Systemfehler PrüfungssystemSystemfehler PrüfungssystemHängen Lernaufwand undPrüfungsergebnisse eigentlichzusammen?Die SIP-Ergebnisse variierenstark zwischen den einzelnenTerminen. Das ist sicher nichtnur an den Teilnehmern selbst undderen Wissensstand auszumachen.Der Anteil der Neufragen schwanktebenso deutlich, und jeder der mehrereSIPs hinter sich hat und mit anderenSemestern Kontakt pflegt, weiß,dass manche SIPs als „geschenkt“gel ten, während man in anderenJahres prüfungen in vielen Blöckendie Altfragen an einer Hand abzählenkann.Dies spiegelt sich auch deutlich in denstatistischen Auswertungen der SIP-Ergebnisse wider:Bsp. SIP 6, Juli 2010Ergebnisse der SIP 6 am Haupttermin im Juli 2010Der Haupttermin im Juli 2010 warso eine Prüfung, die von vielenTeilnehmern als Geschenk empfundenwurde. Stolze 30 % der Prüflingeerhielten einen Einser, derAnteil der Studenten, die weder mitEins noch mit Zwei benotet wurden,lag gerade einmal bei lächerlichen11 %. Auch zum Folgetermin imSeptember konnten sich über 21 %der Studenten über die Bestnotefreuen, deutlich über ein Drittelüber eine Zwei.Im krassen Gegensatz dazu stehen dieErgebnisse des September-Termins desFolgejahres:Bsp. SIP 6, September 2010Über ein Drittel der Teilnehmerkonnte die Prüfung nicht bestehen,die Chance, einen Einser zu bekommen,war mit unter 2 % praktischnicht vorhanden. Hier wurden vieleStudenten, die sich, teils direkt nachder langwierigen Fertigstellungihrer Diplomarbeiten, monatelanggezielt vorbereitet hatten, schlichtwegum ihre Chancen gebracht. WerErgebnisse der SIP 6 im September 2010sich danach unter den Teilnehmernumhörte, wird von der überraschendenDetailtiefe vieler Fragenund dem außergewöhnlich hohenNeufragenanteil gehört haben.Was ist der Grund hierfür? Wurden dadem Folgejahrgang die Geschenke von2010 in Rechnung gestellt? Und vorallem: Sieht so eine faire Benotung aus?Hier scheint die Willkür der Prüfungskommissionund Fragensteller zu regieren,welcher die Studenten ausgeliefertsind. Ein verlässlicher Zusammenhangzwischen Prüfungsvorbereitung und-ergebnis ist abhanden gekommen.Dies ist nicht nur frustrierend, sondernauch ungerecht. Warum sollte6med4you • Zeitung der Universitätsvertretung <strong>Medizin</strong> an der MUW
Systemfehler Prüfungssystemman dann nicht gleich ausschließlichFebruar-SIPs schreiben, von denenTeilnehmer berichten, es würden lediglichAltfragen darin gestellt, weswegenman bis zu traumhafte 98 % korrektbeantworteter Fragen erzielen könne?Eine faire Bewertung muss die Praxisbeinhalten, die Notengrenzen abeinem gewissen Punkt auch anzupassen.Nämlich dann, wenn die Prüfungdeutlich zu gut oder schlecht ausfällt.Wenn die Prüfer schon den Bezugman die willkürlich erscheinendenAnforderungsunterschiede ein undderselben Prüfung zu den unterschiedlichenTerminen glättete, könnte derverloren gegangene Zusammenhangzwischen Prüfungsvorbereitung und-ergebnis wieder hergestellt werden.Über den Durchschnittvon SchubladenVieles kann zur LeistungsbereitschaftWas sicher weniger motivierend wirkt,ist eine unfaire Bewertung der erbrachtenLeistungen. Wer davon profitiert,wird kaum Grund zu weitererSteigerung sehen, wer davon benachteiligtwird, verliert die Lust. Jederfrisch gebackene <strong>Medizin</strong>er wird sichzunächst einmal für eine Stelle bewerbenmüssen, und üblicherweise nichtnur für eine, bevor er im Berufslebenankommt.Es mag sein, dass die Noten in derBewerbungsmappe eines <strong>Medizin</strong>ers,im Vergleich zu anderen Studiengängen,weniger im Vordergrund stehen. Aberwenn auf zwei ansonsten gleich qualifizierteBewerber nur eine Stelle vergebenwerden kann, dann wird derNotenschnitt den Unterschied machen.Die Tatsache, dass auf einemAbschlusszeugnis der MUW nicht einmalein Notenschnitt angegeben wird,ändert nichts an der realen Relevanzdieses Kriteriums.Wie wird also derNotenschnitt gebildetwerden?Ergebnisse der SIP 6 am Haupttermin des Folgejahres 2011Im Falle der MUW ist das ja ganzeinfach: Man bildet den Durchschnittder sechs SIP-Noten. Und genau darinliegt das Problem. Diese spiegeln diejeweilige Prüfungsleistung ja nichtgenau wieder, sondern stellen nur dieSchublade dar, in welche unterschiedlicheLeistungen kategorisiert werden.Ob 80,5 % oder 89,5 % der Fragenkorrekt beantwortet wurden: Beideswird zu einem „Zweier“. Die so entstehendenNotendurchschnitte stehendaher nur in grobem Zusammenhangzu der realen Prüfungsleistung desStudenten/Absolventen.Zur Veranschaulichungfolgendes Beispiel:Dieter und Stefan befinden sich imfünften Studienjahr. Ihre SIP-Notenbelaufen sich bisher wie folgt:Dieter:2 (82%) 1 (93%) 2 (81%) 3 (72%)Ergebnisse der SIP 6 im September 2011zum Schwierigkeitsgrad ihrer eigenenPrüfungsmaterie verloren haben(nehmen wir mal ganz naiv an, deraußergewöhnliche Schwierigkeitsgradim September 2011 war nicht beabsichtigt),dann müssen wenigstens dieNotengrenzen so angepasst werden,dass ein plausibel und fair erscheinenderAnteil an Studenten dennochein Eins, Zwei, etc. bekommt. Indemim Studium beitragen: das pureInteresse an der Materie, beruflicherEhrgeiz, sich an den Leistungen vonMitstudenten zu messen, etc. etc.Stefan:2 (89%) 3 (78%) 2 (88%) 1 (95%)Den Noten nach haben also beideeinen Durchschnitt von 2,0. So weit,so gut.Den Prozentwerten nach hat aber keinervon beiden einen Durchschnittvon 2,0! Dieter hat im Schnitt 82 %der Fragen richtig beantwortet, waseinem Notenschnitt von 2,7 entspricht.med4you • Zeitung der Universitätsvertretung <strong>Medizin</strong> an der MUW7