Messerscharfe Nacht - Stuttgarter Kriminächte
Messerscharfe Nacht - Stuttgarter Kriminächte
Messerscharfe Nacht - Stuttgarter Kriminächte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Der Vorstand des Vereins: Ingrid Rapp, Uli Wegen, Hannelore Petlik-Huber. Ghita von Berg und Ursula Sobek lv. li.]<br />
<strong>Messerscharfe</strong> <strong>Nacht</strong><br />
Der Verein <strong>Stuttgarter</strong> Krimi-<br />
nächte eV lud zur exklusiven<br />
Lesung mit Autor Heinrich<br />
Steinfest in den Jazzclub Bix.<br />
Lokalmatador Wolfgang<br />
Schorlau moderierte "mit<br />
knallhartem Charme",<br />
Dunkle Ecken, scharfe Waffen, heiße<br />
Spuren, knallharte Ermittler:<br />
Es gibt kaum eine zweite Literaturgat-<br />
tung, die mit so spannungsgeladenen<br />
Elementen aufwartet wie der Krimi,<br />
Das meint auch der von Ursula Sobek<br />
geführte Verein <strong>Stuttgarter</strong> Kriminäch-<br />
te, der es sich seit seiner Gründung vor<br />
gut zwei Jahren zur Aufgabe gemacht<br />
hat, alle "Krimi"-Aktivitäten der Region<br />
zu bündeln sowie dazu entsprechende<br />
Veranstaltungen zu koordinieren und<br />
anzubieten. So zum Beispiel die Lese-<br />
reihe .Stuttqarter <strong>Kriminächte</strong>", die<br />
dieses Jahr in Kooperation mit den<br />
Buchhandlungen Lindemanns und<br />
Wittwer, der Krimibuchhandlung Un-<br />
dercover und dem Literaturhaus Stutt-<br />
gart über die Bühne ging,<br />
Jüngstes Highlight: die ,,2, <strong>Nacht</strong><br />
der langen Messer", eine exklusive<br />
Veranstaltung für Vereinsmitglieder<br />
und Sponsoren im Jazzclub Bix. Hein-<br />
rich Steinfest, mehrfacher Träger des<br />
Deutschen Krimipreises, las bei die-<br />
ser Gelegenheit aus seinem brand-<br />
neuen Buch "Gewitter über Pluto", Als<br />
Moderator konnte der Verein mit dem<br />
<strong>Stuttgarter</strong> Schriftsteller Wolfgang<br />
Schorlau einen ausgewiesenen Fach-<br />
mann für diesen Abend gewinnen.<br />
Ganz nebenbei: Schorlau präsentierte<br />
Ende November im Literaturhaus un-<br />
ter dem Titel "Das München-Kom-<br />
plott" den fünften Fall "seines" Er-<br />
mittlers Dengler. Fürdie musikalische<br />
Unterhaltung im Bix sorgten Dieter<br />
Fischer, Bene Maser, Marcel Gustke<br />
und Tobi Bodensiek mit messer-<br />
scharfen Gitarrenriffs, geheimen Pia-<br />
no-Voicings, Basslinien aus dem Un-<br />
tergrund und Drumfills wie aus der<br />
Maschinenpistole.<br />
Stefanie Schuster, Frau Kilian, Helmut Irion-von Dincklage, Susanne Dietertch,<br />
Gabriele Mair und Frau Klimmt<br />
'T"op- f"\t\a~ "l:IN srullG\~<br />
~u s.~~~G" 4- "Lu 0 ~<br />
~ . .> .<br />
Auch 2010 hat der mittlerweile über<br />
70 Mitglieder zählende Verein Stutt-<br />
garter <strong>Kriminächte</strong> einiges vor. So zum<br />
Beispiel vom 2. bis zum 8. März das 1.<br />
<strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival "Die <strong>Stuttgarter</strong><br />
Krirninachte". Auf dem Pro-<br />
gramm stehen Theaterstücke und Le-<br />
sungen mit bekannten Autoren ebenso<br />
wie ein Podiumsgespräch mit zwei Kri-<br />
minalkommissaren des Landeskrimi-<br />
nalamtes, einem SOKO-Schauspieler<br />
und Wolfgang Schorlau über Realität<br />
und Fiktion. Zum Abschluss qibts ei-<br />
nen festlichen Abend, in dessen Rah-<br />
men auch verschiedene Preise verlie-<br />
hen werden INachwuchskrimipreis<br />
über 1.000 Euro, ausgelobt von der<br />
Buchhandlung Wittwer; Wirtschafts-<br />
krimipreis über 1.500 Euro, ausgelobt<br />
von der Sozietät Gleiss Lutz Hootz<br />
Hirsch; Preis für den besten deutsch-<br />
sprachigen Kriminalroman 2009 über<br />
3.000 Euro, ausgelobt von der HypoVe-<br />
reinsbankl. Weitere Infos über den Ver-<br />
ein, das Krimifestival und weitere Ver-<br />
anstaltungen qibts im Internet unter<br />
www.stuttgarter-kriminaechte.de . •<br />
Ludger Hünnekens und<br />
yoegarg Scborieu
AuS S1"J1T
(.Wb '.<br />
~ ~~;r-n. LOCJ.'"\ "'JOV('\"'N~'-, rvov~~~ 'L\!)~~ s * ~'1..<br />
<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
Die <strong>Stuttgarter</strong>in Ursula Sobek<br />
organisiert für das nächste<br />
Frühjahrdas erste Krimifestival<br />
in Stuttgart.<br />
Vom 2. bis zum 8. März 2010 findet<br />
in Stuttgart ein Krimifestival<br />
mit vielen verschiedenen Veranstaltungen<br />
in Buchhandlungen, in<br />
der Stadtbücherei, im Literaturhaus,<br />
in der Rampe, in der Krimifabrik<br />
und im Theaterhaus statt.<br />
Die Organisation hat Ursula Sobek,<br />
die Geschäftsführerin des Vereins<br />
<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, der im<br />
Jahr 2007 von Krimifans gegründet<br />
wurde. Die Schirmherrschaft<br />
für die <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
übernahmen die Schauspieler der<br />
Soko Stuttgart. In der Sokokulisse<br />
im Römerkastell fand im September<br />
eine Lesung mit dem Krimiautor<br />
Sebastin Fitzek unter der<br />
Moderation von Wolfgang Niess<br />
statt. Das erste Jahr des Vereins lief<br />
gut. Der Verein hat 80 Mitglieder,<br />
12 Firmenmitglieder und wird<br />
~4<br />
von verschiedenen Sponsoren bei<br />
den Lesereihen unterstützt. Ursula<br />
Sobek organisierte viele Krimilesungen<br />
mit interessanten Autoren.<br />
Die Idee, auch in Stuttgart <strong>Kriminächte</strong><br />
nach dem Vorbild Hamburgs<br />
zu installieren, kam ihr im<br />
Rahmen der Langen <strong>Nacht</strong> der<br />
Kultur. Der <strong>Stuttgarter</strong> Krimiautor<br />
Schorlau sei gefragt worden: »Wenn Ursula Sobek plant das erste <strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival für März 2010<br />
Sie einen Wunsch frei hätten?«<br />
»Dann wünschte ich mir ein Krimifest«,<br />
habe Schorlau gesagt. Und<br />
Ursula Sobek wurde aktiv.<br />
Nun steckt sie mitten in der Progarmmplanung<br />
für das Krimifestival<br />
2010, knüpft Netze, stellt Anträge,<br />
kümmert sich um Sponsoren<br />
und um den Ablauf eines mög-<br />
liehst facettenreichen und spannenden<br />
Festivals. Esbeteiligen sich<br />
das Theater Rampe mit »Der Karneramörder«,<br />
Lindemanns Buchhandlung<br />
mit der Krimiautorin<br />
Monika Geier, die Stadtbücherei<br />
mit der Lesung des südafrikanischen<br />
Autos Deon Meyer. Wolf-<br />
gang Schor/au bestreitet einen<br />
Abend mit einem echten Kriminalhauptkommissar,<br />
die SSB stiftet<br />
eine Kulturbahn mit Fahrten, Heinrich<br />
Steinfest liest in der Pathologie<br />
des Katharinen Hospitals. Weitere<br />
Infos unter www.stuttgarter-kriminaechte.de
~s·.<br />
~"Nt-r~~ 1...JPr
AV&',<br />
~1\)n~Tt:.'l'L.<br />
März<br />
eG:\TUr-J~ I ;. •. 'J~\J~ ~Ö"\.I,), s . 2..1...-<br />
<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
2. bis 8. März<br />
Filme, Lesungen, Diskussionen und Theaterstü-<br />
cke - Hauptsache spannend. Die <strong>Kriminächte</strong><br />
haben in der Stadt inzwischen viele Fans.<br />
www.stuttgarter-kriminaechte.de
{-\vs- ,
Ms:<br />
o,vs "<br />
S1'V rr~ (4 ~~ t--J ","VI,4- (\....\t"tn ,-CZ"l\l<br />
Il~ . "+~~U~ ~VAIO, S· ~}~<br />
Nachgefragt<br />
Ursula Sobek<br />
Die Geschäftsführerin der <strong>Stuttgarter</strong><br />
<strong>Kriminächte</strong> über das erste Festival,<br />
das am 2. März beginnt<br />
"Lesen in einer<br />
Straßenbahn ll<br />
VON ARMIN FRIEDl<br />
Frau Sobek, wie zufrieden sind Sie bisher<br />
mit dem Publikumsinteresse?<br />
Einerseits sehr zufrieden. Einige Veranstaltungen<br />
waren schnell ausverkauft,<br />
wohl auch wegen des besonderen Veranstaltungsorts.<br />
Das gilt etwa für die Pathologie<br />
des Katharinenhospitals, in der am<br />
4. März der <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreisträger<br />
Heinrich Steinfest<br />
- liest. Das gilt für die<br />
Tabledance- Bar<br />
Four Roses, in der<br />
tags darauf Monika<br />
Geier liest. Viel Platz<br />
bietet das Krematorium<br />
im Pragfriedhof,<br />
in der Wolfgang<br />
Schorlau am 4. März •<br />
liest, da gibt es noch<br />
Karten. Noch nicht<br />
so herumgesprochen UrsulaSobek liest<br />
haben sich die drei inzwischenmehr<br />
Lesungen in einer Krimisals<br />
fahrenden Straßenbahn<br />
von drei Autoren<br />
am 4. März, aus-<br />
früher Foto: privat<br />
_<br />
gehend vom Straßenbahndepot<br />
sta tter Wasen .<br />
am Cann-<br />
----------------~<br />
.War es schwierig, solch ungewöhnliche<br />
Veranstaltungsorte zu erschließen?<br />
Es waren alle sehr aufgeschlossen, der Leiter<br />
der Pathologie kam von sich aus auf<br />
mich zu. Das Friedhofsamt wollte sichergestellthaben,<br />
dass die Würde des Krematoriums<br />
bewahrt bleibt. Ich hoffe, dass<br />
jetzt noch einige den Weg in das- Atelier<br />
Canisius in den Wagenhallen am 5. März<br />
finden, in der Wulf Dorn liest. Das ist es<br />
an sich schon sehr unheimlich, aber es ist<br />
offensichtlich zu unbekannt. Aber auch<br />
das Theater Rampe und der Jazzclub Bix<br />
sind wunderbare Kooperationspartner.<br />
Denken Sie bereits an ein zweites Festival?<br />
Ideen gibt es viele, aber man muss jetzt<br />
erst mal die Resonanz abwarten, auch<br />
was die Sponsoren betrifft. Die Filmgalerie<br />
451 etwa steigt ja auch stark ein mit<br />
vielen Filmaufführungen. Ich bin bemüht,<br />
das Festival möglichst breit aufzustellen.<br />
Warum auch nicht mal einen Vortrag<br />
eines Kunsthistorikers zumThema,<br />
"Mord und Totschlag in der Kunst"?<br />
-www.stuttgarter-kriminaechte.de
::J<br />
(I)<br />
o ~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
2<br />
E<br />
~<br />
t<br />
~ CA<br />
\A<br />
~<br />
Reiche im Belagerungszustand?<br />
<strong>Kriminächte</strong> Die <strong>Stuttgarter</strong> Veranstaltungsreihe beginnt heute und präsentiert auch Autoren vom Schwarzen Kontinent. Die südafrikanischen<br />
Schriftsteller DeonMeyer und Roger Smith erzählen im Vorfeld der.Jußball-WM von einem Land der Verbrechen. Von Thomas Klingenmaier<br />
,'. ,<br />
D '<br />
mehr. Jede Menge' widersprüchli-<br />
,en unbekannten Kontinent Afrika<br />
- nein, den gibt es längst nicht<br />
eher.Bilder gehen uns Europäern auch zum<br />
,einst dunklen Reich der Kolonialismusfan-<br />
I . . ~<br />
tasien durch den Kopf, die Wildnispanoramen<br />
der Natu~dokumentationen, die Bürgerkriegs-<br />
und Hungerelendsfotos der<br />
Nachrichten, die vor Geschäftigkeit wimmelnden<br />
Metr9polenbilderder gelegentlichen<br />
Afrika-im-Aufbruch-Reportagen, die<br />
Hotelparadiesfotos der Reiseprospekte<br />
und dann wieder die uniformierten Diktat~l'~nder<br />
jünghen Staatsstreishmeldung.<br />
, Wir wissen dies und das über Afrika,<br />
aber es passt nicht zusammen. Und darum<br />
ahnen wir, dass wir uns und unserem Bildervorrat<br />
im Mediengedächtnis letztlich<br />
nicht trauen können, was kurzes Nachden -<br />
ken ja auch bestätigt. Afrika ist kein einzel ~<br />
nes Land, es ist ein Kontinent mit vielen<br />
Ländern" Geografien und Kulturen, Aber<br />
wie soll man nun heranzoomen an einzelne<br />
dieser Länder, wo man doch fürchtet, im<br />
'Einzelfall nur noch mehr Schreckliches<br />
oder eben falsch Zuversichtliches übel' es<br />
zu erfahren?<br />
Neuerdings scheint, so möchten es zumindest<br />
die deutschen Verlage, der Kriminalroman<br />
die Rolle des unverdächtigen<br />
Fremdenführers zu übernehmen. Weil der<br />
Krimi von Verbrechen erzählt, erzählt er<br />
eben immer auch von Funktionsaussetzern<br />
der Gesellschaft, von ihren dunklen<br />
Seiten. Aber weil der Krimi als Unterhaltungsliteratur<br />
gilt, greifen viele doppelt<br />
furchtlos zu. Zum einen droht keine Über-<br />
I" I .<br />
forderung des Lesers, zumanderen'schei-,<br />
nen 'Spannung, Helden, Aufklärungsmuster<br />
dazu beizutragen, dass wir in sicherer ,<br />
Distanz bleiben können, dass wir das Buch<br />
für ein Spiel halten dürfen, wenn auch für<br />
ein eventuell lehrreiches: Ein Geschäftsmann 'richtet seine Pistole auf einen Mann, der ihm das Mobiltelefon gestohlen haben soll. Doch dies ist keine Krimiszene -<br />
diese reale Aufnahme entstand auf den Straßen Johannesburgs. Foto: AP
~n.<br />
-<br />
T Sb. TUN G\<br />
Und nun, 'im Vorfeld' der Fußballweltmeisterschaft<br />
in Südafrika, scheinen die<br />
Deutschen etwas über zumindest diesen<br />
Zipfel Afrikas lernen zu wollen. Es ist kein<br />
Zu'fall, dass beim heute beginnenden ers-<br />
, ten einwöchigen Krimifestival, zu dem sich<br />
die Veranstaltungsreihe <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
nun verdichtet hat, neben vielen<br />
deutschen und vor allem süddeutschen Autoren<br />
zwar nur zwei internationale Gäste<br />
teS~n' we"l;den,:,beide aber",;auS, Südafrika<br />
stammen, Roger Smith und Deon Meyer.<br />
'~~h~ ist nicht 'ein~ctt'emProblein<br />
in Südafrika. Es scheint das zentrale<br />
Problem zu sein, an dem zumindest viele<br />
weiße Südafrikaner Gelingen oder SCh.~j<br />
tern der neuen, rassenschrankenlosen Gr<br />
sellschaft festmachen. Im, Verbrec~~n<br />
meint mancher weiße Südafrikarier' fne<br />
. ~~<br />
Art Bürgerkrieg auf Raten zu erkennen, einen<br />
beständigen Übergriff der Habe.<br />
nichtse auf die Besitzenden, was eben immer<br />
noch heißt, der Schwarzen auf die Weißen.<br />
Und diese Verbrechen scheinen 'mit<br />
mehr Gewalt einherzugehen, als die bloße<br />
Aneignungvon Besitz erforderlich machen<br />
dürfte, In den einzelnen Verbrechen<br />
scheint sich-ein größerer Hass, eine ältere<br />
qWutauszuleben. "<br />
Aber stimmt diese Einschätzung? Oder<br />
haben wir es da mit Propaganda zu tun?<br />
Roger Smith (der am Sonntag um 19.30 Uhr<br />
im Römerkastelllesen wird), 1960 in J ohannesburg<br />
geboren, ist gelernter Filmemacher.<br />
Die beiden Romane, die Klett-Cotta<br />
von ihm auf Deutsch vorgelegt hat, "Kap<br />
;<br />
~"\.1'U "'-l
S~ rr
AUlt . G'-~L'N~ ~G"tTVNG'")<br />
:3 . kj3.-.n.,-e ~(.!)-10 I S. 2.'1<br />
Spannung bei den<br />
<strong>Kriminächte</strong>n<br />
Stuttgart (red) - Mord und Totschlag<br />
bestimmen die nächsten <strong>Stuttgarter</strong><br />
Nächte - zum Glück nicht in der<br />
Wirklichkeit, welche die Schwabenmetropole<br />
als eine der sichersten<br />
Städte der Republik ausweist, sondern<br />
an diversen VeranstaltungsortenrDort<br />
wollen die ersten <strong>Stuttgarter</strong><br />
<strong>Kriminächte</strong> bis 8. März für<br />
Hochspannung sorgen. Das neue<br />
Festival, das in Kooperation mit<br />
Buchhandlungen und Kultureinrichtungen<br />
stattfindet, feiert die Landeshauptstadt<br />
als Hochburg der Krimi-<br />
Literatur. Autoren wie Uta-Maria<br />
Heim, Fred Breinersdorfer, Felix<br />
Huby, Wolfgang Schorlau und viele<br />
andere haben Stuttgart längst in die<br />
Krimi-Annalen eingeschrieben.<br />
Besonderer Clou der <strong>Kriminächte</strong><br />
sind die Veranstaltungsorte: Gelesen<br />
wird beispielsweise im Krematorium,<br />
in einer Table-Dance-Bar,<br />
in der Pathologie des Katharinenhospitals<br />
und im Polizeipräsidium.<br />
Heute, 20 Uhr, steht unter anderem<br />
Uta-Maria Heim mit "Totenkuss"<br />
im Polizeipräsidium (Hahnemannstraße<br />
1) auf dem Programm. Morgen<br />
sind Heinrich Steinfest mit "Batmans<br />
Schönheit" (19 Uhr, Pathologie<br />
des Katharinenhospitals) und<br />
Wolfgang Schorlau mit "Das München-Komplott"<br />
(21 Uhr, Krematorium<br />
auf dem Pragfriedhof) mit von<br />
der Partie. Das gesamte, über 40<br />
Veranstaltungen umfassende Programm<br />
steht im Internet unter:<br />
• www.stuttgarter-kriminaechte.de
PN'&: b1~,iltu,~~ N~ lU,-n-t::.~, (;. ~'("\.. ~ \2..\.Yb<br />
Eine Operationslampe für den Büchertisch<br />
Lesungen an ungewöhnlichen Orten: Die ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> in der Pathologie sowie im Krematorium<br />
VON ARMIN FRIEDL<br />
Das Gelände des <strong>Stuttgarter</strong> Katharinenhospitals<br />
ist eine ständige Baustelle. Wer als<br />
Ortsunkundiger. also etwa als Besucher der<br />
<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>. das Institut für Pathologie<br />
sucht, muss etwas kriminalistischen<br />
Spürsinn beweisen.<br />
Die ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> sind<br />
ein äußerst erfolgreicher Versuch, vertraute<br />
Lesungsformate mit vertrauten Autoren an<br />
ungewöhnlichen Orten zu präsentieren. Am<br />
Donnerstagabend waren dies unter anderem<br />
eben die Pathologie sowie das Krematorium<br />
im Pragfriedhof.<br />
Ungewöhnliche Veranstaltungsorte ergeben<br />
ungewöhnliche Lösungen. Im Vorraum<br />
der Pathologie beleuchtet eine Operationslampe<br />
den Büchertisch. dann geht es in einen<br />
sehr nüchtern gestalteten Vortragssaal.<br />
Damit der nicht allzu steril wirkt, ist das Katheder<br />
einer Couch, einem Sessel und einer<br />
Stehlampe gewichen, die 50er-Jahre-Charme<br />
vermitteln. Eine Vitrine mit Totenschädeln<br />
und eingelegten Körperteilen unterstreicht<br />
die Funktion dieses Orts. Der Autor<br />
des Abends ist Heinrich Steinfest. erster<br />
Preisträger des <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreises.<br />
Der etwas andere Moderator dieses Abends<br />
ist Alexander Bosse, Leiter der Pathologie.<br />
Und dieser bekennt sich schnell als einer,<br />
der sich trotz seiner norddeutschen Herkunft<br />
in Stuttgart gut eingelebt hat. Das interessiert<br />
ihn auch an Steinfest, der in Australien<br />
geboren und in Wien aufgewachsen<br />
ist und seit zwölf Jahren in Stuttgart lebt.<br />
Doch dieser will sich auf die üblichen<br />
Schwaben-Klischees nicht einlassen, auch<br />
wenn Bosse einige aus seinen bisher erschienenen<br />
Büchern zitiert. "Wenn ich aus dem<br />
Bahnhof rausgehe und als erstes Weinberge<br />
sehe, das hat doch was für einen Österreieher",<br />
bemerkt er. Oder: "Wien ist eine einzige<br />
große Bühne. Wenn dort einer über die<br />
Straße geht, dann so, als spielt er jemand,<br />
der über die Straße geht. In Stuttgart gehen<br />
die Leute wirklich über die Straße." Und als<br />
Leseüberraschung stellt Steinfest seinen<br />
neuen Krimi "Batmans Schönheit" vor, der<br />
im Herbst dieses Jahres erscheinen wird. In<br />
diesem vierten Fall des Wiener Privatdetektivs<br />
Markus Cheng kommen eine Reihe VOll<br />
Schauspielern um. Da gibt es durchaus<br />
kühne Vergleiche. Den blutverspritzten weißen<br />
Bademantels eines Ermordeten beschreibt<br />
er etwa mit "betrunken wie eine<br />
österreichische Bundesflagge" . Insbesondere<br />
von der Beschreibung der Schusswunden<br />
ist der Pathologieprofessor in seinem abschließenden<br />
Resümee ganz hingerissen.<br />
"In Stuttgart gehen<br />
die Leute wirklich<br />
über die Straße"<br />
Heinrich Steinfest<br />
Schriftsteller<br />
Um zu Wolfgang Schorlau zu gelangen,<br />
tappt man erst mal im Dunklen. Zumindest<br />
wenn man das Krematorium vom Haupteingang<br />
aus erreichen will. Es dauert, bis sich<br />
das Auge, gewöhnt an das Stadtbahnlicht,<br />
an den nächtlichen Friedhofsgang gewöhnt<br />
hat und die wenigen Grableuchten wahrnimmt.<br />
Im Krematorium, auch das mit sei-<br />
nen 200 Plätzen restlos ausverkauft. geht es<br />
ungewöhnlich laut zu. Der Anlass ist ja<br />
auch keine Beerdigung, sondern die Lesung<br />
von Wolfgang Schorlau und seinem neuen<br />
Buch "Das München-Komplott". Zuvor allerdings<br />
gelingt Peter Hoepfner, Leiter des<br />
Krematoriums, bei der Beschreibung dieses<br />
Orts ein gewagter Spagat zwischen launigen<br />
Formulierungen und der<br />
Wahrung der Würde dieses Orts.<br />
Schorlau selbst ist ein begnadeter<br />
Alleinunterhalter. EI' benötigt<br />
keinen Moderator, um den<br />
neuen Fall seines Privatermittlers<br />
Georg Dengler, das Oktoberfest-Attentat<br />
im Jahre 1980, vorzustellen.<br />
Wie in dem Buch sei auch er<br />
von ominösen anonymen Herren mittels Akten<br />
darauf hingewiesen worden, dass bei den<br />
offiziellen Ermittlungsergebnissen etwas<br />
nicht stimmen könne. Das ist der Anfang einer<br />
großen Verschwörungstheorie, die ohne<br />
Untote oder andere Geisterwesen auskommt,<br />
wie man beim nächtlichen Rückweg<br />
durch den Friedhof erleichtert feststellt.
I .__ .<br />
Wenn Mord und Totschlag bejubelt werden<br />
Festival Bei den ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n haben die Autoren<br />
im Stripteaselokal und im Krematorium gelesen. Von Jörg Breithut<br />
Das Licht erlischt, ein gellender<br />
. Schrei ertönt, mit einem dumpfen<br />
Schlag fällt jemand zu Boden. Als<br />
die Beleuchtung wieder funktioniert, entdeckt<br />
Kommissar Kluftinger unter dem<br />
Tisch einen leblosen Körper, der in einer<br />
Blutlache liegt. Kluftirrger schlussfolgert:<br />
"Er hat ein Messer im Rücken - ich würde<br />
Fremdverschulden nicht ausschließen."<br />
Mit Applaus und schallendem Gelächter<br />
quittiert das Publikum die Szene aus dem<br />
Buch .Rauhnacht", die Volker Klüpfel und<br />
Michael Kobr am Sonntagabend im Theaterhaus<br />
gelesen haben. Mit ihrervergnüglichen<br />
Vorstellung setzten die Popstars unter<br />
den Krirriiautoren im, ausverkauften<br />
Theaterhaus einen heiteren Schlusspunkt<br />
bei den ersten <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n.<br />
Seit diesem Jahr hat nun auch Stuttgart<br />
ein eigenes Krimifestival - und folgt damit<br />
einem bundesweiten Trend. Einem Trend,<br />
der sich in vielen anderen Städten längst<br />
etabliert hat. In München, Harnburg und<br />
dem Ruhrgebiet freuen sich die Krimifans<br />
jährlich auf Mord-und -Totschlag- Festivals.<br />
Der Besucherandrang ist nahezu garantiert.<br />
Denn nicht nur das Krimiflaggschiff<br />
"Tatort" lockt an Sonntagabenden Millionen<br />
Zuschauer vor die Fernsehbildschirme.<br />
Auch in Romanform ist der Krimi<br />
beliebter als je zuvor. Jeder vierte belletris-<br />
tische Titel, der hierzulanqe<br />
über die Ladentheke wandert,<br />
ist ein Krimi. Noch vor<br />
sechs Jahren war nur jedes<br />
fünfte verkaufte Belletristik- .<br />
Buch ein Kriminalroman.<br />
Der Verein <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
hat sich der Aufgabe<br />
angenommen, nun auch<br />
in der Landeshauptstadt ein<br />
Kriinifestival auf die Beine zu<br />
stellen. Die Vereinsmitglieder hatten in<br />
den vergangenon zwei Jahren verschlo-<br />
Es war der<br />
prickelnde Reiz des<br />
Ungewöhnlichen,<br />
der vielen<br />
Lesungen einen<br />
besonderen<br />
Charme verlieh.<br />
fesseln. "Das Schlimmste, was man einem<br />
Krimi vorwerfen kann, ist, dass er nicht<br />
spannend ist", sagt Schorlau. Die zentrale<br />
Straftat, um die sich die Geschichte aufbaue,<br />
sei nebensächlich. Sein Fazit: "Es<br />
muss nicht immer Mord sein."<br />
. Es war der prickelnde Reiz des Ungewöhnlichen,<br />
der vielen Lesungen einen<br />
besonderen Charme verlieh. Ob im Polizeipräsidium,<br />
im Krematorium, im <strong>Nacht</strong>club<br />
oder in der Straßenbahn - die außergewöhnlichen<br />
Orte lockten ein neugieriges<br />
Publikum an. Die Folge: bis auf wenige<br />
Ausnahmen waren alle Lesungen Wochen<br />
vorher ausverkauft. Vergeblich versuchten<br />
viele Besucher, an der Abendkasse noch<br />
Karten zu ergattern, wurden aber meist<br />
abgewiesen. Man werde versuchen, sagt<br />
Ursula Sobek, im kommenden Jahr<br />
größere Locations zu finden. Auch das<br />
Repertoire soll noch um einige Partner erweitert<br />
werden. In diesem Jahr hatten bereits<br />
das Theater Rampe den .Kameramörder"<br />
ins Festival-Programm eingespeist, in<br />
der Krimifabrik wurde "Ein gefährliches .<br />
Date" gespielt, die Filmgalerie 451 zeigte<br />
Kinofilme.<br />
Nicht alles lief jedoch reibungslos beim<br />
Festivaldebüt, nicht alle Veranstaltungen<br />
hielten das, was das Programmheft versprach.<br />
Erwartungsvoll waren die Krimifans<br />
in die Pathologie des Katharinenhospitalsgekom-<br />
men, um Heinrich Steinfest<br />
aus seinem unveröffentlichten<br />
Roman .Batmans Schönheit"<br />
lesen zu hören. Doch<br />
viele zeigten sich enttäuscht,<br />
als bekannt wurde, dass Steinfest<br />
ausschließlich im Hörsaal<br />
lesen würde. Viele hatten<br />
gehofft, einen Blick in den Obduktionssaal<br />
werfen zu können. "Das lief<br />
nnders als geplant", sagt Ursula Sobek.<br />
~s: S\OTG.~~\L<br />
6G(\~~G,<br />
o~. t"\Ä'(~.:a. 2.0 A.'D
dene Autoren aus aller Welt engagiert, imter<br />
anderem auch die beiden südafrikanischen<br />
Schriftsteller Deon Meyer und Roger<br />
Smith. Doch auch die Lokalmatadore Christine<br />
Lehmann und Wolfgang Schorlauhatten<br />
ihren Auftritt bei den <strong>Kriminächte</strong>n.<br />
, Als Galionsfiguren vertraten sie die vielversprechende<br />
Autorengeneration nach Felix<br />
Huby; die auch Ursula Sobek ermutigte, ein<br />
Festival dieser Art nach Stuttgart zu bringen.<br />
"Wir haben viele bekannte .Autoren", "<br />
doch ein Krimifestival habe in der Stadt<br />
bisher einfach gefehlt, sagt Sobek. Dabei<br />
sei Stuttgart eine "kleine Hochburg der Kriminalliteratur",<br />
Der Heimvorteil verschaffte dem <strong>Stuttgarter</strong><br />
Autoren Schorlau gleich zwei Auftritte<br />
bei den <strong>Kriminächte</strong>n. Er las in der<br />
morbiden Aura des Kre'matoriums und philosophierte<br />
im Jazzclub Bix über .den modernen<br />
Krimi. Im schummrigen Ambiente<br />
des Musiklokals enthüllte der <strong>Stuttgarter</strong><br />
Autor einige Geheimnisse über den Entstehungsprozess<br />
seiner Romane. Er sagte:<br />
"Bei meinen ersten Romanen habe ich versucht,<br />
alles zu konstruieren - das hat nicht<br />
funktioniert:" Seither lasse er die Geschichte<br />
beim Schreiben entstehen. Der obligatorische<br />
Mord zu Beginn eines Krimis<br />
sei ihm nicht so wichtig. Es zähle nur, den<br />
Zuschauet, den Zuhörer oder den Leser zu<br />
Auch in der Tabledance- Bar .Four Roses"<br />
wich die anfängliche Spannung immer<br />
mehr einer angespannten Atmosphäre. Im<br />
überfüllten Stripteaselokal drängten sich<br />
die Besucher auf den Ledersofas und äußerten<br />
ihren Unmut über die krächzenden<br />
Töne aus den Lautsprechern. Weitgehend<br />
ohne Reaktion nahm das Publikum die Lesung<br />
der Autorin Monika Geier und ihre<br />
wortkargen Antworten an die Moderatorin<br />
wahr. "Bei der einen oder anderen Veranstaltung<br />
gab es noch kleinere Probleme",<br />
sagt Sobek. "Wir sind bereit, aus unseren<br />
Fehlern zu lernen." Dass es im kommenden<br />
Jahr eine zweite Auflage geben wird,<br />
ist jedoch unbestritten. Der große Zulauf<br />
hat den Veranstaltern gezeigt, dass die Kriruinächte<br />
eine Lücke füllen, die bisher un- ,<br />
beachtet in Stuttgart klaffte.<br />
Der Schlussapplaus bei der Kluttinger-<br />
Show im Theaterhaus untermauert das.<br />
Denn das Publikum bejubelt das Krimi-<br />
Duo, klatscht Beifall für die gelungene<br />
Mischung aus Spannung und Humor. Volker<br />
Klüpfelund Michael Kobr geben also<br />
noch eine letzte Zugabe. Zum Abschluss<br />
ihrer kabarettistischen Lesung raten die<br />
beiden Autoren den Zuschauern im Saal:<br />
"Nehrrien Sie sich immer ein gutes Buch<br />
mit ins Bett - oder jemanden, der eines<br />
geschrieben hat."<br />
.. _- ---- --- -- -<br />
DIE GEWINNER UND WIE ES KÜNFTIG WEITERGEHT<br />
, .\<br />
Preisträger Fürsein Buch "Ge- Veranstalter Dem VereinStutt- Ausblick Auch im komme<br />
witter über Pluto" hat Heinrich garter <strong>Kriminächte</strong> haben sich Jahr setzt Ursula Sobek 'lli<br />
Steinfest den <strong>Stuttgarter</strong> Krimi- mittlerweile knapp neunzig Mischung aus regionalen,I<br />
preis für den besten deutsch- Mitglieder angeschlossen, die regionalen und internatiori<br />
sprachigen Kriminalromaner- einen Jahresbeitrag von 25 Autoren. Sollten die Finana<br />
halten. Den Preis für den bes- t Eurobezahlen. ZweiJahre lang es zulassen, wolle man Wi~'<br />
ten deutschsprachigen Wirt- bereiteten die Mitglieder die "große Namen nach Stutt<br />
schaftskriminalroman hat UI- <strong>Kriminächte</strong> vor,sammelten holen", sagt Sobek. Die Ka<br />
rich.Ritzelmit seinem Buch Spon~orengelder und cngagicr- sollen künftig nicht mehr a<br />
.Beifang"gewonnen. Thomas ten die Autoren. Vom erfolg verschiedenen Verkaufsst<br />
Hoeth hat die Jury gleich mit des FestivalsIst ursuta Sobek angeboten, sondern zentr]'<br />
seinem ersten Krimiüber- überrascht. Mit olnom solchen kauft werden. Außerdem<br />
zeugt. Erist mit dem Preisfür Zulauf,sagt slo, h.ibo '.10 bel werde es weniger Veranst<br />
den besten Debütkrimi ausge- den ersten Slullp',11tOI Kllml gen Roben,die zur gleich<br />
zeichnet worden. nächten noch nlchl gOI echnet, leil stattfinden. jbr .<br />
~rt~~~:<br />
~'\V~~-rt<br />
2J=.l,-1J N
o~~~<br />
CDNf\l.~ ~...g..llrug<br />
: 4>N~s-L'tlc::l<br />
I<br />
~,sasoll .mog"w! Jsan .lapD DJf.lUOJlo[ :/dJ.la!l1:Jlpwoli W! apunJs!w!.l)[
PrVb<br />
(....ln bN~\<br />
Krimis erfreuen sich im LändLe immer größerer Beliebtheit<br />
Allgäu statt Anden<br />
\) A Cb CO\"Q"O)' ~Pr t \,...; 1 kÄ 0..t t.J.,:>"\O S./l~O-<br />
....-t.,) "<br />
Einst galten Krimis als minderwertige Literatur. Diese Zeiten sind vorbei wie ein Bienzle- Tatort. Hiesige Autoren<br />
haben das Genre salonfähig gemacht. Dem wird mit den .<strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n" Rechnung getragen.<br />
* Veranstalter der <strong>Kriminächte</strong><br />
ist der gleichnamige Verein,<br />
den es seit Ende 2007 gibt. "Ich habe<br />
damals eine Kulturveranstaltung besucht<br />
und Bürgermeisterin Susanne<br />
Eisenmann mit dem <strong>Stuttgarter</strong> Krimi-Autor<br />
Wolfgang Schorlau auf der<br />
Bühne gesehen", erzählt Ursula Sobek,<br />
Geschäftsfiih rerin des Vereins.<br />
Eisenmanns Frage nach einem<br />
Wunsch habe Schorlau mit .Ein Krimi-Festival<br />
für Stuttgart' beantwortet.<br />
"Ich habe dann gedacht, München<br />
hat eins, das Ruhrgebiet auch -<br />
Stuttgart nicht. Also haben wir den<br />
Verein gegründet", so Sobek.<br />
Vergangenes Jahr veranstaltete der<br />
Verein eine Lesereihe, dieses Jahr<br />
kann nun auch das Festival verwirklicht<br />
werden. Das einwöchige Programm<br />
ist bunt und reicht von der<br />
klassischen Alltorenlesung über Le-<br />
. sl1ngen in der KulTourstraßenbahn<br />
bis hin zu einer Gesprächsveranstaltung<br />
mit echten Kommissaren, einem<br />
Autor und einem SOKO Stuttgart-Darsteller,<br />
Am letzten Tag wird<br />
der <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreis verliehen.<br />
100 L1FT 03'0<br />
Neben dem Literaturhauswerden<br />
etwa die Filmgalerie 451, das Theater<br />
Rampe, die Krimifabrik oder auch<br />
der Jazzclub Bix zu den Schauplätzen<br />
der kriminalistischen Veranstaltungen.<br />
"Der Krimi galt lange nicht als hohe<br />
Literatur", sagt Sobek. Das habe<br />
sich in den letzten Jahren aber sehr<br />
geändert. Das Genre Krimi boomt.<br />
Und das in der ganzen Stadt<br />
Krimi-Lesungen<br />
ausverkauft<br />
Im Theaterhaus standen Krimi-<br />
Lesungen zwar schon immer auf dem<br />
Programm, doch "man kann beobachten,<br />
dass sie beliebter werden",<br />
sagt Wolfgang Marmulla, Programmplanungsleiter<br />
am Theaterhaus Stuttgart.<br />
"Früher wurde mit viel Ehrfurcht<br />
den literarischen Ergüssen etablierter<br />
Autoren gelauscht, die die Welt er-<br />
. klären wollten", beschreibt Marmulla.<br />
"Heute kommt ein großer Enter-<br />
taining-Faktor dazu", was besonders<br />
ein jüngeres Publikum anlocke.<br />
Gerade Krimi-Autoren aus Baden-Württemberghaben<br />
daran ihren<br />
Anteil. So ist die Rauhnacht-Lesung<br />
von Michael Kobr und Volker Klüpfel,<br />
zwei AIlgäuer Krimi-Autoren, im<br />
Theaterhaus im März seit Wochen<br />
ausverkauft. Wie kann das sein?<br />
"Wenn lokale Gegebenheiten beschrieben<br />
werden, ist die Identifikation<br />
größer", meint Marmulla.<br />
Früher seien die Anden interessant<br />
gewesen, nicht das Allgäu. Heute sei<br />
es umgekehrt, quasi als Gegenstück<br />
zur Globalisierung.<br />
Der Trend im Trend: lokale Krimis.<br />
"Der Vorteil ist: Der Leser ist nah<br />
am Schauplatz und erkennt ihn", sagt<br />
Autor Wolfgang Schorlau, der für<br />
sein aktuelles Werk, Das München-<br />
Komplott, mit Preisen überhäuft<br />
wird.<br />
"Der <strong>Nacht</strong>eil ist: Viele dieser Regionalkrimis<br />
haben außer diesem<br />
Schauplatz nichts zu bieten." Hier käme<br />
es lediglich zu einer Verbindung<br />
des deutschen Krimis mit dem Hei-<br />
matroman. Viele dieser Romane wirken<br />
bestenfalls niedlich - und was<br />
bringt schon ein niedlicher Krimi?<br />
"Ich würde schmerzhaft das Gesicht<br />
verziehen, wenn man mich als<br />
Lokalkrimi-Autor bezeichnet", sagt<br />
Schorlau nachdrücklich. Obwohl er<br />
es toll fmde, dass viele zu ihm sagen,<br />
"Ich freu mich, dass Ihre Figur in dieselbe<br />
Kneipe geht, wie ich." So erzeugt<br />
man Nähe zum Leser.<br />
Wer will schon einen<br />
niedlichen Krimi?<br />
Wie erklärt sich Schorlau den aktuellen<br />
Krimi-Boom? Für Schorlau<br />
ist der Kriminalroman "die ideale<br />
Form, um im Schatten einer spannenden<br />
Geschichte politische und gesellschaftliche<br />
Fragen zu erörtern" .<br />
Die Krimi-Form wählt er, weil er der<br />
Ansicht ist, "dass Literatur - wie das<br />
Leben auch - besser ist, wenn eine<br />
gehörige Portion Spannung drin ist".<br />
In Deutschland werden unzählige<br />
ausländische Krimis übersetzt, pro
o(l.Tb~\WN" :<br />
LrfT ~1\.)lf~T'<br />
t-'\Ä n..C:. '2,.\) 11. 0<br />
& . A 0/\<br />
Jahr drängen rund tausend Neuerscheinungen<br />
auf den Markt. Der<br />
deutsche Leser hat infolgedessen eine<br />
riesige Auswahl. Sich von Grisham<br />
oder Mankell absetzen, die das Genre<br />
international turn Boomen brachten,<br />
eine Nische finden - das ist es, was<br />
deutsche Krimi-Autoren tun müssen,<br />
um gelesen zu werden.<br />
Eine gute Möglichkeit dazu ist,den<br />
Schauplatz der Handlung in die unmittelbare<br />
Umgebung der Leserzu legen.<br />
Schorlaus Krimis mit Kommissar<br />
Dengier, der als Privatdetektiv in<br />
Stuttgart ermittelt, verkaufen sich zumindest<br />
wie warme Brezeln. .<br />
Wer ist "Schuld" am<br />
Boom des Genres?<br />
Deutschland erfreut sich eines sehr<br />
breit gefächerten Autorenfeldes. Mit<br />
Heinrich Steinfest ist ein zweiter Autor<br />
aus Stuttgart "Schuld" am Boom<br />
eines ganzen. Genres. .Steinfest<br />
schreibt mit Impressionismus und<br />
unglaublicher Witzigkeit seine Bücher",<br />
findet Schorlau.<br />
Steinfests Romane sind dafür bekannt,<br />
das Krimigenre um alltagsphilosophische<br />
Betrachtungen<br />
und eine starke Konzentration<br />
auf<br />
die Sprache zu bereichern. Er wählt<br />
den Kriminalroman, weil einerseits<br />
alles darin Platz hat - der Gesellschaftsroman,<br />
die Satire, die Groteske,<br />
die Tiergeschichte, die Poesie, ja<br />
sogar die Kunst - andererseits das<br />
Verbrechen als ein grundlegendes<br />
Element menschlichen Scheiterns<br />
ihn fasziniert.<br />
"Eine Figur in meinem nächsten<br />
Roman drückt es so aus: Der Mensch<br />
stammt nicht vom Affen, sondern<br />
vom Verbrechen ab." Steinfests Figuren<br />
operieren nicht nur in Stuttgart,<br />
sondern auch im Südindischen Ozean<br />
oder an fiktiven österreichischen<br />
Bergseen. Eine Beschränkung auf<br />
Stuttgart würde ihn einfach zu sehr<br />
einengen.<br />
In seinem Roman "Gewitter über<br />
Pluto ",der bei der Abschlussgala der<br />
<strong>Kriminächte</strong> den Preis für den besten<br />
deutschsprachigen Kriminalroman<br />
2009 erhält, erstreckt sich das Handlungsfeld<br />
bis in den Weltraum aus.<br />
"Bin ich darum ein Plutoianischer<br />
Krimischreiber?"<br />
"Gute Romane sind keine Stadtführer,<br />
sondern fangen die Magie<br />
oder den Schrecken eines Ortes, einer<br />
Sippe, einer Person ein", erklärt Steinfest.<br />
Es gebe keine Trivialliteratur,<br />
sondern nur triviale Literatur - und<br />
zwar in allen Schubladen. "Die Qualität<br />
ist nicht schlechter als die anderer<br />
Literatur", sagt Schorlau.<br />
Die Unterscheidung von E und U<br />
habe sich durch den Generationswechsel<br />
aufgelöst."Die Leserschafthat<br />
sich geändert", meint auch Steinfest.<br />
"Viele der heutigen Krimileser fallen<br />
nicht in Ohnmacht, wenn ein Krimi<br />
sie intellektuell herausfordert. Andererseits<br />
haben die Freunde ho her<br />
Literatur erkannt, dass sie auf so<br />
manchen Genuss verzichten, wenn<br />
sie aus Standesdünkel um das Krimigenre<br />
einen Bogen machen."<br />
Wir müssen also nicht verschämt<br />
mir unserem Krimi ins Bett kriechen,<br />
sondern dürfen uns erhobenen<br />
Hauptes auf die <strong>Stuttgarter</strong><br />
<strong>Kriminächte</strong> freuen.<br />
"Ein <strong>Stuttgarter</strong> Krimifestival war<br />
überfällig. Die Bedeutung des Genres,<br />
das Innovative und Subversive einer<br />
unterschätzten Gattung, die mitunter<br />
kluge, die intensive Diskussion,<br />
die vor allem die Leserschaft<br />
führt, das alles sind Gründe, ein solches<br />
Festival zu veranstalten", findet<br />
Steinfest.<br />
Schorlau, dessen Wunsch sich<br />
endlich erfüllt, sagt: "Ich freue mich,<br />
dass das Festival stattfindet, es war<br />
dringend Zeit. Stuttgart rückt damit<br />
in die Reihe der zivilisierten Städte."<br />
Laura Köhlmann<br />
* <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong> 2.-8.3.,<br />
verschiedene Orte, alle Termine im<br />
LIFT-Kalender; Preisverleihung Stutt-<br />
garter Krimipreis 8.3. 20 Uhr, Theater<br />
Rarnpe.,S-M itte, www.stuttgarter-kri-<br />
minaechte.de<br />
* Verlosung Wir verlosen jeweils<br />
drei mal zwei Karten lür die Preisverlei-<br />
hung oder die Lesung von Wollgang<br />
Schorlau am 4.3. Fax, Mail oder Karte<br />
mit dem Stichwort ..Preisverleihung"<br />
oder ..Schorlau" ar»LIFT.
fl..J $ '.<br />
~~~<br />
b1"'U~T<br />
IM f""A I(l...'1r<br />
'2....c:>40<br />
~.80<br />
I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
Tatort Stuttgart<br />
Wenn fiese Ganoven von ausgefuchsten<br />
Kommissaren gejagt werden, dann ist<br />
Krimizeit. Die I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
zeigen die ganze Bandbreite dieses Genres.<br />
Krimifestival<br />
Zu Gast<br />
bei den<br />
Kriminachten:<br />
Heinrich<br />
Steinfest<br />
SOKO-Team u.a. zusammen mit zwei "echten" Kommissaren<br />
und dem Krimiautor Wolfgang Schorlau bei<br />
dem Podiumsgespräch "Der Kommissar - Fiktion und<br />
Realität" im Jazzclub Bix, das mit dem Auftritt des<br />
Jazzsängers und Gitarristen Tony Bulluck endet - für<br />
Ursula Sobek ein "Highlight des Festivals".<br />
Weitere Höhepunkte sind neben einer Kriminalfilm-<br />
Eigentlich zählt Stuttgart ja zu den sichersten Reihe in der Filmgalerie 451 und dem Theaterstück<br />
Städten Deutschlands. Doch vom 2.-8.3. wird "Der Kameramörder" nach dem Roman von Thomas<br />
die Stadt bei den 1. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>n Glavinic in der Rampe die Auftritte namhafter Krimieine<br />
Hochburg des Verbrechens, wenn über 40 Ver- schriftsteller. Es lesen u.a. der Kapstadter Autor Roger<br />
anstaltungenmitLesungen, Gesprä- _ Smith in den SOKO-Kulissen im<br />
ch.~n, ~heater, Film und Mus~ ein_M.Römerkastell, Wolfgang Sch?rlau im<br />
mordensch gutes Programm bieten. ~ Krematonum des Pragfnedhofs,<br />
Und das nicht nur in Locations, die Bei soViel Uta-Maria Heim im Polizeipräsidiman<br />
kennt, sondern auch an höchst S h" U um und Heinrich Steinfest in der Paungewöhnlichen<br />
Orten. pannUnl a.. thologie des Katharinenhospitals aus<br />
Ursula Sobek, Geschäftsführerin des lanl S1~lan dem vierten, noch unveröffentlichten<br />
Vereins <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, hat d A~ Teil der Cheng-Reihe. Für seinen<br />
das Festival mit viel Geschick, guten en .•em an Roman "Gewitter über Pluto" erhält<br />
Ideen und einer ordentlichen Porti- Steinfest bei der Abschlussgala des<br />
on Hartnäckigkeit org~nisiert. Als ~ Festivals auch den ~rs~~s verli~he-<br />
Schirmherren konnte SIe das Team _ nen <strong>Stuttgarter</strong> Krimipreis. Weitere<br />
derTV-Serie "SOKO Stuttgart" gewinnen: "Der Pro- Preisträger sind in der Kategorie "Bester deutscher<br />
duzent war sofort angetan von dem Festival und auch Wirtschaftskrimi" Ulrich Ritzel für "Beifang" und<br />
die Schauspieler wollten sich unbedingt persönlich Thomas Hoeth fur das beste deutschsprachige Krimieinbringen",<br />
erzählt die ehemalige Lehrerin und debüt "Herbstbotin". Karin Scharschmied<br />
Kunsthistorikerin, die mit dem Architekten Werner ~. I. <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong>, 2.-8.3., diverse Locations in ganz<br />
Sobek verheiratet ist. Einbringen wird sich das Stuttgart,stuttgarter-kriminaechte.de
Ursula Sobek freute sich über den Erfolg der <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Kriminächte</strong><br />
Die Preisträger Heinrich Steinfest, Thomas Hoeth und Ulrich Ritzel (von /ij zusammen mit Ursula Sobek<br />
Mörderisches Vergnügen<br />
Die 1, .Stuttqarter <strong>Kriminächte</strong>" waren ein voller Erfolg,<br />
Hochspannung war in Stuttgart vom 2.<br />
bis 8. März angesagt, ein mörderischer<br />
Termin jagte den nächsten. Hinter-<br />
grund: Der im November 2007 gegründete<br />
Verein .Stuttqarter Krirninächte" lud zum<br />
großen Krimifestival. Süchtige hatten da-<br />
bei die Qual der Wahl unter 41 exzellenten<br />
Events - Lesungen, Filme, Theater, Musik<br />
- an mitunter exklusiven Orten wie dem<br />
Polizeipräsidium, der Pathologie des Ka-<br />
tharinenhospitals, dem Krematorium auf<br />
dem Pragfriedhof, einer Table-Dance-Bar<br />
oder einem Künstleratelier im Wagenhal-<br />
lenareal, Zu Gast waren prominente Auto-<br />
rinnen und Autoren von Stuttgart bis Süd-<br />
afrika. Mit einem eigenen Kinder- und<br />
Jugendprogramm wurde zudem auch den<br />
jüngeren Krimifreunden Spannendes ge-<br />
boten,<br />
Zur Abschlussgala, dem so genannten<br />
"kriminellen Finale", traf sich dann im<br />
Theater Rampe bei Sekt und schwäbi-<br />
schen Maultaschen mit Kartoffelsalat die<br />
Krimiszene, um die ausgelobten Preise<br />
des Festivals zu überreichen. Moderiert<br />
von Stefan Siller, bekannt aus der SWR<br />
1-Radiosendung "Leute", wurden die<br />
Preisträger jeweils kurz vorgestellt - un-<br />
ter anderem von Wolfgang Schorlau,<br />
selbst ein Meister des literarischen Kri-<br />
rnifachs.<br />
Den Preis für den besten deutschspra-<br />
chigen Kriminalroman 2009, gestiftet von<br />
der HypoVereinsbank, erhielt Heinrich<br />
Steinfest für "Gewitter über Pluto", Der<br />
Preis für den besten deutschsprachigen<br />
Wirtschaftskriminalroman 2009, gestiftet<br />
von Gleiss Lutz Hootz Hirsch, ging an Ul-<br />
rich Ritzel für .Beitanq", und über die Aus-<br />
zeichnung als bester deutschsprachiger<br />
Debütkriminalroman 2009, gestiftet vom<br />
Buchhaus Wittwer, durfte sich Thomas<br />
Hoeth für .Herbstbotin" freuen. Und wann<br />
sind die Frauen dran? •<br />
Avf>: ~-e .. ~~p. '6-lrV S\U~\<br />
Av~~Pr~e """• t=n.0\;"OPr~Q "'-t..>1.0<br />
~." '1-~