11.07.2015 Aufrufe

Newsletter 3/09 afk - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ...

Newsletter 3/09 afk - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ...

Newsletter 3/09 afk - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

UniversitätsSpitalZürichCroix-Rouge suisseSchweizerisches Rotes KreuzCroce Rossa SvizzeraUPDATE3/20<strong>09</strong>Inhalt2 Wartelisten im <strong>afk</strong>3 <strong>afk</strong>-Sommerfest für Patienten <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen4 Sozialarbeit im <strong>afk</strong>5 Berufliche Integration von Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfern6 Psychische Ges<strong>und</strong>heit von Asylsuchenden in der Schweiz<strong>afk</strong>-SommerfestZum dritten Mal führte das <strong>afk</strong> imJuli ein Sommerfest für Patienten,Angehörige <strong>und</strong> Mitarbeiterinnenim GZ Wollishofen durch. Seite 3Berufliche IntegrationIn einem Gemeinschaftsprojekt vonSchweizerischem Arbeiterhilfswerk<strong>und</strong> <strong>afk</strong> werden Folteropfer auf denberuflichen Wiedereinstiegvorbereitet. Seite 5E D I T O R I A LGibt es Folter in der Schweiz? Wohl kaum, werden Siedenken. Doch ab <strong>und</strong> zu gibt es auch bei uns Berichteüber Polizeiübergriffe, Missstände in Haftanstalten,unmenschliche Behandlung von Asylsuchenden, unnötigeZwangsmassnahmen in der <strong>Psychiatrie</strong> u. ä.Manche dieser Meldungen mögen falsch oder übertriebensein, einige mögen aber auch zutreffen <strong>und</strong>uns klar machen, dass selbst in der Schweiz nichtimmer alles korrekt abläuft.Wenn Vorgänge wie im Zürcher Pflegezentrum Entlisberg(wo Pflegerinnen Bewohnerinnen in entwürdigendenSituationen filmten) oder im Gefängnis vonAbu Ghraib ans Licht der Öffentlichkeit gelangen,werden mediale Empörungsmechanismen in Gang gesetzt<strong>und</strong> die üblichen Fragen gestellt: Wie ist so etwasmöglich? Wer macht so etwas? Warum unternimmtniemand etwas? Die historische Erfahrungz. B. mit dem Nationalsozialismus oder dem Bosnienkrieg,aber auch das Milgram-Experiment zeigen jedoch,dass es oft keine besondere Erklärung für dasBöse gibt. Es sind nicht Psychopathen, die foltern,sondern unauffällige, vielleicht sogar normale Menschen.Jeder ist potenziell ein Folterer, so lautet dieunbequeme Erkenntnis aus dem Milgram-Experiment.Hier mag sich Widerspruch regen, doch besserals auf das Gute zu hoffen, ist es, sich auf das Schlechteeinzustellen. So denken jedenfalls die meisten unsererPatienten.So denkt auch der Schweizer B<strong>und</strong>esrat, der in Ausführungdes Übereinkommens der Vereinten Nationengegen Folter <strong>und</strong> andere grausame, unmenschlicheoder erniedrigende Behandlung oder Strafe am21. Oktober 20<strong>09</strong> zwölf Mitglieder der EidgenössischenKommission zur Verhütung von Folter ernannthat. Diese Kommission wird durch unangemeldeteInspektionen in Gefängnissen, Polizeiwachen, Asylunterkünften,psychiatrischen <strong>Klinik</strong>en etc. versuchen,Missstände in institutionellen Abläufen in derSchweiz aufzudecken <strong>und</strong> Verbesserungsvorschlägezu Handen der verantwortlichen Behörden abzugeben.Als Mitglied dieser Kommission hoffe ich, einenBeitrag zur Verhütung von Folter in der Schweiz leistenzu können <strong>und</strong> mitzuhelfen, das Vertrauen in dieInstitutionen aufrecht zu erhalten.Herzlich Ihrthomas maier


2 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>Die Kehrseite des Erfolgs: Neun Monate Wartezeitfür ein Erstgespräch im <strong>afk</strong>!Lange Wartezeiten fürErstgespräche im <strong>afk</strong>sind Ausdruck dergenerell ungenügendenBehandlungsangebotefür traumatisierteMigranten. Diese Versorgungslückekannnicht vom <strong>afk</strong> alleingeschlossen werden.foto: Nathalie FluhbacherSchon Wochen bevor das <strong>afk</strong> im November 2003 seinenBetrieb aufnahm, gab es eine Liste von Patienten,die auf einen Behandlungsplatz bei uns warteten. VieleZuweisende (Hausärzte, Psychiaterinnen) hattenschon von unserem neuen Angebot gehört <strong>und</strong> wiesenuns Patienten zu. Daran hat sich bis heute nichts geändert.Im Gegenteil: Durch die zunehmende Bekanntheitunserer Institution – nicht zuletzt auch durch diesen<strong>Newsletter</strong> – ist die Zahl der Anmeldungen stetiggewachsen <strong>und</strong> selbst die markante Aufstockung derverfügbaren Stellenprozente konnte den Ansturm vonZuweisungen immer weniger bewältigen (vgl. Update1/20<strong>09</strong>, S. 5).Über 60 Patienten warten auf einenTherapieplatz im <strong>afk</strong>Heute haben wir eine Warteliste, auf der über 60 Namenstehen, alles schwer kranke, schwer traumatisierteMenschen aus der halben Schweiz, die dringendbehandlungsbedürftig sind <strong>und</strong> für die es kaumalternative Therapieangebote gibt. Der Erfolg unseresAngebots, d. h. der enorme Andrang auf unsere Therapieplätzedroht uns gleichsam zu ersticken. Wir sindaufgr<strong>und</strong> dieser Warteliste schon jetzt de facto nichtmehr in der Lage, gegenüber Zuweisenden ein Therapieangebotmachen zu können, d. h. unser Versprecheneinzulösen, Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfer zu behandeln.Diese Tatsache ist für uns eine chronische Belastung<strong>und</strong> führt zu einem ständigen leichten In suffizienzgefühl.Unser Wunsch, andere Institutionen,andere Kantone, andere Versorgungseinrichtungenmögen angesichts des eklatanten Versorgungsdefizitsfür psychisch kranke Migranten ihre Angebote anpassen<strong>und</strong> ausbauen, hat sich bisher nur sehr begrenzterfüllt. Immer wieder sehen wir mit grosserKlarheit, dass es für eine enorme Anzahl von behandlungsbedürftigen(<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich auch behandelbaren)Patienten absolut keine real verfügbaren Therapiemöglichkeitengibt <strong>und</strong> dass die Unterversorgungdieser Menschen nicht nur grosses Leid sondernauch beträchtliche Sek<strong>und</strong>ärkosten verursacht. Wirerkennen, dass unsere lange Warteliste Abbild einespsychotherapeutischen Versorgungsdefizits ist <strong>und</strong>dass wir nicht im Alleingang dieses Versorgungsdefizitkompensieren können.<strong>afk</strong> als Teil des kantonalen VersorgungsauftragsDa das <strong>afk</strong> seit dem 01. 01.20<strong>09</strong> Teil des Leistungsauftragsdes Universitätsspitals <strong>und</strong> damit ein Teil derpsychiatrischen Versorgung des Kantons Zürich ist,sind wir stärker als bisher verpflichtet, Patienten ausdem Kanton Zürich prioritär zu behandeln. Als Hintergr<strong>und</strong>dazu ist zu sehen, dass die Behandlungen im <strong>afk</strong>nicht kostendeckend sind, vor allem weil die Dolmetscherkostennicht der Krankenkasse in Rechnung gestelltwerden können, sondern von der Institution getragenwerden. Zwar steuert auch das SchweizerischeRote Kreuz (SRK) nach wie vor einen namhaften Beitragzu den Betriebskosten des <strong>afk</strong> Zürich bei, doch derrestliche Defizitbetrag sowie auch das unternehmerischeRisiko werden vom USZ getragen. Unsere aktuelleAufnahmepolitik läuft also darauf hinaus, dass wirausserkantonale Zuweisungen im Moment nicht aufdie Warteliste aufnehmen <strong>und</strong> bei innerkantonalen Anmeldungenmit Verweis auf die neunmonatige Wartefristzur Überweisung auf die regional zuständige Versorgungseinrichtungraten.Behandlungen im <strong>afk</strong> dauern meist relativ lange (9 – 18Monate oder mehr), sodass der Turnover an Patientennicht hoch ist. Auch können wir uns nicht darauf verlegen,nur leichtere Fälle zu behandeln oder Patienten anandere vergleichbare Institutionen zu überweisen, dawir schon eine Spezialinstitution sind, der nur dieschwersten Fälle zugewiesen werden, die nirgendwosonst behandelt werden können.Empfehlungen an ZuweisendeAufgr<strong>und</strong> dieser chronischen Überlastungssituationsind wir darauf angewiesen, dass uns möglichst die«richtigen» Patienten zugewiesen werden, damit möglichstwenig unserer begrenzten Ressourcen unnötigverpuffen. Der wichtigste Punkt scheint uns in dieserHinsicht, dass die Motivationslage der Patienten vonden Zuweisenden vorgängig abgeklärt wird. Nicht jedesFolter- oder Kriegsopfer möchte sich einer <strong>Psychotherapie</strong>unterziehen, nicht jedes Folter- <strong>und</strong> Kriegsopferbraucht eine <strong>Psychotherapie</strong>. Manche Folter- <strong>und</strong>Kriegsopfer haben primär körperliche Beschwerden<strong>und</strong> erwarten eine somatische Therapie, andere wünschenvorwiegend soziale Unterstützung. Solche Patientensind im <strong>afk</strong> zwar nicht gr<strong>und</strong>sätzlich an der falschenAdresse, doch existieren für diese Fälle auchandere geeignete Anlaufstellen. Gerne beraten wir Zuweisendein solchen Fragen <strong>und</strong> geben Hinweise füralternative Betreuungsmöglichkeiten (vgl. auch S. 7).Thomas Maier


3 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>«<strong>afk</strong> persönlich»:Julia Müller, Psychologin, OberassistentinJulia Müller:Die spannende Arbeitim <strong>afk</strong> begeistert <strong>und</strong>bereichert mich täglich.Ich arbeite im <strong>afk</strong> als Therapeutin sowie als Leiterinder Forschungsgruppe. Die Kombination von Therapie<strong>und</strong> Forschung ist für mich ideal. Auch nach vier Jahren<strong>afk</strong> begeistert <strong>und</strong> bereichert mich meine spannendeArbeit täglich.Mit meinen traumatisierten Patienten arbeite ich kognitiv-verhaltenstherapeutisch,wenn möglich traumafokussiert.Das bedeutet, dass ich mit ihnen zunächstein umfassendes Verständnis für ihre individuellenProbleme <strong>und</strong> deren Bezug zum Trauma erarbeite. Anschliessendleite ich die Patienten an, ihre schlimmstentraumatischen Erfahrungen in der Vorstellung intensiv<strong>und</strong> auf allen Ebenen der Gegenwart wie derzuerleben,so, «als ob das Trauma gerade jetzt nocheinmal passieren würde». Ziel dieser Methode ist es,«damals» von «heute» trennen zu lernen, die Traumatazu benennen <strong>und</strong> sie in die Biographie zu integrieren.Dieses Verfahren ist für die Patienten belastend,teilweise ist eine längere Vorbereitungsphase nötig.Jedoch ist das Vorgehen nach unserer Erfahrung gutdurchführbar <strong>und</strong> sehr effektiv, sodass sich die Pati­enten bald aktuellen Alltagsaufgaben zuwenden können,wie einem Deutschkurs oder der Arbeitssuche.In unserer Forschungsgruppe bearbeiten wir Fragen,die sich uns in unserer täglichen Arbeit ergeben.Zum Beispiel untersuchen wir die Wirksamkeit vonschmerz fokussiertem Biofeedback, die Durchführbarkeitvon Aktivierungsgruppen mit Hilfe von Computerspielen,die Auswirkungen traumaspezifischer psychischerErkrankungen der Eltern auf ihre Kinderoder die psychische Ges<strong>und</strong>heit von Asylsuchendenin der Schweiz.foto: Nathalie Fluhbacher3. <strong>afk</strong>-Sommerfest im GZ WollishofenJedes Jahr findet imSommer das <strong>afk</strong>-Feststatt. Therapeuten,Dolmetscher, Patienten<strong>und</strong> Angehörige treffensich in schöner <strong>und</strong>ungezwungener Atmosphärezum fröhlichenBeisammensein.Endlich ist es wieder soweit! Das <strong>afk</strong>-Fest beginnt! ImGemeinschaftszentrum Wollishofen, w<strong>und</strong>erschönge legen am Zürichsee, treffen sich auch dieses JahrPatienten, Angehörige, Therapeuten <strong>und</strong> Dolmetscherzum Abteilungsfest. Es gab muntere Begegnungen,angeregte Gespräche, wildes Gestikulieren, Treffenmit Leuten verschiedenster Kulturen <strong>und</strong> Sprachen,viel Lachen, Wiedersehen, Kennenlernen, Essen<strong>und</strong> Trinken, gemeinsames Grillieren mit unseren hervorragendenGrillmeistern, Volleyballspiel <strong>und</strong> vielesmehr. Besonders zu erwähnen sind die Spezialitäten,die unsere Teilnehmer aus ihren Heimatländern mitgebrachtoder selbst zubereitet haben <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erschönin den verschiedensten Farben <strong>und</strong> Geschmacksrichtungenpräsentierten. Dafür an dieserStelle noch mal ein grosses Dankeschön. Da fehlteeinzig noch die Musik <strong>und</strong> Tanz, hiess es! Lasst euchalso überraschen, <strong>und</strong> seid im Sommer 2010 wiederdabei. Das <strong>afk</strong>-Team freut sich bereits.Jeannine Erni


5 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>Arbeitsintegration von traumatisierten Flüchtlingen:Erste Erfahrungen mit «Ponte»Das Projekt «Ponte» zurberuflichen Integrationvon traumatisiertenMigrantinnen startete imMärz 20<strong>09</strong>. Es ist einGemeinschaftsprojektzwischen dem <strong>afk</strong> <strong>und</strong>dem SchweizerischenArbeiterhilfswerk (SAH)<strong>und</strong> wird vom B<strong>und</strong>esamtfür Migration unterstützt.Eine befriedigende Arbeit zu haben, ist für das Wohlbefindenvon zentraler Bedeutung <strong>und</strong> kann die Rehabilitationunserer Patienten entscheidend voranbringen.Die meisten Teilnehmer im Projekt «Ponte» habenkeine oder nur marginale Arbeitserfahrung in derSchweiz. Das Angebot, die berufliche Integrationdurch ein gezieltes Coaching zu fördern, entsprichteinem grossen Bedürfnis der <strong>afk</strong>-Patienten <strong>und</strong> diezehn verfügbaren Plätze waren schnell besetzt. DasAngebot eröffnet vielen die Hoffnung, sich finanziellauf eigene Füsse stellen zu können <strong>und</strong> selbständigerzu werden. Das Ziel der Integration in den ersten Arbeitsmarktkann jedoch nur mittelfristig erreicht werden.Die Teilnehmenden beginnen quasi bei Null, daihre im Heimatland erworbenen Diplome hier ungültigsind <strong>und</strong> Deutsch eine Fremdsprache ist für sie. Dazukommt die Beeinträchtigung durch physische <strong>und</strong>/oder psychische Symptome, die einschränkend seinkönnen für die angestrebte Tätigkeit. Die limitiertenMöglichkeiten zu erkennen <strong>und</strong> sich von beruflichenWunschvorstellungen zu verabschieden, ist oft einlanger <strong>und</strong> schmerzlicher Prozess. «Ponte» begleitetsolche Prozesse, die im positiven Fall zu einer befriedigendenArbeitsstelle/Tätigkeit führen. Das Akquirierenvon guten Praktikumsstellen ist nicht der arbeitsintensivsteTeil meiner Tätigkeit, die grosse Herausforderungsind die Beratungsgespräche mit denTeilnehmenden: Sie zu unterstützen, ohne sie zu bevorm<strong>und</strong>en,sie zu ermutigen, ohne ihnen falscheHoffnungen zu machen, sie zu fordern ohne sie zuüberfordern. Die Umsetzung des Projekts ist anspruchsvoll<strong>und</strong> oft auch anstrengend, aber es gibtkeinerlei Zweifel an seiner Notwendigkeit.Anna Ganz, «Ponte»-Job-CoachTraumatherapeuten gesuchtWenn Sie Folter- <strong>und</strong>Kriegsopfer behandelnwollen/können, so teilenSie uns Ihre Adresse mit.Da wir von Anmeldungen überschwemmt werden <strong>und</strong>selbst keine zusätzlichen Behandlungsressourcenschaffen können, sind wir sehr daran interessiert, Adressenvon Therapeutinnen <strong>und</strong> Therapeuten zu erhalten,die Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfer behandeln wollen <strong>und</strong>können. Unser Einzugsgebiet umfasst die gesamteNord-, Ost- <strong>und</strong> Zentralschweiz (inkl. Zürich, Aargau<strong>und</strong> Graubünden), d. h. für uns sind Namen aus allendiesen Regionen hilfreich. Wir sind beispielsweise daraufangewiesen, Patienten nach Abschluss der spezifischenBehandlung bei uns zu kompetenten Kollegenin die Nachbehandlung überweisen zu können, sowieZuweisenden Tipps für alternative Behandlungsmöglichkeitenangesichts der langen Wartelisten (sieheS. 2) zu geben. Wenn Sie also Interesse <strong>und</strong> Kapazitäthaben, Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfer psychotherapeutischzu betreuen, so können Sie gerne Ihre Koordinaten beiunsrem Sekretariat hinterlegen. Besonders wertvollsind für uns Hinweise auf besondere Sprachkenntnissebzw. Behandlungsmöglichkeiten mit Dolmetschern,da die Sprachbarriere eines der wichtigsten Behandlungshindernissefür unsere Patienten darstellt. Daunsere Patienten in der Regel nicht über grosse finanzielleMittel verfügen, so sollten Ihre Dienstleistungenzu Lasten der obligatorischen Krankenkasse abrechenbarsein.Mitteilung an: margret.jansen@usz.ch


6 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>Psychische Ges<strong>und</strong>heit von Asylsuchenden in der Schweiz:erste Bef<strong>und</strong>e unserer StudieNicht-klinische Asylsuchendein der Schweizweisen eine sehr hohepsychiatrische Morbiditätauf. Früherkennung<strong>und</strong> adäquate Behandlungwürde Leid mindern<strong>und</strong> helfen, Folgekosteneinzusparen.Asylsuchende, die an unser Ambulatorium überwiesenwerden, sind vielschichtigen psychischen Belastungenausgesetzt. Zu prämigratorischen traumatischenErfahrungen kommen postmigratorische Faktorenhinzu, die ihre Lebensbedingungen auch in derSchweiz erschweren. Unbekannt ist bislang, wie vieleAsylsuchende in der Schweiz – unabhängig von einerÜberweisung an uns – tatsächlich psychisch kranksind. Studien aus anderen Aufnahmeländern zeigenfür Asylsuchende hohe Raten an psychischen Störungen,insbesondere posttraumatischer Belastungsstörung(PTSD). Trotz der hohen globalen Relevanz desThemas gibt es im deutschsprachigen Raum kaumentsprechende Untersuchungen.Untersuchung von 90 Asylsuchenden mittelsklinischer InterviewsZwischen August 2008 <strong>und</strong> April 20<strong>09</strong> führte das <strong>afk</strong>mit 90 nicht-klinischen Asylsuchenden dolmetschergestützteklinische Interviews durch. Es handelte sichhierbei um eine zufällig generierte Stichprobe von erwachsenenAsylsuchenden im Kanton Zürich, die seitmaximal zwei Jahren in der Schweiz leben. Teilnehmendewurden unabhängig vom Herkunftsland anhand deszentralen Registers des B<strong>und</strong>esamtes für Migration(BfM) rekrutiert. Diagnosen stellten wir aufgr<strong>und</strong> vonDSM-IV Kriterien (Mini International NeuropsychiatricInterview MINI; Sheehan et al., 1997). Zusätzlich wurdendie Asylsuchenden nach prämigratorischen traumatischenErfahrungen <strong>und</strong> ihrer aktuellen Situation inder Schweiz befragt. Im Durchschnitt hatten die befragtenAsylsuchenden sechs verschiedene Traumatisierungenerlebt. Am häufigsten wurde Gewalt durchFremde <strong>und</strong> der gewaltsame Tod eines Familienmitgliedesangegeben. Foltererlebnisse waren ebenfalls unerwartethäufig, ein Viertel der Befragten gab Foltererfahrungenan.Sehr hohe psychiatrische Morbidität innicht-klinischer StichprobeWir fanden ein erschreckend hohes Ausmass an psychiatrischerMorbidität in unserer Stichprobe: 4 von10 Asylsuchenden erfüllen die Kriterien für mindestenseine psychische Störung. Nebenstehende Graphikzeigt die Anzahl Diagnosen. Am häufigsten diagnostiziertwurde Depression, fast ein Drittel der Stichprobeist davon betroffen. 22 % leiden an PTSD, <strong>und</strong>10 % an einer Schmerzstörung. Asylsuchende, die bereitsseit ein bis zwei Jahren in der Schweiz lebten,zeigten nicht weniger psychische Störungen als sol­che, die erst vor ein paar Monaten eingereist waren.Im Gegenteil, die Rate von PTSD war höher bei solchen,deren Einreise länger zurückliegt. Das Ausmassan anderen psychischen Störungen ist in beiden Gruppengleich gross. Die Frage drängt sich auf, welcheFaktoren mit der Ausbildung von psychischen Störungenzusammenhängen. In unserer Stichprobe zeigtesich: die Situation in der Schweiz – hierunter fällt dieAufenthaltsdauer, die Arbeitssituation, Deutschkenntnisse<strong>und</strong> soziale Kontakte – zeigte keine Assoziationenmit psychiatrischer Morbidität. Als einziger Faktorerwies sich die Anzahl erlebter Traumata vor derFlucht als ursächlich in der Ausbildung von psychischenStörungen.Früherkennung <strong>und</strong> Behandlung wäre wichtigWelche Schlüsse können aus diesen Resultaten gezogenwerden? Es handelt sich hier um eine kleine Studie,die allerdings aufgr<strong>und</strong> der klinischen Einschätzungdurch psychologisch geschulte Assessoren <strong>und</strong>aufgr<strong>und</strong> der Zufallsrekrutierung dennoch eine gewisseAussagekraft besitzt. Die Ergebnisse deutendarauf hin, dass es sich bei Asylsuchenden in derSchweiz um eine hochvulnerable Population handelt,von der ein grosser Teil unter starken psychischen Beschwerdenleidet. Da die Asylverfahren meist längerals 2 Jahre dauern, ist vertiefte <strong>und</strong> grösser angelegteForschung zur Entwicklung der psychischen Ges<strong>und</strong>heitim Verlauf des gesamten Asylverfahrens <strong>und</strong> derdaran anschliessenden Integrationsphase dringendnotwendig. Damit auf politischer, sozialer <strong>und</strong> medizinischerEbene Präventionsstrategien entwickelt werdenkönnen, müssen Faktoren identifiziert werden,die die Ges<strong>und</strong>heit dieser Bevölkerungsgruppe beeinflussen.Martina SchmidtPsychiatrische Morbidität bei Asylsuchenden(N=90)16 %18 %8 %58 %keine Diagnose1 Diagnose2 Diagnosen›2 Diagnosen


7 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>Warteliste im <strong>afk</strong> aus Sicht des Sekretariats:Die «never ending Story»Fast täglich müssenwir Zuweisende aufdie langen Wartezeitenim <strong>afk</strong> hinweisen <strong>und</strong>raten, die Patienten wennmöglich andernorts inBehandlung zu schicken.Unsere lange Warteliste ist Ihnen ja allen bekannt (vgl.S. 2). Manchmal bekomme ich täglich Anrufe von Ärztenoder Institutionen, es wird ein rascher Termin im Ambulatoriumfür Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfer gewünscht <strong>und</strong> jedesMal muss ich leider schweren Herzens auf unsereWarteliste verweisen. Wir können eigentlich im Momentkeine Patienten mehr aufnehmen, die Wartezeit beträgtca. 9 Monate.Um in unserer Institution auf die Warteliste zu kommen,benötigen wir eine schriftliche Anmeldung mit denDaten des Patienten, die Dolmetscherbedürftigkeit (jaoder nein, welche Sprache), den Aufenthaltstatus <strong>und</strong>falls nötig die Gatekeeperüberweisung. Leider ist esmanchmal so, dass ich nach der langen Wartezeit diePatienten an dem angegebenen Wohnort nicht findenkann (umgezogen) oder dass Patienten dann unabgemeldetnicht zum Erstgespräch erscheinen. So verpufftdie reservierte Zeit für den Arzt <strong>und</strong> den Dolmetscher,der natürlich trotzdem bezahlt werden muss. Das istgerade auch angesichts unserer begrenzten Ressourcensehr bedauerlich.Ich bitte alle weiterhin um Geduld <strong>und</strong> darum, sich zuüberlegen, ob eventuell andernorts eine Lösung für denPatienten/die Patientin gef<strong>und</strong>en werden kann. Gernestehe ich für telefonische Auskünfte zur Verfügung.Margret Jansen, Sekretärin <strong>afk</strong>Support for Torture Victims:Verb<strong>und</strong> der Schweizer BehandlungszentrenUnter dem Namen«Support for TortureVictims» haben sichvier spezialisierteBehandlungszentrenin der Schweiz zueinem Verb<strong>und</strong> zusammengeschlossen.In der Schweiz existieren neben dem <strong>afk</strong> Zürich nochweitere Institutionen, die sich auf die Behandlung vonFolter- <strong>und</strong> Kriegsopfern spezialisiert haben: Das <strong>afk</strong>Bern ist das älteste spezialisierte Zentrum <strong>und</strong> spieltein der Schweiz eine Pionierrolle bei der Therapie vonFolter- <strong>und</strong> Kriegsopfern. Als SRK-Behandlungszentrum1995 gegründet, ist es heute das grösste <strong>und</strong> traditionsreichsteAmbulatorium der Schweiz. Das SRKwar auch die treibende Kraft hinter der Gründung des<strong>afk</strong> Zürich <strong>und</strong> unterstützt unsere Institution nach wievor. In Genf <strong>und</strong> in Lausanne gibt es weitere vom SRKunterstützte spezialisierte Behandlungseinrichtungen(ctg Lausanne, ctg Genève), die sich mit den <strong>afk</strong>’sin Bern <strong>und</strong> Zürich zum nationalen Verb<strong>und</strong> «Supportfor Torture Victims» zusammengeschlossen haben.Dieser Verb<strong>und</strong> betreibt unter anderem eine Homepage(www.torturevictims.ch), auf der Informationen<strong>und</strong> Links zu Themen im Zusammenhang mit der Rehabilitationvon Folter- <strong>und</strong> Kriegsopfern zu finden sind.Als weitere Aktivität organisiert der Verb<strong>und</strong> am kommenden10. Dezember 20<strong>09</strong> (Tag der Menschenrechte)in Bern eine Fachtagung mit dem Titel «Das vergesseneTrauma – Umgang mit traumatisierten Kindern,Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen in Migrationsfamilien».Nähere Angaben <strong>und</strong> Anmeldemöglichten findenSie auf der erwähnten Internet-Site.


8 <strong>afk</strong> Update 3/20<strong>09</strong>ServiceteilHinweise auf VeranstaltungenNationale Fachtagung Support for TortureVictims: «Das vergessene Trauma – Umgangmit traumatisierten Kindern, Jugendlichen<strong>und</strong> Erwachsenen in Migrationsfamilien»,10. Dezember 20<strong>09</strong> (Internationaler Tag derMenschenrechte), Bern. Referenten (u. a.):Prof. Dr. Heinz Stefan Herzka, Zürich,Dr. Revital Ludewig, St. Gallen <strong>und</strong> Zürich,Dr. Gesine Sturm, Paris,PD Dr. Markus Landolt, Zürich.Anmeldung <strong>und</strong> weitere Informationen unter:www.torturevictims.chIFP Workshop: Positive <strong>Psychotherapie</strong>,Ges<strong>und</strong>heit in der Familie <strong>und</strong> Partnerschaftim Zeitalter der Globalisierung.Referenten: Prof. Dr. Nossrat Peseschkian,Dr. med. François Biland. 12./13. Februar 2010,Psychiatrische Poliklinik, UniversitätsSpitalZürich. Informationen <strong>und</strong> Anmeldung:www.psychiatrie.usz.chInternational Society for Traumatic Stress Studies(ISTSS): Psychotraumatology Meeting,17. April 2010, World Trade Center, Zürich,zusammen mit: 15. Zürcher PsychotraumatologieTagung, World Trade Center, Zürich20 th IFP World Congress of Psychotherapy andAnnual Congress of the Swiss FMPP(Jahreskongress der International Federationof Psychotherapy <strong>und</strong> der Foederatio MedicorumPsychiatricorum et Psychotherapeuticorum),«Psychotherapy: Science and Culture»,16. Juni 2010 – 19. Juni 2010, KKL, Luzern.Mehr unter: www.ifp-fmpp2010.comImpressumHerausgeber :Ambulatorium für Folter- <strong>und</strong>Kriegsopfer ( <strong>afk</strong> )Psychiatrische Poliklinik USZCulmannstrasse 88<strong>09</strong>1 ZürichTelefon 044 255 49 07Fax 044 255 86 45Verantwortlich :Thomas Maier ( thomas.maier@usz.ch )Auflage : 1350 ExemplareMöchten Sie diesen <strong>Newsletter</strong> inZukunft nicht mehr erhalten ?Stimmt Ihre Adresse nicht ?Möchten Sie diesen <strong>Newsletter</strong>in Zukunft in elektronischerForm erhalten ?Wenden Sie sich an unser Sekretariat :margret.jansen@usz.ch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!