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spezial Oldtimer Erlaubt ist, was gefällt... _ ... sollte man glauben, wenn man sich die neuen Richtlinien zur Begutachtung von Oldtimern nach Paragraph 23 der Straßenverkehrszulassungsordnung durchliest. Ein Gespenst geht um in Deutschland: Die Novellierung der Richtlinien zur Begutachtung von Oldtimern nach Paragraph 23 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) – also das sogenannte H-Gutachten, mit dem der Oldtimer-Eigentümer nach der erfolgreichen Begutachtung des Fahrzeugs bei einer Prüf- und Sachverständigenorganisation in den Genuss des einheitlichen Kfz-Steuersatzes von 191 Euro jährlich 4 <strong>amz</strong>-spezial Oldtimer 2012 kommt. Die neue Richtlinie trat nach mehreren Jahren langer Diskussionen am 1. November des vergangenen Jahres in Kraft. Schwarzseher in der Szene prophezeiten den Untergang des Abendlandes und die massenhafte Verschrottung vermeintlich historisch wertvoller Fahrzeuge, weil irgendeine Schraube seit der Auslieferung ausgetauscht worden ist und sie die zu erwartenden strengen Auflagen nicht mehr erfüllen können. Wer sich in den vergangenen Jahren mit Das Produkt mit zertifizierter Leistung - keine unfundierten Behauptungen www.QMI.de derart unsachlichen Diskussionen konfrontiert sah, der hat am besten nur eines gemacht: weggehört. Was ist nun aber tatsächlich herausgekommen bei der No- Original oder Fälschung? Angesichts der neuen Richtlinien für das H-Gutachten sollte der Oldtimer-Freund künftig genau hinschauen. Foto: GTÜ vellierung? Was ist erlaubt? Um es kurz zu machen: Eigentlich alles. Seit November werden Oldtimer nicht mehr in das fünfstufige Bewertungssystem eingeordnet (makellos, gut, gebraucht, verbraucht, restaurierungsbedürftig), sondern es gibt nur noch eine einheitliche Zugangsschwelle: guter Pflege- und Erhaltungszustand, angemessene Gebrauchsspuren, kein Fehlen wesentlicher Teile und originale oder zumindest zeitgenössische Ausstattung. Diese Voraussetzungen sind sehr allgemein formuliert und lassen viel Spielraum in der Bewertung. Während das H-Gutachten in den Jahren zuvor auch immer eine Richtlinie beim Kauf oder Verkauf eines Fahrzeugs war, sagt es heute eigentlich nur noch eines aus: „Dieses Auto ist ein Oldtimer.“ Das war´s. Rückschlüsse auf den Zustand im Detail lassen sich daraus nicht ziehen. Hier gilt also künftig: Besser selber das Fahrzeug genau ansehen. Angeblich strenger sollen die Änderungen bei der Frage nach dem Motor geworden sein. Hier gilt jetzt: Original, aus derselben Baureihe, 30 Jahre alt oder in
H-GUTACHTEN Der Fragenkatalog 1. Ist für das Fahrzeug eine Erstzulassung vor mehr als 30 Jahren nachweisbar? Wenn ja, weiter mit Frage 3. Wenn nein, weiter mit Frage 2. 2. Ist das Fahrzeug nachweislich vor mehr als 30 Jahren erstmals in Verkehr gekommen? 3. Ist das Fahrzeug in einem originalgetreuen Gesamtzustand? 4. Ist das Fahrzeug in einem guten Pflege-/Erhaltungszustand und mängelfrei im Sinne der StVZO, unter Berücksichtigung des damaligen Standes der Technik? Können diese Fragen mit ja beantwortet werden, kann das Fahrzeug als Oldtimer eingestuft werden. Ist das Fahrzeug nicht in einem originalgetreuen Gesamtzustand, sondern modifiziert, so ergeben sich aus dem Anforderungskatalog fünf weitere Fragen: 5. Wurden die Änderungen gegenüber dem Originalzustand bereits vor mehr als 30 Jahren vorgenommen? Wenn ja, dann sind dieses Änderungen zulässig. Wenn nein, weiter mit Frage 6. 6. Entsprechen die Änderungen gegenüber dem Originalzustand einem anderen Modell aus der Fahrzeugbaureihe? Wenn ja, dann sind diese Änderungen zulässig. Wenn nein, weiter mit Frage 7. Wurden die Änderungen innerhalb der ersten zehn Jahre nach Erstzulassung vorgenommen? Wenn ja, dann sind diese Änderungen zulässig. Wenn nein, weiter mit Frage 8. 8. Wären die Änderungen gegenüber dem Originalzustand innerhalb der ersten zehn Jahre nach Erstzulassung möglich gewesen und sind diese historisch korrekt durch Nachbildung eines historischen Vorbilds? Wenn ja, dann sind diese Änderungen zulässig. Wenn nein, weiter mit Frage 9. 9. Sind die konkreten Änderungen gegenüber dem Originalzustand im Beispielkatalog des Anforderungskataloges als zulässig aufgeführt? Wenn ja, dann sind diese Änderungen zulässig. Wenn nein, dann kann das Fahrzeug nicht als Oldtimer eingestuft werden. den ersten zehn Jahren nachgerüstet. Bisher durften auch zeitgenössische Aggregate verbaut sein, wenn sie technisch zum Fahrzeug passten. Das wohl populärste Beispiel – der Käfer mit dem gerade eingebauten Porsche-Motor – bekäme also nicht mehr so ohne Weiteres ein H-Gutachten. Das hat er allerdings vor der Novellierung auch nicht, weil sich der Eigentümer vom Gutachter ernsthaft hätte fragen lassen müssen, ob er sein Fahrzeug tunen will oder ob er ein historisches Original möchte. Nur zur Erinnerung: Das „H“ im Kennzeichen steht für „historisch“. Dafür erlaubt die neue Richtlinie weitgehende Spielräume bei Umbauten am Aggregat: Wurde das Fahrzeug fachmännisch und zeitgenössisch getunt, ist die H-Zulassung weiterhin möglich. Es ist also jetzt erlaubt, aus einem 02-BMW einen „tii“ zu machen, ebenso ist es möglich, einen 3er- BMW zum Alpina umzubauen und auch der NSU Prinz darf ohne Hemmungen zum „TT“ mutieren. Die gleichen Regeln gelten für Umbauten an der Karosserie. So ist beispielsweise der Umbau zum Cabrio erlaubt, wenn es auch ein Cabrio in der Baureihe gab oder Cabrio-Umrüster für das Modell lizensiert waren. Das Problem an der weitgehenden Vereinfachung der „Spielregeln“ ist, dass Oldti- mer schon lange nicht mehr die Liebhaberei von einigen wenigen Automobil-Enthusiasten sind. Immer mehr Menschen entdecken die alten Fahrzeuge als krisensichere und vermeintlich renditestarke Geldanlage – ein Credo, das ihnen an jeder Ecke vorgebetet wird. Mit dem spitzen Bleistift gerechnet, sieht das allerdings anders aus. Jedenfalls hat dieser Umstand in den vergangenen Jahren zu deutlichen Preissteigerungen und Spekulationen geführt. Vermeintlich leistungsschwache Vorkriegsfahrzeuge fallen im Preis. Gefragt sind hingegen leistungsstarke Fahrzeuge aus den späten 70er- und inzwischen sogar aus den 80er-Jahren. Sie erreichen ungerechtfertigte Preise. Die Geschäftemacher haben schon lange erkannt, dass sich hier insbesondere mit getunten und „aufgeschnittenen“ Exemplaren deutlich mehr Geld verdienen lässt als mit „langweiligen“ Originalen. Das Cabrio bringt immer mehr als das Coupe. Die Rennversion erreicht einen deutlich höheren Preis als das Opa-Auto. Gut erhaltene Originale werden dem Umbau geopfert, auf Dauer verpfuscht und dann als „historisch korrekt modifizierter Neuaufbau“ angeboten. Für den Oldtimer-Liebhaber bleiben sie immer nur eines: eine Fälschung. Tom Vahle �� <strong>amz</strong>-spezial Oldtimer 2012 5
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