulisse<br />

im Römerkastell fand im September<br />

eine Lesung mit dem Krimiautor<br />

Sebastin Fitzek unter der<br />

Moderation von Wolfgang Niess<br />

statt. Das erste Jahr des Vereins lief<br />

gut. Der Verein hat 80 Mitglieder,<br />

12 Firmenmitglieder und wird<br />

~4<br />

von verschiedenen Sponsoren bei<br />

den Lesereihen unterstützt. Ursula<br />

Sobek organisierte viele Krimilesungen<br />

mit interessanten Autoren.<br />

Die Idee, auch in Stuttgart <strong>Kriminächte</strong><br />

nach dem Vorbild Hamburgs<br />

zu installieren, kam ihr im<br />

Rahmen der Langen <strong>Nacht</strong> der<br />

Kultur. Der <strong>Stuttgarter</strong> Krimiautor<br />

Schorlau sei gefragt worden: »Wenn Ursula Sobek plant das erste <strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival für März 2010<br />

Sie einen Wunsch frei hätten?«<br />

»Dann wünschte ich mir ein Krimifest«,<br />

habe Schorlau gesagt. Und<br />

Ursula Sobek wurde aktiv.<br />

Nun steckt sie mitten in der Progarmmplanung<br />

für das Krimifestival<br />

2010, knüpft Netze, stellt Anträge,<br />

kümmert sich um Sponsoren<br />

und um den Ablauf eines mög-<br />

liehst facettenreichen und spannenden<br />

Festivals. Esbeteiligen sich<br />

das Theater Rampe mit »Der Karneramörder«,<br />

Lindemanns Buchhandlung<br />

mit der Krimiautorin<br />

Monika Geier, die Stadtbücherei<br />

mit der Lesung des südafrikanischen<br />

Autos Deon Meyer. Wolf-<br />

gang Schor/au bestreitet einen<br />

Abend mit einem echten Kriminalhauptkommissar,<br />

die SSB stiftet<br />

eine Kulturbahn mit Fahrten, Heinrich<br />

Steinfest liest in der Pathologie<br />

des Katharinen Hospitals. Weitere<br />

Infos unter www.stuttgarter-kriminaechte.de


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März<br />

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<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

2. bis 8. März<br />

Filme, Lesungen, Diskussionen und Theaterstü-<br />

cke - Hauptsache spannend. Die <strong>Kriminächte</strong><br />

haben in der Stadt inzwischen viele Fans.<br />

www.stuttgarter-kriminaechte.de


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S1'V rr~ (4 ~~ t--J ","VI,4- (\....\t"tn ,-CZ"l\l<br />

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Nachgefragt<br />

Ursula Sobek<br />

Die Geschäftsführerin der <strong>Stuttgarter</strong><br />

<strong>Kriminächte</strong> über das erste Festival,<br />

das am 2. März beginnt<br />

"Lesen in einer<br />

Straßenbahn ll<br />

VON ARMIN FRIEDl<br />

Frau Sobek, wie zufrieden sind Sie bisher<br />

mit dem Publikumsinteresse?<br />

Einerseits sehr zufrieden. Einige Veranstaltungen<br />

waren schnell ausverkauft,<br />

wohl auch wegen des besonderen Veranstaltungsorts.<br />

Das gilt etwa für die Pathologie<br />

des Katharinenhospitals, in der am<br />

4. März der <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreisträger<br />

Heinrich Steinfest<br />

- liest. Das gilt für die<br />

Tabledance- Bar<br />

Four Roses, in der<br />

tags darauf Monika<br />

Geier liest. Viel Platz<br />

bietet das Krematorium<br />

im Pragfriedhof,<br />

in der Wolfgang<br />

Schorlau am 4. März •<br />

liest, da gibt es noch<br />

Karten. Noch nicht<br />

so herumgesprochen UrsulaSobek liest<br />

haben sich die drei inzwischenmehr<br />

Lesungen in einer Krimisals<br />

fahrenden Straßenbahn<br />

von drei Autoren<br />

am 4. März, aus-<br />

früher Foto: privat<br />

_<br />

gehend vom Straßenbahndepot<br />

sta tter Wasen .<br />

am Cann-<br />

----------------~<br />

.War es schwierig, solch ungewöhnliche<br />

Veranstaltungsorte zu erschließen?<br />

Es waren alle sehr aufgeschlossen, der Leiter<br />

der Pathologie kam von sich aus auf<br />

mich zu. Das Friedhofsamt wollte sichergestellthaben,<br />

dass die Würde des Krematoriums<br />

bewahrt bleibt. Ich hoffe, dass<br />

jetzt noch einige den Weg in das- Atelier<br />

Canisius in den Wagenhallen am 5. März<br />

finden, in der Wulf Dorn liest. Das ist es<br />

an sich schon sehr unheimlich, aber es ist<br />

offensichtlich zu unbekannt. Aber auch<br />

das Theater Rampe und der Jazzclub Bix<br />

sind wunderbare Kooperationspartner.<br />

Denken Sie bereits an ein zweites Festival?<br />

Ideen gibt es viele, aber man muss jetzt<br />

erst mal die Resonanz abwarten, auch<br />

was die Sponsoren betrifft. Die Filmgalerie<br />

451 etwa steigt ja auch stark ein mit<br />

vielen Filmaufführungen. Ich bin bemüht,<br />

das Festival möglichst breit aufzustellen.<br />

Warum auch nicht mal einen Vortrag<br />

eines Kunsthistorikers zumThema,<br />

"Mord und Totschlag in der Kunst"?<br />

-www.stuttgarter-kriminaechte.de


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Reiche im Belagerungszustand?<br />

<strong>Kriminächte</strong> Die <strong>Stuttgarter</strong> Veranstaltungsreihe beginnt heute und präsentiert auch Autoren vom Schwarzen Kontinent. Die südafrikanischen<br />

Schriftsteller DeonMeyer und Roger Smith erzählen im Vorfeld der.Jußball-WM von einem Land der Verbrechen. Von Thomas Klingenmaier<br />

,'. ,<br />

D '<br />

mehr. Jede Menge' widersprüchli-<br />

,en unbekannten Kontinent Afrika<br />

- nein, den gibt es längst nicht<br />

eher.Bilder gehen uns Europäern auch zum<br />

,einst dunklen Reich der Kolonialismusfan-<br />

I . . ~<br />

tasien durch den Kopf, die Wildnispanoramen<br />

der Natu~dokumentationen, die Bürgerkriegs-<br />

und Hungerelendsfotos der<br />

Nachrichten, die vor Geschäftigkeit wimmelnden<br />

Metr9polenbilderder gelegentlichen<br />

Afrika-im-Aufbruch-Reportagen, die<br />

Hotelparadiesfotos der Reiseprospekte<br />

und dann wieder die uniformierten Diktat~l'~nder<br />

jünghen Staatsstreishmeldung.<br />

, Wir wissen dies und das über Afrika,<br />

aber es passt nicht zusammen. Und darum<br />

ahnen wir, dass wir uns und unserem Bildervorrat<br />

im Mediengedächtnis letztlich<br />

nicht trauen können, was kurzes Nachden -<br />

ken ja auch bestätigt. Afrika ist kein einzel ~<br />

nes Land, es ist ein Kontinent mit vielen<br />

Ländern" Geografien und Kulturen, Aber<br />

wie soll man nun heranzoomen an einzelne<br />

dieser Länder, wo man doch fürchtet, im<br />

'Einzelfall nur noch mehr Schreckliches<br />

oder eben falsch Zuversichtliches übel' es<br />

zu erfahren?<br />

Neuerdings scheint, so möchten es zumindest<br />

die deutschen Verlage, der Kriminalroman<br />

die Rolle des unverdächtigen<br />

Fremdenführers zu übernehmen. Weil der<br />

Krimi von Verbrechen erzählt, erzählt er<br />

eben immer auch von Funktionsaussetzern<br />

der Gesellschaft, von ihren dunklen<br />

Seiten. Aber weil der Krimi als Unterhaltungsliteratur<br />

gilt, greifen viele doppelt<br />

furchtlos zu. Zum einen droht keine Über-<br />

I" I .<br />

forderung des Lesers, zumanderen'schei-,<br />

nen 'Spannung, Helden, Aufklärungsmuster<br />

dazu beizutragen, dass wir in sicherer ,<br />

Distanz bleiben können, dass wir das Buch<br />

für ein Spiel halten dürfen, wenn auch für<br />

ein eventuell lehrreiches: Ein Geschäftsmann 'richtet seine Pistole auf einen Mann, der ihm das Mobiltelefon gestohlen haben soll. Doch dies ist keine Krimiszene -<br />

diese reale Aufnahme entstand auf den Straßen Johannesburgs. Foto: AP


~n.<br />

-<br />

T Sb. TUN G\<br />

Und nun, 'im Vorfeld' der Fußballweltmeisterschaft<br />

in Südafrika, scheinen die<br />

Deutschen etwas über zumindest diesen<br />

Zipfel Afrikas lernen zu wollen. Es ist kein<br />

Zu'fall, dass beim heute beginnenden ers-<br />

, ten einwöchigen Krimifestival, zu dem sich<br />

die Veranstaltungsreihe <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

nun verdichtet hat, neben vielen<br />

deutschen und vor allem süddeutschen Autoren<br />

zwar nur zwei internationale Gäste<br />

teS~n' we"l;den,:,beide aber",;auS, Südafrika<br />

stammen, Roger Smith und Deon Meyer.<br />

'~~h~ ist nicht 'ein~ctt'emProblein<br />

in Südafrika. Es scheint das zentrale<br />

Problem zu sein, an dem zumindest viele<br />

weiße Südafrikaner Gelingen oder SCh.~j<br />

tern der neuen, rassenschrankenlosen Gr<br />

sellschaft festmachen. Im, Verbrec~~n<br />

meint mancher weiße Südafrikarier' fne<br />

. ~~<br />

Art Bürgerkrieg auf Raten zu erkennen, einen<br />

beständigen Übergriff der Habe.<br />

nichtse auf die Besitzenden, was eben immer<br />

noch heißt, der Schwarzen auf die Weißen.<br />

Und diese Verbrechen scheinen 'mit<br />

mehr Gewalt einherzugehen, als die bloße<br />

Aneignungvon Besitz erforderlich machen<br />

dürfte, In den einzelnen Verbrechen<br />

scheint sich-ein größerer Hass, eine ältere<br />

qWutauszuleben. "<br />

Aber stimmt diese Einschätzung? Oder<br />

haben wir es da mit Propaganda zu tun?<br />

Roger Smith (der am Sonntag um 19.30 Uhr<br />

im Römerkastelllesen wird), 1960 in J ohannesburg<br />

geboren, ist gelernter Filmemacher.<br />

Die beiden Romane, die Klett-Cotta<br />

von ihm auf Deutsch vorgelegt hat, "Kap<br />

;<br />

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AUlt . G'-~L'N~ ~G"tTVNG'")<br />

:3 . kj3.-.n.,-e ~(.!)-10 I S. 2.'1<br />

Spannung bei den<br />

<strong>Kriminächte</strong>n<br />

Stuttgart (red) - Mord und Totschlag<br />

bestimmen die nächsten <strong>Stuttgarter</strong><br />

Nächte - zum Glück nicht in der<br />

Wirklichkeit, welche die Schwabenmetropole<br />

als eine der sichersten<br />

Städte der Republik ausweist, sondern<br />

an diversen VeranstaltungsortenrDort<br />

wollen die ersten <strong>Stuttgarter</strong><br />

<strong>Kriminächte</strong> bis 8. März für<br />

Hochspannung sorgen. Das neue<br />

Festival, das in Kooperation mit<br />

Buchhandlungen und Kultureinrichtungen<br />

stattfindet, feiert die Landeshauptstadt<br />

als Hochburg der Krimi-<br />

Literatur. Autoren wie Uta-Maria<br />

Heim, Fred Breinersdorfer, Felix<br />

Huby, Wolfgang Schorlau und viele<br />

andere haben Stuttgart längst in die<br />

Krimi-Annalen eingeschrieben.<br />

Besonderer Clou der <strong>Kriminächte</strong><br />

sind die Veranstaltungsorte: Gelesen<br />

wird beispielsweise im Krematorium,<br />

in einer Table-Dance-Bar,<br />

in der Pathologie des Katharinenhospitals<br />

und im Polizeipräsidium.<br />

Heute, 20 Uhr, steht unter anderem<br />

Uta-Maria Heim mit "Totenkuss"<br />

im Polizeipräsidium (Hahnemannstraße<br />

1) auf dem Programm. Morgen<br />

sind Heinrich Steinfest mit "Batmans<br />

Schönheit" (19 Uhr, Pathologie<br />

des Katharinenhospitals) und<br />

Wolfgang Schorlau mit "Das München-Komplott"<br />

(21 Uhr, Krematorium<br />

auf dem Pragfriedhof) mit von<br />

der Partie. Das gesamte, über 40<br />

Veranstaltungen umfassende Programm<br />

steht im Internet unter:<br />

• www.stuttgarter-kriminaechte.de


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Eine Operationslampe für den Büchertisch<br />

Lesungen an ungewöhnlichen Orten: Die ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> in der Pathologie sowie im Krematorium<br />

VON ARMIN FRIEDL<br />

Das Gelände des <strong>Stuttgarter</strong> Katharinenhospitals<br />

ist eine ständige Baustelle. Wer als<br />

Ortsunkundiger. also etwa als Besucher der<br />

<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>. das Institut für Pathologie<br />

sucht, muss etwas kriminalistischen<br />

Spürsinn beweisen.<br />

Die ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> sind<br />

ein äußerst erfolgreicher Versuch, vertraute<br />

Lesungsformate mit vertrauten Autoren an<br />

ungewöhnlichen Orten zu präsentieren. Am<br />

Donnerstagabend waren dies unter anderem<br />

eben die Pathologie sowie das Krematorium<br />

im Pragfriedhof.<br />

Ungewöhnliche Veranstaltungsorte ergeben<br />

ungewöhnliche Lösungen. Im Vorraum<br />

der Pathologie beleuchtet eine Operationslampe<br />

den Büchertisch. dann geht es in einen<br />

sehr nüchtern gestalteten Vortragssaal.<br />

Damit der nicht allzu steril wirkt, ist das Katheder<br />

einer Couch, einem Sessel und einer<br />

Stehlampe gewichen, die 50er-Jahre-Charme<br />

vermitteln. Eine Vitrine mit Totenschädeln<br />

und eingelegten Körperteilen unterstreicht<br />

die Funktion dieses Orts. Der Autor<br />

des Abends ist Heinrich Steinfest. erster<br />

Preisträger des <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreises.<br />

Der etwas andere Moderator dieses Abends<br />

ist Alexander Bosse, Leiter der Pathologie.<br />

Und dieser bekennt sich schnell als einer,<br />

der sich trotz seiner norddeutschen Herkunft<br />

in Stuttgart gut eingelebt hat. Das interessiert<br />

ihn auch an Steinfest, der in Australien<br />

geboren und in Wien aufgewachsen<br />

ist und seit zwölf Jahren in Stuttgart lebt.<br />

Doch dieser will sich auf die üblichen<br />

Schwaben-Klischees nicht einlassen, auch<br />

wenn Bosse einige aus seinen bisher erschienenen<br />

Büchern zitiert. "Wenn ich aus dem<br />

Bahnhof rausgehe und als erstes Weinberge<br />

sehe, das hat doch was für einen Österreieher",<br />

bemerkt er. Oder: "Wien ist eine einzige<br />

große Bühne. Wenn dort einer über die<br />

Straße geht, dann so, als spielt er jemand,<br />

der über die Straße geht. In Stuttgart gehen<br />

die Leute wirklich über die Straße." Und als<br />

Leseüberraschung stellt Steinfest seinen<br />

neuen Krimi "Batmans Schönheit" vor, der<br />

im Herbst dieses Jahres erscheinen wird. In<br />

diesem vierten Fall des Wiener Privatdetektivs<br />

Markus Cheng kommen eine Reihe VOll<br />

Schauspielern um. Da gibt es durchaus<br />

kühne Vergleiche. Den blutverspritzten weißen<br />

Bademantels eines Ermordeten beschreibt<br />

er etwa mit "betrunken wie eine<br />

österreichische Bundesflagge" . Insbesondere<br />

von der Beschreibung der Schusswunden<br />

ist der Pathologieprofessor in seinem abschließenden<br />

Resümee ganz hingerissen.<br />

"In Stuttgart gehen<br />

die Leute wirklich<br />

über die Straße"<br />

Heinrich Steinfest<br />

Schriftsteller<br />

Um zu Wolfgang Schorlau zu gelangen,<br />

tappt man erst mal im Dunklen. Zumindest<br />

wenn man das Krematorium vom Haupteingang<br />

aus erreichen will. Es dauert, bis sich<br />

das Auge, gewöhnt an das Stadtbahnlicht,<br />

an den nächtlichen Friedhofsgang gewöhnt<br />

hat und die wenigen Grableuchten wahrnimmt.<br />

Im Krematorium, auch das mit sei-<br />

nen 200 Plätzen restlos ausverkauft. geht es<br />

ungewöhnlich laut zu. Der Anlass ist ja<br />

auch keine Beerdigung, sondern die Lesung<br />

von Wolfgang Schorlau und seinem neuen<br />

Buch "Das München-Komplott". Zuvor allerdings<br />

gelingt Peter Hoepfner, Leiter des<br />

Krematoriums, bei der Beschreibung dieses<br />

Orts ein gewagter Spagat zwischen launigen<br />

Formulierungen und der<br />

Wahrung der Würde dieses Orts.<br />

Schorlau selbst ist ein begnadeter<br />

Alleinunterhalter. EI' benötigt<br />

keinen Moderator, um den<br />

neuen Fall seines Privatermittlers<br />

Georg Dengler, das Oktoberfest-Attentat<br />

im Jahre 1980, vorzustellen.<br />

Wie in dem Buch sei auch er<br />

von ominösen anonymen Herren mittels Akten<br />

darauf hingewiesen worden, dass bei den<br />

offiziellen Ermittlungsergebnissen etwas<br />

nicht stimmen könne. Das ist der Anfang einer<br />

großen Verschwörungstheorie, die ohne<br />

Untote oder andere Geisterwesen auskommt,<br />

wie man beim nächtlichen Rückweg<br />

durch den Friedhof erleichtert feststellt.


I .__ .<br />

Wenn Mord und Totschlag bejubelt werden<br />

Festival Bei den ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n haben die Autoren<br />

im Stripteaselokal und im Krematorium gelesen. Von Jörg Breithut<br />

Das Licht erlischt, ein gellender<br />

. Schrei ertönt, mit einem dumpfen<br />

Schlag fällt jemand zu Boden. Als<br />

die Beleuchtung wieder funktioniert, entdeckt<br />

Kommissar Kluftinger unter dem<br />

Tisch einen leblosen Körper, der in einer<br />

Blutlache liegt. Kluftirrger schlussfolgert:<br />

"Er hat ein Messer im Rücken - ich würde<br />

Fremdverschulden nicht ausschließen."<br />

Mit Applaus und schallendem Gelächter<br />

quittiert das Publikum die Szene aus dem<br />

Buch .Rauhnacht", die Volker Klüpfel und<br />

Michael Kobr am Sonntagabend im Theaterhaus<br />

gelesen haben. Mit ihrervergnüglichen<br />

Vorstellung setzten die Popstars unter<br />

den Krirriiautoren im, ausverkauften<br />

Theaterhaus einen heiteren Schlusspunkt<br />

bei den ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n.<br />

Seit diesem Jahr hat nun auch Stuttgart<br />

ein eigenes Krimifestival - und folgt damit<br />

einem bundesweiten Trend. Einem Trend,<br />

der sich in vielen anderen Städten längst<br />

etabliert hat. In München, Harnburg und<br />

dem Ruhrgebiet freuen sich die Krimifans<br />

jährlich auf Mord-und -Totschlag- Festivals.<br />

Der Besucherandrang ist nahezu garantiert.<br />

Denn nicht nur das Krimiflaggschiff<br />

"Tatort" lockt an Sonntagabenden Millionen<br />

Zuschauer vor die Fernsehbildschirme.<br />

Auch in Romanform ist der Krimi<br />

beliebter als je zuvor. Jeder vierte belletris-<br />

tische Titel, der hierzulanqe<br />

über die Ladentheke wandert,<br />

ist ein Krimi. Noch vor<br />

sechs Jahren war nur jedes<br />

fünfte verkaufte Belletristik- .<br />

Buch ein Kriminalroman.<br />

Der Verein <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

hat sich der Aufgabe<br />

angenommen, nun auch<br />

in der Landeshauptstadt ein<br />

Kriinifestival auf die Beine zu<br />

stellen. Die Vereinsmitglieder hatten in<br />

den vergangenon zwei Jahren verschlo-<br />

Es war der<br />

prickelnde Reiz des<br />

Ungewöhnlichen,<br />

der vielen<br />

Lesungen einen<br />

besonderen<br />

Charme verlieh.<br />

fesseln. "Das Schlimmste, was man einem<br />

Krimi vorwerfen kann, ist, dass er nicht<br />

spannend ist", sagt Schorlau. Die zentrale<br />

Straftat, um die sich die Geschichte aufbaue,<br />

sei nebensächlich. Sein Fazit: "Es<br />

muss nicht immer Mord sein."<br />

. Es war der prickelnde Reiz des Ungewöhnlichen,<br />

der vielen Lesungen einen<br />

besonderen Charme verlieh. Ob im Polizeipräsidium,<br />

im Krematorium, im <strong>Nacht</strong>club<br />

oder in der Straßenbahn - die außergewöhnlichen<br />

Orte lockten ein neugieriges<br />

Publikum an. Die Folge: bis auf wenige<br />

Ausnahmen waren alle Lesungen Wochen<br />

vorher ausverkauft. Vergeblich versuchten<br />

viele Besucher, an der Abendkasse noch<br />

Karten zu ergattern, wurden aber meist<br />

abgewiesen. Man werde versuchen, sagt<br />

Ursula Sobek, im kommenden Jahr<br />

größere Locations zu finden. Auch das<br />

Repertoire soll noch um einige Partner erweitert<br />

werden. In diesem Jahr hatten bereits<br />

das Theater Rampe den .Kameramörder"<br />

ins Festival-Programm eingespeist, in<br />

der Krimifabrik wurde "Ein gefährliches .<br />

Date" gespielt, die Filmgalerie 451 zeigte<br />

Kinofilme.<br />

Nicht alles lief jedoch reibungslos beim<br />

Festivaldebüt, nicht alle Veranstaltungen<br />

hielten das, was das Programmheft versprach.<br />

Erwartungsvoll waren die Krimifans<br />

in die Pathologie des Katharinenhospitalsgekom-<br />

men, um Heinrich Steinfest<br />

aus seinem unveröffentlichten<br />

Roman .Batmans Schönheit"<br />

lesen zu hören. Doch<br />

viele zeigten sich enttäuscht,<br />

als bekannt wurde, dass Steinfest<br />

ausschließlich im Hörsaal<br />

lesen würde. Viele hatten<br />

gehofft, einen Blick in den Obduktionssaal<br />

werfen zu können. "Das lief<br />

nnders als geplant", sagt Ursula Sobek.<br />

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dene Autoren aus aller Welt engagiert, imter<br />

anderem auch die beiden südafrikanischen<br />

Schriftsteller Deon Meyer und Roger<br />

Smith. Doch auch die Lokalmatadore Christine<br />

Lehmann und Wolfgang Schorlauhatten<br />

ihren Auftritt bei den <strong>Kriminächte</strong>n.<br />

, Als Galionsfiguren vertraten sie die vielversprechende<br />

Autorengeneration nach Felix<br />

Huby; die auch Ursula Sobek ermutigte, ein<br />

Festival dieser Art nach Stuttgart zu bringen.<br />

"Wir haben viele bekannte .Autoren", "<br />

doch ein Krimifestival habe in der Stadt<br />

bisher einfach gefehlt, sagt Sobek. Dabei<br />

sei Stuttgart eine "kleine Hochburg der Kriminalliteratur",<br />

Der Heimvorteil verschaffte dem <strong>Stuttgarter</strong><br />

Autoren Schorlau gleich zwei Auftritte<br />

bei den <strong>Kriminächte</strong>n. Er las in der<br />

morbiden Aura des Kre'matoriums und philosophierte<br />

im Jazzclub Bix über .den modernen<br />

Krimi. Im schummrigen Ambiente<br />

des Musiklokals enthüllte der <strong>Stuttgarter</strong><br />

Autor einige Geheimnisse über den Entstehungsprozess<br />

seiner Romane. Er sagte:<br />

"Bei meinen ersten Romanen habe ich versucht,<br />

alles zu konstruieren - das hat nicht<br />

funktioniert:" Seither lasse er die Geschichte<br />

beim Schreiben entstehen. Der obligatorische<br />

Mord zu Beginn eines Krimis<br />

sei ihm nicht so wichtig. Es zähle nur, den<br />

Zuschauet, den Zuhörer oder den Leser zu<br />

Auch in der Tabledance- Bar .Four Roses"<br />

wich die anfängliche Spannung immer<br />

mehr einer angespannten Atmosphäre. Im<br />

überfüllten Stripteaselokal drängten sich<br />

die Besucher auf den Ledersofas und äußerten<br />

ihren Unmut über die krächzenden<br />

Töne aus den Lautsprechern. Weitgehend<br />

ohne Reaktion nahm das Publikum die Lesung<br />

der Autorin Monika Geier und ihre<br />

wortkargen Antworten an die Moderatorin<br />

wahr. "Bei der einen oder anderen Veranstaltung<br />

gab es noch kleinere Probleme",<br />

sagt Sobek. "Wir sind bereit, aus unseren<br />

Fehlern zu lernen." Dass es im kommenden<br />

Jahr eine zweite Auflage geben wird,<br />

ist jedoch unbestritten. Der große Zulauf<br />

hat den Veranstaltern gezeigt, dass die Kriruinächte<br />

eine Lücke füllen, die bisher un- ,<br />

beachtet in Stuttgart klaffte.<br />

Der Schlussapplaus bei der Kluttinger-<br />

Show im Theaterhaus untermauert das.<br />

Denn das Publikum bejubelt das Krimi-<br />

Duo, klatscht Beifall für die gelungene<br />

Mischung aus Spannung und Humor. Volker<br />

Klüpfelund Michael Kobr geben also<br />

noch eine letzte Zugabe. Zum Abschluss<br />

ihrer kabarettistischen Lesung raten die<br />

beiden Autoren den Zuschauern im Saal:<br />

"Nehrrien Sie sich immer ein gutes Buch<br />

mit ins Bett - oder jemanden, der eines<br />

geschrieben hat."<br />

.. _- ---- --- -- -<br />

DIE GEWINNER UND WIE ES KÜNFTIG WEITERGEHT<br />

, .\<br />

Preisträger Fürsein Buch "Ge- Veranstalter Dem VereinStutt- Ausblick Auch im komme<br />

witter über Pluto" hat Heinrich garter <strong>Kriminächte</strong> haben sich Jahr setzt Ursula Sobek 'lli<br />

Steinfest den <strong>Stuttgarter</strong> Krimi- mittlerweile knapp neunzig Mischung aus regionalen,I<br />

preis für den besten deutsch- Mitglieder angeschlossen, die regionalen und internatiori<br />

sprachigen Kriminalromaner- einen Jahresbeitrag von 25 Autoren. Sollten die Finana<br />

halten. Den Preis für den bes- t Eurobezahlen. ZweiJahre lang es zulassen, wolle man Wi~'<br />

ten deutschsprachigen Wirt- bereiteten die Mitglieder die "große Namen nach Stutt<br />

schaftskriminalroman hat UI- <strong>Kriminächte</strong> vor,sammelten holen", sagt Sobek. Die Ka<br />

rich.Ritzelmit seinem Buch Spon~orengelder und cngagicr- sollen künftig nicht mehr a<br />

.Beifang"gewonnen. Thomas ten die Autoren. Vom erfolg verschiedenen Verkaufsst<br />

Hoeth hat die Jury gleich mit des FestivalsIst ursuta Sobek angeboten, sondern zentr]'<br />

seinem ersten Krimiüber- überrascht. Mit olnom solchen kauft werden. Außerdem<br />

zeugt. Erist mit dem Preisfür Zulauf,sagt slo, h.ibo '.10 bel werde es weniger Veranst<br />

den besten Debütkrimi ausge- den ersten Slullp',11tOI Kllml gen Roben,die zur gleich<br />

zeichnet worden. nächten noch nlchl gOI echnet, leil stattfinden. jbr .<br />

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PrVb<br />

(....ln bN~\<br />

Krimis erfreuen sich im LändLe immer größerer Beliebtheit<br />

Allgäu statt Anden<br />

\) A Cb CO\"Q"O)' ~Pr t \,...; 1 kÄ 0..t t.J.,:>"\O S./l~O-<br />

....-t.,) "<br />

Einst galten Krimis als minderwertige Literatur. Diese Zeiten sind vorbei wie ein Bienzle- Tatort. Hiesige Autoren<br />

haben das Genre salonfähig gemacht. Dem wird mit den .<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n" Rechnung getragen.<br />

* Veranstalter der <strong>Kriminächte</strong><br />

ist der gleichnamige Verein,<br />

den es seit Ende 2007 gibt. "Ich habe<br />

damals eine Kulturveranstaltung besucht<br />

und Bürgermeisterin Susanne<br />

Eisenmann mit dem <strong>Stuttgarter</strong> Krimi-Autor<br />

Wolfgang Schorlau auf der<br />

Bühne gesehen", erzählt Ursula Sobek,<br />

Geschäftsfiih rerin des Vereins.<br />

Eisenmanns Frage nach einem<br />

Wunsch habe Schorlau mit .Ein Krimi-Festival<br />

für Stuttgart' beantwortet.<br />

"Ich habe dann gedacht, München<br />

hat eins, das Ruhrgebiet auch -<br />

Stuttgart nicht. Also haben wir den<br />

Verein gegründet", so Sobek.<br />

Vergangenes Jahr veranstaltete der<br />

Verein eine Lesereihe, dieses Jahr<br />

kann nun auch das Festival verwirklicht<br />

werden. Das einwöchige Programm<br />

ist bunt und reicht von der<br />

klassischen Alltorenlesung über Le-<br />

. sl1ngen in der KulTourstraßenbahn<br />

bis hin zu einer Gesprächsveranstaltung<br />

mit echten Kommissaren, einem<br />

Autor und einem SOKO Stuttgart-Darsteller,<br />

Am letzten Tag wird<br />

der <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreis verliehen.<br />

100 L1FT 03'0<br />

Neben dem Literaturhauswerden<br />

etwa die Filmgalerie 451, das Theater<br />

Rampe, die Krimifabrik oder auch<br />

der Jazzclub Bix zu den Schauplätzen<br />

der kriminalistischen Veranstaltungen.<br />

"Der Krimi galt lange nicht als hohe<br />

Literatur", sagt Sobek. Das habe<br />

sich in den letzten Jahren aber sehr<br />

geändert. Das Genre Krimi boomt.<br />

Und das in der ganzen Stadt<br />

Krimi-Lesungen<br />

ausverkauft<br />

Im Theaterhaus standen Krimi-<br />

Lesungen zwar schon immer auf dem<br />

Programm, doch "man kann beobachten,<br />

dass sie beliebter werden",<br />

sagt Wolfgang Marmulla, Programmplanungsleiter<br />

am Theaterhaus Stuttgart.<br />

"Früher wurde mit viel Ehrfurcht<br />

den literarischen Ergüssen etablierter<br />

Autoren gelauscht, die die Welt er-<br />

. klären wollten", beschreibt Marmulla.<br />

"Heute kommt ein großer Enter-<br />

taining-Faktor dazu", was besonders<br />

ein jüngeres Publikum anlocke.<br />

Gerade Krimi-Autoren aus Baden-Württemberghaben<br />

daran ihren<br />

Anteil. So ist die Rauhnacht-Lesung<br />

von Michael Kobr und Volker Klüpfel,<br />

zwei AIlgäuer Krimi-Autoren, im<br />

Theaterhaus im März seit Wochen<br />

ausverkauft. Wie kann das sein?<br />

"Wenn lokale Gegebenheiten beschrieben<br />

werden, ist die Identifikation<br />

größer", meint Marmulla.<br />

Früher seien die Anden interessant<br />

gewesen, nicht das Allgäu. Heute sei<br />

es umgekehrt, quasi als Gegenstück<br />

zur Globalisierung.<br />

Der Trend im Trend: lokale Krimis.<br />

"Der Vorteil ist: Der Leser ist nah<br />

am Schauplatz und erkennt ihn", sagt<br />

Autor Wolfgang Schorlau, der für<br />

sein aktuelles Werk, Das München-<br />

Komplott, mit Preisen überhäuft<br />

wird.<br />

"Der <strong>Nacht</strong>eil ist: Viele dieser Regionalkrimis<br />

haben außer diesem<br />

Schauplatz nichts zu bieten." Hier käme<br />

es lediglich zu einer Verbindung<br />

des deutschen Krimis mit dem Hei-<br />

matroman. Viele dieser Romane wirken<br />

bestenfalls niedlich - und was<br />

bringt schon ein niedlicher Krimi?<br />

"Ich würde schmerzhaft das Gesicht<br />

verziehen, wenn man mich als<br />

Lokalkrimi-Autor bezeichnet", sagt<br />

Schorlau nachdrücklich. Obwohl er<br />

es toll fmde, dass viele zu ihm sagen,<br />

"Ich freu mich, dass Ihre Figur in dieselbe<br />

Kneipe geht, wie ich." So erzeugt<br />

man Nähe zum Leser.<br />

Wer will schon einen<br />

niedlichen Krimi?<br />

Wie erklärt sich Schorlau den aktuellen<br />

Krimi-Boom? Für Schorlau<br />

ist der Kriminalroman "die ideale<br />

Form, um im Schatten einer spannenden<br />

Geschichte politische und gesellschaftliche<br />

Fragen zu erörtern" .<br />

Die Krimi-Form wählt er, weil er der<br />

Ansicht ist, "dass Literatur - wie das<br />

Leben auch - besser ist, wenn eine<br />

gehörige Portion Spannung drin ist".<br />

In Deutschland werden unzählige<br />

ausländische Krimis übersetzt, pro


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t-'\Ä n..C:. '2,.\) 11. 0<br />

& . A 0/\<br />

Jahr drängen rund tausend Neuerscheinungen<br />

auf den Markt. Der<br />

deutsche Leser hat infolgedessen eine<br />

riesige Auswahl. Sich von Grisham<br />

oder Mankell absetzen, die das Genre<br />

international turn Boomen brachten,<br />

eine Nische finden - das ist es, was<br />

deutsche Krimi-Autoren tun müssen,<br />

um gelesen zu werden.<br />

Eine gute Möglichkeit dazu ist,den<br />

Schauplatz der Handlung in die unmittelbare<br />

Umgebung der Leserzu legen.<br />

Schorlaus Krimis mit Kommissar<br />

Dengier, der als Privatdetektiv in<br />

Stuttgart ermittelt, verkaufen sich zumindest<br />

wie warme Brezeln. .<br />

Wer ist "Schuld" am<br />

Boom des Genres?<br />

Deutschland erfreut sich eines sehr<br />

breit gefächerten Autorenfeldes. Mit<br />

Heinrich Steinfest ist ein zweiter Autor<br />

aus Stuttgart "Schuld" am Boom<br />

eines ganzen. Genres. .Steinfest<br />

schreibt mit Impressionismus und<br />

unglaublicher Witzigkeit seine Bücher",<br />

findet Schorlau.<br />

Steinfests Romane sind dafür bekannt,<br />

das Krimigenre um alltagsphilosophische<br />

Betrachtungen<br />

und eine starke Konzentration<br />

auf<br />

die Sprache zu bereichern. Er wählt<br />

den Kriminalroman, weil einerseits<br />

alles darin Platz hat - der Gesellschaftsroman,<br />

die Satire, die Groteske,<br />

die Tiergeschichte, die Poesie, ja<br />

sogar die Kunst - andererseits das<br />

Verbrechen als ein grundlegendes<br />

Element menschlichen Scheiterns<br />

ihn fasziniert.<br />

"Eine Figur in meinem nächsten<br />

Roman drückt es so aus: Der Mensch<br />

stammt nicht vom Affen, sondern<br />

vom Verbrechen ab." Steinfests Figuren<br />

operieren nicht nur in Stuttgart,<br />

sondern auch im Südindischen Ozean<br />

oder an fiktiven österreichischen<br />

Bergseen. Eine Beschränkung auf<br />

Stuttgart würde ihn einfach zu sehr<br />

einengen.<br />

In seinem Roman "Gewitter über<br />

Pluto ",der bei der Abschlussgala der<br />

<strong>Kriminächte</strong> den Preis für den besten<br />

deutschsprachigen Kriminalroman<br />

2009 erhält, erstreckt sich das Handlungsfeld<br />

bis in den Weltraum aus.<br />

"Bin ich darum ein Plutoianischer<br />

Krimischreiber?"<br />

"Gute Romane sind keine Stadtführer,<br />

sondern fangen die Magie<br />

oder den Schrecken eines Ortes, einer<br />

Sippe, einer Person ein", erklärt Steinfest.<br />

Es gebe keine Trivialliteratur,<br />

sondern nur triviale Literatur - und<br />

zwar in allen Schubladen. "Die Qualität<br />

ist nicht schlechter als die anderer<br />

Literatur", sagt Schorlau.<br />

Die Unterscheidung von E und U<br />

habe sich durch den Generationswechsel<br />

aufgelöst."Die Leserschafthat<br />

sich geändert", meint auch Steinfest.<br />

"Viele der heutigen Krimileser fallen<br />

nicht in Ohnmacht, wenn ein Krimi<br />

sie intellektuell herausfordert. Andererseits<br />

haben die Freunde ho her<br />

Literatur erkannt, dass sie auf so<br />

manchen Genuss verzichten, wenn<br />

sie aus Standesdünkel um das Krimigenre<br />

einen Bogen machen."<br />

Wir müssen also nicht verschämt<br />

mir unserem Krimi ins Bett kriechen,<br />

sondern dürfen uns erhobenen<br />

Hauptes auf die <strong>Stuttgarter</strong><br />

<strong>Kriminächte</strong> freuen.<br />

"Ein <strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival war<br />

überfällig. Die Bedeutung des Genres,<br />

das Innovative und Subversive einer<br />

unterschätzten Gattung, die mitunter<br />

kluge, die intensive Diskussion,<br />

die vor allem die Leserschaft<br />

führt, das alles sind Gründe, ein solches<br />

Festival zu veranstalten", findet<br />

Steinfest.<br />

Schorlau, dessen Wunsch sich<br />

endlich erfüllt, sagt: "Ich freue mich,<br />

dass das Festival stattfindet, es war<br />

dringend Zeit. Stuttgart rückt damit<br />

in die Reihe der zivilisierten Städte."<br />

Laura Köhlmann<br />

* <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> 2.-8.3.,<br />

verschiedene Orte, alle Termine im<br />

LIFT-Kalender; Preisverleihung Stutt-<br />

garter Krimipreis 8.3. 20 Uhr, Theater<br />

Rarnpe.,S-M itte, www.stuttgarter-kri-<br />

minaechte.de<br />

* Verlosung Wir verlosen jeweils<br />

drei mal zwei Karten lür die Preisverlei-<br />

hung oder die Lesung von Wollgang<br />

Schorlau am 4.3. Fax, Mail oder Karte<br />

mit dem Stichwort ..Preisverleihung"<br />

oder ..Schorlau" ar»LIFT.


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I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

Tatort Stuttgart<br />

Wenn fiese Ganoven von ausgefuchsten<br />

Kommissaren gejagt werden, dann ist<br />

Krimizeit. Die I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

zeigen die ganze Bandbreite dieses Genres.<br />

Krimifestival<br />

Zu Gast<br />

bei den<br />

Kriminachten:<br />

Heinrich<br />

Steinfest<br />

SOKO-Team u.a. zusammen mit zwei "echten" Kommissaren<br />

und dem Krimiautor Wolfgang Schorlau bei<br />

dem Podiumsgespräch "Der Kommissar - Fiktion und<br />

Realität" im Jazzclub Bix, das mit dem Auftritt des<br />

Jazzsängers und Gitarristen Tony Bulluck endet - für<br />

Ursula Sobek ein "Highlight des Festivals".<br />

Weitere Höhepunkte sind neben einer Kriminalfilm-<br />

Eigentlich zählt Stuttgart ja zu den sichersten Reihe in der Filmgalerie 451 und dem Theaterstück<br />

Städten Deutschlands. Doch vom 2.-8.3. wird "Der Kameramörder" nach dem Roman von Thomas<br />

die Stadt bei den 1. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n Glavinic in der Rampe die Auftritte namhafter Krimieine<br />

Hochburg des Verbrechens, wenn über 40 Ver- schriftsteller. Es lesen u.a. der Kapstadter Autor Roger<br />

anstaltungenmitLesungen, Gesprä- _ Smith in den SOKO-Kulissen im<br />

ch.~n, ~heater, Film und Mus~ ein_M.Römerkastell, Wolfgang Sch?rlau im<br />

mordensch gutes Programm bieten. ~ Krematonum des Pragfnedhofs,<br />

Und das nicht nur in Locations, die Bei soViel Uta-Maria Heim im Polizeipräsidiman<br />

kennt, sondern auch an höchst S h" U um und Heinrich Steinfest in der Paungewöhnlichen<br />

Orten. pannUnl a.. thologie des Katharinenhospitals aus<br />

Ursula Sobek, Geschäftsführerin des lanl S1~lan dem vierten, noch unveröffentlichten<br />

Vereins <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, hat d A~ Teil der Cheng-Reihe. Für seinen<br />

das Festival mit viel Geschick, guten en .•em an Roman "Gewitter über Pluto" erhält<br />

Ideen und einer ordentlichen Porti- Steinfest bei der Abschlussgala des<br />

on Hartnäckigkeit org~nisiert. Als ~ Festivals auch den ~rs~~s verli~he-<br />

Schirmherren konnte SIe das Team _ nen <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreis. Weitere<br />

derTV-Serie "SOKO Stuttgart" gewinnen: "Der Pro- Preisträger sind in der Kategorie "Bester deutscher<br />

duzent war sofort angetan von dem Festival und auch Wirtschaftskrimi" Ulrich Ritzel für "Beifang" und<br />

die Schauspieler wollten sich unbedingt persönlich Thomas Hoeth fur das beste deutschsprachige Krimieinbringen",<br />

erzählt die ehemalige Lehrerin und debüt "Herbstbotin". Karin Scharschmied<br />

Kunsthistorikerin, die mit dem Architekten Werner ~. I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, 2.-8.3., diverse Locations in ganz<br />

Sobek verheiratet ist. Einbringen wird sich das Stuttgart,stuttgarter-kriminaechte.de


Ursula Sobek freute sich über den Erfolg der <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />

Die Preisträger Heinrich Steinfest, Thomas Hoeth und Ulrich Ritzel (von /ij zusammen mit Ursula Sobek<br />

Mörderisches Vergnügen<br />

Die 1, .Stuttqarter <strong>Kriminächte</strong>" waren ein voller Erfolg,<br />

Hochspannung war in Stuttgart vom 2.<br />

bis 8. März angesagt, ein mörderischer<br />

Termin jagte den nächsten. Hinter-<br />

grund: Der im November 2007 gegründete<br />

Verein .Stuttqarter Krirninächte" lud zum<br />

großen Krimifestival. Süchtige hatten da-<br />

bei die Qual der Wahl unter 41 exzellenten<br />

Events - Lesungen, Filme, Theater, Musik<br />

- an mitunter exklusiven Orten wie dem<br />

Polizeipräsidium, der Pathologie des Ka-<br />

tharinenhospitals, dem Krematorium auf<br />

dem Pragfriedhof, einer Table-Dance-Bar<br />

oder einem Künstleratelier im Wagenhal-<br />

lenareal, Zu Gast waren prominente Auto-<br />

rinnen und Autoren von Stuttgart bis Süd-<br />

afrika. Mit einem eigenen Kinder- und<br />

Jugendprogramm wurde zudem auch den<br />

jüngeren Krimifreunden Spannendes ge-<br />

boten,<br />

Zur Abschlussgala, dem so genannten<br />

"kriminellen Finale", traf sich dann im<br />

Theater Rampe bei Sekt und schwäbi-<br />

schen Maultaschen mit Kartoffelsalat die<br />

Krimiszene, um die ausgelobten Preise<br />

des Festivals zu überreichen. Moderiert<br />

von Stefan Siller, bekannt aus der SWR<br />

1-Radiosendung "Leute", wurden die<br />

Preisträger jeweils kurz vorgestellt - un-<br />

ter anderem von Wolfgang Schorlau,<br />

selbst ein Meister des literarischen Kri-<br />

rnifachs.<br />

Den Preis für den besten deutschspra-<br />

chigen Kriminalroman 2009, gestiftet von<br />

der HypoVereinsbank, erhielt Heinrich<br />

Steinfest für "Gewitter über Pluto", Der<br />

Preis für den besten deutschsprachigen<br />

Wirtschaftskriminalroman 2009, gestiftet<br />

von Gleiss Lutz Hootz Hirsch, ging an Ul-<br />

rich Ritzel für .Beitanq", und über die Aus-<br />

zeichnung als bester deutschsprachiger<br />

Debütkriminalroman 2009, gestiftet vom<br />

Buchhaus Wittwer, durfte sich Thomas<br />

Hoeth für .Herbstbotin" freuen. Und wann<br />

sind die Frauen dran? •<br />

Avf>: ~-e .. ~~p. '6-lrV S\U~\<br />

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