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<strong>INFO</strong><br />
1/2005<br />
34. Jahrgang<br />
<strong>INFO</strong>RMATIONEN<br />
FÜR RELIGIONS-<br />
LEHRERINNEN UND<br />
RELIGIONSLEHRER<br />
BISTUM LIMBURG<br />
Bewegung Gottes<br />
Wege <strong>de</strong>s Pilgerns
EDITORIAL<br />
Santiago <strong>de</strong> Compostela - Muscheln © picture-alliance<br />
Gott ist nicht ortsfest. Er ist ein Gott <strong>de</strong>r Bewegung.<br />
Der nicht selbst gemachte Gott Abrahams, Isaaks, Jakobs<br />
und Jesu lässt sich nicht festhalten und wie ein Ding in Besitz<br />
nehmen. Seine Grundbewegung ist, dass er sich als <strong>de</strong>r<br />
sich Entziehen<strong>de</strong> offenbart. Wir können ihm sehr nahe<br />
kommen, dann ist die Re<strong>de</strong> vom Vorübergang.<br />
Es gehört zum Beeindruckendsten, was ich je über Gott<br />
gehört habe, dass Gottes Größe von einer Mutter erfahren<br />
wur<strong>de</strong>, die bei einem Unfall, eingeklemmt in einem Auto,<br />
mit zusehen musste, wie ihr Kind bei lebendigen Leib verbrannte.<br />
Unter Tränen hat sie das bekannt. Auch im Mysterium<br />
<strong>de</strong>s Schreckens und <strong>de</strong>s Schrecklichen kann Gott sich<br />
zeigen. Es ist ein schrecklicher Vorübergang, ein Pessach,<br />
<strong>de</strong>r uns davor bewahrt, <strong>de</strong>n Lieben Gott allzu lieblich als<br />
<strong>de</strong>n Letztverantwortlichen für unser Wohlbefin<strong>de</strong>n anzusehen.<br />
Wer die Herrlichkeit Gottes aus <strong>de</strong>r Tiefe<br />
heraus preist, <strong>de</strong>ssen Gebet durchmisst das Menschenmögliche.<br />
Die Bewegung Gottes zu erkennen, heißt auch, zu<br />
erkennen, dass wir seine Wege nicht kennen, auch dann,<br />
wenn wir ihm nahe kommen wollen. Wollen aber hängt mit<br />
Können zusammen. Dass Gottesnähe<br />
möglich ist, lehrt unübertrefflich<br />
das Beispiel Jesu.<br />
Immer ist sie ein Geschenk.<br />
Mit genügend Ausdauer ist es<br />
ausgemacht, dass wir Santiago<br />
auf <strong>de</strong>m Camino erreichen<br />
wer<strong>de</strong>n. Ob es das Grab <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Bonifatius, <strong>de</strong>r nächste<br />
Wallfahrtsort o<strong>de</strong>r die sieben<br />
Hauptkirchen Roms sind –<br />
diese Ziele sind realistisch. Es<br />
ist gut, dass es sie gibt, allein<br />
schon <strong>de</strong>shalb, damit wir nicht, <strong>de</strong>n merkwürdigen Spruch<br />
„Der Weg ist das Ziel“ murmelnd im Kreis herumlaufen.<br />
Jesus sagt von sich: Ich bin <strong>de</strong>r Weg. Pessach – Vorübergang<br />
ist auch das Wort für Ostern.<br />
Dr. Eckhard Nordhofen<br />
– Dezernent –
BEITRÄGE<br />
„Geleite durch die Welle …“ – Christliche Wallfahrt durch die<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rte / Matthias Th. Kloft 4<br />
Durch die finstern Winkel <strong>de</strong>r Völker Germaniens / Burghart Jürgens 14<br />
2200 Kilometer bis Santiago – Unterwegs auf <strong>de</strong>m<br />
Lahn-Camino / Helmut Zimmermann 17<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
Pilgern – Christliche Antwort auf postmo<strong>de</strong>rnes<br />
Vagabundieren / Christof May 19<br />
Menschlich han<strong>de</strong>ln in einer Welt <strong>de</strong>r Unmenschlichkeit –<br />
„DER NEUNTE TAG“ / Franz-Günther Weyrich 30<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
Literaturübersicht 37<br />
Rezensionen 38<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
Zur Person 50<br />
Tag <strong>de</strong>r Religionspädagogik 2005 stellt sich zur Wahl 51<br />
Woche für das Leben 2005 51<br />
Berufliche Bildung mit religiöser Kompetenz / Vieira Pirker / Klaus Kießling 52<br />
<strong>Limburg</strong>er Mo<strong>de</strong>ll hat Schule gemacht 56<br />
Europäische I<strong>de</strong>ntität und kultureller Pluralismus 58<br />
Mehr religiöse Praxis in <strong>de</strong>r Schule wagen 59<br />
Kirchliche Richtlinien zu Bildungsstandards 60<br />
<strong>Limburg</strong>er Dom auf DVD 61<br />
<strong>INFO</strong> Einzelheftbestellung 62<br />
Weltjugendtag 2005. Interview mit Dr. Christof Strü<strong>de</strong>r / Markus Dillmann 63<br />
Tage <strong>de</strong>r Begegnung im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> 64<br />
Das Wesentliche fin<strong>de</strong>n 65<br />
Veranstaltungen 65<br />
SONSTIGES<br />
Unsere Autorinnen und Autoren / Rezensentinnen und Rezensenten 69<br />
Dezernat Schule und Hochschule, <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> 70<br />
Ämter für Katholische Religionspädagogik in <strong>de</strong>n Bezirken 71<br />
Impressum<br />
Verlag:<br />
Verlag <strong>de</strong>s Bischöflichen Ordinariats<br />
<strong>Limburg</strong><br />
Roßmarkt 12, 65549 <strong>Limburg</strong><br />
Herausgeber:<br />
Dezernat Schule und Hochschule im<br />
Bischöflichen Ordinariat <strong>Limburg</strong><br />
Roßmarkt 12, 65549 <strong>Limburg</strong><br />
Fon 06431/295-235<br />
Fax 06431/295-237<br />
www.schule.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
schule@<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Schriftleitung:<br />
Dipl.-Theol. Martin W. Ramb<br />
m.ramb@<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Redaktion:<br />
Franz-Josef Arthen, Christa Kuch,<br />
Bernhard Merten, Martin E. Musch-<br />
Himmerich, Martin W. Ramb, Franz-<br />
Günther Weyrich<br />
Offizielle Äußerungen <strong>de</strong>s Dezernates Schule<br />
und Hochschule wer<strong>de</strong>n als solche gekennzeichnet.<br />
Alle übrigen Beiträge drücken die<br />
persönliche Meinung <strong>de</strong>r Verfasser/-innen aus.<br />
Nachdruck, elektronische o<strong>de</strong>r photomechanische<br />
Vervielfältigung nur mit beson<strong>de</strong>rer<br />
Genehmigung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />
Bei Abbildungen und Texten, <strong>de</strong>ren Urheber<br />
wir nicht ermitteln konnten, bitten wir um<br />
Nachricht zwecks Gebührenerstattung.<br />
Buchbesprechungen:<br />
Rezensionsexemplare bitte direkt an<br />
die Redaktion sen<strong>de</strong>n. Besprechung<br />
und Rücksendung nicht verlangter<br />
Bücher kann nicht zugesagt wer<strong>de</strong>n.<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Bernhard Merten, Altheimstraße 18<br />
60431 Frankfurt am Main<br />
Fon 069/515057<br />
Layout:<br />
Ute Stotz, Kommunikations-Design,<br />
Westerwaldstr. 14, 56337 Ka<strong>de</strong>nbach<br />
Fon 0 26 20 / 95 35 39<br />
Druck:<br />
JVA Diez, <strong>Limburg</strong>er Straße 122<br />
65582 Diez<br />
Fon 06432 /609 -3 40, Fax -3 43<br />
<strong>INFO</strong> erscheint vierteljährlich und kostet<br />
8.00 EUR im Jahr (zzgl. Versandkosten),<br />
Einzelheft: 2.00 EUR (zzgl. Versandkosten).<br />
Religionslehrer/-innen, Pastorale Mitarbeiter/-innen<br />
und Geistliche, die im Bereich<br />
<strong>de</strong>r Diözese <strong>Limburg</strong> arbeiten, erhalten<br />
<strong>INFO</strong> kostenlos zugesandt.<br />
Beilagenhinweis:<br />
Der Gesamtauflage sind ein<br />
Überweisungsträger, ein Brief <strong>de</strong>s<br />
Borromäusvereins e. V. sowie je ein<br />
Prospekt <strong>de</strong>s Katholischen Bibelwerkes<br />
und <strong>de</strong>s Verlages Her<strong>de</strong>r beigefügt.<br />
Wir bitten um freundliche Beachtung.<br />
Titelbild:<br />
© Santiago <strong>de</strong> Compostela, picture-alliance<br />
© Verlag <strong>de</strong>s Bischöflichen Ordinariats,<br />
<strong>Limburg</strong>/Lahn 2005<br />
ISBN 3-921221-32-3<br />
ISSN 0937-8162 (print)<br />
ISSN 1617-9234 (online)<br />
INHALT
BEITRÄGE<br />
4<br />
“Geleite durch die Welle ...”<br />
Aspekte christlicher Wallfahrt durch die Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />
1. ”Geleite durch die Welle...” –<br />
Eine spezielle Wallfahrt<br />
1.1 Bornhofen – Einführung in das<br />
Thema mit einer speziellen<br />
Wallfahrt<br />
„Pfaffenstraße“ wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rhein in<br />
<strong>de</strong>r frühen Neuzeit genannt – nicht jedoch<br />
weil so viele Geistliche per Schiff<br />
gereist wären, die geistlichen Territorien<br />
zählten die Mehrheit <strong>de</strong>r<br />
Anrainerstaaten bis zum Jahre<br />
1803. Dennoch ist <strong>de</strong>r Rhein<br />
auch eine geistliche Straße. Ein<br />
Wallfahrtslied <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
beschreibt die einzige<br />
größere Schiffswallfahrt <strong>de</strong>s<br />
großen Stromes: „Geleite durch<br />
die Welle das Schifflein treu<br />
und mild / zur heiligen Kapelle,<br />
zu <strong>de</strong>inem Gna<strong>de</strong>nbild, / und<br />
hilf ihm in <strong>de</strong>n Stürmen, wenn<br />
sich die Wogen türmen! / Maria,<br />
Maria, o Maria hilf.“<br />
Das Bornhofener Wallfahrtslied<br />
– dorthin führt die<br />
Schiffswallfahrt – ist von zwei<br />
Elementen geprägt: Wie in <strong>de</strong>r<br />
romantischen Oper Albert<br />
Lortzings: „Der Wildschütz“,<br />
symbolisiert das Schiff <strong>de</strong>n<br />
manchmal geschüttelten und<br />
manchmal ruhigen Lebensweg:<br />
„Auf <strong>de</strong>s Lebens hellen Wogen<br />
jagt mein Schifflein leicht dahin<br />
– keine Wolk’ am Himmelsbogen<br />
trübet mir <strong>de</strong>n heitren<br />
Sinn.“ Aber nicht nur für die symbolische<br />
Reise, auch für die konkrete<br />
Fahrt erbittet <strong>de</strong>r Beter <strong>de</strong>s Bornhofener<br />
Lie<strong>de</strong>s <strong>de</strong>n göttlichen Schutz. Das<br />
Lied bringt das doppelte Gesicht einer<br />
Wallfahrt zum Ausdruck: Der Pilger<br />
braucht die Hilfe beim konkreten Weg,<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>de</strong>n er begonnen hat. Der Weg ist aber<br />
gleichzeitig eine symbolische Reise,<br />
die ihm die Nähe Gottes auf <strong>de</strong>m Lebensweg<br />
aufzeigt.<br />
Dabei ist Bornhofen, heute Kamp-<br />
Bornhofen, ein typischer Wallfahrtsort<br />
am Mittelrhein. Typisch gehört dazu<br />
auch die nicht in allen Zügen klare Geschichte.<br />
Wie so oft liegt <strong>de</strong>r eigentliche<br />
Beginn <strong>de</strong>r Wallfahrt im Dunkel.<br />
Um 1224 ist ein Priester in Bornhofen<br />
Wallfahrtskirche in Bornhofen • um 1890 © Verlag von Schafstein, Köln<br />
bezeugt, <strong>de</strong>r 1311 als Hilfspriester <strong>de</strong>s<br />
Pfarrers von Kamp bezeichnet wird. Im<br />
Zusammenhang mit dieser Urkun<strong>de</strong> wird<br />
auch zum ersten Male ein<strong>de</strong>utig von einem<br />
wun<strong>de</strong>rtätigen Bild gesprochen –<br />
auch wenn in <strong>de</strong>r Literatur ebenfalls<br />
1244, 1289 und 1295 genannt wer<strong>de</strong>n.<br />
Matthias Th. Kloft<br />
Sicheren Bo<strong>de</strong>n betritt man in <strong>de</strong>r<br />
Wallfahrtsgeschichte jedoch erst im<br />
15. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Anfang dieses Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
baut nämlich <strong>de</strong>r Ritter Johannes<br />
Brömser von Rü<strong>de</strong>sheim († 1416), Vizdom<br />
<strong>de</strong>s Rheingaus, <strong>de</strong>r auch am Beginn<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrt von Nothgottes im Rheingau<br />
steht, die Wallfahrtskirche in <strong>de</strong>n<br />
heutigen großen Ausmaßen. Die Überreste<br />
<strong>de</strong>s Hochaltars von 1415, geschaffen<br />
durch <strong>de</strong>n Maler Berthold von Nördlingen,<br />
im Rheinischen Lan<strong>de</strong>smuseum<br />
Bonn und Hessischen<br />
Lan<strong>de</strong>smusem Darmstadt beweisen<br />
eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Ausstattung.<br />
Erst 1435, unter seinem<br />
Sohn Johannes, wird <strong>de</strong>r<br />
Kirchbau vom zuständigen<br />
Trierer Erzbischof Raban von<br />
Helmstatt geweiht. Schon En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts soll jährlich<br />
eine Schiffsprozession von<br />
St. Maria Lyskirchen in Köln<br />
gekommen sein. Eine Ablassurkun<strong>de</strong><br />
von 1522 beweist je<strong>de</strong>nfalls<br />
einen großen Radius <strong>de</strong>r<br />
Bornhofener Wallfahrt. Sicher<br />
bezeugte Wallfahrtsstrecken gibt<br />
es jedoch erst ab 1610 durch die<br />
Bürgersodalität ‘Unserer Lieben<br />
Frauen’ von Koblenz. „Bey dieser<br />
Wallfahrt zu mercken, daß<br />
man son<strong>de</strong>rlich in Acht nehmen<br />
müsse, daß im Schiff gute Ordnung<br />
gehalten wer<strong>de</strong>, nemlich,<br />
daß die Clerisey <strong>de</strong>n besten Ort<br />
innehabe, und nit die Weiber.“<br />
[Stramberg, Rhein. Antiquarius<br />
II,4 S.761]<br />
Erst die zweite Hälfte <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
kennt, sicher auch als Zeichen<br />
<strong>de</strong>r katholischen Reform, eine spezielle<br />
Seelsorge. Erzbischof Karl Caspar von<br />
<strong>de</strong>r Leyen holt zuerst (1662) Franziskaner<br />
von Boppard, die von Johann Hugo
von Orsbeck durch die gegenreformatorischeren<br />
Kapuziner (1680) ersetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r 1688-91 an <strong>de</strong>r gotischen<br />
Kirche errichteten Wallfahrtskapelle<br />
wird bis heute ein in dieser Zeit<br />
aus Babenhausen beschafftes Gna<strong>de</strong>nbild<br />
bewahrt (15.Jh.). Die Min<strong>de</strong>rbrü<strong>de</strong>r<br />
bewirken einen großen Aufschwung<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrt – trotz <strong>de</strong>r exponierten<br />
Lage <strong>de</strong>s Ortes in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r reformierten<br />
Nie<strong>de</strong>rgrafschaft Katzenelnbogen<br />
(Hessen). Diese wirkt sich sogar<br />
auf <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrn <strong>de</strong>s Gebietes aus.<br />
Der Konvertit Ernst von Hessen-Rheinfels-Rothenburg<br />
lässt sich nach seinem<br />
Tod (1693) in <strong>de</strong>r Wallfahrtskirche begraben.<br />
Zeitweise waren die Wallfahrer<br />
durch die kriegerischen Ereignisse<br />
<strong>de</strong>s pfälzischen Erbfolgekriegs bedroht,<br />
konnten <strong>de</strong>r Bedrohung jedoch durch eine<br />
Fußwallfahrt auf <strong>de</strong>r rechtsrheinischen<br />
Seite statt <strong>de</strong>r Schiffswallfahrt entgehen.<br />
Das 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt bringt mit einer<br />
1704 durch Papst Clemens XI. ausgestellten<br />
Ablassurkun<strong>de</strong> weiteren Aufschwung.<br />
Ab Mitte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
wur<strong>de</strong>n regelmäßig 62 Prozessionen mit<br />
bis zu 40.000 Kommunikanten gezählt.<br />
Ein Mirakelbuch <strong>de</strong>r Jahre 1681-1789<br />
bezeugt das hohe Interesse und ist ein<br />
seltenes Zeugnis <strong>de</strong>r Volksreligiosität.<br />
Die aufklärerische Kritik brachte<br />
jedoch En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts einen<br />
Umschwung. Pfarrwallfahrten mussten<br />
teilweise umgeleitet wer<strong>de</strong>n. So wur<strong>de</strong><br />
die Camberger Pfarrwallfahrt nach<br />
Bornhofen wegen „dabey stattgehabter<br />
Unordnung und Mißbräuchen“ ab 1785<br />
auf <strong>de</strong>n innerhalb <strong>de</strong>r Pfarrgrenzen<br />
Cambergs liegen<strong>de</strong>n, neu geschaffenen<br />
Wallfahrtsort Schwickershausen umgewidmet.<br />
Ab 1807 betrieb die neue<br />
nassauische Regierung die Aufhebung<br />
von Wallfahrt und Kloster und schloss<br />
dies 1813 mit <strong>de</strong>r Vertreibung <strong>de</strong>r Kapuziner<br />
ab. Selbst in <strong>de</strong>r Verbotszeit<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrt 1813-1821 kamen jedoch<br />
Wallfahrten an <strong>de</strong>n einst berühmten<br />
Ort. Schon ab 1821 konnte man daher<br />
zuerst in Nassau wie<strong>de</strong>r gedul<strong>de</strong>te<br />
Wallfahrten durchführen. Mit <strong>de</strong>m Kauf<br />
<strong>de</strong>s alten Kapuzinerklosters durch Bischof<br />
Blum 1850 und <strong>de</strong>r Berufung von<br />
Re<strong>de</strong>mptoristen nach Bornhofen nor-<br />
malisierte sich <strong>de</strong>r Wallfahrtsbetrieb<br />
auf ein Niveau vor <strong>de</strong>r Aufklärung. Im<br />
Jahr 1852 zählte man schon wie<strong>de</strong>r 79<br />
Prozessionen und 18.400 Kommunionen.<br />
Der Kulturkampf brachte 1873 eine<br />
erneute Vertreibung <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsleute.<br />
1876 - 1878 wur<strong>de</strong> sogar die Kirche,<br />
die ja nur eine Or<strong>de</strong>nskirche war, geschlossen.<br />
Dennoch kamen die Gläubigen<br />
im Kampf gegen die Unterdrückungsmaßnahmen<br />
<strong>de</strong>r preußischen Regierung,<br />
aber einzeln, in kleinen Gruppen.<br />
1884 zeigte sich die Wallfahrt<br />
wie<strong>de</strong>rum größer als zuvor, zumal 1890<br />
mit Berufung von Franziskanern <strong>de</strong>r<br />
thüringischen Provinz auch wie<strong>de</strong>r ein<br />
Or<strong>de</strong>n für die Wallfahrtsseelsorge gewonnen<br />
wer<strong>de</strong>n konnte. Vielleicht auch<br />
wegen <strong>de</strong>s „Ausflugswertes“ konnte<br />
sich Bornhofen mit <strong>de</strong>r Rheinwallfahrt<br />
auch über alle Krisen <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
als beliebtes Wallfahrtsziel erhalten.<br />
Exemplarisch zeigt <strong>de</strong>r Ort vieles,<br />
was die Geschichte von Wallfahrtsorten<br />
ausmacht. Von <strong>de</strong>r Dunkelheit <strong>de</strong>r<br />
Entstehung über die Bedrohung durch<br />
kirchliche und staatliche Verän<strong>de</strong>rungen<br />
bis zur Erhaltung durch das stärkere<br />
Durchhaltevermögen <strong>de</strong>s gläubigen<br />
Volkes kehrt vieles an Bornhofen auch<br />
in <strong>de</strong>r Geschichte vieler an<strong>de</strong>rer Wallfahrtsorte<br />
wie<strong>de</strong>r.<br />
Das Beson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Bornhofener<br />
Wallfahrt, das Schiff, bringt diese Wallfahrt<br />
auch mit einem <strong>de</strong>r ältesten Zeugnisse<br />
für christliche Wallfahrt überhaupt<br />
in Verbindung. Unter <strong>de</strong>r Helenakapelle<br />
<strong>de</strong>r Jerusalemer Grabeskirche<br />
fand man nämlich um 1980 eine<br />
einfache Schiffszeichnung mit <strong>de</strong>r Inschrift<br />
„Domine ivimus – Wir gehen<br />
zum Herrn“, die durch ihre Lage nur<br />
vorkonstantinisch sein kann und möglicherweise<br />
ein Pilgerdank aus <strong>de</strong>r Zeit<br />
vor <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Christentum<br />
als ‘religio licita’ (um 300) darstellt. An<strong>de</strong>rs<br />
als das Mittelmeer stellt <strong>de</strong>r Rhein<br />
keine wirkliche Gefahr für die Pilgerfahrt<br />
dar – Stürme spielen am Rhein<br />
nicht die Rolle wie auf hoher See –,<br />
<strong>de</strong>nnoch gilt auch hier: Die Fahrt ist<br />
immer auch ein Abbild <strong>de</strong>s Lebensweges.<br />
Eine Reise wird gemacht, um in ihren<br />
Mühen das eigene Leben zu über-<br />
<strong>de</strong>nken und zur Conversio – <strong>de</strong>r Umkehr<br />
zu Gott zu kommen.<br />
1.2 Die Kritik an <strong>de</strong>r Wallfahrt in<br />
<strong>de</strong>r Reformation, <strong>de</strong>r Aufklärung<br />
und im Kulturkampf<br />
So wichtig das Umkehrmoment <strong>de</strong>r<br />
Wallfahrt für die Glaubensbildung ist,<br />
so ist gera<strong>de</strong> die Reise wenigstens für<br />
Kirchenstrukturen auch ein Moment<br />
<strong>de</strong>r Gefahr: Sie entzieht sich nämlich<br />
immer wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kontrolle. Nicht zuletzt<br />
<strong>de</strong>shalb wur<strong>de</strong>n Wallfahrten in <strong>de</strong>r<br />
Reformation, in <strong>de</strong>r Aufklärung <strong>de</strong>s<br />
ausgehen<strong>de</strong>n 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts und im<br />
Kulturkampf verboten. Die kirchliche<br />
Hierarchie im katholischen Bereich bemühte<br />
sich dagegen eher, die Wallfahrten<br />
und ihre Riten zu kontrollieren.<br />
Die Reformation beginnt ihre Wallfahrtskritik<br />
insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m oft<br />
damit verbun<strong>de</strong>nen Heiligenkult. Gera<strong>de</strong><br />
die Erfahrungen, die Martin Luther<br />
bei seiner Romfahrt im Heiligen Jahr<br />
1500 machte, wer<strong>de</strong>n wohl auch seine<br />
Ablehnung dieser Frömmigkeitsform<br />
geför<strong>de</strong>rt haben. Für die neuen Kirchherren,<br />
die reformierten Lan<strong>de</strong>sherren,<br />
war es jedoch wohl mehr <strong>de</strong>r Kontrollentzug<br />
über die Untertanen, <strong>de</strong>r die<br />
Wallfahrten so suspekt machte. In einer<br />
Zeit in <strong>de</strong>r man mit Hilfe <strong>de</strong>r lutherischen<br />
Policeyordnungen die Disziplinierung<br />
<strong>de</strong>r Untertanen intensivieren<br />
wollte, waren gera<strong>de</strong> die oft in<br />
frem<strong>de</strong>s Territorium führen<strong>de</strong>n Pilgerfahrten<br />
ein Dorn im Auge. Die nicht<br />
immer unberechtigte reformatorische<br />
Kritik an Auswüchsen <strong>de</strong>r Wallfahrten<br />
mit ihrer Abgötterei taten ihr Übriges.<br />
Eine Durchsetzung <strong>de</strong>s reformatorischen<br />
Wallfahrtsverbots brauchte jedoch oft<br />
sehr lange. So konnte man im Westerwäl<strong>de</strong>r<br />
Höhn 1590, fünfzig Jahre nach<br />
<strong>de</strong>r lutherischen und zwanzig Jahre<br />
nach <strong>de</strong>r calvinistischen Reformation,<br />
die dortige Johanneswallfahrt erst durch<br />
Vermauerung <strong>de</strong>r im Wallfahrtsritus<br />
eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle spielen<strong>de</strong>n<br />
Kirchhofspforte dauerhaft verhin<strong>de</strong>rn.<br />
Das Wallfahrtsbild <strong>de</strong>r im Mittelalter<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Wallfahrtskirche von Marienfels<br />
auf <strong>de</strong>m Einrich, die „Maria<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BEITRÄGE<br />
5
BEITRÄGE<br />
6<br />
mit <strong>de</strong>m Pilz“, befin<strong>de</strong>t sich noch heute<br />
an einem hervorragen<strong>de</strong>n Platz im<br />
Chor <strong>de</strong>r Kirche. Der Altar wur<strong>de</strong> sogar<br />
im Barock renoviert.<br />
Während die Gegenreformation<br />
und die katholische Reform im 17. und<br />
frühen 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt Wallfahrt sogar<br />
beför<strong>de</strong>rn, macht sich in <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche erst mit <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> im<br />
Rheinland und Norditalien starken Aufklärung<br />
eine große Wallfahrtskritik breit.<br />
Die Wallfahrten, beson<strong>de</strong>rs wenn sie<br />
über <strong>de</strong>n Kirchspielssprengel hinausgingen,<br />
hin<strong>de</strong>rten die Menschen an <strong>de</strong>r<br />
Arbeit und verlockten in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r<br />
staatlichen Obrigkeit – auch <strong>de</strong>r geistlichen<br />
Territorien – die Menschen zu gefährlichem<br />
Müßiggang. Beson<strong>de</strong>rs beför<strong>de</strong>rten<br />
sie mit <strong>de</strong>r oft nicht starken<br />
Trennung <strong>de</strong>r Geschlechter bei <strong>de</strong>n Übernachtungsmöglichkeiten<br />
die Unmoral,<br />
was auch ein im 18. und 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
am Mittelrhein verbreitetes Schimpfwort<br />
„Du abgetriwwener Wallfahrtsbankert“<br />
wi<strong>de</strong>rspiegelt. Außer<strong>de</strong>m wi<strong>de</strong>rsprach<br />
die beson<strong>de</strong>re Verehrung eines<br />
Heiligen o<strong>de</strong>r Mariens direkt <strong>de</strong>r aufgeklärten<br />
Theologie. Einer <strong>de</strong>r großen<br />
Kritiker war <strong>de</strong>r ehemalige Benediktiner<br />
und spätere württembergische Rat<br />
Leonhard Maria Werkmeister: (* 1745<br />
Füssen, † 1823 Stuttgart; 1807 Geistlicher<br />
Rat, 1817 Oberkirchenrat). In seiner<br />
1801 in Hadamar erschienen Schrift<br />
„An die unbeschei<strong>de</strong>nen Verehrer <strong>de</strong>r<br />
Heiligen, beson<strong>de</strong>rs Mariae. Eine Belehrung<br />
nach <strong>de</strong>r ächtkatholischen Glaubenslehre“<br />
schrieb er:<br />
„Maria ist ja immer ein sehr moralisches<br />
Wesen gewesen und ist es auch<br />
jetzt noch, in <strong>de</strong>m Zustan<strong>de</strong> ihrer Verklärung<br />
noch mehr; wie sollte sie also in<br />
ihren wichtigsten Handlungen im Himmel,<br />
da wo sie ihre Gemeinschaft und<br />
Liebe gegen die streiten<strong>de</strong> Kirche an<br />
<strong>de</strong>n Tag legt, eine solche Caprice äußern,<br />
die man an je<strong>de</strong>m Menschen lächerlich<br />
fin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, und gera<strong>de</strong> nur<br />
helfen wollen, o<strong>de</strong>r wenigstens <strong>de</strong>njenigen<br />
vorzüglich helfen wollen, die eine<br />
weite Reise machen... und sie an ihrem<br />
Gna<strong>de</strong>norte in Einsie<strong>de</strong>ln anrufen?“<br />
Ähnlich boshaft, wenn auch subtiler,<br />
äußert sich die Wallfahrtskritik <strong>de</strong>r<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Kulturkampfzeit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />
Wallfahrt war nicht direkt einer<br />
<strong>de</strong>r Kampfpunkte <strong>de</strong>s preußisch-<strong>de</strong>utschen<br />
Staates. Aber das Vorgehen gegen<br />
viele die Wallfahrt tragen<strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n,<br />
wie gegen die Re<strong>de</strong>mptoristen von<br />
Bornhofen, zielten auch gegen die beim<br />
Volk beliebte Wallfahrt. Die geistige<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung war schon im Vormärz<br />
bei <strong>de</strong>r Heilig-Rock-Wallfahrt<br />
1844 geführt wor<strong>de</strong>n. Gegen die historische<br />
Begründung <strong>de</strong>r Echtheit <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Rockes durch <strong>de</strong>n Trierer Geistlichen<br />
Jakob Marx schrieben die Bonner<br />
Historiker Johannes Gil<strong>de</strong>meister und<br />
Heinrich von Sybel ihre Schrift „Der<br />
Heilige Rock zu Trier und die zwanzig<br />
an<strong>de</strong>ren Heiligen Ungenähten Röcke“.<br />
Sybel vertrat später im politischen Historikerstreit<br />
<strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts mit<br />
<strong>de</strong>m Innsbrucker Julius Ficker die antikatholisch-preußische<br />
Position. Aber<br />
auch in <strong>de</strong>r einfachen Publizistik polemisierte<br />
man lange vor <strong>de</strong>m Kulturkampf<br />
gera<strong>de</strong> gegen diese Wallfahrt. Am<br />
bekanntesten ist das Spottlied: „Freifrau<br />
von Droste-Vischering zum Heilgen<br />
Rock nach Trier ging, TriTraTrier<br />
ging...“. Im eigentlichen Kulturkampf<br />
ist beson<strong>de</strong>rs Wilhelm Busch, <strong>de</strong>r mit<br />
seinem Pater Filuzius eine satirische<br />
propreußische Kulturkampfschrift entwarf,<br />
zu nennen. Seine Wallfahrtskritik<br />
fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r „Frommen Helene“:<br />
Fromme Helene<br />
„Hoch von gna<strong>de</strong>nreicher Stelle<br />
Winkt die Schenke und Kapelle.–<br />
Aus <strong>de</strong>m Tale zu <strong>de</strong>r Höhe,<br />
In <strong>de</strong>m seligen Gedränge<br />
Andachtsvoller Christenmenge<br />
Fühlt man froh <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>rn Nähe;<br />
Denn hervor aus Herz und Mun<strong>de</strong>,<br />
Aus <strong>de</strong>r Seele tiefstem Grun<strong>de</strong><br />
Haucht sich warm und innig an<br />
Pilgerin und Pilgersmann.–<br />
Hier vor allen, schuhbestaubt,<br />
Warm ums Herze, warm ums Haupt,<br />
Oft erprobt in ernster Kraft,<br />
Schreitet die Erzgebru<strong>de</strong>rschaft.–<br />
Itzo kommt die Jungferngil<strong>de</strong>,<br />
Auf <strong>de</strong>n Lippen Harmonie,<br />
In <strong>de</strong>m Busen Engelsmil<strong>de</strong>,<br />
In <strong>de</strong>r Hand das Paraplü.–<br />
Oh, wie lieblich tönt <strong>de</strong>r Chor!<br />
Bru<strong>de</strong>r Jochen betet vor.–<br />
...<br />
Gott sei Dank, jetzt ist man oben!<br />
Und mit Preisen und mit Loben<br />
Und mit Eifer und Bedacht<br />
Wird das Nötige vollbracht.<br />
Freudig eilt man nun zur Schenke,<br />
Freudig greift man zum Getränke,<br />
Welches schon seit langer Zeit<br />
In <strong>de</strong>s Klosters Einsamkeit<br />
Ernstbesonnen, stillvertraut,<br />
Bru<strong>de</strong>r Jakob öfters braut.<br />
Und es schauen sich innig an<br />
Pilgerin und Pilgersmann.”<br />
In <strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Geschichte<br />
kommt es dann, wie es kommen muss.<br />
Die besoffene Pilgerschar verprügelt<br />
einen armen rechtschaffenen Bürger<br />
und wird vor Gericht verurteilt. Im<br />
Grun<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rholt sich auch hier die<br />
alte aufgeklärte Wallfahrtskritik <strong>de</strong>r<br />
Wallfahrt als Müßiggang. An <strong>de</strong>n Wallfahrtsorten<br />
selbst gab es gera<strong>de</strong> aber<br />
auch in <strong>de</strong>r Kulturkampfzeit Kritik an<br />
<strong>de</strong>n Kritikern. Vielleicht am berühmtesten<br />
ist <strong>de</strong>r „Kreuzweg” <strong>de</strong>s Rheingauer<br />
Wallfahrtsortes Kiedrich. Die<br />
Schergen, die Christus quälen, tragen<br />
die verhassten Züge Bismarcks und<br />
seines Kultusministers Falck.<br />
2. Die Heilige Reise<br />
2.1 Wallfahrt als gemeinreligiöses<br />
Phänomen<br />
Die Erfolglosigkeit aller Wallfahrtskritik<br />
hängt vielleicht schon damit zusammen,<br />
dass die Wallfahrt eine anthropologische<br />
Konstante in <strong>de</strong>n Religionen<br />
darstellt. Wallfahrt bzw. Pilgerfahrt<br />
ist nämlich kein christliches Problem<br />
– o<strong>de</strong>r besser keine ausschließlich<br />
christliche Gepflogenheit. In allen Religionen<br />
spielt die Wallfahrt als heilige<br />
Lebensreise eine große Rolle.<br />
So ist am Amunheiligtum in Theben<br />
in Oberägypten eine Wallfahrtspro-
zession zum Heiligtum nach Luxor bezeugt.<br />
In <strong>de</strong>r griechischen Antike waren<br />
vor allem die Asklepiosheiligtümer<br />
Ziel hilfesuchen<strong>de</strong>r Kranker. Man hinterließ<br />
hier auch schon Votivgaben für<br />
die erfolgte Heilung. Das Apolloheiligtum<br />
in Delphi zog dagegen Ratsuchen<strong>de</strong><br />
an. Der Artemistempel in Ephesos<br />
schließlich war die Verbindung eines<br />
Jungfrauen- mit einem Fruchtbarkeitskult.<br />
Die Apostelgeschichte überliefert<br />
für diesen Ort die auch heute an christlichen<br />
Wallfahrtsorten beliebten Souvenirs.<br />
Paulus bekommt durch seine<br />
Predigt nämlich Ärger mit <strong>de</strong>n Silberschmie<strong>de</strong>n,<br />
die silberne An<strong>de</strong>nkentempelchen<br />
herstellen (Apg 19, 23-36). Allein<br />
für Ägypten und Griechenland ließe<br />
sich diese Liste noch um eine Fülle<br />
von Nachweisen verlängern. Aber auch<br />
fast alle an<strong>de</strong>ren Religionen kennen<br />
wallfahrtsähnliche Riten.<br />
2.2 Wallfahrt und Pilgerfahrt<br />
In <strong>de</strong>r Definition <strong>de</strong>r Wallfahrt ist<br />
jedoch ein grundsätzlicher Unterschied<br />
zu konstatieren. Nach <strong>de</strong>m aus <strong>de</strong>n<br />
fünfziger Jahren stammen<strong>de</strong>n Standardwerk<br />
von Bernhard Kötting, „Peregrinatio<br />
religiosa – Wallfahrten in <strong>de</strong>r Antike<br />
und das Pilgerwesen <strong>de</strong>r alten Kirche“<br />
(Münster 1950) muss man zwischen<br />
zwei Typen <strong>de</strong>r heiligen Reise<br />
unterschei<strong>de</strong>n – <strong>de</strong>r Wallfahrt und <strong>de</strong>r<br />
Pilgerfahrt.<br />
Die Wallfahrt ist eine kurze Reise<br />
mit einem klaren Ziel und <strong>de</strong>r unbedingten<br />
Absicht zurückzukehren. „’Wallfahrt‘<br />
liegt dann vor, wenn jemand aus<br />
einem in ihm selbst ruhen<strong>de</strong>n religiösen<br />
Motiv seine Gemein<strong>de</strong> zum Besuch einer<br />
bestimmten heiligen Stätte verläßt<br />
mit <strong>de</strong>r Absicht, in die Heimat zurückzukehren.<br />
Eine ‘Pilgerfahrt’ braucht diesen<br />
Rückkehrwillen nicht zu haben, sie kann<br />
sogar aus aszetischen Motiven ausdrücklich<br />
darauf verzichten und bis zum En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Lebens dauern.“ (Kötting S.11)<br />
Die Pilgerfahrt – mit <strong>de</strong>m lateinischen<br />
Wort peregrinatio (in die Frem<strong>de</strong><br />
gehen) wird gera<strong>de</strong> das Element <strong>de</strong>s Ziehens<br />
in die Frem<strong>de</strong> betont – ist eben eine<br />
Reise mit <strong>de</strong>m Ziel, grundlegend im Le-<br />
ben etwas zu än<strong>de</strong>rn. Die Rückkehr ist<br />
nicht ausgeschlossen, aber auch nicht<br />
ohne weiteres vorgesehen. Die irischen<br />
und angelsächsischen Missionare wie<br />
Columban, Willibrord und Winfried-<br />
Bonifatius verstan<strong>de</strong>n ihre Mission auch<br />
als Pilgerfahrt im Dienste Gottes.<br />
Typologisierung <strong>de</strong>s Themas<br />
2.3 Jüdische und islamische<br />
Wallfahrt<br />
Die jüdische Wallfahrt vor <strong>de</strong>r Zerstörung<br />
<strong>de</strong>s Tempels entspricht <strong>de</strong>m<br />
Typ <strong>de</strong>r Wallfahrt. In nachexilischer<br />
Zeit waren Wallfahrten an <strong>de</strong>n drei großen<br />
Festen Pessach, Schawuoth und<br />
Sukkoth üblich. Wenigstens einmal jährliche<br />
sollte man aus <strong>de</strong>m Heiligen Land<br />
nach Jerusalem ziehen. Einige Psalmen,<br />
die ‘Schir Hama’aloth’ – ‘Die<br />
Lie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heraufzuges’, sind <strong>de</strong>shalb<br />
als Wallfahrtspsalmen zu <strong>de</strong>uten. Gera<strong>de</strong><br />
sehr bekannte Psalmen wie: „Ich<br />
freute mich, als man mir sagte, zum<br />
Hause <strong>de</strong>s Herrn wollen wir ziehen...”(Ps.122).<br />
o<strong>de</strong>r „Ich hebe meine<br />
Augen auf zu <strong>de</strong>n Bergen“ (Ps.121). –<br />
„Aus <strong>de</strong>r Tiefe rufe ich Herr zu dir...“<br />
(Ps. 130) gehören zu diesem Korpus<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrtslie<strong>de</strong>r. Diasporaju<strong>de</strong>n<br />
sollten die Wallfahrt – in diesem Fall<br />
könnte man sie dann als Pilgerfahrt bezeichnen<br />
– wenigstens einmal im Leben<br />
vollziehen. Im Neuen Testament<br />
hören wir unter an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>r Geschichte<br />
<strong>de</strong>s 12jährigen Jesus im Tempel<br />
von diesem jährlichen Zug zum herodianischen<br />
Tempel (Lk 2,41-50).<br />
Eine echte Pilgerfahrt ist eine <strong>de</strong>r<br />
fünf Säulen <strong>de</strong>s Islam. Sie schließt dabei<br />
an vorislamisches Brauchtum an<br />
<strong>de</strong>r Ka’aba und <strong>de</strong>m dort befindlichen<br />
Meteoriten (tawaf) in Mekka an. Die<br />
Wallfahrt = Haddsch (arab. ‘das Streben<br />
nach etwas’) soll <strong>de</strong>r gläubige Muslim<br />
einmal im Leben im Pilgermonat durchführen.<br />
Danach ist man als Mensch verän<strong>de</strong>rt<br />
und bringt dies auch in seinem<br />
Namen zum Ausdruck. Deshalb soll<br />
die Wallfahrt auch nicht zu früh im Leben<br />
stattfin<strong>de</strong>n. Der Pilger muss vorher<br />
seine Stellung im Leben gefun<strong>de</strong>n und<br />
evtl. auch Frau und Kin<strong>de</strong>r haben.<br />
Das Christentum kennt bei<strong>de</strong> Formen,<br />
Pilgerfahrt und Wallfahrt, auch<br />
wenn nach biblischem Befund je<strong>de</strong>r<br />
Ort und je<strong>de</strong> Zeit für die Gottesverehrung<br />
passend sind (Joh 4,21-24). Als<br />
direktes religiöses Gebot wie im Ju<strong>de</strong>ntum<br />
o<strong>de</strong>r im Islam gibt es nämlich die<br />
Wallfahrt im Christentum nicht. Dennoch<br />
entwickelt sich schon in frühester<br />
Zeit – wohl auch beeinflusst von religiösen<br />
Praktiken <strong>de</strong>r antiken Religionen<br />
– ein reiches Wallfahrtswesen.<br />
2.4 Heiliger Ort<br />
Zuerst sind sicher die heiligen Orte<br />
– die Wirkungsstätten Jesu und die Gräber<br />
<strong>de</strong>r Märtyrer – Ziele christlichen<br />
Pilgerns. Das Besuchen <strong>de</strong>r Wirkungsstätten<br />
Jesu und <strong>de</strong>r Märtyrer sollte<br />
<strong>de</strong>m Glauben eine beson<strong>de</strong>re Beför<strong>de</strong>rung<br />
geben.<br />
2.4.1 Geheiligt durch Christus<br />
Das Heilige Land liefert uns – es sei<br />
nur an das schon oben zitierte Pilgerschiff<br />
erinnert – die frühesten Nachweise<br />
<strong>de</strong>r christlichen Pilgerschaft. Spätestens<br />
mit <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Christentums<br />
beginnt <strong>de</strong>r Strom <strong>de</strong>r Jerusalempilger.<br />
Die Mutter Kaiser Konstantins<br />
ist wohl die erste berühmte Pilgerin.<br />
Ihre Motive und das Datum ihrer<br />
Wallfahrt sind bislang noch nicht ein<strong>de</strong>utig<br />
geklärt. Möglich wäre eine Dankeswallfahrt<br />
nach <strong>de</strong>m Sieg ihres Sohnes<br />
um 324 o<strong>de</strong>r eine Sühnewallfahrt<br />
nach <strong>de</strong>r Trierer Palastkrise von 326.<br />
Nach <strong>de</strong>m zeitgenössischen Kirchenhistoriker<br />
Eusebius war Helena zu diesem<br />
Zeitpunkt schon etwa 80 Jahre alt.<br />
Dennoch suchte die Kaiserinmutter alle<br />
wichtigen Lebensstätten Jesu auf<br />
und ent<strong>de</strong>ckte mit ihrer ‘Intuition’ auch<br />
nicht so gut bezeugte Plätze, wie die<br />
‘Herberge <strong>de</strong>s barmherzigen Samariters’.<br />
60 Jahre nach <strong>de</strong>r Wallfahrt wird<br />
im Umfeld <strong>de</strong>s Kirchenvaters Ambrosius<br />
das erste Mal von <strong>de</strong>r Auffindung<br />
<strong>de</strong>s hl. Kreuzes durch die Kaiserin berichtet.<br />
Schon En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vierten Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
fin<strong>de</strong>n wir auch <strong>de</strong>n ersten er-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BEITRÄGE<br />
7
BEITRÄGE<br />
8<br />
<strong>Limburg</strong>er Kreuzla<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Domschatz © KNA Import<br />
haltenen Pilgerbericht. Die römische<br />
Aristokratin Egeria berichtet in mehreren<br />
Briefen von ihrer Pilgerfahrt ins<br />
Heilige Land und bietet damit nicht nur<br />
ein erstes großartiges Zeugnis christlichen<br />
Pilgerns, son<strong>de</strong>rn auch eine herausragen<strong>de</strong><br />
Quelle für die Beschaffenheit<br />
<strong>de</strong>s heiligen Lan<strong>de</strong>s und die dort<br />
gefeierte Liturgie. Da mit <strong>de</strong>r Auffindung<br />
<strong>de</strong>s hl. Kreuzes auch Reliquien<br />
Christi an an<strong>de</strong>re Orte kamen, wur<strong>de</strong>n<br />
auch zu diesen Orten Herrenwallfahrten<br />
möglich. Herausragend sind dabei<br />
die Kirchen Sta. Croce in Gerusaleme<br />
in Rom und <strong>de</strong>r Heilige Rock in Trier –<br />
aber auch die Reliquien <strong>de</strong>r Hl. Drei<br />
Könige in Köln verbin<strong>de</strong>n Europa mit<br />
<strong>de</strong>m Heiligen Land und <strong>de</strong>n Geschehnissen<br />
um Jesus Christus. Von <strong>de</strong>n<br />
Wallfahrten <strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s <strong>Limburg</strong> sind<br />
alte Herrenwallfahrten nur Wallfahrten<br />
zu Kultbil<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Eucharistie. So<br />
stan<strong>de</strong>n beim Wallfahrtsbild von Gimbach<br />
(heute Kelkheim-Fischbach) die<br />
Dreifaltigkeit und bei Nothgottes (Rü<strong>de</strong>sheim)<br />
ein Christus am Ölberg im<br />
Mittelpunkt. Durch das <strong>Bistum</strong> zieht<br />
die mehrtägige Porzer Walldürn-Wall-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
fahrt zum dortigen Heiligen<br />
Blut. Erst mit <strong>de</strong>r<br />
Einrichtung <strong>de</strong>s Kreuzfestes<br />
um die immerhin<br />
mit <strong>de</strong>r Auffindung <strong>de</strong>s<br />
Kreuzes durch Helena<br />
verbun<strong>de</strong>ne Kreuzreliquie<br />
durch Bischof Wilhelm<br />
Kempf 1959 wur<strong>de</strong> für<br />
<strong>Limburg</strong> eine echte Herrenwallfahrt<br />
begrün<strong>de</strong>t.<br />
2.4.2 Marienwallfahrt<br />
als bedingte<br />
Herrenwallfahrt<br />
Sicher schon früh steht<br />
neben <strong>de</strong>m Kult <strong>de</strong>r hl.<br />
Stätten Jesu mit einer<br />
wachsen<strong>de</strong>n Verehrung<br />
seiner Mutter auch <strong>de</strong>ren<br />
Wirkungsbereich im Mittelpunkt.<br />
Ihr Kult verweist<br />
jedoch fast immer eigentlich<br />
auf Jesus selbst und<br />
ist meist eine bedingte<br />
Herrenwallfahrt. Die ausschließlich mit<br />
ihr verbun<strong>de</strong>nen Wirkungsstätten kommen<br />
erst später in <strong>de</strong>n Blick und zeichnen<br />
sich nicht durch Ein<strong>de</strong>utigkeit aus.<br />
Der Tod in Ephesus o<strong>de</strong>r Jerusalem mit<br />
dortigem Mariengrab o<strong>de</strong>r auch die angebliche<br />
Übertragung <strong>de</strong>s Hl. Hauses<br />
von Bethlehem nach Loreto in Süditalien<br />
gehören erst zur christlichen Kultgeschichte<br />
<strong>de</strong>s 2. Jahrtausends. Im Mittelpunkt<br />
von Marienwallfahrten stehen<br />
meist beson<strong>de</strong>re Marienbil<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Orte<br />
von Marienerscheinungen (Rue du<br />
Bac in Paris, La Salette, Lour<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r<br />
Fatima), die die Pilger in Bann ziehen.<br />
Im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> sind die wichtigsten<br />
Wallfahrtsorte alle Marienwallfahrten:<br />
Nicht nur Bornhofen, auch Marienthal<br />
im Rheingau, <strong>de</strong>r Herzenberg in Hadamar,<br />
<strong>de</strong>r Reichenstein bei Westerburg<br />
und Kloster Marienstatt führen dabei eine<br />
lange Liste von Orten marianischer<br />
Frömmigkeit an.<br />
2.4.3 Der Heilige<br />
An<strong>de</strong>re Orte sind geheiligt durch<br />
Heilige. Insbeson<strong>de</strong>re die Wirkens- und<br />
Begräbnisstätten <strong>de</strong>r Apostel üben eine<br />
hohe Anziehungskraft aus. An <strong>de</strong>r Spitze<br />
steht hierbei Rom. Es ist die Stätte,<br />
an <strong>de</strong>r gleich zwei Apostel wirkten. Der<br />
Apostelfürst Petrus und <strong>de</strong>r dreizehnte<br />
Apostel Paulus fan<strong>de</strong>n dort ihre Ruhestätte<br />
und wirken im Nachfolger <strong>de</strong>s hl.<br />
Petrus weiter. Durch Kaiser Otto III.<br />
kommt im 10. Jahrhun<strong>de</strong>rt noch ein<br />
dritter Apostel, <strong>de</strong>r hl. Bartholomäus,<br />
auf die Tiberinsel, bleibt aber immer im<br />
Schatten <strong>de</strong>r angestammten „Stadtherren“.<br />
Gera<strong>de</strong> die Begründung <strong>de</strong>s römischen<br />
Bischofssitzes durch zwei Apostel<br />
steht auch am Beginn <strong>de</strong>r päpstlichen<br />
Primatsstellung in <strong>de</strong>r Kirche.<br />
Das Grab und damit die bleiben<strong>de</strong> Gegenwart<br />
<strong>de</strong>s Apostelfürsten garantieren<br />
für <strong>de</strong>ssen Nachfolger die beson<strong>de</strong>re<br />
Verbindung mit Christus. Wichtig ist<br />
dabei – wie übrigens bei je<strong>de</strong>m Heiligengrab<br />
– die Präsenz <strong>de</strong>r heiligen Gestalt<br />
im Grab. Der, <strong>de</strong>r im Himmel bei Gott<br />
lebt, hält gleichsam eine Verbindungslinie<br />
zur Er<strong>de</strong> am Ort seiner irdischen<br />
Ruhestätte. Das Grab ist hier nicht nur<br />
für <strong>de</strong>n Verstorbenen, son<strong>de</strong>rn auch für<br />
seine Besucher ein Tor zum Leben. Das<br />
Heiligengrab ist eine überzeugen<strong>de</strong><br />
Verbindung zwischen Himmel und Er<strong>de</strong>.<br />
Bis zur frühen Neuzeit sind kirchliche<br />
Wür<strong>de</strong>nträger am Grab <strong>de</strong>s Heiligen<br />
nur <strong>de</strong>ssen kirchliche Treuhän<strong>de</strong>r.<br />
Als König Pippin im Jahre 754 die langobardischen<br />
Gebiete <strong>de</strong>r römischen<br />
Kirche übergab, legte er die Urkun<strong>de</strong><br />
auf das Petrusgrab, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Heilige<br />
war <strong>de</strong>r neue Besitzer: Der künftige<br />
Kirchenstaat hieß <strong>de</strong>shalb auch Patrimonium<br />
Petri. Im sogenannten Co<strong>de</strong>x<br />
Eberhardi, einem Urkun<strong>de</strong>nbuch <strong>de</strong>s<br />
Klosters Fulda, das im 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
alle früheren Schenkungen verzeichnet,<br />
heißt es ebenso immer wie<strong>de</strong>r:<br />
„N.N. tradidit Sco Bonifacio – Der NN.<br />
übergibt <strong>de</strong>m hl. Bonifatius...“<br />
Nördlich <strong>de</strong>r Alpen gibt es nur ein<br />
Apostelgrab zu verzeichnen, nämlich<br />
das <strong>de</strong>s hl. Matthias in Trier. Dennoch<br />
hat auch <strong>de</strong>r Frankfurter Dom mit <strong>de</strong>r<br />
Hirnschale <strong>de</strong>s hl. Bartholomäus, die<br />
wohl schon Otto III. bei <strong>de</strong>r römischen<br />
Reliquientranslatio für Frankfurt reservierte,<br />
eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Erinnerung an
die Apostel. Ansonsten ist <strong>Limburg</strong> beson<strong>de</strong>rs<br />
die Ruhestätte großer Frauen,<br />
wie <strong>de</strong>r hl. Hil<strong>de</strong>gard in Eibingen, <strong>de</strong>r<br />
hl. Elisabeth von Schönau ebendort,<br />
<strong>de</strong>r seligen Gertrud von Altenberg und<br />
<strong>de</strong>r seligen Maria Katharina Kasper in<br />
Dernbach.<br />
2.4.4 Heilige und Reliquien –<br />
Der heilige Tag<br />
Obwohl das römische Sakralrecht<br />
die Grabesruhe schützte, mühte man<br />
sich schon in <strong>de</strong>r Spätantike, die Gräber<br />
<strong>de</strong>r Heiligen in das Innere <strong>de</strong>r Städte zu<br />
verlegen. Die ersten Heiligen, die auf<br />
diese Weise von ihrem Begräbnisplatz<br />
in eine innerstädtische Kirche übertragen<br />
wur<strong>de</strong>n, waren die hl. Gervasius<br />
und Protasius in Mailand, die <strong>de</strong>r Kirchenvater<br />
Ambrosius in die Stadt überführte,<br />
um ihre Verehrung zu erleichtern.<br />
Arnold Angenendt hat in seinem<br />
Buch über Heilige und Reliquien (München<br />
1994) eindrucksvoll gezeigt, dass<br />
die christliche Leib-Seele-Vorstellung<br />
auch <strong>de</strong>n Leib <strong>de</strong>s Verstorbenen zu einem<br />
Ort göttlicher Gna<strong>de</strong> und Gna<strong>de</strong>nerweise<br />
macht, <strong>de</strong>r auch bei einer Translatio<br />
vom Wirkungsort die Reliquien<br />
zu einem be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Ziel christlicher<br />
Wallfahrt wer<strong>de</strong>n lässt. Mit <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />
Eucharistietheologie herrühren<strong>de</strong>n Vorstellung,<br />
dass in je<strong>de</strong>m Teil <strong>de</strong>s Heiligen<br />
das Ganze präsent ist, reichen auch<br />
nur partielle Reliquien, um die Anziehungskraft<br />
auf Wallfahrer auszuüben.<br />
Beson<strong>de</strong>rs wichtig wird dabei <strong>de</strong>r Wallfahrtstag,<br />
<strong>de</strong>r meist mit <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>stag<br />
<strong>de</strong>s Heiligen – seinem Geburtstag für <strong>de</strong>n<br />
Himmel – i<strong>de</strong>ntisch ist. In mittelalterlicher<br />
Vorstellung ist dann die Verbindung<br />
zum Himmel beson<strong>de</strong>rs intensiv.<br />
Eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Wallfahrt dieser Art<br />
wur<strong>de</strong> in Kiedrich mit <strong>de</strong>n Reliquien<br />
<strong>de</strong>s Bischofs Valentin von Terni (14.<br />
Februar) begrün<strong>de</strong>t. Schon vorher hatte<br />
die Translatio <strong>de</strong>s hl. Lubentius nach<br />
Dietkirchen (wohl 839) Pilger angelockt.<br />
Nicht immer war <strong>de</strong>r Reliquienerwerb<br />
in unserem Sinne korrekt. Karl<br />
<strong>de</strong>s Großen Biograph Einhard stahl in<br />
Rom die Leiber <strong>de</strong>r hl. Petrus und Marzellinus<br />
für sein Kloster in Obermühl-<br />
heim (heute Seligenstatt). Durch Wun<strong>de</strong>r<br />
zeigten die Heiligen ihr “Einverständnis”<br />
mit <strong>de</strong>m Han<strong>de</strong>ln Einhards und<br />
ließen das Benediktinerkloster zu einer<br />
beständigen Wallfahrtsstätte wer<strong>de</strong>n.<br />
2.4.5 Bild und Kult<br />
Wenigstens im Abendland tat man<br />
sich jedoch schwer, Bil<strong>de</strong>r selbst zu verehren<br />
und zum Mittelpunkt von Wallfahrten<br />
zu machen. Lediglich in Rom<br />
gibt es mit <strong>de</strong>n alten Marienbil<strong>de</strong>rn wie<br />
in Sta. Maria Maggiore o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Salvatorbild<br />
<strong>de</strong>r päpstlichen Kapelle Sancta<br />
Sanctorum alte Bil<strong>de</strong>r mit einem entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Kultcharakter, <strong>de</strong>r eine<br />
Wallfahrt begrün<strong>de</strong>te. Hilfreich waren<br />
dabei auch die Legen<strong>de</strong>n vom Vera<br />
icon, <strong>de</strong>m Abbild Christi (Schweißtuch)<br />
<strong>de</strong>r Veronika in Rom, und um das<br />
Grabtuch Christi, das aber erst seit <strong>de</strong>m<br />
Mittelalter in Turin verehrt wird. Die<br />
abendländische Bil<strong>de</strong>rdiskussion, die<br />
in <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>rfreundlichen<br />
Syno<strong>de</strong> von Nicäa II 787 im Konzil<br />
von Frankfurt 794 gipfelte, tat sich<br />
immer schwer mit <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rverehrung.<br />
Bil<strong>de</strong>r sollten allein <strong>de</strong>r Belehrung dienen<br />
und waren immer<br />
wie<strong>de</strong>r heftiger Kritik<br />
ausgesetzt. Am be<strong>de</strong>utendsten<br />
ist <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rsturm<br />
im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Reformation (insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch die reformierte<br />
Konfession); aber<br />
auch die Entfernung <strong>de</strong>r<br />
Bil<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m II. Vatikanum<br />
kann man als<br />
kleinen Bil<strong>de</strong>rsturm bezeichnen.<br />
Die ältesten mittelalterlichen<br />
Kultbil<strong>de</strong>r<br />
waren eigentlich Reliquiare.<br />
Das eindrucksvolle<br />
gol<strong>de</strong>ne Sitzbild<br />
<strong>de</strong>r Märtyrerin Fi<strong>de</strong>s in<br />
Conques barg nicht nur<br />
die Reliquien <strong>de</strong>s Märytrerkin<strong>de</strong>s,<br />
in seiner<br />
Entrücktheit drängte es<br />
<strong>de</strong>n Pilger auch zur<br />
rechten Verehrung <strong>de</strong>r<br />
Wun<strong>de</strong>rtäterin. Wichtige Kruzifixe<br />
und Marienbil<strong>de</strong>r hatten <strong>de</strong>shalb im<br />
Mittelalter Aussparungen, um darin<br />
Reliquien zu bergen, die eine kultische<br />
Verehrung <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s ermöglichten. So<br />
fand man im berühmten Gabelkruzifix<br />
(Anf. 14. Jh.) von Sankt Maria im Kapitol<br />
in Köln bei <strong>de</strong>r letzten Restaurierung<br />
noch die entsprechen<strong>de</strong>n Reliquien<br />
mit Beglaubigungen (Cedulae).<br />
Ein Kruzifix im Regensburger Schottenkloster<br />
barg sogar ein schmetterlingsförmiges<br />
gol<strong>de</strong>nes Reliquiar.<br />
Im Hochmittelalter pilgert man auch<br />
immer öfter – klare Ursprünge sind ähnlich<br />
wie in Bornhofen meist nicht auszumachen<br />
– zu Bil<strong>de</strong>rn von Maria o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m gekreuzigten Heiland. Im Mittelalter<br />
sind die marianischen Bil<strong>de</strong>r meist<br />
noch Stand- o<strong>de</strong>r Sitzmadonnen, die Maria<br />
als ‘Se<strong>de</strong>s sapientiae’ – d. h. ‘Thron<br />
<strong>de</strong>s göttlichen Heilands’ – ausweisen.<br />
Erst ab <strong>de</strong>m Spätmittelalter setzt sich<br />
mehr die Schmerzhafte Mutter in Gestalt<br />
<strong>de</strong>r Pietà durch. Die Bil<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<br />
oft mit Kronen versehen und nicht selten<br />
sogar noch eigens in kostbare Gewän<strong>de</strong>r<br />
geklei<strong>de</strong>t. Für die Liebfrauenkirche<br />
und <strong>de</strong>n Frankfurter Dom nur<br />
Das Grabtuch von Turin © KNA Import<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BEITRÄGE<br />
9
BEITRÄGE<br />
10<br />
überliefert, hat sich auf <strong>de</strong>m Hadamarer<br />
Herzenberg ein solches beklei<strong>de</strong>tes<br />
Bild noch erhalten. Wichtiger als das<br />
Kultbild scheint jedoch meist <strong>de</strong>r Ort<br />
<strong>de</strong>s Gebetes zu sein. Gera<strong>de</strong> im <strong>Bistum</strong><br />
<strong>Limburg</strong>, aber auch an an<strong>de</strong>ren Orten,<br />
ist das Kultbild selbst austauschbar. So<br />
ging die Wallfahrt nach Schwickershausen<br />
bei Camberg auch nach <strong>de</strong>m<br />
Diebstahl <strong>de</strong>s Gna<strong>de</strong>nbil<strong>de</strong>s weiter. In<br />
<strong>de</strong>r Liebfrauenkirche in Frankfurt wur<strong>de</strong><br />
ein Standbild im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
durch eine vorhan<strong>de</strong>ne Pietà ersetzt. In<br />
Westerburg griff man bei <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rerrichtung<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrtskirche nicht auf<br />
das noch vorhan<strong>de</strong>ne vorreformatorische<br />
Madonnensitzbild zurück son<strong>de</strong>rn<br />
nutzte ebenfalls eine spätgotische Pietà.<br />
2.4.6 Formen <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
Ebenso uneinheitlich wie die Ziele<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrt sind auch <strong>de</strong>ren Motive.<br />
Der gläubige Mensch kann sich im<br />
Christentum aus verschie<strong>de</strong>nsten Motiven<br />
auf <strong>de</strong>n Weg machen. Manche <strong>de</strong>r<br />
Motivationen waren auch zeitbedingt<br />
und sind heute ebenso überholt wie<br />
manche frühere Reiseart <strong>de</strong>r Pilger.<br />
Wenigstens die wichtigsten sollen hier<br />
aufgelistet wer<strong>de</strong>n.<br />
Bittfahrt<br />
Die klassische Form <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
ist sicher die Bittfahrt: Menschen mit<br />
einem bestimmten Anliegen machen<br />
sich auf <strong>de</strong>n Weg zu einem Gna<strong>de</strong>nort,<br />
um dort Hilfe, Gebetssolidarität <strong>de</strong>s Heiligen<br />
und Erhörung zu erlangen. Lange<br />
Reihen von Votivtafeln, Votivkerzen,<br />
Votivbil<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r Votivgegenstän<strong>de</strong>n<br />
zeugen an vielen Gna<strong>de</strong>norten von Gebetserhörung.<br />
In unseren Tagen stehen<br />
in <strong>de</strong>r Regel Bitten um Genesung o<strong>de</strong>r<br />
um Abwendung von Unglück im Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />
Der marianische Erscheinugsort<br />
Lour<strong>de</strong>s mit seiner Quelle hat sich<br />
hier als eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Pilgerstätten<br />
entwickelt. Im Mittelalter stand<br />
oft die Sorge um Nachkommenschaft<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund. So zog <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Frankfurter Liebfrauenkirche, Wigel<br />
von Wanebach, mit seinem kin<strong>de</strong>rlosen<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Schwiegersohn Wigel<br />
Frosch ins spanische Santiago.<br />
Als <strong>de</strong>r Schwiegersohn<br />
auf <strong>de</strong>r Reise starb,<br />
besorgte sich <strong>de</strong>r reiche<br />
Kaufmann mit seiner<br />
Frankfurter Stiftsgründung<br />
‘geistliche Kin<strong>de</strong>r’.<br />
Bußfahrt<br />
Auch wenn viele Wallfahrtsorte<br />
heute Zentren<br />
einer regen Beichtseelsorge<br />
sind, ist die eigentliche<br />
Bußwallfahrt eher eine<br />
Erscheinung <strong>de</strong>r Vergangenheit.<br />
Schweren Sün<strong>de</strong>rn<br />
wur<strong>de</strong> in früheren<br />
Zeiten oft eine Bußwallfahrt<br />
zur Sühne aufgegeben.<br />
Dabei waren meist<br />
nicht kurze Wallfahrten<br />
im Blick <strong>de</strong>r Bußauflage,<br />
son<strong>de</strong>rn die großen Pilgerfahrten an die<br />
zentralen Heilsorte wie Jerusalem,<br />
Rom und Santiago. In <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>r<br />
Kreuzzüge wur<strong>de</strong> die Pilgerbuße oft<br />
noch mit einer Verpflichtung zur Verteidigung<br />
<strong>de</strong>r heiligen Stätten versehen.<br />
Nach Ableistung <strong>de</strong>r Wallfahrt war<br />
<strong>de</strong>r Wallfahrer o<strong>de</strong>r Pilger auch seiner<br />
Schuld ledig. Aus <strong>de</strong>r Stellvertretungsmöglichkeit<br />
bei dieser Form von Wallfahrt<br />
entwickelte sich <strong>de</strong>r Ablass.<br />
Devotionswallfahrt<br />
Neben <strong>de</strong>r Wallfahrt mit einem speziellen<br />
Anliegen gibt es auch die reine<br />
Devotionswallfahrt. Heutige Wallfahrten<br />
zu <strong>de</strong>n zentralen Pilgerorten Jerusalem,<br />
Rom o<strong>de</strong>r Santiago sind meist von<br />
<strong>de</strong>r Verehrung <strong>de</strong>r heiligen Stätten<br />
durchdrungen. Nicht ein konkretes Anliegen,<br />
son<strong>de</strong>rn die Verehrung für<br />
Christus o<strong>de</strong>r seine Apostel führen <strong>de</strong>n<br />
Pilger an <strong>de</strong>n bestimmten Ort. Der Pilger<br />
möchte durch seine Wallfahrt zu einem<br />
besseren christlichen Leben angespornt<br />
wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong> Wallfahrt, die ohne<br />
ein spezielles Anliegen geführt<br />
wird, kann man als Devotionswallfahrt<br />
bezeichnen.<br />
Votivtafeln in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>nkapelle in Altötting © dpa<br />
Dankwallfahrt – Verlobter Tag<br />
Manche Wallfahrt wird auch im<br />
nachhinein als Dank für göttlich empfun<strong>de</strong>ne<br />
Wendungen in Lebenskrisen<br />
auf sich genommen. Die Votivtafeln o<strong>de</strong>r<br />
-bil<strong>de</strong>r zeugen ebenfalls von dieser<br />
Form <strong>de</strong>r Dankbarkeit. Die Dankbarkeit<br />
einer Gruppe o<strong>de</strong>r Gemeinschaft kann<br />
sogar auf Dauer diese Wallfahrt zu einem<br />
bestimmten Wallfahrtsort aufrecht<br />
erhalten. Vor allem die letzten Pestseuchen<br />
1666 im Mainbereich haben zu<br />
solchen Dankwallfahrten geführt. Eine<br />
beson<strong>de</strong>re Form sind die örtlichen Wallfahrtsprozessionen<br />
wie beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r<br />
‘Verlobte Tag’ in Flörsheim. Aber auch<br />
in jüngerer Zeit haben sich solche Formen<br />
<strong>de</strong>s Dankes entwickelt. Als Dank<br />
für die Verschonung von einem Luftangriff<br />
feiern noch heute die Einwohner<br />
von Höhn-Schönberg im Westerwald,<br />
auch die heute nicht mehr dort<br />
Wohnen<strong>de</strong>n, das Josefsfest (19.III.)<br />
Bewaffnete Wallfahrt<br />
Sicher zeitbedingt war eine mittelalterliche<br />
Form <strong>de</strong>r bewaffneten Wallfahrt,<br />
die für das Heilige Land gemein-
hin unter <strong>de</strong>m Namen ‘Kreuzzüge’ o<strong>de</strong>r<br />
für Spanien als ‘Reconquista’ firmiert.<br />
Ritter und Kämpfer verpflichteten sich,<br />
bei ihrer Wallfahrt ins Heilige Land o<strong>de</strong>r<br />
nach Santiago <strong>de</strong> Compostela auch für<br />
die Befreiung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s aus <strong>de</strong>r Hand<br />
<strong>de</strong>r Ungläubigen zu kämpfen. Auch<br />
wenn das Christentum nie, selbst in dieser<br />
Zeit nicht, einen „Heiligen Krieg“<br />
kannte, hatte man doch vom islamischen<br />
Dschihad die I<strong>de</strong>e übernommen,<br />
im Kampf für <strong>de</strong>n Glauben ein verdienstliches<br />
Werk zu tun. Wohl auch<br />
weil die Kreuzzugsbewegung mit <strong>de</strong>r<br />
Erstürmung von Konstantinopel 1204<br />
gegen die eigenen I<strong>de</strong>ale verstoßen hatte,<br />
verlor sich diese I<strong>de</strong>e mit <strong>de</strong>m Nie<strong>de</strong>rgang<br />
<strong>de</strong>r Kreuzzugsbewegung.<br />
Touristische Wallfahrt<br />
Als scheinbar mo<strong>de</strong>rne Variante<br />
wäre noch die touristische Wallfahrt zu<br />
nennen. Der Wallfahrtsort wird mehr<br />
aus touristischer Neugier als aus echtem<br />
Pilgerengagement besucht. Solche<br />
Formen zeichneten aber wohl schon<br />
seit <strong>de</strong>m Spätmittelalter gera<strong>de</strong> die Jerusalem-<br />
und Romwallfahrt aus. Neben<br />
<strong>de</strong>m religiösen Anliegen stand schon<br />
zu dieser Zeit auch Sightseeing im Mittelpunkt<br />
einer solchen Pilgerfahrt. Das<br />
„Fun“-Element ist sicher auch heute<br />
bei verschie<strong>de</strong>nen Formen <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
nicht zu unterschätzen.<br />
3. Die großen Wallfahrten<br />
3.1 Jerusalem<br />
Die älteste Wallfahrt ist sicher Jerusalem.<br />
Das Schiff und die Geschichten<br />
um die Kaiserin Helena gehören zu <strong>de</strong>n<br />
ältesten christlichen Pilgerzeugnissen.<br />
Mit <strong>de</strong>r riesigen Rundkirchenanlage um<br />
das Heilige Grab und <strong>de</strong>r Ummauerung<br />
von Golgotha, die in Teilen noch im<br />
heutigen Bau erhalten sind, schuf Konstantin<br />
<strong>de</strong>n Prototyp <strong>de</strong>r christlichen<br />
Pilgerkirche. Die Berichte <strong>de</strong>r Aristokratin<br />
Egeria o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Pilgers von Bor<strong>de</strong>aux<br />
überliefern schon für die Spätantike<br />
eine reiche Liturgie am Ort <strong>de</strong>r<br />
Auferstehung Christi.<br />
Um 680, nach <strong>de</strong>r muslimischen<br />
Eroberung<br />
durch <strong>de</strong>n Kalifen<br />
Omar, wissen wir von<br />
<strong>de</strong>m fränkischen Bischof<br />
Arculf und seiner<br />
Reise zu <strong>de</strong>n heiligen<br />
Stätten. Harun-ar-Raschid<br />
schließlich soll<br />
Karl <strong>de</strong>n Großen sogar<br />
zum Schutzherren <strong>de</strong>r<br />
christlichen Heiligtümer<br />
Jerusalems eingesetzt<br />
haben. Mit <strong>de</strong>n fatimidischen<br />
Herrschern <strong>de</strong>s<br />
10. Jahrhun<strong>de</strong>rts begann<br />
jedoch eine erhebliche<br />
Erschwernis <strong>de</strong>r Pilgerfahrten,<br />
die schließlich<br />
in <strong>de</strong>r Zerstörung <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Grabes durch<br />
Hakim <strong>de</strong>n Schrecklichen<br />
1009 gipfelte.<br />
Nach<strong>de</strong>m dieser jedoch<br />
von <strong>de</strong>n Muslimen gestürzt<br />
wor<strong>de</strong>n war, normalisierte sich<br />
die Situation und schon in <strong>de</strong>n 1060er<br />
Jahre gab es eine Wallfahrt unter Erzbischof<br />
Siegfried von Mainz mit mehreren<br />
1000 Pilgern. Die Kreuzzüge kurbelten<br />
nach 1099 <strong>de</strong>n Pilgerstrom an,<br />
<strong>de</strong>r auch nach <strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>r letzten<br />
Kreuzfahrerbastion Akko 1291 nicht<br />
abriss. Im 14. und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt reisten<br />
viele auch mittelrheinische A<strong>de</strong>lige<br />
ins heilige Land. Die Schiffe von Venedig<br />
fungierten in dieser Zeit als Reisevermittler<br />
im großen Stil. Noch heute<br />
wird in Kassel eine Seladonschale <strong>de</strong>s<br />
hessischen Hausschatzes verwahrt, die<br />
per Erbe als Reisean<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>s Grafen<br />
Philipp von Katzenelnbogen von seiner<br />
Jerusalempilgerfahrt kam. Der im <strong>Limburg</strong>er<br />
Dom begrabene Daniel von Mu<strong>de</strong>rsbach<br />
begleitete <strong>de</strong>n Grafen und wur<strong>de</strong><br />
in Jerusalem zum Ritter vom Heiligen<br />
Grab geschlagen. Die Passionskultstätte<br />
von Weilburg von 1505 und<br />
das Heilige Grab von Bad Homburg<br />
(15. Jh., urspr. Gelnhausen) sind steinerne<br />
Zeugen <strong>de</strong>r Heilig-Land-Wallfahrten<br />
<strong>de</strong>r örtlichen Herren. Im 17. und<br />
18. Jahrhun<strong>de</strong>rt bil<strong>de</strong>n die Kreuzkapel-<br />
Heilige Grab Christi • Grabeskirche in Jerusalem © Reuters AG<br />
len in Camberg, <strong>Limburg</strong>, Nie<strong>de</strong>rzeuzheim<br />
und Lorch in unserem Raum<br />
die Möglichkeit <strong>de</strong>r verkürzten Heilig-<br />
Land-Wallfahrt.<br />
Auch Franzsikus und Ignatius von<br />
Loyola haben im Umfeld ihrer Or<strong>de</strong>nsgründung<br />
die Wallfahrt ins Heilige<br />
Land gemacht. Im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt war<br />
unter an<strong>de</strong>rem auch noch für Franz Joseph<br />
von Österreich und Kaiser Wilhelm<br />
II. von Preußen-Deutschland das<br />
Heilige Land nicht nur aus politischem<br />
Interesse be<strong>de</strong>utsam.<br />
Der Erwerb <strong>de</strong>r Kreuzreliquien verbin<strong>de</strong>t<br />
bis heute abendländische Wallfahrtsfrömmigkeit<br />
mit <strong>de</strong>r Jerusalem-<br />
Wallfahrt. Dabei war dies sogar von<br />
zentraler Be<strong>de</strong>utung für die abenländische<br />
Geschichte. Als Kaiser Heraklius<br />
das im Persersturm verlorengegangene<br />
heilige Kreuz in kaiserlicher Pracht<br />
wie<strong>de</strong>r nach Jerusalem bringen wollte,<br />
hin<strong>de</strong>rte ihn, so berichtet die Legen<strong>de</strong>,<br />
ein Engel an seinem Vorhaben. Erst als<br />
er <strong>de</strong>mütig und barfuß wie <strong>de</strong>r Heiland<br />
das Kreuz in die Stadt trug, wur<strong>de</strong> er<br />
nicht mehr gehin<strong>de</strong>rt. Die großen Kreuzreliquien<br />
im päpstlichen Schatz (Sta.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BEITRÄGE<br />
11
BEITRÄGE<br />
12<br />
Croce in Gerusaleme) und die kaiserlichen<br />
im Reichskreuz und im byzantinischen<br />
Kaiserschatz (<strong>Limburg</strong>er Staurothek)<br />
erinnerten je<strong>de</strong>n christlichen<br />
Machthaber, dass sein Amt nicht Ehre,<br />
son<strong>de</strong>rn Dienst sei. Kreuzwallfahrten<br />
prägten neben Marienwallfahrten das<br />
Wallfahrtsleben Europas.<br />
3.2 Rom<br />
An zweiter Stelle in Alter und Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r großen Wallfahrten stan<strong>de</strong>n<br />
immer die Pilgerzüge zu <strong>de</strong>n Gräbern<br />
<strong>de</strong>r Apostel Petrus und Paulus.<br />
Die große Petrusverehrung nördlich <strong>de</strong>r<br />
Alpen ließ viele Pilger schon in merowingischer<br />
Zeit <strong>de</strong>n Weg über die Alpen<br />
zu <strong>de</strong>n Aposteln suchen. Der Pilgerschub<br />
brach eigentlich nie ab, auch<br />
wenn eifrige Rompilger wie <strong>de</strong>r hl. Bonifatius,<br />
auch die Gefahren u.a. für reisen<strong>de</strong><br />
Frauen aufzeigten. Mit <strong>de</strong>n verpflichten<strong>de</strong>n<br />
Bischofsbesuchen seit<br />
<strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> die Romwallfahrt<br />
für eine Gruppe sogar zu einer<br />
rechtlichen Verpflichtung, auch<br />
wenn <strong>de</strong>r alte Name dafür, die ‘Visitatio<br />
liminum’ – <strong>de</strong>r Besuch <strong>de</strong>r Schwelle<br />
(<strong>de</strong>r Apostelgräber) an die Wallfahrtsherkunft<br />
erinnert.<br />
Ein eigener Pilgerweg – die Via Francigena<br />
– führte <strong>de</strong>n Pilger seit <strong>de</strong>m Mittelalter<br />
über eine Vielzahl heiliger Orte<br />
zum großen Ziel <strong>de</strong>r Heiligen Stadt.<br />
Mit <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s Heiligen Jahres<br />
im Jahr 1300 wur<strong>de</strong>n bestimmte Zeitabschnitte<br />
zu beson<strong>de</strong>ren Pilgerjahren<br />
ausgerufen und beför<strong>de</strong>rten die Romwallfahrt<br />
noch weiter. Neben <strong>de</strong>m Besuch<br />
<strong>de</strong>r sieben Hauptkirchen und einer<br />
Vielzahl von weiteren Heiligen Stätten<br />
in Rom und seiner Umgebung gehört<br />
seit <strong>de</strong>m 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt auch <strong>de</strong>r Besuch<br />
beim Papst zu <strong>de</strong>n erstrebenswerten<br />
Pilgerzielen in <strong>de</strong>r Heiligen Stadt.<br />
Eindrucksvoll wird im Roman „Der<br />
veruntreute Himmel“ von Franz Werfel<br />
gezeigt, dass im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt dieses<br />
Ereignis für viele Pilger zur Hauptsache<br />
gewor<strong>de</strong>n ist. Ähnlich wie bei <strong>de</strong>r<br />
Jerusalemwallfahrt bestand auch für<br />
Rompilger die Ten<strong>de</strong>nz, das dort vorhan<strong>de</strong>ne<br />
Heil in die Heimat zu ver-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
pflanzen. Nach <strong>de</strong>n ersten Anfängen<br />
mit <strong>de</strong>m Reliquiendiebstahl Einhards<br />
holte man vor allem im Barock Scharen<br />
von Katakombenheiligen nördlich <strong>de</strong>r<br />
Alpen, um mit <strong>de</strong>n künstlerisch verzierten<br />
Gerippen an das höhere Alter<br />
<strong>de</strong>r römischen Kirche anzuknüpfen. In<br />
<strong>Limburg</strong>, Köln und Prag wird mit <strong>de</strong>n<br />
Teilen <strong>de</strong>s Petrusstabes, <strong>de</strong>s angeblichen<br />
Bischofsstabes Petri, immer noch<br />
an die beson<strong>de</strong>re Rombindung erinnert.<br />
Immerhin trägt <strong>de</strong>r Papst bis heute <strong>de</strong>shalb<br />
keinen Bischofsstab.<br />
3.3 Santiago <strong>de</strong> Compostela<br />
In <strong>de</strong>n letzten Jahren – vielleicht auch<br />
oft mit touristischem Hintergrund – erfreut<br />
sich die seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
in <strong>de</strong>n Hintergrund getretene Wallfahrt<br />
zum hl. Jakobus in Galicien wie<strong>de</strong>r<br />
neuer Beliebtheit. Der Campus stellarum<br />
– das Sternenfeld – lag im Frühmittelalter<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt – am Finis<br />
Terrae. In karolingischer Zeit (813-818 /<br />
834) fand <strong>de</strong>r Bischof Teo<strong>de</strong>mir von<br />
Ira Flavia <strong>de</strong>n Körper <strong>de</strong>s hl. Jakobus,<br />
<strong>de</strong>r durch Sterne bezeichnet wur<strong>de</strong>. Zuerst<br />
begann nun eine regionale Wallfahrt<br />
in Spanien, die durch <strong>de</strong>n als Mitkämpfer<br />
im Kampf gegen die Mauren<br />
erscheinen<strong>de</strong>n Santiago matamoros<br />
(Sankt Jakob <strong>de</strong>r Maurentöter) noch beför<strong>de</strong>rt<br />
wur<strong>de</strong>. Das auch für die Jerusalemwallfahrt<br />
und die Kreuzzüge be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />
Kloster Cluny in <strong>de</strong>r Bourgogne<br />
ist ein eifriger Propagator <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
ins übrige Europa. Gera<strong>de</strong> weil<br />
<strong>de</strong>r Pilgerweg bis ans En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt<br />
führte, eignete sich die Wallfahrt für<br />
Buß- und Bittfahrten, die das Leben radikal<br />
verän<strong>de</strong>rn sollten. Der Pilger sollte<br />
durch die Grenzen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> an die eigenen<br />
Grenzen erinnert wer<strong>de</strong>n. Mit<br />
<strong>de</strong>r päpstlichen Bestätigung <strong>de</strong>r ‘Se<strong>de</strong>s<br />
apostolica’ durch Papst Leo IX. auf<br />
<strong>de</strong>m Konzil von Reims 1049 war Santiago<br />
als eines <strong>de</strong>r großen drei Pilgerziele<br />
gefestigt. In ganz Europa wur<strong>de</strong>n nun<br />
Pilgerstrecken entwickelt, die <strong>de</strong>n Pilger<br />
auf einigermaßen sicherem Weg<br />
mit einem Netz von Herbergen zu <strong>de</strong>m<br />
beliebten Pilgerziel führten. Die Leonhardskirche<br />
in Frankfurt (St. Leonhard-<br />
<strong>de</strong>-Noblat, die Grabeskirche <strong>de</strong>s hl. Leonhard,<br />
liegt auf <strong>de</strong>r Hauptstrecke <strong>de</strong>s<br />
Jakobsweges) war Pilgerkirche für Jerusalem-<br />
und Jakobspilger. Die Pilgerherberge<br />
hatte sogar <strong>de</strong>n bezeichnen<strong>de</strong>n<br />
Namen Compostell-Hof.<br />
3.4 Canterbury<br />
Im Hochmittelalter gelang es nur<br />
einer Wallfahrt, in die Nähe <strong>de</strong>r großen<br />
drei zu rücken. Am 29. Dezember 1170<br />
fand <strong>de</strong>r Erzbischof von Canterbury<br />
und Primas von England, Thomas Becket,<br />
bei <strong>de</strong>r Vesper in seiner Kathedrale<br />
durch mit <strong>de</strong>m König verbun<strong>de</strong>ne<br />
Mör<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Tod. Schon 1173 folgte die<br />
Heiligsprechung <strong>de</strong>s Märtyrers <strong>de</strong>r<br />
Kirchenfreiheit. Gera<strong>de</strong> im Umfeld <strong>de</strong>r<br />
nordländischen Kauffahrer <strong>de</strong>r Hanse<br />
und <strong>de</strong>r skandinavischen Län<strong>de</strong>r entwickelte<br />
sich eine Wallfahrt von europäischen<br />
Ausmaßen. Aber auch die mit<br />
Becket verbun<strong>de</strong>nen Bischöfe <strong>de</strong>r Kirchenreform<br />
am Exilsort <strong>de</strong>s Papstes<br />
Alexan<strong>de</strong>r III. in Sens verbreiteten die<br />
Verehrung und begrün<strong>de</strong>ten die große<br />
Wallfahrt. Der Erzbischof von Trier<br />
(St. Thomas an <strong>de</strong>r Kyll/Eifel), <strong>de</strong>r Erzbiscof<br />
von Salamanca (San Tomas in<br />
Salamanca), <strong>de</strong>r Bischof von Padua<br />
und <strong>de</strong>r von Spoleto begrün<strong>de</strong>ten bereits<br />
in <strong>de</strong>n 1170er Jahren entsprechen<strong>de</strong><br />
Thomaskirchen. Mit <strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m<br />
Wallfahrtsweg spielen<strong>de</strong>n „Canterbury<br />
Tales“ hat Geoffrey Chaucer <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
schon im Mittelalter ein literarisches<br />
Denkmal gesetzt. Mit <strong>de</strong>n Theaterstücken<br />
von Jean Anouilh, „Becket<br />
ou l’honneur <strong>de</strong> Dieu“, T.S.Eliot,<br />
„Mur<strong>de</strong>r in the Cathedral“ o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Novelle<br />
„Der Heilige“ von C.F.Meyer<br />
blieben Becket und die Wallfahrt im<br />
Fokus <strong>de</strong>r Literatur.<br />
Schon vor <strong>de</strong>r durch seine Ehehän<strong>de</strong>l<br />
bedingten Reformation hatte Heinrich<br />
VIII. versucht, <strong>de</strong>n Becketkult als<br />
antiköniglich zu unterdrücken. Aber<br />
wahrscheinlich gelang es ihm nicht<br />
einmal, die Reliquien zu zerstören. Interessanterweise<br />
suchte man in <strong>de</strong>n<br />
eher katholischen Perio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r anglikanischen<br />
Kirche immer wie<strong>de</strong>r nach<br />
<strong>de</strong>n Reliquien, während man in eher
protestantischen Zeiten die heute sicher<br />
wi<strong>de</strong>rlegte Legen<strong>de</strong> von <strong>de</strong>ren öffentlichen<br />
Verbrennung erzählte (The<br />
Quest for Beckets Bones, London 1993).<br />
Mit <strong>de</strong>m Papstbesuch in Canterbury wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>s Martyriums zu einem<br />
allgemein-christlichen Ort <strong>de</strong>s Märtyrergedächtnisses.<br />
4. Bleiben<strong>de</strong>r Eindruck<br />
Für die Pilger war es immer wie<strong>de</strong>r<br />
von Be<strong>de</strong>utung, auch ein bleiben<strong>de</strong>s An<strong>de</strong>nken<br />
an die Pilgerfahrt mitzubringen.<br />
Das Souvenir wur<strong>de</strong> damit zum Zeichen<br />
für <strong>de</strong>n Pilger selber.<br />
4.1 Wallfahrtszeichen<br />
Die Muschel, als Beweis am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> gewesen zu sein, ist sicher das<br />
typischste dieser Wallfahrtszeichen. Die<br />
Muschel ist sogar so eindrücklich in ihrer<br />
Emblematik, dass sie von einem<br />
Mineralölkonzern als Logo übernommen<br />
wur<strong>de</strong>. Im Mittelalter bezeichnete<br />
die Jakobsmuschel oft sogar <strong>de</strong>n Pilger<br />
schlechthin. Am Mantel o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />
Kappe angebracht, war sie das Zeichen<br />
<strong>de</strong>r vollzogenen Wallfahrt. An<strong>de</strong>re Wallfahrtsorte<br />
wie Jerusalem (Jerusalemkreuz)<br />
o<strong>de</strong>r Canterbury (Bischofsfigur)<br />
verkauften in Blei gegossene An<strong>de</strong>nken,<br />
die im Mittelalter bei <strong>de</strong>r Heimkehr<br />
oft gerne auf Glocken appliziert<br />
wur<strong>de</strong>n. Manche Pilgeran<strong>de</strong>nken stellten<br />
sogar eine mit <strong>de</strong>m Namen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Person verbun<strong>de</strong>ne Kuriosität dar. Die<br />
Pilger zum Heiligen Cornelius in Aachen-Kornelimünster,<br />
<strong>de</strong>ssen Name an<br />
das Horn erinnert, erhielten kleine tönerne<br />
Hörner, die sie auch bei <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
blasend einsetzten.<br />
Bei <strong>de</strong>r Heimkehr errichtete man<br />
nicht nur Nachbildungen <strong>de</strong>r Wallfahrtsstätte<br />
(Heilige Gräber) o<strong>de</strong>r Altäre<br />
mit erworbenen Reliquien, Erinnerungsmale<br />
konnten auch Sammlepunkte<br />
künftiger Wallfahrer sein. Eine solche<br />
Funktion erfüllte wohl auch die Jerusalemfahrer-Madonna<br />
(Ursprünglich<br />
Liebfrauen, heute Mainzer Domkreuzgang)<br />
<strong>de</strong>s Mainzer Domkanonikers<br />
Bernhard von Brey<strong>de</strong>nbach, <strong>de</strong>r 1483<br />
das Heilige Land bereist<br />
und <strong>de</strong>n ersten gedruckten<br />
Pilgerführer<br />
geschrieben hatte.<br />
Mit <strong>de</strong>m Gna<strong>de</strong>nbild<br />
von Kevelaer am Nie<strong>de</strong>rrhein<br />
wur<strong>de</strong> sogar<br />
ein Wallfahrtsan<strong>de</strong>nken<br />
an die Consolatrix afflictorum<br />
in Luxemburg<br />
zum vielverehrten<br />
Gna<strong>de</strong>nbild.<br />
4.2 Wallfahrtsführer<br />
Für die Vorbereitung<br />
einer Wallfahrt<br />
entstehen die ersten europäischenReiseführer.<br />
Schil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Pilger<br />
von Bor<strong>de</strong>aux und<br />
die Römerin Egeria<br />
noch als Bericht ihre<br />
Pilgererfahrung, muss<br />
schon <strong>de</strong>r fränkische<br />
Bischof Arculf, <strong>de</strong>r auf<br />
<strong>de</strong>r Rückfahrt beim Abt von Iona,<br />
Adamnan, gestran<strong>de</strong>t war, <strong>de</strong>m Abt eine<br />
Zeichnung <strong>de</strong>r wichtigsten heiligen<br />
Stätten geben, die in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rten immer wie<strong>de</strong>r kopiert<br />
wur<strong>de</strong>. Der erste ausführliche Reiseführer<br />
mit allen wissenswerten Angaben<br />
für <strong>de</strong>n geistlich Reisen<strong>de</strong>n entstand<br />
für die Jakobspilger. Mit <strong>de</strong>m<br />
Namen <strong>de</strong>s Papstes Calixtus verbun<strong>de</strong>n,<br />
begrün<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Co<strong>de</strong>x Calixtinus<br />
aus <strong>de</strong>m XII. Jahrhun<strong>de</strong>rt die heute so<br />
beliebte Buchgattung. Für <strong>de</strong>n Weg<br />
nach Rom fertigte <strong>de</strong>r englische<br />
Mönch Matthew Paris hun<strong>de</strong>rt Jahre<br />
später eine Straßenkarte an, die <strong>de</strong>m<br />
Pilger alle Stationen von London bis<br />
Rom aufführte. Der Mainzer Dom<strong>de</strong>kan<br />
Bernhard von Brey<strong>de</strong>nbach hatte<br />
auf seine Palästinafahrt mit <strong>de</strong>m Grafen<br />
von Solms-Lich <strong>de</strong>n Maler Erhard<br />
Reuwich mitgenommen, damit <strong>de</strong>r<br />
von ihm verfasste und 1486 in Mainz<br />
erschienene Pilgerführer (‘Peregrinatio<br />
in terram sanctam’) auch gleich<br />
passend illustriert wer<strong>de</strong>n könnte. Eine<br />
Fülle von Pilgerführern sollten bis<br />
heute folgen.<br />
Santiago <strong>de</strong> Compostela • Pilgerstäbe © KNA Import<br />
4.3 Ausblick<br />
Pilgerfahrt o<strong>de</strong>r Wallfahrt ist immer<br />
eine Reise zur Selbstvergewisserung.<br />
Der pilgern<strong>de</strong> Mensch setzt sich<br />
mit <strong>de</strong>r Frage nach seinem eigenen Lebensweg<br />
auseinan<strong>de</strong>r. Bei vielen Wallfahrten<br />
ist <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Weg das eigentliche<br />
Ziel, und je<strong>de</strong> einzelne Wallfahrt<br />
wird zu einer ganz eigenen Geschichte.<br />
In <strong>de</strong>r spirituellen Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Wallfahrt<br />
ist <strong>de</strong>r Weg sicher das zentrale<br />
Ziel, <strong>de</strong>nn man sucht Jesus, <strong>de</strong>r selbst<br />
Weg und Ziel in einem ist. Der Beitrag<br />
kann daher trotz <strong>de</strong>r Menge an Information<br />
nur einen kleinen Ausschnitt<br />
<strong>de</strong>ssen aufzeigen, was Wallfahrt in <strong>de</strong>n<br />
2000 Jahren Geschichte <strong>de</strong>r Kirche be<strong>de</strong>utet.<br />
Sicher ist jedoch, dass das Thema<br />
immer wie<strong>de</strong>r eine spannen<strong>de</strong> Geschichte<br />
ist.<br />
Dr. Matthias Th. Kloft ist Pfarrer in<br />
Frankfurt-Eckenheim.<br />
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BEITRÄGE<br />
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BEITRÄGE<br />
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Durch die finstern Winkel <strong>de</strong>r<br />
Völker Germaniens<br />
Hinweis <strong>de</strong>r Redaktion:<br />
Dieser Beitrag ist lei<strong>de</strong>r aus rechtlichen Grün<strong>de</strong>n im Internet<br />
nicht verfügbar.<br />
Burkhard Jürgens
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BEITRÄGE<br />
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BEITRÄGE<br />
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<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005
2200 Kilometer bis Santiago<br />
Unterwegs auf <strong>de</strong>m Lahn-Camino<br />
von Wetzlar bis Lahnstein<br />
Jakobsweg – dazu fällt einem zunächst<br />
eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Wallfahrten<br />
<strong>de</strong>s Christentums, nämlich die<br />
nach Santiago <strong>de</strong> Compostela zum<br />
Grab <strong>de</strong>s Heiligen, ein. Viele Pilger gehen<br />
heute diesen Weg zu Fuß, per Fahrrad<br />
o<strong>de</strong>r auch per Pferd, im Urlaub<br />
etappenweise durch Frankreich und<br />
Spanien, oft verteilt über mehrere Jahre.<br />
Doch wozu in die Ferne schweifen?<br />
Jakobswege gibt es auch in Deutschland.<br />
Entlang <strong>de</strong>r Lahn führt ein Teilstück<br />
durch das <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong>.<br />
Einen einzigen Jakobsweg gibt es<br />
nicht: Er ist zusammengesetzt aus ungezählten<br />
Teilabschnitten, die sich im<br />
Laufe <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte in ganz Europa<br />
zu einem Geflecht aus Wegen verbun<strong>de</strong>n<br />
haben, die in die Pilgerstätte Santiago<br />
einmün<strong>de</strong>n. Viele dieser Pilgerrouten<br />
sind allerdings weitgehend in Vergessenheit<br />
geraten und von <strong>de</strong>r Landkarte<br />
verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Seit etwa drei Jahrzehnten jedoch<br />
erlebt die Wallfahrt nach Santiago <strong>de</strong><br />
Compostela zum Grab <strong>de</strong>s heiligen<br />
© Hamm-Design; WFG-Rhein-Lahn, Bad Ems<br />
Helmut Zimmermann<br />
Apostels Jakobus eine Renaissance –<br />
und damit auch die Pilgerwege dorthin.<br />
Diese wur<strong>de</strong>n und wer<strong>de</strong>n in bestimmten<br />
Abschnitten von Interessengruppen<br />
und Tourismusverbän<strong>de</strong>n<br />
wie<strong>de</strong>r hergestellt. So auch <strong>de</strong>r Lahn-<br />
”Camino” (spanisch: Weg), eine Teilstrecke<br />
<strong>de</strong>s Jakobsweges, <strong>de</strong>r durch<br />
das <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> führt. Er wur<strong>de</strong><br />
vom Taunusklub vor zwei Jahren entsprechend<br />
beschil<strong>de</strong>rt – gelbe Muschel<br />
auf blauem Grund – und folgt<br />
weitgehend <strong>de</strong>m Lahnhöhenweg<br />
(schwarzes ”L” auf weißem<br />
Grund) auf <strong>de</strong>r linken Seite<br />
<strong>de</strong>s Flusses, <strong>de</strong>r laut Professor<br />
Heinrich Kanz, einem<br />
Jakobsweg-Spezialisten,<br />
als heute gangbarer Weg<br />
<strong>de</strong>r mittelalterlichen Jakobspilger<br />
angesehen wer<strong>de</strong>n<br />
kann.<br />
Der Lahn-Camino beginnt<br />
in Wetzlar am Dom, in<br />
<strong>de</strong>ssen Portal Jakobus mit<br />
<strong>de</strong>r Muschel dargestellt ist.<br />
Via Lahnhöhenweg geht es<br />
weiter nach Villmar, wo in<br />
<strong>de</strong>r Pfarrkirche ein barocker<br />
Jakobusaltar zum Gebet einlädt.<br />
Über Runkel führt <strong>de</strong>r<br />
Weg an Dietkirchen mit <strong>de</strong>r<br />
Lubentiusbasilika vorbei –<br />
hier kann eine sehr schöne<br />
alte Jakobusskulptur bewun<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n – weiter nach<br />
<strong>Limburg</strong>. Im Dom befin<strong>de</strong>t<br />
sich in <strong>de</strong>r Emporenlimette<br />
ein Brustbild <strong>de</strong>s Apostels<br />
<strong>de</strong>r Pilger und Wallfahrer.<br />
Über Diez und Obernhof<br />
mit Kloster Arnstein, in<br />
<strong>de</strong>m wahrscheinlich früher<br />
die Santiagopilger über-<br />
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BEITRÄGE<br />
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BEITRÄGE<br />
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Hospitalkirche St. Jakobus, Lahnstein © Werner En<strong>de</strong>rs<br />
nachtet haben. Die nächsten Stationen<br />
sind Nassau und Misselberg.<br />
Von hier aus lohnt sich <strong>de</strong>r Abstecher<br />
hinunter nach Dausenau zur evangelischen<br />
Kirche St. Kastor. In <strong>de</strong>ren<br />
Altarraum wur<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Renovierung<br />
1864 mittelalterliche Fresken gefun<strong>de</strong>n,<br />
die als Fries um <strong>de</strong>n Chorraum verlaufen.<br />
Sie zeigen Szenen aus <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nsgeschichte<br />
Jesu, die sich mit Apostelfiguren<br />
abwechseln. Eine davon stellt Jakobus<br />
<strong>de</strong>n Älteren dar, allerdings noch<br />
nicht mit <strong>de</strong>r Muschel als Erkennungszeichen,<br />
son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>m Evangelium<br />
in <strong>de</strong>r rechten Hand, während sich seine<br />
linke Hand auf ein Schwert stützt. Durch<br />
das Schwert nämlich erlitt er im Jahre 44<br />
das Martyrium im Heiligen Land, in das<br />
er nach seiner Mission in Spanien zurückgekehrt<br />
war. Daneben sind weitere<br />
Wandmalereien und ein herrlicher Flügelaltar<br />
<strong>de</strong>r Betrachtung wert. Bei Ausgrabungen<br />
in <strong>de</strong>r St. Kastorkirche wur<strong>de</strong><br />
auch eine Jakobsmuschel gefun<strong>de</strong>n, die<br />
wahrscheinlich von einem mittelalterlichen<br />
Jakobspilger stammt. Diese echten<br />
Jakobsmuscheln wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Pilgern<br />
im Mittelalter in Santiago als<br />
Nachweis ihrer erfolgreich absolvierten<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Pilgerreise zum heiligen<br />
Jakobus gekauft o<strong>de</strong>r in<br />
Finisterre (finis terrae,<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt), einem<br />
Ort an <strong>de</strong>r Küste, gesammelt.<br />
So konnten sie<br />
nachweisen, dass sie<br />
wahrhafte Jakobspilger<br />
sind – darauf spielt auch<br />
das Sprichwort vom<br />
wahren Jakob an.<br />
Der Lahn-Camino<br />
führt durch Bad Ems zu<br />
seinem En<strong>de</strong> in Lahnstein.<br />
Versteckt in Oberlahnstein<br />
liegt die wie<strong>de</strong>r<br />
errichtete Hospitalskirche,<br />
die <strong>de</strong>r Verehrung<br />
<strong>de</strong>s heiligen Jakobus<br />
gewidmet ist. Ab<br />
hier sind es dann noch<br />
ziemlich genau 2200<br />
Kilometer bis Santiago<br />
<strong>de</strong> Compostela.<br />
Die genaue Wegbeschreibung ist<br />
unter www.rhein-lahn-info.<strong>de</strong>/jakobsweg/jakobswege.htm<br />
im Internet abrufbar.<br />
Informativ sind auch die Internetseiten<br />
www.Jakobsweg.<strong>de</strong> mit vielen<br />
Links, unter an<strong>de</strong>rem zur Deutschen<br />
St. Jakobusgesellschaft e. V., die<br />
Pilgerausweise ausstellt. Der Buchhan<strong>de</strong>l<br />
hält zahlreiche Bücher zum Jakobsweg<br />
unter vielen Aspekten bereit.<br />
Helmut Zimmermann ist freier Mitarbeiter<br />
<strong>de</strong>r Kirchenzeitung „Der Sonntag“.<br />
Kulturstraße<br />
Welche Be<strong>de</strong>utung über das Religiöse<br />
hinaus <strong>de</strong>r Jakobsweg hat, macht<br />
ein Ausspruch Goethes <strong>de</strong>utlich „Europa<br />
ist auf <strong>de</strong>r Pilgerschaft geboren,<br />
und das Christentum ist seine Muttersprache.”<br />
Wohl auch wegen dieser Erkenntnis<br />
erklärte <strong>de</strong>r Europarat im Jahre<br />
1987 die historischen Jakobswege zur<br />
„Ersten Europäischen Kulturstraße”.<br />
Als europäisches Phänomen seien sie<br />
geeignet, das Bewusstsein für die kultu-<br />
relle I<strong>de</strong>ntität Europas und seine abendländische<br />
Erbschaft zu för<strong>de</strong>rn. Auf diese<br />
Weise könne Europa als Raum <strong>de</strong>r<br />
Begegnung und <strong>de</strong>s gegenseitigen Kennenlernens<br />
erfahrbar gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Jakobsmuschel als Pilgerzeichen<br />
Das Zeichen <strong>de</strong>r Santiago-Pilger<br />
war die Jakobsmuschel. Sie war aber<br />
nicht nur ein Pilgerabzeichen. Sie allein<br />
hatte schon eine magische Wirkung.<br />
Sie heilte Kranke und brachte<br />
all <strong>de</strong>nen Glück, die eine „wahre“ Jakobusmuschel<br />
entwe<strong>de</strong>r in Santiago<br />
o<strong>de</strong>r bei einer <strong>de</strong>m Jakobus gewidmeten<br />
Heiligenstätten am Jakobsweg gekauft<br />
o<strong>de</strong>r sie an <strong>de</strong>r Küste bei Cap Finisterre<br />
aufgesammelt hatten.<br />
Der Ursprung dieser Jakobsmuschel<br />
fin<strong>de</strong>t sich, wie so oft, in einer<br />
Legen<strong>de</strong>. Es wird berichtet, dass ein<br />
portugiesischer Ritter zu Pferd in <strong>de</strong>r<br />
Nähe von Padròn an <strong>de</strong>r Anlegestelle<br />
jenes Schiffes stand, welches Jakobus<br />
nach Spanien brachte. Als das Pferd<br />
<strong>de</strong>n wun<strong>de</strong>rsamen und hellen Schein<br />
sah, <strong>de</strong>r von einem Stern herab auf<br />
<strong>de</strong>n Apostel fiel, war es von <strong>de</strong>m Anblick<br />
so verstört, dass es in das Wasser<br />
sprang und <strong>de</strong>n Ritter mit sich in die<br />
Tiefe riss. Der Ritter wur<strong>de</strong> gerettet<br />
und an Bord gezogen. Die Retter sahen<br />
voller Staunen, dass sein Körper<br />
voll mit Jakobsmuscheln be<strong>de</strong>ckt war.<br />
Es existieren noch weitere Legen<strong>de</strong>n,<br />
die sich um die Jakobsmuschel ranken.<br />
Alle besitzen im wesentlichen<br />
das gleiche Muster einer Geschichte,<br />
nämlich eines durch Jakobus wun<strong>de</strong>rsam<br />
geretteten Menschen.<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Kirche St. Kastor:<br />
Samstag und Sonntag von 14 bis 17<br />
Uhr; jetzt im Sommer auch freitags<br />
von 14 bis 17 Uhr.<br />
Anmeldung zu Führungen außerhalb<br />
dieser Zeiten bei: Heidi Jung, Fon<br />
0171/5239598 o<strong>de</strong>r Gerhard Schäfer,<br />
Fon 02603/6565.
Die vorgelegte Unterrichtssequenz<br />
kann zur Vertiefung <strong>de</strong>s Abschlussprofils<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Qualifikationsphase<br />
dienen, da in ihr wichtige religiöse Inhalte<br />
von soziologischer und anthropologischer<br />
Seite in <strong>de</strong>n Blick genommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Ausgehend von Beobachtungen<br />
<strong>de</strong>s Gegenwartsverhaltens soll <strong>de</strong>n<br />
Schülerinnen und Schülern im Erleben<br />
<strong>de</strong>s christlichen Glaubens eine gottesdienstliche<br />
und lebensdienliche Alternative<br />
aufgezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Einleitung<br />
Pilgern – Christliche Antwort auf<br />
postmo<strong>de</strong>rnes Vagabundieren Christof May<br />
Wallfahrt – Santiago © KNA-Bild<br />
Täglich begegnen uns Nachrichten<br />
von Menschen, die unterwegs, ja, die<br />
auf <strong>de</strong>r Flucht sind – auf <strong>de</strong>r Flucht aus<br />
Kriegsgebieten; Menschen, die fliehen,<br />
da sie sich woan<strong>de</strong>rs eine bessere Zukunft<br />
erhoffen; Menschen, die aufbrechen,<br />
weil sie unterdrückt und verfolgt<br />
wer<strong>de</strong>n. Menschen eben wie Abraham<br />
– auf <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>r wahren Heimat<br />
(Gen 12,1-9). Aber auch tagtäglich<br />
ziehen Menschen einfach um, reisen zu<br />
und ab; Menschen sind auf <strong>de</strong>n Auto-<br />
bahnen unterwegs, um zu ihrem Arbeitsplatz<br />
zu kommen. In ihrer Freizeit<br />
„pilgern“ Menschen gern zu <strong>de</strong>n neuen<br />
„Wallfahrtsstätten“, <strong>de</strong>n Fußballstadien<br />
und Arenen. In großen Massen strömen<br />
sie heran, um in einer fast kultischen<br />
Verehrung ihren Sportstars – o<strong>de</strong>r sind<br />
es schon Götter im postmo<strong>de</strong>rnen Pantheon?<br />
– zu huldigen. Menschen unterwegs<br />
wie Abraham, <strong>de</strong>m großen Pilger<br />
<strong>de</strong>s Alten Testaments?<br />
Das Leben steht unter dauern<strong>de</strong>r<br />
Beschleunigung. Wer es heute in seinem<br />
Beruf zu etwas bringen will, muss<br />
ständig auf <strong>de</strong>m Laufen<strong>de</strong>n sein – immer<br />
unterwegs, Weiterbildungen und<br />
Zusatzqualifikationen „erjagen“. Wer<br />
da nicht mitmacht, bleibt oft auf <strong>de</strong>r<br />
Strecke! Beschleunigung, Mobilität und<br />
Flexibilität sind zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Schlagworten unserer postmo<strong>de</strong>rnen<br />
Gesellschaft gewor<strong>de</strong>n. Dabei gehört<br />
die Rastlosigkeit zu <strong>de</strong>n anthropologischen<br />
Grunddaten <strong>de</strong>s Menschen: Der<br />
Mensch ist von Natur aus ein Bewegter.<br />
Das Herz hat einen Schlag, <strong>de</strong>r mit<br />
Rhythmus geht. Wir sprechen vom<br />
Kreis-Lauf und selbst, wenn wir schlafen,<br />
bewegen sich noch unsere Augen<br />
(REM = Rapid eye movement). Wir<br />
wollen wissen, was einen Menschen<br />
bewegt, wie es ihm geht und ob er auf<br />
<strong>de</strong>m Laufen<strong>de</strong>n ist.<br />
Das Zeitalter <strong>de</strong>r Hochgeschwindigkeit<br />
wird vor allem in <strong>de</strong>r Arbeitswelt<br />
gelebt. Menschen wird hier oftmals<br />
ein künstlich erzeugter Lebensund<br />
Arbeitsrhythmus vorgeschrieben.<br />
Ein einstmals sicher geglaubter Beruf<br />
ist schon lange nicht mehr eine Lebensstellung.<br />
Wer am Arbeitsmarkt Schritt<br />
halten will, muss sich lebenslang weiterbil<strong>de</strong>n<br />
– und das auch noch in <strong>de</strong>r<br />
knapper wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Freizeit. Die Konkurrenz<br />
schläft nicht, es gilt sich zu beeilen.<br />
„Immer schneller, immer besser!“.<br />
Beständiges, das, was Zeit<br />
braucht, Dinge, <strong>de</strong>nen man Zeit widmen<br />
muss – all dies bleibt dabei vielmals<br />
auf <strong>de</strong>r Strecke. Der „Gott <strong>de</strong>r<br />
Hochgeschwindigkeit“ for<strong>de</strong>rt seine<br />
Opfer – auch im Privaten. Alles muss<br />
schnell und gleichzeitig laufen: Kaum<br />
zu Hause angekommen, wird das Tempo<br />
wie<strong>de</strong>r verschärft: Schnell was aus<br />
<strong>de</strong>m Gefrierschrank auf <strong>de</strong>n Herd, während<br />
<strong>de</strong>ssen mit Bekannten am Handy<br />
telefoniert, gleichzeitig im Internet surfen,<br />
um zu sehen, was „abends abgeht“.<br />
Stress und Tempo in <strong>de</strong>r Arbeit – Stress<br />
und Tempo in <strong>de</strong>r Freizeit.<br />
Der allseits flexible Mensch hat<br />
keine tiefen Wurzeln. Gewöhnt an eine<br />
„pick-and-choose-Mentalität“, die sich<br />
nimmt, was sie braucht, stellt er sich individuell<br />
auf <strong>de</strong>m Markt <strong>de</strong>r Glaubensangebote<br />
das zusammen, was im Moment<br />
weiterhilft. „Augenblickstranszen<strong>de</strong>nz“<br />
ist en vogue, sich statt <strong>de</strong>ssen<br />
dauerhaft und verlässlich an eine zweitausend<br />
Jahre alte Glaubensgemeinschaft<br />
zu bin<strong>de</strong>n, fällt vielen Menschen<br />
zusehends schwerer.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
19<br />
Unterrichts-Mo<strong>de</strong>ll
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
20<br />
Unterrichts-Mo<strong>de</strong>ll<br />
Der heutige Mensch hat mit Abraham,<br />
<strong>de</strong>r beharrlich und geduldig auf<br />
sein Ziel zuging, nicht mehr viel gemeinsam.<br />
Erhöhte Mobilität, eine diffuse Suche<br />
nach <strong>de</strong>m Sinngeben<strong>de</strong>n, Erfahrung<br />
von Grenzen – das charakterisiert viele<br />
Menschen <strong>de</strong>r Gegenwart. Gibt es einen<br />
Ausweg aus diesem Dilemma?<br />
Pilgern als „Attraktion“ –<br />
anziehen<strong>de</strong>s Christentum<br />
Der Mensch ist von Natur aus ein<br />
„viator“, ein Pilger. Das, was <strong>de</strong>n Pilger<br />
auszeichnet – Mobilität, Suche nach<br />
Sinn und Grenzerfahrung – kennzeichnet<br />
auch <strong>de</strong>n Menschen <strong>de</strong>r Gegenwart.<br />
Der Pilger bricht auf! Er zieht los, über<br />
Tage, Wochen, ja sogar teilweise Monate.<br />
Was aber lässt je<strong>de</strong>s Jahr tausen<strong>de</strong><br />
von Menschen nach Santiago <strong>de</strong> Compostela<br />
aufbrechen? Wo liegt ihre Motivation?<br />
Die Motivation fin<strong>de</strong>t sich in<br />
Gott selbst. Er ist es, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Menschen<br />
– auch wenn dieser es nicht bewusst<br />
wahrnimmt – dazu einlädt, eine Wallo<strong>de</strong>r<br />
Pilgerfahrt zu unternehmen. Gott<br />
selbst steht am Anfang <strong>de</strong>s Pilgerweges.<br />
Er ist attraktiv-anziehend und zieht<br />
<strong>de</strong>n einzelnen hinaus aus <strong>de</strong>n selbst gemachten<br />
Beheimatungen auf jene Heimat<br />
hin, die allein in Gott zu fin<strong>de</strong>n ist<br />
– „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in<br />
dir, o Gott!“ (Augustinus).<br />
Schon die ersten Christen wur<strong>de</strong>n<br />
als Menschen <strong>de</strong>s Weges bezeichnet.<br />
Das war in einer Zeit, als das Christentum<br />
noch keine Pfarreien und festen Institutionen<br />
kannte. Viele Christen waren<br />
als Wan<strong>de</strong>rprediger unterwegs. Erst<br />
als die Zahl <strong>de</strong>r Sympathisanten zunahm,<br />
wur<strong>de</strong> es erfor<strong>de</strong>rlich, Ortsgemein<strong>de</strong>n<br />
zu grün<strong>de</strong>n. Die jungen Christen<br />
folgten so <strong>de</strong>m Beispiel Jesu, <strong>de</strong>r<br />
auch zeitlebens unterwegs war und Galiläa<br />
durchwan<strong>de</strong>rte: „Die Füchse haben<br />
ihre Höhlen und die Vögel ihre<br />
Nester, <strong>de</strong>r Menschensohn aber hat keinen<br />
Platz, wo er sein Haupt hinlegen<br />
kann!“ (Lk 9,58)<br />
Der Beweggrund <strong>de</strong>s Menschen, zu<br />
einem Wallfahrtsort aufzubrechen, hat<br />
neben <strong>de</strong>r Motivation, die von Gott<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
selbst ausgeht, eine<br />
zweite Motivationsquelle:<br />
Der Mensch möchte<br />
mit eigenen Augen die<br />
Orte <strong>de</strong>s göttlichen Heilshan<strong>de</strong>lns<br />
sehen. Ein<br />
Glaube ganz ohne Betrachtung<br />
und Greifbarkeit<br />
fällt schwer. Wir<br />
brauchen Orte <strong>de</strong>r Anschauung.<br />
Wer sich auf eine<br />
Pilgerreise begibt, wird<br />
schon nach kurzer Zeit<br />
auf seine Grenzen stoßen:<br />
Wer von Deutschland<br />
z.B. nach Santiago<br />
<strong>de</strong> Compostela aufbricht,<br />
wird zwei Sprachbarrieren<br />
überwin<strong>de</strong>n müssen.<br />
Die frem<strong>de</strong> Kultur,<br />
die an<strong>de</strong>ren Gewohnheiten<br />
und Sitten, das<br />
südländische Essen sind<br />
ihm ungewohnt – erste<br />
Grenzerfahrungen. Spätestens<br />
in <strong>de</strong>n Pyrenäen<br />
erlebt er eine weitere<br />
Grenze, die seiner körperlichen Belastbarkeit.<br />
Der Körper signalisiert ihm,<br />
dass er nicht mehr weiter kann. So gelangt<br />
er schließlich an seine psychische<br />
Grenze: Warum mache ich das eigentlich?<br />
Aber er geht weiter, überwin<strong>de</strong>t<br />
all die aufgezeigten Grenzen, <strong>de</strong>nn die<br />
Sehnsucht und die Hoffnung, das Ziel<br />
zu erreichen, wachsen mit je<strong>de</strong>m zurückgelegten<br />
Kilometer. Spätestens,<br />
wenn die Hälfte <strong>de</strong>r Strecke geschafft<br />
ist, steht das Ziel immer klarer vor Augen.<br />
So legt <strong>de</strong>r Pilger über mehrere<br />
Wochen hinweg die gut 2400 Kilometer<br />
zurück. Je<strong>de</strong>n Tag das gleiche Proce<strong>de</strong>re:<br />
frühmorgens Aufbruch, um nicht<br />
in die Hitze <strong>de</strong>s Tages zu kommen.<br />
Nach <strong>de</strong>n ersten Kilometern <strong>de</strong>s Tages<br />
ist <strong>de</strong>r gewohnte Rhythmus wie<strong>de</strong>r da,<br />
in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Fußpilger durchschnittlich<br />
28 Kilometer, <strong>de</strong>r Radpilger ca. 100<br />
Kilometer am Tag zurücklegt. Nach<br />
<strong>de</strong>r Ankunft, Besuch <strong>de</strong>r Kirche: Hier<br />
merkt <strong>de</strong>r Pilger, dass er auf <strong>de</strong>m richtigen<br />
Weg ist, sammelt Kraft für die<br />
nächste Etappe, spürt etwas von <strong>de</strong>m,<br />
Das „Zeichen <strong>de</strong>r Muschel“ weist <strong>de</strong>n richtigen Weg. © KNA-Bild<br />
was am Ziel auf ihn wartet: Gottes Gegenwart,<br />
die sich im Viaticum, also im<br />
Reiseproviant, von Brot und Wein, in<br />
<strong>de</strong>r heiligen Eucharistie zeigt und gibt.<br />
Je<strong>de</strong>n Tag das Gleiche – ist das monoton?<br />
Nein, es gibt Rhythmus und ein<br />
Gefühl für die Zeit, die uns von Gott<br />
zur Verfügung gestellt wur<strong>de</strong>!<br />
Der Pilger und <strong>de</strong>r geschäftige<br />
Mensch <strong>de</strong>r Gegenwart: Hauptwesenszüge<br />
haben sie gemeinsam: Unterwegssein,<br />
Mobilität, Erfahrung von Grenzen<br />
<strong>de</strong>r Belastbarkeit, Suche nach Sinn. Wo<br />
aber liegt <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unterschied?<br />
Er liegt darin, dass die Existenzform<br />
<strong>de</strong>s postmo<strong>de</strong>rnen Menschen<br />
einer Vagabondage gleicht – viele<br />
Menschen sind Vagabun<strong>de</strong>n: Sie haben<br />
zwar meist ein zu Hause, im besten Fall<br />
auch eine Familie, insofern sie die hohe<br />
Erlebnisrate nicht zu sehr vereinsamt<br />
hat – und <strong>de</strong>nnoch sind sie Vagabun<strong>de</strong>n.<br />
Sie ziehen von einem Event zum<br />
nächsten. Irgendwie suchen sie nach<br />
<strong>de</strong>m Sinn für ihr Leben, wollen sich in<strong>de</strong>s<br />
nicht <strong>de</strong>r Dauer einer Glaubenser-
Die Kathedrale in Santiago <strong>de</strong> Compostela © KNA-Bild<br />
fahrung aussetzen. Gewohnt an Instantangebote,<br />
greifen sie lieber auf (pseudo)-religiöse<br />
Sofortangebote zurück, die<br />
rasch enttäuschen. Und so beschleunigen<br />
sie weiter ihr Leben; <strong>de</strong>nn wenn es<br />
scheinbar nichts gibt, was nach <strong>de</strong>m<br />
Tod auf uns wartet, dann muss das Leben<br />
hier und heute ausgekostet wer<strong>de</strong>n.<br />
Ich lasse mich nicht auf das Jenseits<br />
vertrösten, son<strong>de</strong>rn hole mir die Jenseitserwartungen<br />
in meine Gegenwart<br />
– paradise now! Die Jagd nach schnell<br />
konsumierbarem Sinn kommt dann<br />
zum Erliegen, wenn die Aufnahmefähigkeit<br />
mit <strong>de</strong>m Erlebniskonsum nicht<br />
mehr Schritt halten kann. Der beschleunigte<br />
Vagabund bleibt auf <strong>de</strong>r Strecke.<br />
Literarischer Exkurs<br />
Dieses Phänomen wur<strong>de</strong> bereits<br />
durch die französischen Existentialisten<br />
beschrieben, stellvertretend seien<br />
hier Samuel Beckett und Albert Camus<br />
genannt. Bei<strong>de</strong> werfen die Frage auf,<br />
wie <strong>de</strong>r Mensch mit seiner<br />
konstitutiven Heimatlosigkeit<br />
umgehen<br />
kann. Beckett und Camus<br />
zeigen dabei zwei<br />
entgegenlaufen<strong>de</strong><br />
Fluchtmöglichkeiten<br />
auf: Auf <strong>de</strong>r einen Seite<br />
<strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Aufbruch nicht wagt und<br />
statisch wartend seine<br />
Erlösung ersehnt (Beckett);<br />
auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite <strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>r<br />
immer wie<strong>de</strong>r aufbricht<br />
und sich dabei selbst erlösen<br />
will (Camus).<br />
Der Mensch im Stillstand<br />
wird von Samuel<br />
Beckett in seinem <strong>de</strong>m<br />
Nihilismus zuzuordnen<strong>de</strong>n<br />
Werk „Warten auf<br />
Godot“ charakterisiert.<br />
Beckett plädiert für die<br />
Statik <strong>de</strong>s Wartens. Er<br />
stellt sich gegen je<strong>de</strong>n<br />
Menschen, <strong>de</strong>r sich dynamisch<br />
<strong>de</strong>r Diskrepanz<br />
zwischen seiner Existenz und <strong>de</strong>m ihm<br />
gestellten Anruf wen<strong>de</strong>t. Statt aufzubrechen<br />
und die gesetzten Grenzen zu<br />
übersteigen, bevorzugt Beckett das<br />
„Sich-Verschließen“ gegenüber <strong>de</strong>m<br />
Anspruch, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Menschen ergeht.<br />
In dieser inneren Abgeschlossenheit<br />
wartet <strong>de</strong>r Mensch auf seinen Tod.<br />
Er unterzieht sich nicht <strong>de</strong>r Mühe, sein<br />
Leben zu entfalten und aktiv zu gestalten.<br />
Er verharrt im Gegenwartsgefühl,<br />
das er durch die Haltung <strong>de</strong>s Wartens<br />
verabsolutiert. Alle Zeichen, die auf Zukünftiges<br />
o<strong>de</strong>r gar Transzen<strong>de</strong>ntes hinweisen,<br />
ignoriert er. Becketts Mensch<br />
nimmt <strong>de</strong>n Zwiespalt zwischen Sollen<br />
und Sein wahr. Da er sich jedoch nicht<br />
in <strong>de</strong>r Lage fühlt, <strong>de</strong>m Sollen gerecht<br />
zu wer<strong>de</strong>n, zieht er es vor, sich gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Anspruch zu verschließen und<br />
das En<strong>de</strong> seiner Existenz abzuwarten.<br />
Für Beckett ist eine Pilgerschaft <strong>de</strong>s<br />
Menschen un<strong>de</strong>nkbar. Wohl stellt er<br />
mit <strong>de</strong>n Personen Pozzo und Lucky<br />
Menschen vor, die ständig unterwegs<br />
sind. Jedoch han<strong>de</strong>lt es sich dabei um<br />
ein Vagabundieren. Der Vagabund ist<br />
dauernd unterwegs, um sich nicht <strong>de</strong>r<br />
Belastung <strong>de</strong>r Zeitdauer auszusetzen.<br />
Sein Gehen ist nicht auf ein letztes Ziel<br />
hin ausgerichtet. Er bewegt sich von<br />
spontanen Eingebungen motiviert, also<br />
um <strong>de</strong>r Bewegung willen. Dort, wo ihm<br />
die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens<br />
bewusst wird, kommt er zum Stillstand.<br />
Hingegen zeigt Albert Camus‘<br />
„Mythos <strong>de</strong>s Sisyphos“ <strong>de</strong>n Menschen,<br />
wie er sich um die eigene Achse dreht<br />
und in dieser Absurdität <strong>de</strong>n Sinn seiner<br />
Existenz zu fin<strong>de</strong>n sucht. Camus<br />
hat <strong>de</strong>n gleichen Ausgangspunkt wie<br />
Beckett: <strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Anruf<br />
hört, diesem Anruf jedoch nicht gerecht<br />
zu wer<strong>de</strong>n vermag. Er bleibt aber<br />
nicht bei <strong>de</strong>m warten<strong>de</strong>n, sich langweilen<strong>de</strong>n<br />
Menschen stehen. Anhand <strong>de</strong>r<br />
Figur <strong>de</strong>s Sisyphos nimmt Camus einen<br />
„Versuch über das Absur<strong>de</strong>“ vor.<br />
Nach seiner Meinung ist <strong>de</strong>r Mensch<br />
ein Wesen, das – in die Existenz „hineingeworfen“<br />
– in fester Routine lebt<br />
und gewohnheitsmäßig Dinge tut, die<br />
das Dasein verlangt. Diese Gewohnheit<br />
<strong>de</strong>s Lebens bezeichnet er als einen „circulus<br />
vitiosus“, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Menschen so<br />
lange nicht bewusst ist, wie er ein geruhsames<br />
Leben führt. Es kommt jedoch<br />
<strong>de</strong>r Moment, in <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r<br />
Samuel Beckett (1906-1989) © dpa<br />
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Albert Camus (1913-1960) © akg<br />
Mensch nicht mehr von diesem Zeitfluss<br />
getragen fühlt, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />
die dahinfließen<strong>de</strong> Zeit als zu ertragen<strong>de</strong><br />
erfährt. Seine Handlungen und sein<br />
Selbst divergieren in <strong>de</strong>m Maß, als er<br />
sich selbst fremd wird. Und damit beginnt<br />
<strong>de</strong>r Versuch, aus <strong>de</strong>m Teufelskreis<br />
<strong>de</strong>r ständigen Wie<strong>de</strong>rholungen<br />
auszubrechen. Der sehnsüchtige Geist<br />
<strong>de</strong>s Menschen sucht nach etwas, was<br />
seinem Leben Sinn verleiht. Aber er<br />
muss erfahren, dass sein so ausgerichtetes<br />
Leben in die Verzweiflung mün<strong>de</strong>t.<br />
Wohin er sich auch bewegt, er wird<br />
immer ein Frem<strong>de</strong>r bleiben, <strong>de</strong>r in nostalgischer<br />
Haltung eine innere Einheit<br />
herbeisehnt. Um dieser Verzweiflung<br />
zu entgehen, führt Camus <strong>de</strong>n Begriff<br />
<strong>de</strong>r „Absurdität“ ein. Das Absur<strong>de</strong> geht<br />
aus <strong>de</strong>m Zwiespalt hervor, <strong>de</strong>r die Folge<br />
<strong>de</strong>r Konfrontation zwischen <strong>de</strong>m<br />
Menschen und <strong>de</strong>r ihn umgeben<strong>de</strong>n<br />
Außenwelt ist. Camus schlägt vor, das<br />
Leben als absur<strong>de</strong>s Postulat zu akzeptieren.<br />
Ihm geht es um das „Leben-<br />
Wollen“ um <strong>de</strong>s Absur<strong>de</strong>n willen. Der<br />
absur<strong>de</strong> Mensch hat für sein absur<strong>de</strong>s<br />
Leben keine Hoffnungen und Sehnsüchte;<br />
er wird sich selbst zum einzigen<br />
Ziel.<br />
Vagabund und Pilger unterschei<strong>de</strong>n<br />
sich äußerlich nicht. Der Unterschied<br />
liegt in <strong>de</strong>r Motivation <strong>de</strong>s Auf-<br />
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bruchs: Gehen um <strong>de</strong>r Abwechslung<br />
willen o<strong>de</strong>r Gehen, um <strong>de</strong>m näher zu<br />
kommen, <strong>de</strong>r meinem Leben Sinn und<br />
Halt gibt.<br />
Religionspädagogische<br />
Überlegungen<br />
Im vergangenen Jahr – <strong>de</strong>m Bonifatiusjahr<br />
– wur<strong>de</strong> ein Wallfahrtsweg von<br />
Mainz nach Fulda eröffnet, <strong>de</strong>r streckenweise<br />
auch durch das <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong><br />
führt. Dieser nahe Wallfahrtsweg<br />
könnte eine Möglichkeit für Schulklassen<br />
sein, einmal auf diesem Weg zu pilgern.<br />
Dabei wird <strong>de</strong>r sportliche Ehrgeiz<br />
geweckt, und die Schülerinnen und<br />
Schüler erleben sich <strong>de</strong>r Natur ausgesetzt.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n ent<strong>de</strong>cken, dass sie<br />
mit ihrem Glauben nicht allein sind,<br />
son<strong>de</strong>rn sich in einer Schar Gläubiger<br />
vorfin<strong>de</strong>n. Die Solidarität <strong>de</strong>s Weges<br />
kann helfen, aus <strong>de</strong>n Isolationen einen<br />
Ausgang in die Gemeinschaft zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Schülerinnen und Schüler können<br />
so ihren eigenen Lebensrhythmus wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>cken.<br />
Das Leben wird entschleunigt,<br />
nicht be-schleunigt, Termine<br />
und Zeitdruck bleiben außen vor.<br />
Durch das Gehen gemäß <strong>de</strong>m eigenen<br />
Tempo wer<strong>de</strong>n die Grenzen <strong>de</strong>r Belastbarkeit<br />
wahrgenommen, und schließlich<br />
wird man mitgezogen von <strong>de</strong>r At-<br />
traktivität, die von je<strong>de</strong>m Wallfahrtsort<br />
ausgeht. Die Stätten, an <strong>de</strong>nen Heilige<br />
gewirkt haben o<strong>de</strong>r begraben sind – sie<br />
helfen, unseren Glauben besser zu verstehen.<br />
Abraham war zeitlebens unterwegs<br />
– immer auf das verheißen Land zu.<br />
Auch wir sind es, das besingen wir in<br />
<strong>de</strong>m Lied: „Wir sind nur Gast auf Er<strong>de</strong>n<br />
und wan<strong>de</strong>rn ohne Ruh, mit mancherlei<br />
Beschwer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ewigen Heimat<br />
zu!“ Das, was für je<strong>de</strong>n Einzelnen<br />
gilt, ist auf die gesamte kirchliche Gemeinschaft<br />
übertragbar. Das Wort<br />
Pfarrei kommt vom Griechischen „paroikia“<br />
– das be<strong>de</strong>utet: neben <strong>de</strong>n Häusern.<br />
Pfarrliches Leben fin<strong>de</strong>t somit<br />
nicht allein in fest gesetzten Häusern,<br />
also in Institutionen statt. Die Kirche ist<br />
pilgernd auf <strong>de</strong>m Weg. Das be<strong>de</strong>utet,<br />
dass Christen sich auch immer wie<strong>de</strong>r<br />
aus <strong>de</strong>r selbst genügsamen Institutionalität<br />
lösen müssen. Pilgern ist attraktiv,<br />
gera<strong>de</strong> für jene Zeitgenossen, die aufgrund<br />
äußerer Zwänge in festgefügten<br />
Lebensbereichen sind. Im Pilgern liegt<br />
eine große Möglichkeit für die Kirche:<br />
Will sie <strong>de</strong>n postmo<strong>de</strong>rnen Menschen<br />
in seinem Lebensambiente, aber gera<strong>de</strong><br />
auch in seinen Begrenztheiten und<br />
Sehnsüchten ansprechen, dann sollte<br />
sie sich wie<strong>de</strong>r ihrer Ursprünge erinnern,<br />
<strong>de</strong>r ersten Christen, <strong>de</strong>r Menschen<br />
<strong>de</strong>s Weges.<br />
Fest <strong>de</strong>s Glaubens in Fulda – Juni 2004 © KNA-Bild
Unterrichtssequenz für die Sekundarstufe I<br />
1. Stun<strong>de</strong>: Mensch mobil und eingeschränkt<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: Schüler sollen erkennen, dass <strong>de</strong>r Mensch ein Wesen <strong>de</strong>r Bewegung ist und somit eine mobile Existenz auf <strong>de</strong>m<br />
Wege führt.<br />
Den Schülern wird ein leeres Kalen<strong>de</strong>rblatt <strong>de</strong>s gegenwärtigen Monats vorgelegt. In 5-10 minütiger Stillearbeit sollen die<br />
Schüler ihre aktuellen Termine eintragen. Danach wird ihnen folgen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r ähnlicher Text vorgelesen:<br />
Mein Terminkalen<strong>de</strong>r:<br />
– Er ordnet meine Zeit. – Er setzt mir Grenzen – terminiert mich. – Er zeigt mir, wie mobil ich bin,<br />
– Er hilft mir, nichts zu vergessen. – Ich stoße an Grenzen meiner Zeit, – was ich alles mache,<br />
– Er sagt mir, wie viel Zeit noch ist. – an Grenzen meine Flexibilität – wohin ich überall gehe.<br />
Impulsfragen:<br />
– Welche Gefühle steigen in mir auf, wenn ich auf meine Termine <strong>de</strong>r nächsten Tage schaue?<br />
– Wie flexibel und mobil bin ich?<br />
– Stoße ich an Grenzen?<br />
– Wie geht es mir jetzt?<br />
– Woher kommt das Wort „Termin“?<br />
– terminare – festlegen, bestimmen.<br />
– Dort, wo ich viele Termine habe, steigt in mir die Sehnsucht auf, mich „frei“ bewegen zu können, spontan<br />
– unterwegs zu sein!<br />
Woher kommt die Mobilität <strong>de</strong>s Menschen?<br />
– Sie ist ihm in die Natur eingeschrieben. Der Mensch ist ein Bewegter! Sein Herz schlägt, er hat einen<br />
– Kreislauf, und während er schläft, bewegen sich sogar noch seine Augen (Rapid-eye-movement-Phase).<br />
– Sobald <strong>de</strong>r Mensch in seiner Bewegungsfreiheit zu sehr eingeschränkt ist, sucht er nach Möglichkeiten,<br />
– diese äußeren „Zwänge“ auszugleichen.<br />
2. Stun<strong>de</strong>: Labyrinth: Wohin unterwegs? Grenzerfahrungen? Warum unterwegs?<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: Schüler sollen sich ihres eigenen Lebensweges bewusst wer<strong>de</strong>n und erkennen, dass die Biographie nicht immer<br />
gera<strong>de</strong>aus verläuft, son<strong>de</strong>rn sich gelegentlich im Kreis dreht!<br />
Aufgabe und Frage:<br />
– Ist es eigentlich gut, dass <strong>de</strong>r Mensch ein Bewegter ist?<br />
– Wozu dient die Mobilität?<br />
– Hat die Mobilität einen Sinn in sich?<br />
Den Schülern wird ein Labyrinth (M1) vorgelegt. Anhand <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s sollen sie über die Wege, Umwege, Anwege, Einbahnstraßen<br />
und Sackgassen ihres Lebens nach<strong>de</strong>nken.<br />
– Wo kommt es zu Grenzerfahrungen?<br />
– Warum kommt es zu solchen Erfahrungen?<br />
– Was macht das Umherirren im Labyrinth aus?<br />
– Habe ich eine Lebensperspektive? Was sind die Ziele in meinem Leben?<br />
– Welche Ziele habe ich bisher erreicht?<br />
– Gibt es Ziele, die ich erreicht habe, von <strong>de</strong>nen ich aber zugleich weiß, dass ich sie niemals aus eigener<br />
– Kraft erreicht hätte?<br />
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Labyrinthische Wege sind getrennt durch Barrieren!<br />
– Was sind Grenzen und Barrieren in meinem Leben? Auf meinem Lebensweg?<br />
– Wie erlebe ich Grenzen?<br />
– Grenzen, die ich überschreite, wenn ich in ein frem<strong>de</strong>s Land reise?<br />
– Kulturelle und Sprachgrenzen?<br />
– Kenne ich physische o<strong>de</strong>r psychische Grenzerfahrungen, Momente, von <strong>de</strong>nen ich sage: „Hier kann ich<br />
– nicht weiter!“?<br />
Der Umgang mit Grenzen:<br />
– Wie gehe ich mit <strong>de</strong>n mir gesetzten Grenzen um?<br />
– Kann ich sie aushalten?<br />
– Will ich sie überschreiten?<br />
– Kann ich mich in meinen „eigenen vier Wän<strong>de</strong>n“ wohl und zufrie<strong>de</strong>n fühlen o<strong>de</strong>r breche ich lieber aus?<br />
– Gibt es Grenzen, die ich bewusst suche? Im Sport und in <strong>de</strong>r Freizeit?<br />
– Wachse ich an meinen Grenzen, o<strong>de</strong>r schüchtern sie mich ein?<br />
Letzte Betrachtung <strong>de</strong>s Labyrinths:<br />
– Wohin führen die Wege?<br />
– Fin<strong>de</strong> ich einen Ausgang?<br />
– O<strong>de</strong>r drehe ich mich im Kreis?<br />
– Gibt es Labyrinthsituationen in meinem Leben?<br />
3. Stun<strong>de</strong>: Mobilität und Unterwegssein heute – Vagabund – homo accelerandus<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: In einem ersten „Durchgang“ sollen die Schüler lernen, dass es zwei Motive für die Bewegung gibt: eine ziellose,<br />
von spontanen Eingebungen motivierte, hochbeschleunigte VVaaggaabboonnddaaggee und an<strong>de</strong>rerseits das zielgerichtete,<br />
beharrliche – oftmals langsame – PPiillggeerrnn!<br />
Ergebnissicherung <strong>de</strong>r vergangenen Stun<strong>de</strong>n:<br />
– Mensch ist bewegt, mobil.<br />
– Er macht Erfahrungen von Grenzen.<br />
– Dort, wo er begrenzt ist, hat er Sehnsucht auszubrechen, frei zu sein.<br />
– Dahinter verbirgt sich (diffuse) Suche nach Sinn.<br />
Schüler bekommen Lied- und Textcollage M2 vorgelegt und suchen sich daraus eine Stelle aus:<br />
– Was haben die Texte gemeinsam? – Beschreibe das Unterwegssein, die Mobilität <strong>de</strong>s Menschen!<br />
– Was spricht dabei beson<strong>de</strong>rs an? – <strong>de</strong>r Freiheitsaspekt? – eine Zielperspektive? Unterwegssein um <strong>de</strong>r<br />
– Abwechslung willen?<br />
– Vagabund o<strong>de</strong>r Pilger? – Was ist attraktiver?<br />
Befragen, welche Fortbewegungsform <strong>de</strong>n Schülern am liebsten ist. Frage: Je schneller, umso besser? – Beschleunigung ist<br />
alles? – Durch das Universum rasen? (Es kann auch die Faszination angesprochen wer<strong>de</strong>n, die von Autorennen ausgeht – Geschwindigkeitswahn<br />
etc.)<br />
4. Stun<strong>de</strong>: Lebensform Vagabondage: Beckett – Camus<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: Schüler sollen selbst erfahren, dass Vagabondage zwar verlockend erscheint, da sie größtmögliche Freiheit, die<br />
sich lediglich als Wahlfreiheit herausstellt, vorgaukelt, dass aber im letzten <strong>de</strong>r Vagabund – wie die Protagonisten<br />
von Beckett - zum Erliegen kommt, da ihm die Zielausrichtung <strong>de</strong>s Lebens fehlt.<br />
Die Schüler bekommen zwei Ausschnitte vorgestellt aus Samuel Becketts „Warten auf Godot“ (M3) und aus Albert Camus’<br />
„Mythos <strong>de</strong>s Sisyphos“ (M4).<br />
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Im Unterrichtsgespräch können die Schüler selbst folgen<strong>de</strong> Wesensmomente <strong>de</strong>s Vagabun<strong>de</strong>n herausarbeiten:<br />
– Mobilität und Flexibilität (Sisyphos, <strong>de</strong>r dauernd <strong>de</strong>n Stein auf <strong>de</strong>n Berg rollt; Pozzo, <strong>de</strong>r ständig um<br />
– sich selbst kreist).<br />
– Erfahrung von Grenzen („Auf wen warten wir eigentlich? – Auf Godot! – Ach ja!) – diese Erfahrungen<br />
– bringen Becketts Protagonisten zum Erliegen – <strong>de</strong>r in sich selbst verkrümmte Mensch – homo incurvatus.<br />
– Diffuse Suche nach Sinn: Sinn durch Selbsterlösung? Sinn in und durch die Absurdität <strong>de</strong>s Lebens?<br />
– Sinn in <strong>de</strong>r Selbstzerstreuung?<br />
An dieser Stelle kann die „Terminkalen<strong>de</strong>rmeditation“ vom Anfang in Erinnerung gerufen wer<strong>de</strong>n! Schülerbefragung: Kann<br />
es sein, dass die vorherrschen<strong>de</strong> Lebensform <strong>de</strong>r Gegenwart <strong>de</strong>m Vagabun<strong>de</strong>n entspricht?<br />
Stichpunkte zur Befragung: Ständig unterwegs, Hauptsache Abwechslung; „pilgern“ von Event zu Event o<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n „Konsumtempeln“<br />
<strong>de</strong>r Postmo<strong>de</strong>rne (Kino, Disco, Internetcafés…); Suche nach Selbsterlösung etc.<br />
Ist diese Lebensform erstrebenswert? Gibt es Alternativen? Wie können diese aussehen?<br />
5. Stun<strong>de</strong>: Ausweg: christliches Pilgern – homo viator<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: Schüler sollen die Gemeinsamkeiten von Vagabund und Pilger ent<strong>de</strong>cken (Mobilität, Grenzen, vagabundieren<strong>de</strong><br />
Sehnsucht nach Sinn, die beim Pilger in Hoffnung umschlägt), um zu erkennen, dass im Pilgern eine gute<br />
Möglichkeit liegt, um <strong>de</strong>m Leben eine letzte Zielausrichtung zu geben.<br />
Ausgangspunkt: Bibelstellen, die das pilgern<strong>de</strong> Unterwegssein biblischer Existenz aufzeigen (M5) – vor allem können hierzu<br />
Textstellen aus <strong>de</strong>m Lukasevangelium herangezogen wer<strong>de</strong>n, da es sich dabei um eine große „Weggeschichte“ han<strong>de</strong>lt.<br />
Ausgehend von <strong>de</strong>n biblischen Texten können die Schüler nach ihren eigenen Glaubens- bzw. Pilgererfahrungen befragt wer<strong>de</strong>n:<br />
– Worin liegt das Ziel christlichen Lebens? („Ich bin <strong>de</strong>r Weg!“)<br />
– Worin fin<strong>de</strong>t es seinen Ausgangspunkt? (Christus Alpha und Omega)<br />
– Gibt es Wegbegleitung? (ekklesiologische Dimension, Glaubenszeugen, Viaticum <strong>de</strong>r Eucharistie)<br />
Vergleich zwischen Pilger und Vagabund:<br />
– Bei<strong>de</strong> sind mobil.<br />
– Bei<strong>de</strong> machen Grenzerfahrungen: territorial, physisch und psychisch.<br />
– Während <strong>de</strong>r Vagabund, von einer diffusen Sehnsucht getrieben, immer wie<strong>de</strong>r aufbricht, wagt <strong>de</strong>r Pilger <strong>de</strong>n<br />
– Weg, da er aus <strong>de</strong>r Verheißung lebt. Hat <strong>de</strong>r eine eine diffuse Sehnsucht, so lebt <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re aus <strong>de</strong>m Aspekt<br />
– christlicher Hoffnung, die – im Bild <strong>de</strong>s Weges gesprochen – in gemachten Wegerfahrungen ihren glauben –<br />
– <strong>de</strong>n Ursprung (Blick zurück!) nimmt, in <strong>de</strong>r gegenwärtigen Weggemeinschaft (Blick auf die Gegenart!)<br />
– christliche Nächstenliebe erfährt (z.B. in <strong>de</strong>r Gastfreundschaft <strong>de</strong>m Pilger gegenüber) und auf ein glücken<strong>de</strong>s<br />
– zukünftiges Ziel (Blick auf Zukunft!) zusteuert.<br />
– Als Material können hierzu Zitate aus Gabriel Marcels Werk „Homo viator“ verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n (M6).<br />
6. Stun<strong>de</strong>: Vertiefung: Rucksack packen – peregrinare – per agros ire – über die Fel<strong>de</strong>r gehen<br />
Diese Stun<strong>de</strong> dient <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rholung und <strong>de</strong>r Vertiefung <strong>de</strong>s bisher behan<strong>de</strong>lten Stoffes. Als Material dient in dieser Stun<strong>de</strong> ein<br />
gefüllter, schwerer Rucksack. Er sollte so gewichtig und gefüllt sein, dass die Schüler bemerken, dass damit keine lange Wegstrecke<br />
zu gehen ist. Im Rucksack befin<strong>de</strong>n sich Gegenstän<strong>de</strong>, die Bereiche aus <strong>de</strong>m Leben <strong>de</strong>r Jugendlichen symbolisieren.<br />
Nach<strong>de</strong>m alle Gegenstän<strong>de</strong> ausgepackt sind, gilt es <strong>de</strong>n Rucksack erneut zu packen, allerdings so, dass nur notwenige Dinge<br />
mitgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Gegenstän<strong>de</strong> im Rucksack können sein:<br />
– Landkarten, Kompass, Süßigkeiten, Brot, Dosenwurst, mehrere Paar Schuhe: Wan<strong>de</strong>rschuhe, Hausschuhe,<br />
– Tanzschuhe, Discman, Handy, Media-3-Player, Playstation, Notebook, Fotos, Bibel, Rosenkranz, Romane,<br />
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– Kleidung: Wan<strong>de</strong>rkleidung, Regenkleidung, aber auch Kleidung für „bessere Gelegenheiten“,<br />
– Verbandsmaterial, Taschenmesser, Trinkflasche …<br />
Anhand <strong>de</strong>r Gegenstän<strong>de</strong> kann aufgezeigt wer<strong>de</strong>n, was mich im Leben zum Vagabund macht und was mir hilft, das Leben<br />
zielgerichtet pilgernd zu durchlaufen:<br />
– Mobilität – Wan<strong>de</strong>rschuhe und gute Wan<strong>de</strong>rkleidung.<br />
– Such nach Sinn – Kompass, Karten, Bibel.<br />
– Erfahrung von Grenzen – Proviant, Verbandsmaterial, Trinkflasche …<br />
7. Stun<strong>de</strong>: Pilgern als Lebensweg: Charles <strong>de</strong> Foucauld – Bonifatius<br />
– per aspera ad astra – auf rauen Pfa<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n Sternen<br />
Stun<strong>de</strong>nziel: Schüler sollen vertieft erkennen, dass das gesamte Leben<br />
eine große Pilgerschaft ist, die in <strong>de</strong>r konkreten Wallfahrt<br />
ihren symbolischen Ausdruck fin<strong>de</strong>t.<br />
Den Schülern wird in dieser Stun<strong>de</strong> eine Biographie vorgestellt, um aufzuzeigen,<br />
dass unser Lebensweg Pilgerweg o<strong>de</strong>r Vagabondage sein kann. Ein<br />
Lebensweg mit vielen Stationen bietet die Biographie <strong>de</strong>s hl. Bonifatius.<br />
Eine Vorstellung seines Lebens biete sich vor allem dann an, wenn geplant<br />
ist, diese Unterrichtseinheit mit einer Wallfahrt auf <strong>de</strong>m im vergangenen<br />
Jahr eröffneten Bonifatiusweg zwischen Mainz und Fulda abzuschließen.<br />
Eine Biographie, die stärker bei<strong>de</strong> Momente von Vagabondage und Pilgern<br />
aufzeigt, ist das Leben von Charles <strong>de</strong> Foucauld (M7), <strong>de</strong>r lange Jahre<br />
seines Lebens ziellos umher vagabundierte, um dann eine lebenslängliche<br />
Pilgerschaft anzutreten. Zugleich wür<strong>de</strong> damit <strong>de</strong>n Schülern eine Person<br />
vorgestellt, die in diesem Jahr von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen<br />
wer<strong>de</strong>n wird.<br />
8. Stun<strong>de</strong>: Abschluss <strong>de</strong>r Einheit – Wallfahrt<br />
Die Einheit kann auf verschie<strong>de</strong>ne Weise abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Beispielsweise könnte man <strong>de</strong>n Jugendlichen eine Wallfahrt<br />
zum Weltjugendtag nach Köln vorschlagen und die in <strong>de</strong>r Einheit erarbeiteten Elemente anhand dieser Pilgerreise wie<strong>de</strong>rholend<br />
aufzeigen.<br />
Eine an<strong>de</strong>re Möglichkeit besteht darin, mit <strong>de</strong>n Schülern zu Fuß o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Fahrrad eine Tageswallfahrt zu machen zu einem<br />
Wallfahrtsort o<strong>de</strong>r einer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Kirche. Auf <strong>de</strong>m Weg selbst kann <strong>de</strong>r Lehrer anhand <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r 5. Stun<strong>de</strong> vorgestellten<br />
Bibeltexte (M5) mit <strong>de</strong>n Schülern <strong>de</strong>r Weggestalt <strong>de</strong>s Lebens nachgehen:<br />
– Wo fin<strong>de</strong> ich meine Wurzeln? Meine Anfänge?<br />
– Auf welchen Wegen befin<strong>de</strong> ich mich gera<strong>de</strong>?<br />
– Gibt es Ziele in meinem Leben?<br />
– Was sind Grenzsituationen und Grenzerfahrungen in meinem Leben?<br />
– Erlebe / erlebte ich Weggemeinschaft, Gastfreundschaft, Wegweisung etc.?<br />
– Was sind die Umwege meines Lebens?<br />
– Bin ich Vagabund o<strong>de</strong>r Pilger?<br />
Abschließend kann am Wallfahrtsort ein Gottesdienst gefeiert wer<strong>de</strong>n. In einer Ansprache können die behan<strong>de</strong>lten Fragen erneut<br />
in <strong>de</strong>n Blick genommen wer<strong>de</strong>n. Grenzerfahrungen und Umwege <strong>de</strong>s Lebens könnten beispielsweise in <strong>de</strong>n Fürbitten ihren<br />
Platz fin<strong>de</strong>n.<br />
Dr. Chistof May (31 Jahre) ist Kaplan an St. Bonifatius in Wiesba<strong>de</strong>n.<br />
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Charles <strong>de</strong> Foucauld (1858-1906) © KNA-Bild
Materialien<br />
M 1 – Labyrinth<br />
Notre-Dame <strong>de</strong> Chartres: Labyrinth von Chartres © KNA-Bild<br />
M 2 – Lied- und Textcollage<br />
DDiieesseess MMaatteerriiaall sstteehhtt aallss PPDDFF--DDaatteeii iimm<br />
IInntteerrnneett ((wwwwww..iiffrrrr..d<strong>de</strong>e)) zzuurr VVeerrffüügguunngg..<br />
M 3 – WARTEN AUF GODOT<br />
DDiieesseess MMaatteerriiaall sstteehhtt aallss PPDDFF--DDaatteeii iimm<br />
IInntteerrnneett ((wwwwww..iiffrrrr..d<strong>de</strong>e)) zzuurr VVeerrffüügguunngg..<br />
M 4 – „Der Mythos <strong>de</strong>s Sisyphos“<br />
„So sehen wir nur, wie ein angespannter<br />
Körper sich anstrengt, <strong>de</strong>n gewaltigen<br />
Stein fortzubewegen, ihn hinaufzuwälzen<br />
und mit ihm wie<strong>de</strong>r und<br />
wie<strong>de</strong>r einen Abhang zu erklimmen;<br />
wir sehen das verzerrte Gesicht, die<br />
Wange, die sich an <strong>de</strong>n Stein schmiegt,<br />
sehen, wie eine Schulter sich gegen <strong>de</strong>n<br />
erdbe<strong>de</strong>ckten Koloß legt, wie ein Fuß<br />
ihn stemmt und <strong>de</strong>r Arm die Bewegung<br />
aufnimmt, wir erleben die ganz<br />
menschliche Selbstsicherheit zweier<br />
erdbeschmutzter Hän<strong>de</strong>. Schließlich ist<br />
nach dieser langen Anstrengung ... das<br />
Ziel erreicht.“ (Camus, A.: Der Mythos<br />
<strong>de</strong>s Sisyphos, 99.)<br />
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M 5 – Bibelstellen<br />
Gen 12 ff. Abrahams Berufung und Wan<strong>de</strong>rung nach Kanaan<br />
Gen 37 ff. Der Lebenspilger Josef<br />
Exodus Das Volk Israel auf <strong>de</strong>m Weg durch die Frem<strong>de</strong><br />
1 Kön 19 Elija – Grenzerfahrungen<br />
Psalmen 122-134 Die Wallfahrtspsalmen<br />
Hebr 13 „Denn wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt, son<strong>de</strong>rn<br />
wir suchen die künftige.“<br />
Lk 23, 26-32 Durchkreuzter Pilgerweg – Via crucis<br />
Lk 24, 13-35 Mit Jesus unterwegs – Emmaus<br />
Mt 4, 19 „Folgt mir nach“ – Pilgerweg <strong>de</strong>r Nachfolge<br />
Lk 9,28-36 Aufstieg zum Heil – Tabor<br />
Lk 9, 57-62 Menschensohn hat keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen<br />
kann<br />
Lk 10, 25-37 Heilung am Weg – <strong>de</strong>r barmherzige Samariter<br />
Mt 2, 1-12 Jesus – Ziel <strong>de</strong>s Weges für die Stern<strong>de</strong>uter<br />
Mk 16, 15 Missionarischer Aspekt <strong>de</strong>s Pilgerns: „Geht hinaus und verkün<strong>de</strong>t<br />
das Evangelium!“<br />
M 6 – „Homo viator“<br />
„Es ist in <strong>de</strong>r Tat bemerkenswert, daß<br />
<strong>de</strong>r gelebte Status <strong>de</strong>s ecce mich zur Anerkennung<br />
<strong>de</strong>r Tatsache zwingt, daß ich<br />
niemals ausschließlich da bin, wo ich<br />
bin, son<strong>de</strong>rn immer gleichzeitig und notwendigerweise<br />
auch an<strong>de</strong>rswo; und hier<br />
bezieht man sich vielleicht am besten auf<br />
die exemplarische Situation <strong>de</strong>s im Exil<br />
Leben<strong>de</strong>n; <strong>de</strong>r im Exil Leben<strong>de</strong> ist nicht<br />
ausschließlich, er ist vielleicht nicht einmal<br />
dort, wo er lebt, wo er zu leben verurteilt<br />
ist. Wür<strong>de</strong> uns eine vertiefte Reflexion<br />
unserer Existenzweise nicht die<br />
Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Tatsache erlauben, daß<br />
je<strong>de</strong>r von uns seinem Wesen nach, selbst<br />
wenn er bei sich zu Hause ist, ein im Exil<br />
Leben<strong>de</strong>r ist – o<strong>de</strong>r noch tiefer, daß er<br />
nur unter <strong>de</strong>r Bedingung, sich im Exil lebend<br />
zu fühlen, eine rein unmittelbare<br />
und in gewisser Weise vormenschliche<br />
Lebensweise überwin<strong>de</strong>t.“ 1<br />
„In <strong>de</strong>r Tat wen<strong>de</strong>t die Seele sich stets<br />
einem Lichte zu, das sie noch nicht sieht,<br />
einem Lichte, das kommen soll: in <strong>de</strong>r<br />
Hoffnung, herausgezogen zu wer<strong>de</strong>n aus<br />
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ihrer gegenwärtigen Nacht, <strong>de</strong>r Nacht <strong>de</strong>r<br />
Erwartung, die nicht dauern könnte, ohne<br />
sie alle auszuliefern, das sie gewissermaßen<br />
organisch in die Auflösung reißt.“ 2<br />
„Die Hoffnung, könnte man sagen,<br />
ist vom Wesen die Verfügbarkeit einer<br />
Seele, die sich in eine Erfahrung <strong>de</strong>r<br />
Gemeinschaft innerlich genug eingelassen<br />
hat, um gegen <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand<br />
<strong>de</strong>s Willens und <strong>de</strong>r Erkenntnis jenen<br />
transzendieren<strong>de</strong>n Akt zu verwirklichen,<br />
durch <strong>de</strong>n sie die lebendige Dauer<br />
bestätigt, für die jene Erfahrung zugleich<br />
Unterpfand und Anfang ist.“ 3<br />
„Die Grundbedingung dafür, daß<br />
die Situation <strong>de</strong>s Exils ... zu einem Ausgangspunkt<br />
<strong>de</strong>r Hoffnung wer<strong>de</strong>n kann,<br />
ist, daß <strong>de</strong>r Mensch nie völlig <strong>de</strong>n Kontakt<br />
mit jener Tiefe verliert, die ihm eine<br />
Rückkehr ermöglicht, die Verheißung<br />
<strong>de</strong>r Rückkehr in sich trägt. Wird jedoch<br />
<strong>de</strong>r Mensch jener Tiefe vollständig<br />
fremd, dann scheint es, dass die Hoffnung<br />
hier nicht mehr möglich ist.“ 4<br />
Anmerkungen<br />
1 Marcel, G.: Reflexion und Intuition: Texte zur ontologischen<br />
Teilhabe <strong>de</strong>s Denkens. Frankfurt 1987, 159.<br />
2 Marcel, G.: Homo viator. Philosophie <strong>de</strong>r Hoffnung –<br />
Düsseldorf 1949, 32.<br />
3 Ebd., 87.<br />
4 Ruelius, P.F.: Mysterium spes, 130.<br />
M 7 – Charles <strong>de</strong> Foucauld<br />
DDiieesseess MMaatteerriiaall sstteehhtt aallss PPDDFF--DDaatteeii iimm<br />
IInntteerrnneett ((wwwwww..iiffrrrr..d<strong>de</strong>e)) zzuurr VVeerrffüügguunngg..<br />
Zitatauswahl<br />
„Von <strong>de</strong>m Augenblick an, wo ich<br />
glaubte, daß es einen Gott gibt, wur<strong>de</strong><br />
mir klar, daß ich nichts an<strong>de</strong>res tun<br />
könne, als nur ihm zu leben: meine Berufung<br />
zum Or<strong>de</strong>nsstand entschied sich<br />
zu <strong>de</strong>rselben Stun<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>r ich meinen<br />
Glauben wie<strong>de</strong>rfand.“<br />
„Sie meinen, daß ich nun genügend<br />
Armut habe. – Nein; wir sind zwar arm<br />
im Vergleich zu <strong>de</strong>n Reichen, aber<br />
nicht wie unser Herr, nicht so arm, wie<br />
ich in Marokko war, nicht so arm wie<br />
<strong>de</strong>r heilige Franziskus.“<br />
„Ich will die ganze Bevölkerung,<br />
Christen, Moslems, Ju<strong>de</strong>n und Götzendiener<br />
daran gewöhnen, mich als ihren<br />
Bru<strong>de</strong>r zu betrachten, <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r aller.<br />
Sie fangen schon an, das Haus ‚die Fraternität‘<br />
zu nennen (auf arabisch die<br />
Khaoua), und das ist beglückend für<br />
mich.“<br />
„Man hat das Bewußtsein, daß man<br />
nicht genug liebt; wie wahr ist das<br />
doch, man wird nie genug lieben, aber<br />
Gott, <strong>de</strong>r weiß, aus welchem Ton er uns<br />
gebil<strong>de</strong>t hat, und <strong>de</strong>r uns viel mehr liebt<br />
als eine Mutter ihr Kind lieben kann,<br />
Er, <strong>de</strong>r nicht stirbt, hat uns gesagt, daß<br />
Er <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r zu Ihm kommt, nicht zurückweisen<br />
wird.“<br />
„Mein innerliches Leben ist einfach.<br />
Ich sehe meinen Weg klar gezeichnet.<br />
Meine ganze Arbeit besteht
Zeittafel zu Charles <strong>de</strong> Foucauld<br />
15.09.1858 Geburt in Straßbourg<br />
30.10.1876 Eintritt in die Militäraka<strong>de</strong>mie<br />
Juni 1881 Feldzug gegen Bu Amama, Süd-Oran<br />
März 1882 Abschied aus <strong>de</strong>r Armee<br />
10.06.1883 Beginn <strong>de</strong>r Forschungsreise nach Marokko<br />
29. / 30.10.1886 Wie<strong>de</strong>raufnahme in die katholische Kirche!<br />
16.01.1890 Eintritt ins Trappistenkloster Notre-Dame <strong>de</strong>s Neiges<br />
11.07.1890 Ankunft im Trappistenkloste Akbès / Syrien<br />
23.01.1897 Verlassen <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns mit Erlaubnis <strong>de</strong>s Generalabts <strong>de</strong>r<br />
Trappisten<br />
10.03.1897 Hausknecht bei <strong>de</strong>n Klarissen in Nazaret<br />
09.06.1901 Priesterweihe<br />
28.10.1901 Ankunft in Beni Abbès, Süd-Oran<br />
11.08.1905 Nie<strong>de</strong>rlassung in Tamanrasset, Hoggar<br />
01.12.1906 Tod in Tamanrasset<br />
darin, meine unzähligen Fehler zu bekämpfen<br />
und morgen dasselbe zu tun<br />
wie gestern, aber besser. Es ist <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>,<br />
vermischt mit einer gewissen Trauer<br />
<strong>de</strong>s Stolzes, <strong>de</strong>r Eigenliebe und <strong>de</strong>r<br />
Feigheit darüber, daß ich am Abend <strong>de</strong>s<br />
Lebens erkennen muß, wie armselig<br />
ich bin und wie wenig Frucht ich gebracht<br />
habe.“<br />
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<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
29<br />
Unterrichts-Mo<strong>de</strong>ll
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
30<br />
Religion & Populär-Kultur<br />
1. Der Film<br />
Als in <strong>de</strong>n 60er Jahren <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche<br />
Schriftsteller Rolf Hochhuth sein Drama<br />
„DER STELLVERTRETER“ veröffentlichte,<br />
schlugen die Wellen hoch. In seiner äußerst<br />
kritischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />
<strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>r katholischen Kirche im<br />
Nationalsozialismus beleuchtete Hochhuth<br />
vor allem die Figur Pius XII. und<br />
<strong>de</strong>ssen Schweigen zum Völkermord an<br />
<strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n. Als vor wenigen Jahren Costa-Gavras<br />
seinen Spielfilm „DER STELL-<br />
VERTRETER“ vorstellte, <strong>de</strong>r auf Hochhuths<br />
Drama basierte, war statt eines<br />
Sturmes bestenfalls ein Wind zu bemerken.<br />
Ob dies nun am gesellschaftlichen<br />
Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r vergangenen Jahrzehnte<br />
lag, <strong>de</strong>r geschwun<strong>de</strong>nen Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Institution Kirche o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />
zwischenzeitlichen Aufarbeitung <strong>de</strong>r<br />
Zeitepoche durch die Historiker, die in<br />
<strong>de</strong>r genannten Frage ein durchaus differenziertes<br />
Bild <strong>de</strong>r Vorgänge zeichnen,<br />
sei dahingestellt. Mit Volker Schlöndorffs<br />
„DER NEUNTE TAG“ ist nun ein<br />
weiterer Film in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Kinos,<br />
<strong>de</strong>r seine Geschichte in dieser historischen<br />
Epoche ansie<strong>de</strong>lt und <strong>de</strong>r sich<br />
auch <strong>de</strong>s Themas bedient. Obgleich<br />
bei<strong>de</strong> Filme in ihrer Anlage, <strong>de</strong>m Verhältnis<br />
von Authentizität und Fiktion,<br />
durchaus verwandt sind, so ist Schlöndorffs<br />
Zugriff auf <strong>de</strong>n Stoff <strong>de</strong>nnoch<br />
ein ganz an<strong>de</strong>rer. Das Motiv „Macht<br />
und Gewalt“ gehört zum Kosmos <strong>de</strong>s<br />
Filmschaffens Schlöndorffs seit seinen<br />
Anfängen – ein Thema, das sich auch<br />
in „DER NEUNTE TAG“ wie<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>t. In<br />
seinem 1996 produzierten Film „DER<br />
UNHOLD“ befasst sich Schlöndorff auch<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Menschlich han<strong>de</strong>ln in einer Welt<br />
<strong>de</strong>r Unmenschlichkeit<br />
Volker Schlöndorffs Film „DER NEUNTE TAG“ zum<br />
Spannungsfeld von Kirche und Nationalsozialismus<br />
mit <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />
und <strong>de</strong>ssen diabolischer Faszination.<br />
Doch hier zeigt sich, dass selbst dort,<br />
wo Schlöndorff sich eines historischen<br />
Kontextes für seine Filmerzählungen<br />
bedient, doch die Geschichte bei ihm<br />
stets im Vor<strong>de</strong>rgrund steht. Dies unterschei<strong>de</strong>t<br />
Schlöndorffs Vorgehensweise<br />
von <strong>de</strong>r eines Costa-Gavras: Sein Blick<br />
richtet sich nicht ausschließlich auf die<br />
historischen Konstellationen und ihr<br />
Konfliktpotential. Er erzählt (auch) ein<br />
menschliches Drama, das nicht nur auf<br />
die Historie verweist, son<strong>de</strong>rn – sozusagen<br />
ohne Umweg – ins Heute führt. In<br />
diesem Sinne ist Schlöndorffs Film auf<br />
eine an<strong>de</strong>re Art und Weise „aktueller“<br />
als mancher „Historienfilm“.<br />
Urlaub vom KZ, das gibt es nicht –<br />
und doch wi<strong>de</strong>rfährt dieses Unglaubliche<br />
<strong>de</strong>m Luxemburger Abbé Kremer.<br />
Er entkommt auf Zeit diesem Ort, an<br />
<strong>de</strong>m es keinen Gott gibt. Zu Hause angekommen,<br />
muss er sich je<strong>de</strong>n Tag in<br />
<strong>de</strong>r Villa Pauly bei <strong>de</strong>r Gestapo mel<strong>de</strong>n.<br />
Dort begegnet er <strong>de</strong>m jungen, lei<strong>de</strong>nschaftlichen<br />
Karrieristen Gebhardt.<br />
Scheinen die Machtverhältnisse am Anfang<br />
klar, so entwickelt sich im Lauf<br />
<strong>de</strong>r neun Tage ein wechselvolles Re<strong>de</strong>und<br />
Gedankenduell zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Männern, die unterschiedlicher nicht<br />
sein könnten, wenngleich sie sich im<br />
Glauben an Gott zu ähneln scheinen.<br />
Gebhardt versucht, <strong>de</strong>n Älteren zu locken,<br />
zu überraschen und zu überzeugen,<br />
Kremer als Bru<strong>de</strong>r im Geiste auf<br />
seine Seite zu ziehen. Er soll <strong>de</strong>m Bischof<br />
von Luxemburg dazu bewegen,<br />
eine Erklärung abzugeben, die die katholische<br />
Kirche Luxemburgs an die<br />
Seite <strong>de</strong>r Nationalsozialisten stellt. Gebhardt<br />
hofft so, eine befürchtete Erklärung<br />
<strong>de</strong>s Papstes zur Ju<strong>de</strong>nfrage entwerten<br />
zu können. Als Gegenleistung<br />
bietet er Kremer nicht nur <strong>de</strong>ssen dauerhafte<br />
Entlassung aus <strong>de</strong>m „Pfarrerblock“<br />
<strong>de</strong>s KZs Dachau an, son<strong>de</strong>rn<br />
auch die Entlassung seiner Mitbrü<strong>de</strong>r.<br />
Im Falle einer Weigerung ist nicht nur<br />
Kremers Leben, son<strong>de</strong>rn auch das seiner<br />
Familie – Bru<strong>de</strong>r, Schwager und<br />
seiner Schwester Marie – bedroht. Als<br />
Abbé Kremer sich aber nicht wie erwartet<br />
bewegt, reagiert Gebhardt ungestüm<br />
und lässt die Maske <strong>de</strong>s Verführers<br />
fallen. Kremer ist in diesen Tagen<br />
hin und her gerissen. Letztlich stellt er<br />
fest, dass er ganz auf sich gestellt ist<br />
und seine Entscheidung über Leben<br />
und Tod allein fällen muss. Im entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Moment hilft kein Rat von<br />
außen, muss Kremer sich nur allein seinem<br />
Gewissen und <strong>de</strong>r Frage nach<br />
Menschlichkeit verantworten.<br />
2. Themen<br />
Franz Günther Weyrich<br />
Volker Schlöndorffs Film ist ein<br />
Spielfilm, dies gilt es zunächst einmal<br />
festzuhalten. Er erzählt eine (Film-)Geschichte,<br />
die keine Dokumentation ist.<br />
Zugleich aber fußt seine Erzählung auf<br />
tatsächlichen Ereignissen. Vorlage für<br />
das Drehbuch waren die Tagebuchaufzeichnungen<br />
<strong>de</strong>s Luxemburgischen Pfarrers<br />
Jean Bernard (1907-1994), <strong>de</strong>r am<br />
5. Mai 1941 ins KZ Dachau transportiert<br />
wur<strong>de</strong>, dort im Februar 1942 „Urlaub“<br />
bekam und am 5. August <strong>de</strong>s<br />
gleichen Jahres aus Dachau entlassen
wur<strong>de</strong>, wenngleich sich seine Tagebuchnotizen<br />
über die Zeit seines „Urlaubs“<br />
ausschweigen. Damit führt <strong>de</strong>r<br />
Film <strong>de</strong>n Zuschauer auch in eine sehr<br />
konkrete historische Situation, die ihm<br />
nicht nur seinen Rahmen gibt, son<strong>de</strong>rn<br />
für die Erzählung konstitutiv ist.<br />
2.1 Katholische Kirche und<br />
Nationalsozialismus<br />
Die zentrale und schwierige Frage<br />
für die katholische Kirche im Nationalsozialismus<br />
war weniger, wie die nazistische<br />
I<strong>de</strong>ologie aus christlicher Sicht<br />
zu beurteilen wäre – hier gab es schon<br />
sehr früh <strong>de</strong>utliche Ablehnung –, son<strong>de</strong>rn<br />
– auf einer sehr konkret politischen<br />
Ebene – in welches Verhältnis sich die<br />
Kirche zu <strong>de</strong>n Nationalsozialisten als<br />
Machthabern bzw. Besatzungsmacht<br />
setzen sollte. Welche Position sollte bzw.<br />
konnte in offiziellen kirchlichen Äußerungen<br />
– sei es auf <strong>de</strong>r Ebene päpstlicher<br />
Stellungnahmen, wie etwa <strong>de</strong>r Enzyklika<br />
„Mit brennen<strong>de</strong>r Sorge“, auf<br />
<strong>de</strong>r Ebene von Erklärungen einer Bischofskonferenz,<br />
Hirtenbriefe eines<br />
Bischofs bis hin zu Predigten einzelner<br />
Priester – eingenommen wer<strong>de</strong>n? Dabei<br />
kam <strong>de</strong>r Frage, welche Auswirkungen<br />
solche Verlautbarungen sowohl<br />
auf das Verhalten und Leben <strong>de</strong>r Gläubigen<br />
vor Ort wie auf mögliche Reaktionen<br />
<strong>de</strong>r Machthaber haben könnten,<br />
zentrales Gewicht zu. Gab es innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Reiches seit Abschluss<br />
<strong>de</strong>s Reichskonkordats 1933 dafür einen<br />
– wie auch immer fragwürdigen bzw.<br />
problematischen – staatsrechtlichen<br />
Rahmen, so war die Frage in <strong>de</strong>n besetzten<br />
Gebieten offener.<br />
Mit <strong>de</strong>r Figur <strong>de</strong>s Abbé Henri Kremer<br />
stellt Schlöndorff einen katholischen<br />
Priester vor, <strong>de</strong>ssen ablehnen<strong>de</strong><br />
Haltung zum Nationalsozialismus unverkennbar<br />
ist, und die wohl auch in<br />
entsprechen<strong>de</strong> Handlungen umgesetzt<br />
wur<strong>de</strong>. Aber auch seine Erwartungen<br />
an die Leitung seiner Kirche sind ein<strong>de</strong>utig:<br />
Ein klares Wort aus Rom vor allem<br />
zur Ju<strong>de</strong>nfrage.<br />
An<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Luxemburger Bischof<br />
Philippe. Obschon auch an seiner ab-<br />
lehnen<strong>de</strong>n Haltung kein<br />
Zweifel bestehen kann<br />
(Gebhardt konzediert:<br />
„Lei<strong>de</strong>r verweigert ihr<br />
Bischof seine Mithilfe“;<br />
Bischof: „Alles, was<br />
in <strong>de</strong>r Enzyklika ‚Mit<br />
brennen<strong>de</strong>r Sorge‘ verkün<strong>de</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>, ist eingetreten.<br />
Der Nationalsozialismus<br />
ist hochmütig<br />
von Jesus Christus abgefallen.<br />
Rasse und Blut<br />
wer<strong>de</strong>n vergötzt.“; das<br />
intensive Vertrauensverhältnis<br />
von Kremer und<br />
Bischof: „Exzellenz, ich<br />
konnte immer zu Ihnen<br />
kommen ...“), wählt er<br />
einen an<strong>de</strong>ren Weg, <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Verweigerung und<br />
<strong>de</strong>s zeichenhaften Protestes:<br />
Er verweigert jeglichen<br />
Kontakt zu <strong>de</strong>n<br />
Machthabern („Er hat<br />
sich entschlossen, keinerlei<br />
Kontakt mit <strong>de</strong>r Besatzungsmacht<br />
zu halten“ und verlässt das Haus<br />
nicht mehr.) und lässt „als Zeichen <strong>de</strong>s<br />
Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Protestes je<strong>de</strong>n<br />
Tag die große Domglocke läuten“. Dieser<br />
Protest wird von <strong>de</strong>n Menschen auch<br />
verstan<strong>de</strong>n („Die Gottesdienste sind gut<br />
besucht.“). Einen offenen Protest hingegen<br />
lehnt er ab, weil er als Reaktion <strong>de</strong>r<br />
Besatzungsmacht drakonische Maßnahmen<br />
gegenüber <strong>de</strong>r katholischen Bevölkerung<br />
fürchtet. (Er nennt Kremer gegenüber<br />
das Beispiel <strong>de</strong>s holländischen<br />
Hirtenbriefes und seiner Folgen. 1 )<br />
Der <strong>Bistum</strong>ssekretär Generalvikar<br />
Mersch scheint hingegen mit <strong>de</strong>n Nationalsozialisten<br />
zu kooperieren (Für<br />
eine Audienz soll sich Kremer an ihn<br />
wen<strong>de</strong>n: „Ein kluger Mann, wenn es<br />
ihm auch etwas an Einfluss zu mangeln<br />
scheint“; er empfielt Kremer, auf Gebhardt<br />
zu hören: „Seien Sie klug, Henri.<br />
Hören Sie zu, was Gebhardt Ihnen zu<br />
sagen hat!“). Er verspricht sich von einer<br />
Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Machthabern<br />
offenbar mehr Sicherheit für die<br />
Katholiken wie auch ein „Überleben“<br />
<strong>de</strong>r Katholischen Kirche als Institution<br />
„DER NEUNTE TAG“ © Cinetext<br />
(„Die Kirche steht vor einer politischen<br />
Zerreißprobe. Von unserer Haltung<br />
hängt es ab, ob noch mehr Menschen<br />
sterben müssen. Wenn wir <strong>de</strong>n Deutschen<br />
entgegenkommen, können wir<br />
mehr erreichen, als wenn wir uns verweigern.“).<br />
Charakteristisch für <strong>de</strong>n<br />
Film ist, dass sich in seinem Figurenpersonal<br />
kein Vertreter eines „christlichen<br />
Nationalsozialismus“ fin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n<br />
es zumin<strong>de</strong>st in Deutschland durchaus<br />
gegeben hat.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite stehen zwei<br />
Figuren als Exponenten nationalsozialistischer<br />
Haltungen: Gauleiter Simon<br />
glaubt nicht daran, dass von Seiten Roms<br />
aus offener Wi<strong>de</strong>rstand zu erwarten ist.<br />
Das Konkordat sowie das diplomatische<br />
Verhalten Pius XII. sind für ihn Zeichen,<br />
dass die Gefahr, dass durch eine<br />
vatikanische Erklärung – etwa gegen <strong>de</strong>n<br />
Holocaust – das Wi<strong>de</strong>rstandspotential<br />
innerhalb <strong>de</strong>r katholischen Bevölkerung<br />
o<strong>de</strong>r auch im nicht besetzen Ausland<br />
wachsen wür<strong>de</strong>, gebannt ist: „Bisher<br />
hat Pius <strong>de</strong>m Führer noch je<strong>de</strong>s Jahr<br />
zum Geburtstag gratuliert und ihn mit<br />
‚Hochverehrter Herr Adolf Hitler‘ an-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
31<br />
Religion & Populär-Kultur
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
32<br />
Religion & Populär-Kultur<br />
„DER NEUNTE TAG“ © Cinetext<br />
gere<strong>de</strong>t. Neuerdings kritisiert er die Alliierten<br />
Bombenangriffe auf <strong>de</strong>utsche<br />
Städte. Ich für meinen Teil kann mich<br />
über <strong>de</strong>n Vatikan nicht beklagen.“. Er<br />
steht <strong>de</strong>m Vorhaben Gebhardts skeptisch<br />
bis kritisch gegenüber.<br />
Ganz an<strong>de</strong>rs Untersturmführer Gebhardt:<br />
Er nimmt die Gerüchte ernst,<br />
„dass <strong>de</strong>r Papst sich bald entschie<strong>de</strong>ner<br />
zur Ju<strong>de</strong>nfrage äußern wird“ – was nicht<br />
ausschließt, dass Karrierismus auch eine<br />
Triebfe<strong>de</strong>r seines Han<strong>de</strong>ln sein mag<br />
– und ist <strong>de</strong>r Meinung, dass man sich<br />
„dagegen wappnen“ sollte. Er setzt darauf,<br />
dass eine offizielle Erklärung <strong>de</strong>s<br />
Luxemburger Bischofs im Sinne <strong>de</strong>s<br />
Nationalsozialismus eine geschlossene<br />
Front aufweichen wür<strong>de</strong> – „Die Kirche<br />
ist ein großes Haus und Luxemburg nur<br />
ein kleiner Stein im Gemäuer. Wenn es<br />
uns gelingt diesen Stein herauszubrechen,<br />
wer<strong>de</strong>n die Wän<strong>de</strong> wackeln.“ –,<br />
vielleicht auch eine solche Erklärung<br />
noch verhin<strong>de</strong>rn könnte.<br />
2.2 Der ethische Konflikt –<br />
humanes Han<strong>de</strong>ln in einer<br />
inhumanen Welt?<br />
Die Entscheidung, vor die sich Kremer<br />
durch Gebhardt gestellt sieht, lässt<br />
sich zunächst durchaus auf <strong>de</strong>r oben angesprochenen<br />
Ebene formulieren: Kremer<br />
soll <strong>de</strong>n Bischof zu einer Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>n Nationalsozialismus<br />
bewegen, konkret: Er soll eine öffentli-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
che Erklärung abgeben, die die Kirche<br />
an die Seite <strong>de</strong>r Machthaber stellt. Als<br />
sich dies als aussichtslos erweist, setzt<br />
Gebhardt auf das Gewicht <strong>de</strong>r Person<br />
Kremers. Er soll selbst eine solche Erklärung<br />
verfassen. Damit geht es um<br />
die Frage von – mehr o<strong>de</strong>r weniger begrenzter<br />
– Anpassung an das Regime<br />
o<strong>de</strong>r Verweigerung und Wi<strong>de</strong>rstand.<br />
Aber dies ist nur eine Dimension <strong>de</strong>s<br />
Konflikts, <strong>de</strong>n Kremer auszutragen hat.<br />
Von Beginn an ist klar, dass es Gebhardt<br />
und mit ihm das Regime ist, das<br />
ihn nicht nur vor die Entscheidung<br />
stellt, son<strong>de</strong>rn das auch die Bedingungen<br />
diktiert und für die Konfliktfel<strong>de</strong>r<br />
verantwortlich ist. Schon beim ersten<br />
Gespräch bei<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Villa Pauly signalisiert<br />
ihm Gebhardt scheinbar beiläufig<br />
die Konditionen: Seine „Entlassung“<br />
ist ein Urlaub auf Zeit, <strong>de</strong>n er<br />
nutzen muss. Nutzt er ihn zur Flucht,<br />
wer<strong>de</strong>n seine Mitbrü<strong>de</strong>r im Pfarrerblock<br />
erschossen. Auch seine Familie<br />
rechnet damit, dass eine Flucht Kremers<br />
Folgen für sie hätte („... dann können<br />
wir uns gleich <strong>de</strong>n Strick nehmen.“),<br />
und dies weiß auch Kremer.<br />
Dass diese Befürchtung nicht unrealistisch<br />
ist, wird später <strong>de</strong>utlich, als Gebhardt<br />
nach <strong>de</strong>m „Verschwin<strong>de</strong>n“ Kremers<br />
<strong>de</strong>ssen Schwester klarmacht:<br />
„Sollte er fliehen, halten wir uns an<br />
Sie!“. Falls er auf das Ansinnen jedoch<br />
eingehen sollte, wird ihm die Freilassung<br />
aller Priester aus Dachau verspro-<br />
chen. Der Zynismus, mit <strong>de</strong>m Gebhardt<br />
dies tut, ist dabei unverkennbar: „Glauben<br />
Sie nicht mehr an göttliche Gerechtigkeit?<br />
Je<strong>de</strong>r Priester, <strong>de</strong>r mit Ihnen<br />
und uns zusammenarbeitet, wird am<br />
selben Tag, an <strong>de</strong>m er das bekräftigt,<br />
aus <strong>de</strong>r Haft entlassen.“ – das „Druckmittel“<br />
<strong>de</strong>r Aufhebung einer willkürlichen<br />
Strafe wird als „göttliche Gerechtigkeit“<br />
tituliert. Bezeichnen<strong>de</strong>rweise<br />
gibt es wenige konkrete Aussagen, was<br />
im Falle einer Ablehnung erfolgen<br />
wür<strong>de</strong>. Dass Kremer zurück nach<br />
Dachau muss, ist ihm klar. Dass er<br />
möglicherweise sein Leben schon<br />
vorher verlieren kann, wird erst bei seiner<br />
Entscheidung gezeigt. Was steht<br />
für Kremer selbst gegen eine Annahme<br />
<strong>de</strong>s „Angebots“? Kremer erhofft sich<br />
ein Schreiben <strong>de</strong>s Papstes, mit <strong>de</strong>m dieser<br />
gegen die Ju<strong>de</strong>nvernichtung protestiert.<br />
Der Völkermord ist für ihn ein<br />
Unrecht, zu <strong>de</strong>m die Kirche nicht<br />
schweigen darf. Ob sich darüber hinaus<br />
auch die konkrete Erwartung damit<br />
verbin<strong>de</strong>t, ein solches Schreiben wür<strong>de</strong><br />
die Weltöffentlichkeit mobilisieren<br />
und damit über kurz o<strong>de</strong>r lang <strong>de</strong>n Vernichtungsprozess<br />
stoppen, dafür gibt es<br />
im Film zwar keine Hinweise, solche<br />
Überlegungen wur<strong>de</strong>n in jener Zeit<br />
aber durchaus angestellt. Wenn Kremer<br />
die gefor<strong>de</strong>rte Erklärung also liefern<br />
wür<strong>de</strong>, dann be<strong>de</strong>utet dies, einen<br />
Protest <strong>de</strong>s Papstes gegen die Ju<strong>de</strong>nverfolgung<br />
zu entwerten, vielleicht sogar<br />
zu verhin<strong>de</strong>rn. Die Vernichtung <strong>de</strong>r<br />
jüdischen Bevölkerung bliebe unwi<strong>de</strong>rsprochen<br />
und könnte ungehin<strong>de</strong>rt<br />
weitergehen. Durch ihr Schweigen wäre<br />
die Kirche mitschuldig an diesem<br />
Verbrechen. Zugleich muss Kremer<br />
aber auch davon ausgehen, dass im Falle<br />
einer Annahme von Gebhardts For<strong>de</strong>rung<br />
die Situation für die Gläubigen<br />
seines Lan<strong>de</strong>s zumin<strong>de</strong>st etwas weniger<br />
bedrohlich wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.<br />
Was be<strong>de</strong>utet dies für Kremers Entscheidung?<br />
Es ist offenkundig, dass<br />
ihm keine Handlungsweise bleibt, die<br />
seinen eigenen christlichen Maßstäben<br />
gemäß die einzig „humane“ wäre. Das<br />
„Humanum“ gibt es in dieser Konstellation<br />
nicht. Die Konstellation aber ist
Gebhardts Konstruktion bzw. Folge<br />
nationalsozialistischer Herrschaft. Es<br />
sind die Nationalsozialisten, die die<br />
Konzentrations- und Vernichtungslager<br />
bauen, Ju<strong>de</strong>n, Homosexuelle, ethnische<br />
Min<strong>de</strong>rheiten wie Sinti und Roma,<br />
Regimegegner und an<strong>de</strong>re internieren<br />
und ermor<strong>de</strong>n. Und es ist <strong>de</strong>r<br />
Nationalsozialist Gebhardt, <strong>de</strong>r Kremer<br />
vor die Entscheidung stellt: Du<br />
und <strong>de</strong>ine Glaubensbrü<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Ju<strong>de</strong>n,<br />
die du so „eloquent“ verteidigst.<br />
Das Perfi<strong>de</strong> an dieser Alternative liegt<br />
in <strong>de</strong>r Separation <strong>de</strong>r Opfer: So wie die<br />
Brotrationen unterschiedlich bemessen<br />
sind – die Priester im Pfarrerblock bekommen<br />
mehr als die an<strong>de</strong>ren Internierten<br />
– und gleichsam zwischen Opfern<br />
erster und zweiter Klasse unterschie<strong>de</strong>n<br />
wird, geht es nun hier um eine<br />
letzte Scheidung – in jene, die überleben<br />
dürfen, damit die an<strong>de</strong>ren ungehin<strong>de</strong>rt<br />
ermor<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können.<br />
Damit steht im Zentrum <strong>de</strong>s Films<br />
die Frage, ob und wie in einer inhumanen<br />
Welt humanes Han<strong>de</strong>ln überhaupt<br />
möglich ist. Wo und wie kann das<br />
Menschliche überleben, wenn es nur<br />
noch ums Überleben <strong>de</strong>r Menschen<br />
geht?<br />
2.3 Schuld<br />
In <strong>de</strong>r Figur <strong>de</strong>s Henri Kremer verknüpft<br />
Schlöndorff die genannte Ebene<br />
dieses ethischen Konflikts mit einem<br />
weiteren, <strong>de</strong>r in die Zeit <strong>de</strong>r Lagerhaft<br />
führt: Kremer hat während eines Arbeitseinsatzes<br />
ein Wasserrohr ent<strong>de</strong>ckt,<br />
aus <strong>de</strong>m – wenn auch nur wenig - Wasser<br />
rinnt. Den quälen<strong>de</strong>n Durst zu stillen,<br />
leckt er an <strong>de</strong>m Rohr und versucht,<br />
<strong>de</strong>n Hahn zu öffnen. Er steht vor <strong>de</strong>r<br />
Entscheidung, diese Ent<strong>de</strong>ckung mit<br />
<strong>de</strong>n Mitgefangenen zu teilen: „Ich<br />
quälte mich mit <strong>de</strong>r Frage, ob ich es mit<br />
meinem Mithäftlingen teilen sollte.<br />
O<strong>de</strong>r nur mit Nansen. Er war von uns<br />
allen <strong>de</strong>r Schwächste...“. Er tut es nicht,<br />
und als Nansen bei einem verzweifelten<br />
Fluchtversuch ums Leben kommt,<br />
empfin<strong>de</strong>t Kremer Schuldgefühle: „Vater<br />
vergib mir!“ „Ich habe überlebt.<br />
Nansen nicht. Und ich weiß nicht und<br />
wer<strong>de</strong> es nie erfahren, ob das Wasser,<br />
dass ich nicht mit ihm geteilt habe, ihm<br />
Kraft gegeben hätte, dies alles zu überstehen.<br />
Seit<strong>de</strong>m sehe ich je<strong>de</strong> Nacht<br />
sein Gesicht. Je<strong>de</strong>n Schritt, <strong>de</strong>n ich gehe,<br />
gehe ich auf seiner Asche.“ Er fühlt<br />
sich schuldig am Tod Nansens, weniger<br />
vielleicht, weil das wenige Wasser<br />
diesen körperlich hätte aufrichten können.<br />
Es hätte aber vielleicht eine Ermutigung,<br />
eine Hoffnung be<strong>de</strong>utet und<br />
Nansen seelisch stärken können. Kremers<br />
Gewissen empfin<strong>de</strong>t sein Verschweigen<br />
als verweigerte Hilfeleistung,<br />
als puren Egoismus im Angesicht<br />
seiner Qualen, <strong>de</strong>r aber um die Qual<br />
seiner Mitbrü<strong>de</strong>r weiß: Er, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>r Eucharistie das Brot<br />
teilt, <strong>de</strong>r durch an<strong>de</strong>re das Teilen als<br />
Geste <strong>de</strong>r Mitmenschlichkeit erfahren<br />
hat, gera<strong>de</strong> er versagt moralisch dann,<br />
wenn es „ernst“ wird. Und als Nansen<br />
stirbt, nimmt er die Schuld auf sich,<br />
selbst wenn die Frage eines ursächlichen<br />
Zusammenhangs offen bleibt.<br />
Be<strong>de</strong>utsam in diesem Zusammenhang<br />
scheint mir die Reaktion seiner<br />
Schwester, die <strong>de</strong>n Brief an seine Mutter<br />
liest, in <strong>de</strong>m Kremer sich seine Gefühle<br />
von <strong>de</strong>r Seele schreibt, seine Tat<br />
„beichtet“: „Warum hast du nichts gesagt?<br />
Du bist nicht schuld am Tod <strong>de</strong>ines<br />
Kamera<strong>de</strong>n. Dass du das glaubst...<br />
Dass sie erreicht haben, dass du so<br />
fühlst ... Lass sie das nicht mit dir machen!“<br />
Der moralischen Perspektive<br />
ihres lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>rs stellt sie eine<br />
an<strong>de</strong>re entgegen, die auf das „System“<br />
und damit auf die Ursachen <strong>de</strong>s Konflikts<br />
verweist: Es ist die grausame Logik<br />
<strong>de</strong>r nationalsozialistischen Lager,<br />
die ihre Insassen in solche Grenzsituationen<br />
führt. Hunger und Durst sind<br />
Folge <strong>de</strong>r Rationierung und Mittel <strong>de</strong>r<br />
Folter, <strong>de</strong>r Kampf ums Überleben eine<br />
Folge <strong>de</strong>r Bedrohung <strong>de</strong>s Lebens. Und<br />
es ist gera<strong>de</strong> ein Teil <strong>de</strong>r Unmenschlichkeit<br />
dieses Systems, dass das Opfer<br />
sich als Täter empfin<strong>de</strong>n kann.<br />
In <strong>de</strong>r narrativen Verknüpfung bei<strong>de</strong>r<br />
Linien (Kremers Entscheidung vor<br />
Gebhardt und seine Entscheidung im<br />
Lager) wer<strong>de</strong>n auch die Parallelen<br />
<strong>de</strong>utlich: Hier wie dort sind es die herr-<br />
schen<strong>de</strong>n Nationalsozialisten, die die<br />
Bedingungen diktieren, hier wie dort<br />
gibt es Muster <strong>de</strong>r „Entschuldigung“ –<br />
auch Gebhardt weiß seine Verantwortlichkeit<br />
für Kremers Situation zumin<strong>de</strong>st<br />
partiell abzuschieben (ein „Versehen“,<br />
eine „Bedingung <strong>de</strong>s RSH“).<br />
Aus dieser Verknüpfung bei<strong>de</strong>r Erzählstränge<br />
zieht Schlöndorffs Film<br />
aber auch dramatisches Potential. Ihr<br />
Schnittpunkt ist zugleich <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>punkt<br />
<strong>de</strong>s Films: Kremer selbst „entschuldigt“<br />
Gebhardt, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r ihm<br />
unterstellt, nichts von <strong>de</strong>n Grausamkeiten<br />
<strong>de</strong>r Partei zu wissen, die dieser so<br />
glühend verteidigt („Ich <strong>de</strong>nke, Sie haben<br />
keine Ahnung. Keine Ahnung, was<br />
mit <strong>de</strong>n Gefangenen passiert, die auf<br />
Ihre Anordnung hin <strong>de</strong>portiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Sie glauben, Sie wüssten, was ein KZ<br />
ist, nur weil Sie mit <strong>de</strong>m Kommandanten<br />
telefoniert haben.“). Erst das Gespräch<br />
mit Mersch öffnet ihm die Augen:<br />
Gebhardt war im Osten, er hat die<br />
Lager gesehen. Er hat „nichts getan,<br />
nur gesehen“. Damit wird aus einem<br />
Unwissen<strong>de</strong>n, einem Verführten ein<br />
Wissen<strong>de</strong>r, ein Täter. All das diskreditiert<br />
schlagartig alle Versuche Gebhardts,<br />
Kremer auf seine Seite zu ziehen,<br />
und ermöglicht seine Auflehnung.<br />
Dieses Motiv seines Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s signalisiert<br />
er auch Gebhardt, wenn er seine<br />
abschließen<strong>de</strong> Verweigerung mit<br />
<strong>de</strong>r Frage verbin<strong>de</strong>t: „Was kann ein Täter<br />
von seinem Opfer wollen? Nach <strong>de</strong>r<br />
Tat. Was haben Sie in diesen Lagern im<br />
Osten gesehen?“ .<br />
2.4 Macht und Verführung –<br />
Versuchung und Verrat<br />
Neun Tage, am En<strong>de</strong> steht ein Entschluss,<br />
<strong>de</strong>r über Tod und Leben entschei<strong>de</strong>t.<br />
Neun Tage ... und fünf Gespräche<br />
mit einem Herren über Leben<br />
und Tod. Sind das „Gespräche“? Sind<br />
es Dispute o<strong>de</strong>r Predigten? O<strong>de</strong>r aber<br />
Duelle, sogar Kämpfe – im Letzen ein<br />
Kampf ums Überleben? Es fällt nicht<br />
so leicht, die Dialogszenen mit Gebhardt<br />
zu charakterisieren, die einen<br />
großen Teil <strong>de</strong>s Films einnehmen. Gebhardts<br />
Ziel je<strong>de</strong>nfalls wird schnell klar:<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
33<br />
Religion & Populär-Kultur
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
34<br />
Religion & Populär-Kultur<br />
„Ich bin völlig unreligiös aufgewachsen<br />
… Manchmal gibt<br />
es Momente, wenn ich wirklich<br />
gläubige Menschen sehe,<br />
kommt immer eine Art Wehmut<br />
auf, weil ich <strong>de</strong>nke: ‘Scha<strong>de</strong>,<br />
ich könnte mich zwingen,<br />
das zu sein, aber ich bin es<br />
nicht.’ Da ist auch ein bisschen<br />
traurig. Glaube gibt einem<br />
einen trösten<strong>de</strong>n Leitfa<strong>de</strong>n im<br />
Leben, und <strong>de</strong>r fehlt mir.“<br />
August Diehl (28), <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m Film „DER NEUNTE<br />
TAG“ einen Gestapo-Mann mit <strong>de</strong>m Auftrag<br />
spielt, einen katholischen Priester für die Sache<br />
<strong>de</strong>r Nationalsozialisten zu gewinnen, in<br />
einem Zeitungs-Interview (SZ, 15.11.04).<br />
Er will Kremer auf seine Seite ziehen,<br />
um einen Keil zwischen Luxemburg<br />
und Rom zu treiben, <strong>de</strong>nn „wenn es gelingt<br />
einen Stein herauszubrechen, dann<br />
wer<strong>de</strong>n die Wän<strong>de</strong> wackeln“. Dabei<br />
beschränkt er sich nicht auf das banale<br />
Spiel <strong>de</strong>r Macht, mit Drohung und Erpressung<br />
ans Ziel zu kommen – sein<br />
Verfahren ist ungleich subtiler und raffinierter.<br />
Er macht zunächst nicht „<strong>de</strong>n<br />
Fehler, <strong>de</strong>n Mann zu unterschätzen“.<br />
Seine Rolle ist nicht die <strong>de</strong>s „Schurken“,<br />
<strong>de</strong>r sein Opfer überwältigt, son<strong>de</strong>rn<br />
jene <strong>de</strong>s „Verführers“, <strong>de</strong>r es umschmeichelt<br />
und für sich einzunehmen<br />
versucht und dabei letztlich nicht weniger<br />
zerstörerisch sein kann.<br />
Welche Strategien wählt dieser Verführer<br />
und – umgekehrt gefragt – worin<br />
besteht die Versuchung für seinen „Kontrahenten“?<br />
Der Einstieg ist fast schon klassisch<br />
zu nennen: eine Demonstration von<br />
Macht und Zuwendung. Damit wer<strong>de</strong>n<br />
zugleich auch die Möglichkeiten vor<br />
Augen geführt, die Kremer hat: sich<br />
von dieser Macht zerstören zu lassen<br />
o<strong>de</strong>r aber von ihr beschützt zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Unerwarteterweise steht am Anfang<br />
kein Verhör, son<strong>de</strong>rn eine „Familienzusammenführung“.<br />
Der Grund für<br />
Kremers „Urlaub“ ist, ihm die Möglichkeit<br />
zu geben, sich „von seiner<br />
Mutter zu verabschie<strong>de</strong>n“. Zugleich<br />
signalisiert Gebhardt aber auch seine<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Macht: Er kennt die persönlichen Briefe<br />
Kremers an seine Mutter, kennt somit<br />
seine innersten Gefühle. Und er <strong>de</strong>monstriert<br />
seine Macht über Leben und<br />
Tod: Er gibt im Falle <strong>de</strong>r Flucht „die<br />
Genehmigung sämtliche Luxemburger<br />
Priester ... zu erschießen“. Die nächste<br />
Bemerkung eröffnet ein Feld, das auch<br />
in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Begegnungen an Be<strong>de</strong>utung<br />
gewinnt: das Feld <strong>de</strong>r „theologischen“<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung. Er konzediert<br />
zunächst, dass Jesus ein Ju<strong>de</strong><br />
war. Zugleich aber setzt er sich sofort<br />
davon ab: „aber einer <strong>de</strong>r bemüht war,<br />
das Ju<strong>de</strong>ntum in sich selbst zu überwin<strong>de</strong>n“.<br />
Bezeichnen<strong>de</strong>rweise geht es hier<br />
nicht um „die Ju<strong>de</strong>n“, die Ju<strong>de</strong>n als<br />
Volk – die Opfer <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />
–, son<strong>de</strong>rn um eine gleichsam abstrakte<br />
Größe: Das „Ju<strong>de</strong>ntum in uns<br />
selbst“. Dies ermöglicht, von <strong>de</strong>n konkreten<br />
Taten zunächst abzulenken und<br />
in <strong>de</strong>r Folge eine theologische Um<strong>de</strong>utung<br />
vorzunehmen. Die Szene en<strong>de</strong>t<br />
wie<strong>de</strong>r mit einer freundlichen Geste: Er<br />
bietet Kremer eine Praline an.<br />
Das zweite Gespräch am dritten<br />
Tag. Auch hier gibt es zunächst wie<strong>de</strong>r<br />
eine Ablenkung von <strong>de</strong>n konkreten Erfahrungen:<br />
Nicht das „kleine persönliche<br />
Schicksal“ sei entschei<strong>de</strong>nd, son<strong>de</strong>rn<br />
die großen Entwicklungen. Hier<br />
setzt Gebhardt an <strong>de</strong>r christlichen<br />
Grundüberzeugung Kremers und an<br />
<strong>de</strong>ssen Kirchenbindung an. Der Verweis<br />
auf die „Christenverfolgung“ im<br />
Osten stellt <strong>de</strong>n Nationalsozialismus<br />
als Verteidiger <strong>de</strong>s Christentums dar,<br />
als Rettung für die Mitbrü<strong>de</strong>r Kremers<br />
und als einzige Macht, die für eine Verbreitung<br />
<strong>de</strong>s katholischen Glaubens zu<br />
sorgen bereit sei („Zukunft <strong>de</strong>s Christentums“,<br />
„Unsere Soldaten haben es<br />
gerettet“, Missionare in Russland“, „gemeinsamer<br />
Krieg“). Der Konkordatsabschluss<br />
liefert Gebhardt zu<strong>de</strong>m ein<br />
Argument, sogar das Oberhaupt <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche als „Kronzeugen“<br />
für diese Verbindung ins Feld zu führen.<br />
Zugleich verknüpft er einen solchen<br />
Nationalsozialismus auch mit seiner<br />
Person: Er stellt sich als Bun<strong>de</strong>sgenosse,<br />
als „Bru<strong>de</strong>r im Geiste“ dar, <strong>de</strong>r<br />
die Kirche auch gegen parteiinterne<br />
Gegner („Heydrich“) retten will. Auch<br />
eine an<strong>de</strong>re persönliche Bindung Kremers<br />
(über die er genau Bescheid weiß)<br />
nutzt er für seine Zwecke: die Beziehung<br />
zu seiner Mutter. „Wir sind Brü<strong>de</strong>r<br />
im Geiste. Ihre Mutter hat dies erkannt.<br />
Sie war erstaunt über die Ikone<br />
in meinem Büro. Sie war eine wahre<br />
Gläubige, und sie glaubte an Sie.“ Die<br />
„Glaubwürdigkeit“ <strong>de</strong>r Aussagen Gebhardts<br />
soll sozusagen über die Glaubwürdigkeit<br />
von Kremers Mutter aufgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n. Und noch ein letztes:<br />
Auch hier <strong>de</strong>utet sich schon die Verführung<br />
<strong>de</strong>r Macht an. Kremer wird<br />
avisiert, „eine wichtige Rolle ... in <strong>de</strong>r<br />
Zusammenarbeit <strong>de</strong>r katholischen Kirche<br />
mit <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>s Dritten Reiches“<br />
zu übernehmen. Der Schluss dieser<br />
Szene bleibt wie<strong>de</strong>r sehr subtil einem<br />
Druckmittel überlassen: Der „Allwissenheit<br />
<strong>de</strong>r Macht“, die über seine<br />
schwangere Schwester Bescheid weiss.<br />
Das dritte Gespräch am vierten<br />
Tag. Hier inszeniert sich Gebhardt erst<br />
einmal als lieben<strong>de</strong>r und kunstsinniger<br />
Ehemann, bevor sich ein Disput entwickelt,<br />
<strong>de</strong>r um die Figur <strong>de</strong>s Judas im<br />
Neuen Testament kreist. Judas, <strong>de</strong>r<br />
„Prototyp“ <strong>de</strong>s Verräters, <strong>de</strong>r Jesus von<br />
Nazareth für Geld verraten hat, ist für<br />
<strong>de</strong>n Theologen Kremer negativ besetzt.<br />
Zugleich steht er aber auch für die Bedrohung,<br />
<strong>de</strong>r sich Kremer ausgesetzt<br />
fühlt: Seinen Glauben zu verraten (wie<br />
dies Judas mit seinem Glauben an Jesus<br />
tat) und die Kirche an <strong>de</strong>n Nationalsozialismus<br />
zu „verkaufen“. Hier setzt<br />
Gebhardt an, in<strong>de</strong>m er Judas als<br />
„fromm“, als „Bru<strong>de</strong>r Jesu“ charakterisiert.<br />
Dabei bedient er sich einer theologischen<br />
Spekulation, die seinen Verrat<br />
als heilsnotwendig ansieht: Hätte er<br />
Jesus nicht verraten, wäre dieser nicht<br />
am Kreuz gestorben und hätte somit die<br />
Menschen nicht erlösen können. Zugleich<br />
bezeichnet er ihn aber auch als<br />
„I<strong>de</strong>alisten“ wie als „Tatmensch“, <strong>de</strong>r<br />
„etwas bewirken“ wollte. Alle diese<br />
Bezeichnungen spielen zugleich auf<br />
Kremer an, <strong>de</strong>m so gleichsam die Vereinbarkeit<br />
eines Verrats mit seinen<br />
Überzeugungen signalisiert wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Das vierte Gespräch am sechsten
Tag. Zwei Wen<strong>de</strong>punkte bringt dieses<br />
letzte Gespräch vor Kremers Entscheidung.<br />
Zum einen spitzt sich <strong>de</strong>r innere<br />
Konflikt für Kremer zu. Gebhardt ist<br />
wütend darüber, dass Kremer <strong>de</strong>n Bischof<br />
immer noch nicht hat überzeugen<br />
können. Er gibt dieses Ziel auf. Kremer<br />
selber soll nun die Erklärung unterschreiben.<br />
Damit gibt es keinerlei Möglichkeiten<br />
für eine Ausflucht mehr, eine<br />
Audienz ist nicht mehr nötig und<br />
Kremer muss sich jetzt ganz allein entschei<strong>de</strong>n.<br />
Gebhardt for<strong>de</strong>rt diese Entscheidung<br />
heraus: „Sie o<strong>de</strong>r ich! ... Machen<br />
Sie endlich <strong>de</strong>n Mund auf!“. Zum<br />
an<strong>de</strong>ren lässt Gebhardt in gewisser<br />
Weise die Maske <strong>de</strong>s Verführers fallen.<br />
Während er bislang sich selber und <strong>de</strong>n<br />
Nationalsozialismus noch als Bun<strong>de</strong>sgenossen,<br />
ja Brü<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Christentums<br />
darzustellen versuchte, wird nun seine<br />
Einstellung offenbar. Für ihn ist <strong>de</strong>r Bischof<br />
„ein kranker Mann“, „ein Saukerl<br />
in seiner Kutte“, von <strong>de</strong>m er hofft, dass<br />
er bald „abkratzt“: Der wahre Glaube<br />
ist <strong>de</strong>r Nationalsozialismus, <strong>de</strong>r wahre<br />
Erlöser heisst Adolf Hitler, <strong>de</strong>r Führer<br />
ist es, <strong>de</strong>r „uns von Gott gesandt wur<strong>de</strong>“.<br />
Diese Sakralisierung <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />
spiegelt sich auch in <strong>de</strong>r<br />
Lebensgeschichte Gebhardts, wie er sie<br />
nun vor Kremer ausbreitet: Gebhardt<br />
wollte Priester wer<strong>de</strong>n, nach <strong>de</strong>r Diakonatsweihe<br />
und kurz vor <strong>de</strong>r Priesterweihe<br />
habe er aber „<strong>de</strong>n schwarzen<br />
Rock <strong>de</strong>s Theologen gegen die schwarze<br />
Uniform ausgetauscht“ – sein „ganz<br />
persönlicher Aufstand gegen Gott“, zu<br />
<strong>de</strong>m er aber „innerlich längst wie<strong>de</strong>r<br />
zurückgekehrt“ sei. Und sein Motiv?<br />
Es ist die Möglichkeit, in dieser Bewegung<br />
„die Welt zu verän<strong>de</strong>rn ... mit am<br />
Rad <strong>de</strong>r Geschichte drehen“ zu können<br />
und damit wie Judas ein „I<strong>de</strong>alist“ und<br />
„Tatmensch“ zugleich zu sein. Auch<br />
dies ist eine Strategie <strong>de</strong>r Verführung:<br />
die Verführung nicht nur, ein „I<strong>de</strong>alist“<br />
zu sein, son<strong>de</strong>rn nach seinen I<strong>de</strong>alen<br />
die Welt zu formen und zu verän<strong>de</strong>rn.<br />
Doch es folgt noch eine letzte, und es<br />
ist die vielleicht erschreckenste: „Ach,<br />
hören Sie doch auf! Wissen Sie, Abbé,<br />
ich dachte, dass gera<strong>de</strong> Sie <strong>de</strong>n wahren<br />
Geist <strong>de</strong>s Judas begriffen haben! Wer<br />
„DER NEUNTE TAG“ © Cinetext<br />
weiß, wenn Sie dieses Wasser nicht getrunken<br />
hätten, dann wären Sie vielleicht<br />
<strong>de</strong>rjenige gewesen, <strong>de</strong>r vor Verzweiflung<br />
in <strong>de</strong>n Zaun gegangen wäre.<br />
Aber Sie haben eine Entscheidung getroffen.<br />
Sie haben Ihren Bru<strong>de</strong>r verraten,<br />
um zu überleben. Geben Sie diesem<br />
Leben endlich einen Sinn!“ Welches<br />
Angebot macht Gebhardt hier? Es<br />
ist – in an<strong>de</strong>ren Worten – vielleicht das<br />
Folgen<strong>de</strong>: „Du wolltest überleben. Deshalb<br />
hast du das Wasser nicht geteilt,<br />
und <strong>de</strong>shalb ist Nansen gestorben. Du<br />
lei<strong>de</strong>st unter <strong>de</strong>iner Tat. Aber unsere<br />
I<strong>de</strong>ologie gibt <strong>de</strong>iner Tat recht: Wir<br />
glauben, dass nur <strong>de</strong>r Starke überlebt<br />
und dass die Schwachen sterben müssen.<br />
Sie haben <strong>de</strong>n Tod verdient. Die<br />
Starken sind die Herrenmenschen, die<br />
Schwachen gehören ausgerottet. Wenn<br />
du dich uns anschließt, brauchst du<br />
dich nicht schuldig zu fühlen, son<strong>de</strong>rn<br />
kannst stolz auf <strong>de</strong>ine Tat sein!“ Es ist<br />
nicht an<strong>de</strong>res als eine Sakralisierung<br />
<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ologie <strong>de</strong>s Nationalsozialismus:<br />
Sie kann das, was <strong>de</strong>r christliche Glaube<br />
von sich behauptet – <strong>de</strong>m Leben einen<br />
Sinn geben. Und welchem Leben?<br />
Ein Leben, das vom Gefühl <strong>de</strong>r Schuld<br />
geprägt ist, einen an<strong>de</strong>ren Menschen<br />
getötet zu haben, das kann die gleiche<br />
Tat nun stolz bekennen – Die Rechtfertigung<br />
<strong>de</strong>s Völkermor<strong>de</strong>s liegt hier<br />
nicht weit entfernt!<br />
Mit <strong>de</strong>r Figur <strong>de</strong>s Untersturmführers<br />
Gebhardt gelingt Schlöndorff m.E. eine<br />
präzise Inkarnation <strong>de</strong>s Nationalsozialismus,<br />
ebenso wie die Mechanismen<br />
<strong>de</strong>r Verführung <strong>de</strong>r Film-Figur viel von<br />
<strong>de</strong>n sozialpsychologischen Mechanismen<br />
in sich tragen, die diesem Adolf<br />
Hitler <strong>de</strong>n Weg bahnten, <strong>de</strong>r Millionen<br />
in die Katastrophe führte. Der Typus <strong>de</strong>s<br />
kunstsinnigen, gebil<strong>de</strong>ten (Gebhardt hat<br />
Kremers Doktorarbeit gelesen) und lieben<strong>de</strong>n<br />
Familienvaters, <strong>de</strong>r am an<strong>de</strong>ren<br />
Tag <strong>de</strong>n Schießbefehl erteilt, ist keine<br />
Kunst- und Filmfigur, son<strong>de</strong>rn eine erschrecken<strong>de</strong><br />
Gestalt <strong>de</strong>r Geschichte.<br />
Doch wie reagiert Kremer auf die<br />
Versuchungen? Er argumentiert und<br />
setzt <strong>de</strong>n „wohlwollen<strong>de</strong>n“ Deutungen<br />
Gebhardts seine Erfahrung und damit<br />
die grausame Realität gegenüber. In <strong>de</strong>n<br />
„theologischen Disputen“ beharrt er<br />
auf seiner (kirchlichen und theologisch<br />
begrün<strong>de</strong>ten) Sicht und lehnt Gebhardts<br />
„Um<strong>de</strong>utungen“ ab. O<strong>de</strong>r aber:<br />
er schweigt. Erst im letzten dieser Gespräche,<br />
dann wenn es für ihn ernst<br />
wird, fällt es ihm offenbar schwer. Ein<br />
Ausbruch und ein Zusammenbruch sind<br />
die Folge. Am En<strong>de</strong> dieses Gespräches<br />
ergreift er aber die Initiative und stellt<br />
eine Frage: „Wenn ich tue, was Sie verlangen,<br />
was geschieht dann mit meinen<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
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Religion & Populär-Kultur
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
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Religion & Populär-Kultur<br />
Brü<strong>de</strong>rn im KZ?“ Dies scheint mir die<br />
einzige wirkliche „Versuchung“ für<br />
Kremer zu sein: seine Überzeugung zu<br />
verraten, um damit das Leben seiner<br />
Mitbrü<strong>de</strong>r zu retten. Er wird ihr nicht<br />
erliegen, wie das fünfte Gespräch am<br />
achten Tag zeigt.<br />
2.5 Glaube und Theodizee<br />
Wie steht es aber um <strong>de</strong>n Glauben<br />
Kremers, seine christliche Grundüberzeugung,<br />
die er allen Anfechtungen<br />
zum Trotz Gebhardts Überredungsversuchen<br />
immer wie<strong>de</strong>r entgegen stellt?<br />
Bei aller scheinbaren Sicherheit ist<br />
auch Kremers Glaube in einer Krise.<br />
Die Frage <strong>de</strong>s Lagerführers: „Du glaubst<br />
also wirklich, dass es einen Gott gibt?!<br />
Und wo ist er? Siehst du ihn hier irgendwo?“,<br />
die Bestätigung Nansens „Gott<br />
hat uns verlassen“, schließlich das Bekenntnis<br />
Kremers „Da wo ich herkomme,<br />
gibt es keinen Gott.“ Sie alle weisen<br />
auf eine <strong>de</strong>r entschie<strong>de</strong>ndsten Anfragen<br />
an <strong>de</strong>n christlichen Glauben, die<br />
Theodizee-Frage: Wie kann Gott das<br />
Leid zulassen? Ist nicht <strong>de</strong>r Glaube an<br />
einen guten und allmächtigen Gott ein<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch zur Erfahrung unsäglichen<br />
menschlichen Leids? Dass diese<br />
Frage Kremer in seiner Glaubensgewissheit<br />
verunsichert, zeigt auch seine<br />
Reaktion auf <strong>de</strong>n Rat seines Bischofs:<br />
„Verzeihen Sie, aber ich habe mein Gewissen<br />
befragt. Ich habe <strong>de</strong>n Herrn um<br />
Beistand gebeten, aber keine Antwort<br />
erhalten“. Er <strong>de</strong>utet seine Unsicherheit<br />
im Bezug auf die zu treffen<strong>de</strong> Entscheidung<br />
als Schweigen Gottes. Wenn man<br />
also von einer Glaubenskrise Kremers<br />
ausgeht, dann besteht die letzte „Versuchung“<br />
durch Gebhardt auch darin, Kremer<br />
anstelle seines abwesen<strong>de</strong>n und<br />
schweigen<strong>de</strong>n Gottes einen han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
und machtvollen anzubieten, einen<br />
„göttlichen Führer“, <strong>de</strong>r das Leid in <strong>de</strong>n<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Konzentrationslagern eben nicht ohnmächtig<br />
ansieht und geschehen lassen<br />
muss, son<strong>de</strong>rn es gera<strong>de</strong> verursacht, und<br />
in seinen Kommandanten, Aufsehern<br />
und Henkern dort Tag für Tag präsent ist.<br />
Kremer erliegt <strong>de</strong>r Versuchung<br />
nicht. Er geht zurück ins KZ. Ist damit<br />
sein „Glaube“ gerettet? Dazu eine abschließen<strong>de</strong><br />
Beobachtung: In <strong>de</strong>n Lagersequenzen<br />
gibt es drei Szenen, die<br />
vom Aufbau her <strong>de</strong>utliche Parallelen<br />
aufweisen. In allen Fällen geht es um<br />
ein gemeinsames „Essen“ bzw. Trinken,<br />
in allen Fällen gibt es einen ähnlichen<br />
Szenenaufbau: Eine Innengruppe<br />
sitzt zusammen an einem Tisch, eine<br />
Außengruppe steht um <strong>de</strong>n Tisch herum<br />
(die singen<strong>de</strong>n Gefangenen – die<br />
Aufseher – die Häftlinge, die hinzukommen).<br />
Während es sich in <strong>de</strong>r ersten<br />
Szene aber um ein „rituelles Essen“<br />
han<strong>de</strong>lt – die Feier <strong>de</strong>r Heiligen Messe<br />
– geht es in <strong>de</strong>r letzten, <strong>de</strong>r Schlussszene<br />
<strong>de</strong>s Films, „nur“ darum, <strong>de</strong>n Hungern<strong>de</strong>n<br />
die Nahrung anzubieten, die<br />
Kremer zuvor getauscht hat. Das Abschlussmahl<br />
o<strong>de</strong>r die „Wie<strong>de</strong>rsehensfeier“<br />
mit seinen Mitgefangenen feiert<br />
<strong>de</strong>r katholische Priester Henri Kremer<br />
eben nicht als religiösen Ritus, son<strong>de</strong>rn<br />
als ganz weltliches Mahl. Es ist mehr<br />
als nur das Verteilen von Essen. Die<br />
Szene trägt m.E. schon <strong>de</strong>n Charakter<br />
von etwas Feierlichem, Rituellem, in<br />
gewisser Weise „Sakralem“. Aber es<br />
geht hier nicht um „Brot und Wein“,<br />
son<strong>de</strong>rn um eine einfache „Wurst“, weitab<br />
von jeglicher religiösen Symbolik.<br />
Und schließlich: Die Kamera auf einen<br />
zaghaft lächeln<strong>de</strong>n Kremer gerichtet,<br />
fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Film sein (vor-)letztes Bild.<br />
All dies <strong>de</strong>utet eher darauf hin, dass<br />
es sich hier nicht um eine einfache<br />
„Rückkehr“ han<strong>de</strong>lt. Es ist nicht eine<br />
Fortsetzung <strong>de</strong>r Lagerhaft, son<strong>de</strong>rn eine<br />
an<strong>de</strong>re Lagerhaft, vielleicht eine, die <strong>de</strong>n<br />
„schweigen<strong>de</strong>n Gott“ mitgenommen hat.<br />
Anmerkung<br />
1 1942 verfassten protestantische und katholische Bischöfe<br />
in Holland gemeinsam ein Hirtenwort gegen<br />
die Deportation <strong>de</strong>r holländischen Ju<strong>de</strong>n. Als es trotz<br />
Drohungen durch die Besatzer in allen katholischen<br />
Kirchen verlesen wur<strong>de</strong>, reagierten die Nazis<br />
schnell: Katholische Klöster und Schulen wur<strong>de</strong>n<br />
durchsucht und alle zum Katholizismus konvertierten<br />
Ju<strong>de</strong>n, die bis dahin verschont geblieben waren,<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>portiert.<br />
Studienleiter Franz Günther Weyrich<br />
ist Leiter <strong>de</strong>s Amtes für Katholische<br />
Religionspädagogik in Wetzlar.<br />
Schlöndorffs Film „DER NEUNTE TAG“<br />
Schlöndorffs Film „DER NEUNTE<br />
TAG“ ist zur Zeit noch in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Kinos zu sehen. Voraussichtlich<br />
ab Mitte <strong>de</strong>s Jahres wird auch eine<br />
DVD-Fassung mit <strong>de</strong>m Recht zur öffentlichen<br />
Vorführung beim Katholischen<br />
Filmwerk in Frankfurt (KFW)<br />
erscheinen, die danach auch über die<br />
Religionspädagogischen Ämter auszuleihen<br />
sein wird.<br />
Bislang liegen zwei Begleithefte<br />
zum Film vor. Bei <strong>de</strong>m einen han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um eine umfangreichere Fassung<br />
(48 S.) <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Beitrages,<br />
die auch ein ausführliches Sequenzprotokoll<br />
<strong>de</strong>s Films beinhaltet.<br />
Es kann über <strong>de</strong>n Bernhard Wicki Gedächtnis<br />
Fonds e.V. (Pago<strong>de</strong>nburgstr.<br />
2, 81247 München, Fon 0 89 / 8 11 52<br />
67, Fax: 0 89 / 81 08 93 45) o<strong>de</strong>r über<br />
<strong>de</strong>n Film- und Fernseh-Fonds Bayern<br />
(steffi.sta<strong>de</strong>lmann@ fff-bayern.<strong>de</strong>) bezogen<br />
wer<strong>de</strong>n. Das an<strong>de</strong>re wird herausgegeben<br />
von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>szentale für<br />
politische Bildung und ist dort auch zu<br />
beziehen. Bei<strong>de</strong> Hefte liegen darüber<br />
hinaus auch als PDF-Datei vor und<br />
können kostenlos von <strong>de</strong>r offiziellen<br />
Webseite <strong>de</strong>s Verleihs heruntergela<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
www.<strong>de</strong>rneuntetag.<strong>de</strong>/presse.php.
LITERATURÜBERSICHT – Eine Auswahl<br />
Pilgern und Wallfahren<br />
Barth, Dieter / Schindler, Michael (Hg.):<br />
Abenteuer Pilgern. Das PraxisHandBuch<br />
(Praxisreihe konkret). – Stuttgart: Verlag<br />
Katholisches Bibelwerk. 2003. 122 S.<br />
(ISBN 3-460-32578-X)<br />
Barth, Dieter / Schindler, Michael (Hg.):<br />
Abenteuer Pilgern. Der spirituelle Wegbegleiter.<br />
– Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk.<br />
2004. 128 S. m. Abb u. Noten<br />
(ISBN 3-460-32576-3)<br />
Branthomme, Henry / Chelini, Jean (Hg.):<br />
Auf <strong>de</strong>n Wegen Gottes. Die Geschichte<br />
<strong>de</strong>r christlichen Pilgerfahrten. – Pa<strong>de</strong>rborn:<br />
Bonifatius Verlag 2002. 353 S. (ISBN<br />
3-89710-103-3)<br />
Förg, Heinz-Jürgen: Wallfahren heute.<br />
Gna<strong>de</strong>norte, Kult- und Andachtsstätten in<br />
Deutschland, Österreich und <strong>de</strong>r Schweiz.<br />
– Würzburg: Echter Verlag. 2000. 160 S. m.<br />
z.T farb. Abb. im Text (ISBN 3-429-02267-2)<br />
May, Christof: Pilgern. Menschsein auf<br />
<strong>de</strong>m Wege (Studien zur systematischen<br />
und spirituellen Theologie; Bd. 41). – Würzburg:<br />
Echter Verlag. 2004. 304 S. (ISBN 3-<br />
429-02617-2)<br />
Mielenbrink, Egon: Beten mit <strong>de</strong>n Füßen.<br />
Über Geschichte und Praxis von Wallfahrten<br />
(Topos Tb.; Bd. 368). – Kevelaer: Topos<br />
plus Verlagsgemeinschaft. Neuausg.<br />
2001. 133 S. (ISBN 3-7867-8368-3)<br />
Mielenbrink, Egon: Wallfahrtsorte –Stätten<br />
<strong>de</strong>s Gebetes. Entstehung, Entwicklung,<br />
Be<strong>de</strong>utung. – Kevelaer: Verlag Butzon &<br />
Bercker. 2000. 141 S. (ISBN 3-7666-0283-7)<br />
Müller, Peter: Die Seele laufen lassen. Pilgertage<br />
und spirituelle Wan<strong>de</strong>rungen. –<br />
München: Kösel-Verlag. 2004. 176 S. (ISBN<br />
3-466-36649-6)<br />
Niggemeyer, Margarete (Hg.): Schritte<br />
wer<strong>de</strong>n Weg. Ein Pilgerbuch. – Schweinfurt:<br />
Verlag Reimund Maier. 3. Aufl. 2001.<br />
183 S. m. Illustr. (ISBN 3-926300-22-1)<br />
Ohler, Norbert: Pilgerstab und Jakobsmuschel.<br />
Wallfahrten in Mittelalter und Neuzeit.<br />
– Düsseldorf: Artemis & Winkler Verlag.<br />
2003. 272 S., 42 Abb. (ISBN 3-491-<br />
69104-4)<br />
Schildberger, Rainen: Wo <strong>de</strong>r Himmel re<strong>de</strong>t.<br />
An Europas heiligen Orten. Ein Pilgerbuch<br />
(Her<strong>de</strong>r Spektrum; Bd. 5470). – Freiburg<br />
u.a: Verlag Her<strong>de</strong>r. 2004. 188 S. (ISBN<br />
3-451-05470-1)<br />
Sotil, Wolfgang: Einfach Pilgern. Auszeit<br />
für Körper und Seele. – Graz-Wien: Styria<br />
Pichler Verlag. 2004. 150 S. m. zahlr. Farbabb.<br />
(ISBN 3-222-13134-1)<br />
Sou<strong>de</strong>n, David: Pilgerwege. Aus <strong>de</strong>m Engl.<br />
übers, v. Franz-Josef Krücker und Tru<strong>de</strong><br />
Trox. – München: Christian Verlag. 2001.<br />
192 S. m. zahlr. meist farb. Fotos. (ISBN 3-<br />
88472-517-3)<br />
Tworuschka, Monika und Udo: Heilige<br />
Stätten. Die be<strong>de</strong>utendsten Pilgerziele <strong>de</strong>r<br />
Weltreligionen. – Darmstadt: Primus Velag.<br />
2004. 144 S. m. 70 farb. Abb. (ISBN 3-<br />
89678-258-4)<br />
Bonifatius<br />
Felten, Franz J. (Hg.): Bonifatius. Mission<br />
und Christianisierung vom 8. bis 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
(Mainzer Vorträge; Bd. 9). – Stuttgart:<br />
Franz Steiner Verlag Wiesba<strong>de</strong>n.<br />
2004. 159 S. m. 9 Abb. (ISBN 3-515-08519-X)<br />
Imhof, Michael / Stasch, Gregor (Hg.): Bonifatius.<br />
Vom angelsächsischen Missionar<br />
zum Apostel <strong>de</strong>r Deutschen. – Petersberg:<br />
Dr. Michael Imhof Verlag. 2004. 272<br />
S. 165 sw- u. 181 farb. Abb. (ISBN 3-<br />
937251 -32-4)<br />
Levinson, Wilhelm (Hg.): Vita sancti Bonifatii<br />
archiepiscopi Moguntini. In latein.<br />
Sprache (Monumenta Germaniae Hostorica.<br />
Scriptores rerum Germanicarum in<br />
usum scholarum separatim editi: Bd. 57).<br />
– Hannover: Hahnsche Buchhandlung.<br />
Nachdr. d. Ausg. v. 1902. 1999. LXXXVI,<br />
241 S. (ISBN 3-7752-5293-2)<br />
Lutterbach, Hubertus: Bonifatius – mit<br />
Axt und Evangelium. Eine Biographie in<br />
Briefen. – Freiburg u.a.: Verlag Her<strong>de</strong>r.<br />
2004. 334 S., ill. (ISBN 3-451-28509-6)<br />
O<strong>de</strong>nthal, Andreas / Goebel, Bernd / Disse,<br />
Jörg u.a.: Verspielen wir das Erbe <strong>de</strong>s Bonifatius?<br />
Theologische Betrachtungen<br />
aus Anlass seines 1250. To<strong>de</strong>stages (Fuldaer<br />
Hochschulschriften; Bd. 47). – Frankfurt:<br />
Verlag Josef Knecht. 2005. 184 S.<br />
(ISBN 3-7820-0886-3)<br />
Padberg, Lutz E. von: Stufen zur Bonifatiusverehrung.<br />
Zur Geschichte <strong>de</strong>s Co<strong>de</strong>x<br />
Ragyntrudis und <strong>de</strong>r Fuldaer Reliquien<br />
<strong>de</strong>s Bonifatius (Fuldaer Hochschulschriften;<br />
Bd. 25). – Frankfurt: Verlag Josef<br />
Knecht. 1996. 140 S. (ISBN 3-7820-0752-2)<br />
Padberg, Lutz E. von: Bonifatius. Missionar<br />
und Reformer (C.H. Beck Wissen; Bd.<br />
2319). – München: Verlag C. H. Beck.<br />
2003. 128 S., 3 Karten (ISBN 3-406-48019-5)<br />
Schwab, Michael / Wagner, Dieter (Hg.):<br />
Der Wahrheit verpachtet. Bonifatius-Jubiläum<br />
2004. (Dokumente zur Stadtgeschichte;<br />
Bd. 24). – Petersberg: Verlag Dr.<br />
Michael Imhof. 2004. 192 S., zahlr. farb<br />
Abb. (ISBN 3-937251 -97-9)<br />
Verein Bonifatius-Route e.V. (Hg.): „Auf<br />
Spurensuche ...“. Die Bonifatius-Route<br />
von Mainz nach Fulda. – Bad Vilbel: Verein<br />
Bonifatius-Route e.V. 2004. 51 S., ill.,<br />
mit Wan<strong>de</strong>rkarte Bonifatius-Route (Reihe:<br />
„Rhein-Main Vergnügen“ <strong>de</strong>s RMV).<br />
Vogel, Christian: Via Antiqua. Bonifatius’<br />
letzter Weg. Die Bonifatiusüberführung<br />
von Mainz nach Fulda und ihr Weg. –<br />
Niddatal: Verlag Christian Vogel. 2004.<br />
152 S., ill. (ISBN 3-9809805-0-2)<br />
Zusammenstellung von:<br />
Bernhard Merten<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
37
LITERATUR & MEDIEN<br />
38<br />
Rezensionen<br />
Weiler, Joseph H. H.<br />
EEiinn cchhrriissttlliicchheess<br />
EEuurrooppaa<br />
Erkundungsgänge. Mit einem Vorw. v. Ernst-<br />
Wolfgang Böckenför<strong>de</strong>. Aus d. Ital. übers. von<br />
Franz Reimer. – Salzburg: Verlag A. Pustet. 2004.<br />
168 S., € 9.90 (ISBN 3-7025-0493-1)<br />
Nach langem Ringen wur<strong>de</strong> am 29.10.2004<br />
<strong>de</strong>r Verfassungsvertrag für Europa in einer feierlichen<br />
Zeremonie auf <strong>de</strong>m Kapitol in Rom unter<br />
<strong>de</strong>r segnen<strong>de</strong>n Hand <strong>de</strong>r mächtigen Papststatue<br />
von Innozenz’ X. durch die 25 europäischen<br />
Staats- und Regierungschefs und ihren Außenministern<br />
unterzeichnet. Zu <strong>de</strong>n Unterzeichnern im<br />
„Saal <strong>de</strong>r Horatier und Kuratier“ <strong>de</strong>s Kapitolpalastes<br />
gehörte auch <strong>de</strong>r türkische Außenminister<br />
Gül. Was für eine Symbolik! Die Türkei, ein<br />
Land mit islamischer Leitkultur, das auf <strong>de</strong>m<br />
Weg zur europäischen Vollmitgliedschaft ist, unterzeichnet<br />
eine Verfassung über <strong>de</strong>r die segnen<strong>de</strong><br />
Hand eines Papstes unübersehbar die welthistorische<br />
Szene bestimmt. Der weihevolle Rahmen<br />
steht in<strong>de</strong>s in einem krassen Missverhältnis<br />
zur Nüchternheit <strong>de</strong>s Verfassungstextes, <strong>de</strong>r nun<br />
endgültig ohne einen bis zuletzt strittigen Gottesbezug<br />
auskommen will. Die Präambel möchte<br />
nichts von <strong>de</strong>n christlichen Wurzeln Europas<br />
wissen, sie beschränkt sich auf das „kulturelle,<br />
religiöse und humanistische Erbe“ – Roma locuta,<br />
causa finita.<br />
Der brilliante Essay von J. H. H. Weiler „Ein<br />
christliches Europa. Erkundungsgänge“, für <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r ehemalige Bun<strong>de</strong>sverfassungsrichter Ernst-<br />
Wolfgang Böckenför<strong>de</strong> das Vorwort geschrieben<br />
hat, kommt weltgeschichtlich zwar zu spät, seine<br />
vorgetragenen Argumente für einen Verfassungsbezug<br />
auf Gott o<strong>de</strong>r das Christentum bleiben<br />
aber gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb höchst aktuell. Weiler ist<br />
we<strong>de</strong>r Europäer noch Christ. Als Professor für Internationales<br />
Recht und Europarecht an <strong>de</strong>r New<br />
York University Law School und Sohn eines<br />
Rabbiners bewahrt er sich <strong>de</strong>n nüchternen Blick<br />
von außen. Er entwirft eine treffen<strong>de</strong> Analyse <strong>de</strong>r<br />
Paradoxien <strong>de</strong>r Europäischen Union und ihrer<br />
Strukturen. Gleichzeitig verfasst er – wie nebenbei<br />
– eine flammen<strong>de</strong> Verteidigungsre<strong>de</strong> für ein<br />
christliches Europa: „’Ein christliches Europa’ ist<br />
also kein exklusiver Club o<strong>de</strong>r kein notwendigerweise<br />
konfessionelles Europa. Vielmehr ist es ein<br />
Europa, das alle seine Bürger gleichermaßen in<br />
voller und umfassen<strong>de</strong>r Weise respektiert: Gläubige<br />
und Nichtgläubige, Christen und Nichtchristen.<br />
Es ist ein Europa, das, wenn es auch sein edles<br />
Erbe <strong>de</strong>r humanistischen Aufklärung feiert,<br />
seine Christophobie ablegt und we<strong>de</strong>r Angst noch<br />
Verlegenheit verspürt, das Christentum als einen<br />
<strong>de</strong>r zentralen Bestandteile in <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
eigenen Zivilisation anzuerkennen.“ (22) Weiler<br />
spricht <strong>de</strong>m heftigen Wi<strong>de</strong>rstand seinen rationalen<br />
Kern ab; „Christophobie“ nennt er diese Form<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>de</strong>r Abwehr, die sich nicht aus prinzipiell verfassungsrechtlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n ableite, son<strong>de</strong>rn aus<br />
Motiven soziologischer, psychologischer und<br />
emotionaler Art (76). „Wie lange müssen wir noch<br />
Gefangene dieser mehr als 200-jährigen historischen<br />
Tradition bleiben? Der Staat hat sich gewan<strong>de</strong>lt<br />
und die Kirche noch mehr.“ (65)<br />
In diesem Zusammenhang weist Weiler auf<br />
einen in <strong>de</strong>r verfassungsrechtlichen Debatte bislang<br />
vernachlässigten Gesichtspunkt hin: Das<br />
Verhältnis von Religion und Politik im öffentlichen<br />
Raum, insbeson<strong>de</strong>re vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />
<strong>de</strong>s perhorreszierten „Zusammenpralls <strong>de</strong>r Kulturen“<br />
(Samuel Huntington): „Eines <strong>de</strong>r größten<br />
Hin<strong>de</strong>rnisse für die Ausbreitung <strong>de</strong>r Demokratie<br />
in vielen Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Welt ist die weithin vertretene<br />
Ansicht, dass Religion und Demokratie<br />
einan<strong>de</strong>r feindlich gegenüber stün<strong>de</strong>n; dass die<br />
Annahme <strong>de</strong>r Demokratie als Staatsform die Verbannung<br />
Gottes und <strong>de</strong>r Religion aus <strong>de</strong>m öffentlichen<br />
Raum be<strong>de</strong>ute und diese zu einer privaten<br />
Angelegenheit mache.“ (65)<br />
Weiler bleibt aber nicht bei <strong>de</strong>r reinen Problemanalyse<br />
stehen, sein Lösungsvorschlag ist<br />
nicht weniger originell. In <strong>de</strong>r Missionsenzyklika<br />
„Re<strong>de</strong>mptoris missio“ erkennt Weiler einen<br />
Weg, wie wahrer Pluralismus, <strong>de</strong>r Freiheit zu und<br />
Freiheit von Religion wirkungsvoll gewährleisten<br />
kann, aussieht: „Sie (sc. Re<strong>de</strong>mptoris Missio)<br />
ist eine Lektion in tiefem Respekt für die eigene<br />
Person und für die An<strong>de</strong>ren; und sie ist mehr als<br />
eine Lektion: eine wirkliche und eigentliche Ordnung<br />
von Toleranz und Geduld. Sie ist kein ‚Mo<strong>de</strong>ll’<br />
für Europa (...). Dennoch bietet uns das<br />
christliche Denken ein Gesamt an Instrumenten,<br />
an konzeptionellen Herausfor<strong>de</strong>rungen, an I<strong>de</strong>en,<br />
die – mit <strong>de</strong>r gehörigen Sorgfalt – extrem nützlich<br />
sein können, wenn wir versuchen, die typische<br />
europäische Modalität <strong>de</strong>r Beziehungen ad gentes<br />
(im Inneren und nah außen) zu <strong>de</strong>finieren.“<br />
(106)<br />
Der Essay von Weiler gehört zu <strong>de</strong>n Büchern,<br />
die man sich fest vornimmt, noch mehrmals<br />
in die Hand zu nehmen, um sich von <strong>de</strong>m<br />
ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren originellen Gedanken inspirieren<br />
zu lassen. Die europäischen Erkundungsgänge<br />
sollte je<strong>de</strong>r gelesen haben, <strong>de</strong>r sich über<br />
das Verhältnis von Religion und Politik im europäischen<br />
Kontext sachkundig äußern möchte.<br />
So eignet sich Weilers Plädoyer für die Anerkennung<br />
<strong>de</strong>s christlichen Erbes in Europa i<strong>de</strong>al<br />
als Grundlagen- und Impulstext für fächerübergreifen<strong>de</strong><br />
Projekte zwischen ev. und kath. Religion,<br />
Gemeinschaftskun<strong>de</strong> und Geschichte.<br />
Was Europa ausmacht, kann nicht abschließend<br />
vom europäischen Verfassungskonvent stellvertretend<br />
beantwortet wer<strong>de</strong>n, es ist eine unabgeschlossene<br />
Frage, die immer wie<strong>de</strong>r nach<br />
neuen Antworten verlangt. Wenn Europa auch<br />
an unseren Schulen ankommen soll, wird es<br />
höchste Zeit Weilers Essay zur Kenntnis zu<br />
nehmen. Martin W. Ramb<br />
Hilberath, Bernd Jochen /<br />
Nitsche, Bernhard (Hg.)<br />
IIsstt KKiirrcchhee ppllaannbbaarr??<br />
Organisationsentwicklung und Theologie in Interaktion<br />
(TOPOS plus Tb. 383). – Kevelaer. TOPOS<br />
plus Verlagsgemeinschaft. 2002. 214 S., € 18.80<br />
(ISBN 3-7867-2383-4)<br />
Es ist bedrückend, dass theologische Grundlagen<br />
in <strong>de</strong>r Organisation <strong>de</strong>r Kirche oft nur eine<br />
unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle spielen. Das hat auch mit einer<br />
gewissen Spiritualisierung <strong>de</strong>r Kirche zu tun,<br />
durch die Maßnahmen <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung,<br />
wie sie in an<strong>de</strong>ren Unternehmen üblich<br />
sind, abgewehrt wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>r Feststellung:<br />
„Kirche ist doch ganz an<strong>de</strong>rs und kann nicht wie<br />
ein Unternehmen geführt wer<strong>de</strong>n“ wird oft die<br />
Planbarkeit von Kirche verneint, manchmal auch,<br />
um in <strong>de</strong>r konkreten Planungsnotwendigkeit freie<br />
Hand zu haben, ohne viel Einre<strong>de</strong> befürchten zu<br />
müssen. Natürlich ist von ihrem Ursprung und<br />
auch von ihrer konkreten Lebensform her Kirche<br />
eine an<strong>de</strong>re Organisation als etwa ein wirtschaftliches<br />
Unternehmen, auch an<strong>de</strong>rs als Non-Profit-<br />
Organisationen, trotz<strong>de</strong>m ist sie als eine Organisation<br />
und Unternehmung auch <strong>de</strong>n Planungsnotwendigkeiten<br />
unterworfen, beson<strong>de</strong>rs heute, wo<br />
sich eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r sozialen Gestalt <strong>de</strong>r<br />
Kirche klar abzeichnet o<strong>de</strong>r, besser gesagt, schon<br />
stattfin<strong>de</strong>t. Auch angesichts knapper wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />
materieller wie auch humaner Ressourcen ist Planung<br />
eine Notwendigkeit, steht man doch in <strong>de</strong>r<br />
Pflicht, verantwortlich mit Menschen und <strong>de</strong>n<br />
von ihnen aufgebrachten Geldmitteln umzugehen.<br />
So stellt sich meines Erachtens nur die Frage,<br />
wie diese Planung in <strong>de</strong>r Kirche vorgenommen<br />
wird. Mit <strong>de</strong>n Kategorien <strong>de</strong>r Gratuität, Alterität<br />
und Kommunikativität zeigt Matthias Scharer<br />
in seinem Beitrag in <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Sammelband<br />
aus lateinamerikanischer Perspektive<br />
<strong>de</strong>nn auch auf, dass Planung in <strong>de</strong>r Kirche sich nicht<br />
von Managementzielen gefangen nehmen lassen<br />
kann, son<strong>de</strong>rn gera<strong>de</strong> von ihrem Wesen <strong>de</strong>s Heilszuspruchs<br />
Gottes an <strong>de</strong>n Menschen her ihre Sozialform<br />
bestimmen lassen muss. Planung muss also<br />
Raum lassen für das Wirken Gottes. Damit<br />
wird eine eindimensionale Konzentration auf<br />
betriebswissenschaftliche Ansätze, die das Wesen<br />
<strong>de</strong>r Kirche nicht ernst nehmen, abgewehrt.<br />
Diese Verzahnung von Eigenart <strong>de</strong>r Kirche<br />
wird <strong>de</strong>nn auch durch das „Aufmerksamkeitspapier“<br />
(Warum dieser Name gewählt wur<strong>de</strong>,<br />
konnte ich im Buch nirgendwo ganz schlüssig erfahren.),<br />
das am konkreten betriebswirtschaftlichen<br />
Konzept <strong>de</strong>s „Strategischen Managements“<br />
ausgerichtet ist und die theologischen<br />
Prämissen in diesen organisatorischen Rahmen<br />
einbringt, vorzunehmen versucht. Dieses Aufmerksamkeitspapier,<br />
das von Urs Baumann, Oliver<br />
Dyma, Michael Fleck, Bernd Jochen Hilberath,<br />
Bernd Nitsche und Matthias Vött erstellt
wur<strong>de</strong>, bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>nn auch <strong>de</strong>n Bezugsrahmen für<br />
die verschie<strong>de</strong>nen Beiträge in <strong>de</strong>m Buch, wobei<br />
aus meiner Sicht vor allem die Artikel im Abschnitt<br />
„Grundlegung“ spezifischer auf dieses<br />
Papier hätten ausgerichtet wer<strong>de</strong>n sollen. So wird<br />
etwa <strong>de</strong>r Ertrag <strong>de</strong>r Konzeption von Michael<br />
Hochschild in seinem Beitrag „Perspektivenwechsel<br />
nach vorn“, <strong>de</strong>r Kirche als Netzwerk mit<br />
verschie<strong>de</strong>nen Gra<strong>de</strong>n an Teilnahme und auch<br />
Teilhabe zeichnet, zu wenig in die konkrete Befassung<br />
mit Organisationsentwicklung berücksichtigt.<br />
Es ist ja in diesem Zusammenhang bezeichnend,<br />
dass die Einführung in das Aufmerksamkeitspapier<br />
erst am Beginn <strong>de</strong>s zweiten Teiles<br />
erfolgt.<br />
Im zweiten Teil <strong>de</strong>r Beiträge wird konkret auf<br />
einige Planungsbeispiele, die zum Teil auf diesem<br />
Aufmerksamkeitspapier, das <strong>de</strong>n theologischen<br />
Ausgangspunkt bei <strong>de</strong>r Communio-Theologie<br />
nimmt, aufbauen, eingegangen.<br />
Dieses konkrete Abklopfen <strong>de</strong>s Papiers auf<br />
die praktische Verwertbarkeit muss meines Erachtens<br />
noch fortgeführt wer<strong>de</strong>n, um das Aufmerksamkeitspapier<br />
weiter zu entwickeln. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
wird hier aber ein wichtiger Schritt gesetzt,<br />
<strong>de</strong>r jenseits einer <strong>de</strong>r Kirche wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n<br />
Planungsi<strong>de</strong>ologie ein verantwortungsvolles Planen<br />
möglich macht. Allerdings gilt es immer<br />
auch auf das Problem hinzuweisen, dass die beste<br />
Planung wenig hilft, wenn von maßgeben<strong>de</strong>n<br />
Stellen die Bereitschaft, die Konsequenzen, die<br />
mit <strong>de</strong>r Planung verbun<strong>de</strong>n sind, zu tragen, nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist. Leopold Neuhold<br />
Kraus, Thomas J.<br />
WWeerr bbiinn iicchh??<br />
IId<strong>de</strong>ennttiittäätt uunndd<br />
SSeellbbssttffiinndduunngg<br />
Ein unterrichtspraktisches Handbuch mit Arbeitsblättern<br />
und Folienvorlagen für die Klassen 10-13<br />
in <strong>de</strong>n Fächern Religion und Ethik. – <strong>Limburg</strong>-<br />
Kevelaer: Lahn-Verlag 2003. 72 S., ill., DIN A 4.<br />
(ISBN 3-7840-3278-8)<br />
Natürlich soll schulischer Unterricht (vor allem?)<br />
Wissen vermitteln. Aber schon lange ist<br />
dies nicht mehr das einzige Ziel. Die pädagogische<br />
Dimension hat immer mehr an Be<strong>de</strong>utung<br />
gewonnen, nicht nur als Mittel zur Erreichung<br />
möglichst vieler Lerninhalte. Im Mittelpunkt<br />
steht beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>n nicht naturwissenschaftlichen<br />
Fächern die Schülerin und <strong>de</strong>r Schüler in<br />
<strong>de</strong>n einzelnen Entwicklungsstufen mit seinen<br />
Fragen, Wünschen, Problemen, Befindlichkeiten<br />
und ähnlichem. Diese Einflüsse begleiten je<strong>de</strong>n<br />
Menschen ein Leben lang. Beson<strong>de</strong>rs aber intensiv<br />
sind sie bei Heranwachsen<strong>de</strong>n, wenn sie <strong>de</strong>n<br />
„Sinn <strong>de</strong>s Lebens, die Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Menschen, die<br />
eigene Position in <strong>de</strong>r Gesellschaft, Wertmaßstäbe<br />
für ein verantwortetes Han<strong>de</strong>ln“ suchen,<br />
wie es in <strong>de</strong>r Einleitung zu diesem Handbuch<br />
heißt. Unter die Leitfrage: „Wer bin ich?“ wird<br />
dieser Problemkreis gestellt und nach verschie<strong>de</strong>nen<br />
Gesichtspunkten entfaltet.<br />
Der „Planungsvorschlag“ sieht 11 Stun<strong>de</strong>n vor.<br />
Schwerpunkt <strong>de</strong>r ersten Stun<strong>de</strong>n ist die Frage<br />
nach <strong>de</strong>r eigenen I<strong>de</strong>ntität. Schon in <strong>de</strong>r Einleitung<br />
wird auf die uneinheitliche Be<strong>de</strong>utung dieses<br />
Begriffes hingewiesen. Den Einstieg bil<strong>de</strong>t<br />
das bekannte Personenraten, wobei in unverkrampfter<br />
Weise auf das Problem I<strong>de</strong>ntität hingeführt<br />
wird. Die folgen<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n arbeiten mit<br />
Texten und Gedanken von bekannten Autoren<br />
wie S. Freud, C.G. Jung, Bonhoeffer, „die Ärzte“,<br />
und weniger bekannten Verfassern wie Douglas<br />
Adams o<strong>de</strong>r Primo Levi. Aber immer wie<strong>de</strong>r kreisen<br />
die Gedanken um die Be<strong>de</strong>utung von I<strong>de</strong>ntität.<br />
Ab <strong>de</strong>r 7. Stun<strong>de</strong>, mit <strong>de</strong>m Milgram-Experiment,<br />
steht das „erkenne dich selbst“ im Zentrum<br />
<strong>de</strong>r Überlegungen. Gera<strong>de</strong> dieses Experiment<br />
zeigt, wie viel Unkenntnis über sich selbst<br />
beim einzelnen Menschen vorhan<strong>de</strong>n sein kann.<br />
Die 8. Stun<strong>de</strong> widmet sich <strong>de</strong>m Thema: Angst;<br />
und die darauf folgen<strong>de</strong> Stun<strong>de</strong> versucht, einige<br />
Stellen aus <strong>de</strong>m neuen Testament als „Antriebskraft<br />
für Selbsterkenntnis und Selbstfindung“ zu<br />
<strong>de</strong>uten. Was be<strong>de</strong>uten uns Vorbil<strong>de</strong>r, Leitbil<strong>de</strong>r,<br />
I<strong>de</strong>ale und Idole? Und welchen Einfluss üben<br />
Medien auf unsere I<strong>de</strong>ntität aus? Diese bei<strong>de</strong>n<br />
Fragenkreise bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Abschluss <strong>de</strong>s Werkbuches.<br />
Wer gerne mit bis ins einzelne gehen<strong>de</strong>n Vorlagen<br />
arbeitet, fin<strong>de</strong>t hier ein geeignetes Arbeitsmaterial.<br />
Je<strong>de</strong> Stun<strong>de</strong> ist nach <strong>de</strong>m gleichen<br />
Grundmuster strukturiert: Zu Beginn steht ein genauer<br />
Stun<strong>de</strong>nverlauf. Der drauf folgen<strong>de</strong> schematische<br />
Überblick gibt in <strong>de</strong>r ersten Spalte die<br />
Lernschritte an und in <strong>de</strong>r 2. und 3. Spalte die jeweiligen<br />
Lernziele und Medien/Unterrichtsverfahren.<br />
Es schließt sich das geplante Tafelbild an,<br />
gefolgt von Arbeitsmaterialien. Diese sind zumeist<br />
aus <strong>de</strong>m gegenwärtigen Umfeld genommen<br />
und könnte bei <strong>de</strong>r Motivation zu <strong>de</strong>m angegebenen<br />
Thema eine Hilfe sein. Die beigefügten<br />
Arbeitsaufträge sind auch als Hausaufgaben gedacht.<br />
Bisweilen muss ein eingeplanter Text<br />
selbst beschafft wer<strong>de</strong>n. Dies, aber auch das<br />
durchgängig recht hohe Niveau <strong>de</strong>s angebotenen<br />
Stoffes setzt eine große Bereitschaft für die Vorbereitung<br />
voraus trotz <strong>de</strong>r sehr <strong>de</strong>taillierten Vorgaben.<br />
Diese Tatsache schließt nicht aus, ja for<strong>de</strong>rt<br />
unter Umstän<strong>de</strong>n, je nach Befindlichkeit <strong>de</strong>r<br />
Lerngruppe, eigene Wege zu gehen. Bei <strong>de</strong>r Darstellung<br />
<strong>de</strong>r Lernziele wird ganz bewusst auf inhaltliche<br />
Vorgaben verzichtet. Vor allem sollen<br />
einheitliche Lösungen nicht unbedingt angestrebt<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies könnte auch für <strong>de</strong>n Lehren<strong>de</strong>n ein<br />
Gewinn sein. Helmut Bahr<br />
Mennekes, Friedhelm<br />
BBeeggeeiisstteerruunngg uunndd<br />
ZZwweeiiffeell<br />
Profane und sakrale Kunst (Statement Reihe S 37).<br />
– Regensburg: Lidinger + Schmid Verlag. 2003.<br />
240 S., 22 Abb., € 19.90 (ISBN 3-929970-33-4)<br />
Es ist ruhiger gewor<strong>de</strong>n zwischen Kunst und<br />
Kirche. Aufgeregtheiten verbieten sich mittlerweile.<br />
Je<strong>de</strong>r geht seinen eigenen Weg. Das Verhält-<br />
nis ist inzwischen meistens uninteressiert distanziert.<br />
Die Provokationen <strong>de</strong>r Kunst wer<strong>de</strong>n von<br />
einer Kirche, die gelernt hat, sich abzuschotten,<br />
ertragen. Gleichgültigkeit aller Orten.<br />
Friedhelm Mennekes, Jesuit und Pfarrer einer<br />
kleinen Kölner Innenstadtpfarrei, ist einer <strong>de</strong>r<br />
wenigen, die auf hohem Niveau in Theorie und<br />
Praxis <strong>de</strong>n Dialog zwischen Kirche und Künstlern<br />
mit Begeisterung aufrecht erhalten. Und doch<br />
gibt es durchaus Grund zum Zweifel daran, was<br />
dieser Dialog bewirkt. In 21 Texten aus <strong>de</strong>n vergangen<br />
sechs Jahre formuliert Mennekes meistens<br />
mit großer sprachlicher Wucht seine Begeisterung<br />
über seine „Freigänge in <strong>de</strong>r Kunst“,<br />
wie er im Vorwort seines neuen Buches schreibt,<br />
um dann aber im letzten Aufsatz <strong>de</strong>s Buches massive<br />
Zweifel an <strong>de</strong>r Wirksamkeit solcher „Freigänge“<br />
im Christenvolk zu formulieren. „Keine<br />
auch nur annähernd lebendige Offenheit auf Seiten<br />
<strong>de</strong>r Kirchen“, so Mennekes in Hinblick auf<br />
große Ausstellungen zum Thema Religion und<br />
Kunst <strong>de</strong>r vergangenen 25 Jahre.<br />
Wer die Arbeit von Friedhelm Mennekes mit<br />
Kirche und Kunst und für Kirche und Kunst in<br />
Frankfurt am Main und in Köln in <strong>de</strong>n vergangenen<br />
25 Jahren beobachtet hat, trifft all das<br />
in diesem Buch wie<strong>de</strong>r, was seine Arbeit wichtig<br />
macht: Die engagierte Re<strong>de</strong> zum Thema, seine<br />
Gedanken zu seiner Pastoral <strong>de</strong>s kommunikativen<br />
Zweifels in Köln, die Namen von Künstlern,<br />
die ihm von Anfang an begleitet haben – z.B. Alfred<br />
Hrdlicka, Arnulf Rainer und Gerhard Altenbourg<br />
–, das Künstlerinterview, das er zur Meisterschaft<br />
geführt hat, und immer wie<strong>de</strong>r die Namen<br />
von Künstlern, die ihn begeistert haben und<br />
vorantrieben, so z.B. Joseph Beuys, Francis Bacon,<br />
Bill Viola und in beson<strong>de</strong>rer Weise wohl alle<br />
die, <strong>de</strong>ren Installationen <strong>de</strong>n Kirchenraum von<br />
St. Peter und ihn selbst verwan<strong>de</strong>lt haben.<br />
Ausgangspunkt und Handlungsort seiner Freigänge<br />
in <strong>de</strong>r Kunst ist die Kirche St. Peter in Köln,<br />
die Mennekes in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren gegen<br />
Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> zum Kunstraum gemacht hat. Hier<br />
experimentiert er mit <strong>de</strong>r Kunst und mit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>,<br />
hier bringt er Kunst und Glauben zusammen,<br />
hier spielt sich das ab, worüber er nach<strong>de</strong>nkt<br />
und wovon er spricht und schreibt. Die Kunst ist<br />
für Mennekes wie ein riesiger Durchlauferhitzer<br />
für <strong>de</strong>n Glauben, auch für seinen, „<strong>de</strong>nn wie alle<br />
geistigen Vorgänge ist auch <strong>de</strong>r Glaube bedrängt<br />
von <strong>de</strong>n Gefahren <strong>de</strong>r Gewöhnung und Langeweile,<br />
von Grenzerlebnissen und Vanitas-Anmutungen<br />
o<strong>de</strong>r auch schlicht von einer intellektuellen<br />
Müdigkeit“.<br />
Mennekes lässt die Leserin und <strong>de</strong>n Leser <strong>de</strong>s<br />
Buches teilnehmen an <strong>de</strong>m Verän<strong>de</strong>rungspotential<br />
<strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kunst, an ihrer Kraft und an ihrer<br />
enormen Bewegungskraft für Religion und<br />
Glaube. Kunst und Glaube sind Richtkräfte. Dies<br />
wird in <strong>de</strong>m Buch sehr <strong>de</strong>utlich: Mennekes gibt<br />
<strong>de</strong>r Kunst in <strong>de</strong>r Kirche Raum, nicht um sie zu<br />
vereinnahmen, son<strong>de</strong>rn um ihre Antriebskraft für<br />
<strong>de</strong>n Glauben <strong>de</strong>r Christen wirksam wer<strong>de</strong>n zu<br />
lassen, damit <strong>de</strong>r Glaube selbst wirksam wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Seine Sicht auf die Kunst ist die eines engagierten<br />
Pfarrers und Theologen und die eines begeisterten<br />
Kunsthistoriker und Kunstfreeks in<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
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LITERATUR & MEDIEN<br />
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gleicher Weise. Dass all dies bei Mennekes nicht<br />
ohne Spannungen abgeht, noch dazu in einem<br />
Kirchenraum, wo Rubens Altarbild <strong>de</strong>r Kreuzigung<br />
Petri von 1638/40 über einem Altar <strong>de</strong>s spanischen<br />
Künstlers Eduardo Chillida von 2000<br />
hängt, muss nicht verwun<strong>de</strong>rn. In aller Offenheit<br />
berichtet Mennekes auch von <strong>de</strong>n Spannungen<br />
seiner Arbeit.<br />
Wer das Buch in die Hand nimmt und darin<br />
blättert, wird durch die vielen sehr guten Fotografien<br />
motiviert zu lesen. Je<strong>de</strong>m Text ist ein Foto<br />
zur Sache vorangestellt o<strong>de</strong>r beigegeben, so dass<br />
<strong>de</strong>utlich wird, worum es geht, auf dass auch die<br />
Leserin und <strong>de</strong>r Leser optisch Anteil hat an <strong>de</strong>m,<br />
was Mennekes in <strong>de</strong>r Seele bewegt: Der Raum,<br />
die Leere, die Kunst und die Künstler: Boltanski,<br />
Hrdlicka, Beuys, Altenbourg, Griebler, Bacon,<br />
Reum, Prager, Viola, Wilson, Rustin, Kapoor,<br />
Kounellis, Kulasek, Spitzer, Zobernig, Creed,<br />
Trockel. Das alles sind Namen erster Sahne und<br />
damit ein Ausweis für die Kompromisslosigkeit<br />
<strong>de</strong>r Position <strong>de</strong>s Autors, <strong>de</strong>r formuliert: „Kunst ist<br />
bei mir kein Projekt; sie gehört konstitutiv zu<br />
meiner Arbeit, ist immer da, steht immer zentral.“<br />
Und <strong>de</strong>nnoch bleibt <strong>de</strong>r Zweifel, an wen Mennekes<br />
die Leserin und <strong>de</strong>n Leser teilnehmen lässt und <strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r fast trotzigen Bemerkung mün<strong>de</strong>t: „Obwohl<br />
frei und getrennt, geht es in <strong>de</strong>r Religion nicht ohne<br />
Kunst“. Ob <strong>de</strong>r Satz stimmt? Liest man das Buch,<br />
fin<strong>de</strong>t man die Antwort. August Heuser<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
DDiiee BBiibbeell<br />
Aus <strong>de</strong>r Heiligen Schrift <strong>de</strong>s Alten<br />
und Neuen Bun<strong>de</strong>s. Einführungen<br />
und Meditationen von Anselm Grün. –<br />
Freiburg u.a. : Verlag Her<strong>de</strong>r. 2003. 636 S., € 19,90<br />
(ISBN 3-451-27858-8)<br />
Das Lesen eines Buchs, das gilt auch für die<br />
Bibel, ist eine vielschichtige Erfahrung. Zur Deutung<br />
dieser Erfahrung hat <strong>de</strong>r französische Literaturwissenschaftler<br />
Gerard Genette die berühmte<br />
Theorie vom „Paratext“ formuliert, an die ich<br />
mich nach <strong>de</strong>r Lektüre <strong>de</strong>r hier zu rezensieren<strong>de</strong>n<br />
„Grün-Bibel“ erinnert fühlte: Als Leser/-innen<br />
verstehen wir einen Text nicht nur durch seine inhaltliche<br />
Struktur, son<strong>de</strong>rn auch durch seinen<br />
„Paratext“, also durch Begleitumstän<strong>de</strong> wie die<br />
Bekanntheit <strong>de</strong>s Autors, <strong>de</strong>n Klappentext, das<br />
Druckbild und die Umschlaggestaltung. Auch<br />
meine Leseerfahrung begann vor <strong>de</strong>r eigentlichen<br />
Lektüre beim Aussehen und Anfühlen einer Bibel,<br />
auf <strong>de</strong>ren Klappentext die Lettern „Bibel“<br />
ebenso groß geschrieben sind wie <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s<br />
spirituellen Erfolgsautors „Anselm Grün“. Werbegraphisch<br />
optimal plaziert ist neben <strong>de</strong>m Namen<br />
„Grün“ übrigens das Cover-Foto, das idyllische<br />
Ölbäume im frühlingshaft grünen Galiläa<br />
hoch über <strong>de</strong>m See Genesareth zeigt.<br />
Die Tatsache, dass die Grün-Bibel 2003 schon<br />
ein Jahr nach <strong>de</strong>r Erstausgabe in <strong>de</strong>r dritten Auflage<br />
erscheint, zeigt, dass die Verlagsi<strong>de</strong>e, altbekannte<br />
Bibel-Texte von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>rzeitigen religiösen<br />
Bestseller-Autor kommentieren zu lassen,<br />
beim Publikum auf Resonanz stößt. In <strong>de</strong>r Tat ist<br />
das „Phänomen Grün“ beeindruckend: Auf <strong>de</strong>r<br />
Liste <strong>de</strong>r Topseller <strong>de</strong>r Warengruppe „Religiöses<br />
Buch“ liest man 25 mal <strong>de</strong>n Namen Anselm Grün,<br />
<strong>de</strong>r noch vor <strong>de</strong>m Dalai Lama und Eugen Drewermann<br />
gleich die sechs ersten Plätze en bloc<br />
einnimmt. Weit über 100 Schriften und Tonträger<br />
von Grün sind lieferbar, Übersetzungen gibt es in<br />
rund 30 Sprachen. Allein die Auflage seiner Engel-Bücher,<br />
mit <strong>de</strong>nen ihm <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Durchbruch beim breiten Publikum gelang, beträgt<br />
über 1,3 Millionen.<br />
Obwohl Grün in seinem neuesten Interview-<br />
Buch „Mein Weg in die Weite“ die Charakterisierungen<br />
als „Vielschreiber“ und „Guru“ von sich<br />
weist, lege ich die Bibelausgabe mit <strong>de</strong>n Grünschen<br />
Kommentierungen nicht ohne das Gefühl<br />
aus <strong>de</strong>r Hand, da sei doch ein literarisches Produkt<br />
ein wenig „nebenbei“ entstan<strong>de</strong>n. Textgrundlage<br />
<strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Ausgabe ist dabei nicht,<br />
wie man vielleicht erwarten wür<strong>de</strong>, die Einheitsübersetzung,<br />
son<strong>de</strong>rn die (sprachlich freilich sehr<br />
schöne und poetisch dichte) <strong>de</strong>utsche Übersetzung<br />
<strong>de</strong>r Jerusalemer Bibel in Her<strong>de</strong>rs Bibelkommentar<br />
von 1966. Dabei sind die Texte garniert<br />
mit Kurzkommentaren, die einem festen Schema<br />
folgen: Eine Auswahl aller biblischen Bücher <strong>de</strong>s<br />
Alten und Neuen Testaments leitet Grün auf jeweils<br />
1-2 Seiten in Form von Kurzkommentaren<br />
ein, die zuerst knappe exegetische Informationen<br />
und dann einen spirituellen Impuls enthalten.<br />
Aufgrund dieser Kürze kommt es freilich nicht<br />
mehr zu <strong>de</strong>n „Meditationen“, die auf <strong>de</strong>m Buch<strong>de</strong>ckel<br />
neben <strong>de</strong>n „Einführungen“ noch käuferorientiert<br />
angekündigt waren. Es gelingt Grün<br />
zwar überzeugend, bibeltheologische Sachverhalte<br />
mit menschlichen Grundphänomenen in<br />
Beziehung zu setzen (z.B. „So nahe sind Erfolg<br />
und Nie<strong>de</strong>rgang, Weisheit und Torheit nicht nur<br />
bei Salomo, son<strong>de</strong>rn auch bei uns...“, S. 180),<br />
auch die vielen schönen sprachlichen Bemerkungen<br />
(„Das lateinische Wort für Trost ‘consolatio’<br />
be<strong>de</strong>utet: Mit <strong>de</strong>m Einsamen sein...“, S. 7) inspirieren<br />
die Bibellektüre. Jedoch kommt Grüns<br />
Stärke, die seinen Erfolg als geistlicher Schriftsteller<br />
ausmacht, nämlich die Entwicklung tiefgehen<strong>de</strong>r<br />
spiritueller Gedankengänge, in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Kommentierungen ein<strong>de</strong>utig zu kurz.<br />
Daraus ergibt sich ein Problem: In Form sehr<br />
knapp geratener geistlicher Happen (wie z.B. „Lesen<br />
<strong>de</strong>r Bibel ist wie ein Ringen, bis wir mit uns<br />
selbst eins wer<strong>de</strong>n...“, S. 8) wer<strong>de</strong>n die Leser/-innen<br />
zwar anfänglich in die Tiefe bibeltheologischer<br />
Gedanken hineingeführt, dann aber mit wenigen<br />
An<strong>de</strong>utungen allein gelassen.<br />
Verwun<strong>de</strong>rt hat mich die (zugegebenermaßen<br />
nicht einfache) Textauswahl, beson<strong>de</strong>rs im Alten<br />
Testament: Zunächst dachte ich in <strong>de</strong>r Konzentration<br />
auf bekannte biblische Figuren wie Simson,<br />
Samuel o<strong>de</strong>r Salomo ein legitimes Auswahlschema<br />
ent<strong>de</strong>ckt zu haben. An<strong>de</strong>rerseits scheint<br />
diese doch keinem theologischen Muster zu folgen,<br />
da so fundamentale alttestamentliche Erzählungen<br />
wie die vom Jom Kippur und <strong>de</strong>m Sün<strong>de</strong>nbockritual<br />
(Lev 16), von <strong>de</strong>r Jotam-Fabel (Ri 9)<br />
o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r personifizierten Weisheit (Spr 8,<br />
Sir 24) fehlen. In <strong>de</strong>n Evangelien <strong>de</strong>s Neuen Testaments<br />
habe ich positiv festgestellt, dass in Bezug<br />
auf Judas Iskariot das griech. „paradidonai“<br />
an allen Stellen zutreffend und vorurteilsfrei mit<br />
„überliefern“ wie<strong>de</strong>rgegeben wird, während in<br />
<strong>de</strong>n Kapitelüberschriften – entgegen <strong>de</strong>r neueren<br />
Judas-Forschung – lei<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Begriff „Verrat“<br />
stehenblieb. Psychologisch einleuchtend,<br />
aber nicht auf <strong>de</strong>r Höhe einer antijudaismusfreien<br />
Paulus-Interpretation wirkt in <strong>de</strong>r Einleitung<br />
zum Galaterbrief <strong>de</strong>r Satz „Wir sind frei gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Gesetz, frei vom Zwang, uns selbst<br />
beweisen zu müssen“ (539). Warum wird <strong>de</strong>r<br />
wun<strong>de</strong>rschöne Philemonbrief, <strong>de</strong>r ohnehin nur<br />
25 Verse kurz ist, so radikal auf die Verse 8-21<br />
zurückgestutzt und damit eines <strong>de</strong>r persönlichsten<br />
Dokumente <strong>de</strong>s Paulus in seiner Briefform<br />
zerstört?<br />
Fazit: Ein interessanter Publikationsversuch,<br />
<strong>de</strong>r für die religionspädagogische Arbeit jedoch<br />
nur bedingt brauchbar ist, nicht zuletzt weil „Bibel“<br />
hier und „Grün“ da letztlich irgendwie unvermittelt<br />
nebeneinan<strong>de</strong>r stehen bleiben. Dafür<br />
eine an<strong>de</strong>re Empfehlung: Grüns Bibeleinführungen<br />
im Kreuz Verlag sind wesentlich besser gelungen.<br />
Christian Cebulj<br />
DDiiee BBiibbeell<br />
Texte und Informationen von<br />
Dietrich Steinwe<strong>de</strong>. – Düsseldorf:<br />
Patmos Verlag 2003. 224 S., durchgeh. farb. ill.,<br />
€ 24.90 (ISBN 3-481-79721-7)<br />
Vor allem Religionslehrerinnen und Religionslehrer<br />
in <strong>de</strong>r Grundschule wer<strong>de</strong>n große Erwartungen<br />
an diesen Band haben, kennen sie<br />
doch wahrscheinlich <strong>de</strong>n Verfasser aus seinen<br />
bisher erschienenen Werken, vor allem von <strong>de</strong>n<br />
guten Sachbüchern zu einzelnen biblischen Themen<br />
für die Behandlung in <strong>de</strong>n ersten Schuljahren.<br />
Über die Adressaten dieses Buches schreibt<br />
<strong>de</strong>r Verfasser im Vorwort: Diese Bibelausgabe<br />
wen<strong>de</strong>t sich an junge und junge gebliebene Leser,<br />
die über die Bibel genauer informiert wer<strong>de</strong>n<br />
möchten. Die ausgewählten Bibeltexte liegen<br />
durchweg in <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>r Nacherzählung<br />
vor, die sich eng an <strong>de</strong>n Originaltext anlehnt. Je<strong>de</strong>m<br />
Text sind Erklärungen angefügt. Die durchweg<br />
farbige Bebil<strong>de</strong>rung lockert nicht nur die<br />
Textseiten auf, sie dient auch <strong>de</strong>m besseren Verständnis<br />
<strong>de</strong>r angebotenen Inhalte. Die Textauswahl,<br />
ergänzt durch Abhandlungen zu bestimmten<br />
Themen wie Schöpfung und Naturwissenschaft,<br />
die abrahamitischen Religionen, Israel<br />
im Exil und unter griechischer Vormacht, die<br />
Entstehung <strong>de</strong>r christlichen Bibel, Weihnachten<br />
mit Matthäus und Lukas, Synagoge und Tempel<br />
– die Aufzählung ist nicht vollständig – gewährleistet<br />
einen guten und weit gefassten Einblick<br />
in die Welt <strong>de</strong>r Bibel und ihre wesentlichen Inhalte.<br />
Die nacherzählten Bibeltexte – und das fällt<br />
ganz <strong>de</strong>utlich auf – sind im Präsens formuliert.<br />
Die Absicht ist unschwer zu erkennen. Die Texte<br />
wirken damit nicht wie „vergangene“ Texte,<br />
son<strong>de</strong>rn verstärken <strong>de</strong>n Gegenwartsbezug. Hier<br />
liegt wohl auch <strong>de</strong>r Grund für die Form <strong>de</strong>r<br />
„Nacherzählung“. Wenn dabei Wortspiele in <strong>de</strong>r<br />
Ursprache, die in <strong>de</strong>r wortgetreuen Übersetzung
nicht erkannt wer<strong>de</strong>n können, wie dies z.B.<br />
gleich in Gn 2 mit <strong>de</strong>n Begriffen: adam – <strong>de</strong>r<br />
Mensch und adama – die Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fall ist, kenntlich<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n, dient dies selbstverständlich<br />
auch <strong>de</strong>m vertieften Verständnis <strong>de</strong>r Texte.<br />
Problematisch wird es bei unnötigen Ausschmückungen,<br />
die vielleicht die Texte anschaulicher<br />
und „lebendiger“ wer<strong>de</strong>n lassen, aber niemals<br />
<strong>de</strong>n ursprünglichen Text verfälschen dürfen. So<br />
steht in Gn 2 <strong>de</strong>r Mensch im Mittelpunkt und alles<br />
wird auf ihn hin geschaffen. Dieser Grundgedanke<br />
wird verwässert, wenn es in <strong>de</strong>r Nacherzählung<br />
entgegen <strong>de</strong>m Urtext von <strong>de</strong>r Zeit vor<br />
<strong>de</strong>r Erschaffung <strong>de</strong>s Menschen heißt: und es<br />
wächst und grünt und blüht.<br />
Die altgriechische Stadt Thessalonich heißt<br />
heute wie<strong>de</strong>r Thessaloniki und nicht mehr, wie<br />
im Buch angegeben, Saloniki. Bei <strong>de</strong>n 613 Bestimmungen<br />
– 248 Gebote und 365 Verbote – bietet<br />
sich direkt eine Erklärung über die Herkunft<br />
dieser Zahlen an. So sind es „nur“ mathematische<br />
Größen. Be<strong>de</strong>nken müssen angemel<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
zu Erklärungen über die Geburtsgeschichte Jesu<br />
bei Matthäus. Dort wird nur ungenau hingewiesen<br />
auf die Ungeschichtlichkeit <strong>de</strong>r berichteten<br />
Ereignisse. Deutlichstes Beispiel: Der Stern von<br />
Betlehem stand wirklich am Himmel. Allerdings<br />
folgt einige Seiten später die Erklärung: Der Glaube<br />
an die „Wahrheit“ dieser Geburtslegen<strong>de</strong>n muss<br />
nicht erschüttert wer<strong>de</strong>n. Eine Geschichte kann<br />
wahr sein, auch wenn das, was sie erzählt, sich<br />
nicht alles so ereignet hat. Ebenso problematisch<br />
ist die <strong>de</strong>finitive Terminangabe von Jesu Tod (Zitat:<br />
Jesus stirbt am Freitag, <strong>de</strong>m 7. April <strong>de</strong>s Jahres<br />
30 um die 9. Stun<strong>de</strong>: 15 Uhr. Es ist <strong>de</strong>r 15. Nisan<br />
<strong>de</strong>s jüdischen Jahres, <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>r Vorbereitung<br />
zum Pessachfest).<br />
Wenige unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Ungenauigkeiten seien<br />
nur am Ran<strong>de</strong> erwähnt, z.B.: Wie Markus zeichnet<br />
Matthäus <strong>de</strong>n Weg Jesu von <strong>de</strong>r Geburt (sic!)<br />
bis zur Auferstehung nach. Über die Bebil<strong>de</strong>rung<br />
heißt es im Vorwort: Zu <strong>de</strong>n Sachzeichnungen,<br />
Karten, Fotos, die die geschichtliche Ebene ansprechen,<br />
treten Textillustrationen mit unterschiedlich<br />
hohem künstlerischen Anspruch. Beson<strong>de</strong>rs<br />
auffallend sind – allerdings nur wenige – bildliche<br />
Darstellungen im Stil <strong>de</strong>r Bebil<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n<br />
Schriften einer in unseren Breiten bekannten religiösen<br />
Gruppe. Das ist sicher Geschmacksache.<br />
Die genannte Kritik soll aber auf keinen Fall die<br />
überwiegend positiven Seiten in diesem Buch<br />
ver<strong>de</strong>cken. Ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen,<br />
sei abschließend folgen<strong>de</strong>s gesagt: Die gegebenen<br />
Erklärungen sind für je<strong>de</strong>rmann verständlich,<br />
auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r theologischen Erkenntnisse,<br />
scheuen selbst brisante Aussagen nicht,<br />
auch solche, die offensichtlich noch nicht zum<br />
Allgemeinwissen gehören, erweitern das Wissen<br />
um die Bibel, vermitteln in einer vertretbaren Auswahl<br />
Kenntnisse um geschichtliche und geografische<br />
Tatsachen und versuchen, all diese Aspekte<br />
in einen Zusammenhang zu stellen. Wer sein<br />
Wissen um die Hl. Schrift auf eine soli<strong>de</strong> Grundlage<br />
stellen will, aber hochgelehrte und umfangreiche<br />
wissenschaftliche Darstellungen zum Thema<br />
scheut, fin<strong>de</strong>t in diesem Buch <strong>de</strong>n richtigen<br />
Partner. Helmut Bahr<br />
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Einheitsübersetzung mit Kommentar<br />
und Lexikon. Hg.v. Erich Zenger. – Stuttgart:<br />
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Einheitsübersetzung mit Kommentar<br />
und Erklärung. Hg. v. Helmut Merklein.-<br />
Stuttgart: Katholisches Bibelanstalt. 2003. 504 S.<br />
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Bei <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Werk han<strong>de</strong>lt es sich<br />
um eine so genannte „Erklärungsbibel“: In <strong>de</strong>n<br />
Bibeltext (hier <strong>de</strong>r Text <strong>de</strong>r Einheitsübersetzung)<br />
sind an vielen Stellen – durch Kleindruck und Einrückung<br />
abgesetzt – Erläuterungen eingestreut, die<br />
<strong>de</strong>n heutigen Leser/-innen theologische, historische<br />
und literarische Sachverhalte verständlich<br />
machen. In bei<strong>de</strong>n Teilbän<strong>de</strong>n sind die gebotenen<br />
Informationen auf <strong>de</strong>m neuesten Stand <strong>de</strong>r Bibelwissenschaft,<br />
wenngleich strittige Fragen natürlich<br />
höchstens ange<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n können. Den<br />
einzelnen biblischen Büchern sind Einführungen<br />
vorangestellt. Der Anhang bietet jeweils die Sacherklärungen<br />
(Begriffe, Münzen, Chronologien etc.)<br />
und Karten, die auch in unkommentierten Ausgaben<br />
<strong>de</strong>r Einheitsübersetzung zu fin<strong>de</strong>n sind.<br />
Damit sind die Gemeinsamkeiten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Bän<strong>de</strong> vorgestellt. Bei genauerem Hinsehen ent<strong>de</strong>ckt<br />
man, dass es sich doch um recht verschie<strong>de</strong>ne<br />
Werke han<strong>de</strong>lt. Für das NT wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kommentierungstext<br />
<strong>de</strong>r evangelischen „Stuttgarter<br />
Erklärungsbibel“ von 1992 zu Grun<strong>de</strong> gelegt. Das<br />
Vorwort <strong>de</strong>s inzwischen verstorbenen Bonner<br />
Neutestamentlers Helmut Merklein gibt Rechenschaft<br />
von <strong>de</strong>n erfolgten Überarbeitungen: Die<br />
Erläuterungen wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Text <strong>de</strong>r Einheitsübersetzung<br />
angepasst; es wur<strong>de</strong>n die Einführungen<br />
<strong>de</strong>r Einheitsübersetzung zu <strong>de</strong>n biblischen<br />
Büchern übernommen; katholische Traditionen<br />
und Vorlieben wur<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>n Eigennamen und<br />
Abkürzungen, aber auch beim Umfang <strong>de</strong>r Erläuterung<br />
beson<strong>de</strong>rs relevanter Stellen berücksichtigt.<br />
Wichtig ist aber vor allem, dass die exegetische<br />
Diskussion <strong>de</strong>r letzten Jahre in drei Bereichen<br />
neu einbezogen und damit für die praktische<br />
Bibelarbeit fruchtbar gemacht wur<strong>de</strong>: bei <strong>de</strong>r<br />
Auslegung <strong>de</strong>r Paulusbriefe, <strong>de</strong>s Matthäusevangeliums<br />
und <strong>de</strong>r Stellen, die sich direkt auf das<br />
Ju<strong>de</strong>ntum beziehen. Dafür jeweils ein Beispiel,<br />
zunächst zur Paulusexegese: Dem Gesetz kommt<br />
nach heute verbreiteter Ansicht eine <strong>de</strong>utlich positivere<br />
Funktion zu, als das in <strong>de</strong>r traditionellen<br />
Exegese gesehen wur<strong>de</strong>. „Dass <strong>de</strong>r Mensch aus<br />
Werken <strong>de</strong>s Gesetzes nicht gerecht wird (...),<br />
liegt nach dieser (sc. <strong>de</strong>r heutigen) Auffassung<br />
nicht daran, dass das Tun <strong>de</strong>s Gesetzes – als Möglichkeit<br />
menschlichen Rühmens vor Gott – selbst<br />
schon Sün<strong>de</strong> ist, son<strong>de</strong>rn daran, dass <strong>de</strong>r Mensch<br />
– als Sün<strong>de</strong>r – sich auf das Kriterium <strong>de</strong>r Gesetzeswerke<br />
nicht berufen kann“ (Vorwort S. 8).<br />
Diese neue Sichtweise kommt z.B. in <strong>de</strong>r Kommentierung<br />
von Röm 3,27-31 zum Ausdruck:<br />
Das Gesetz wird in <strong>de</strong>r Tat „aufgerichtet“ und ist<br />
auch für Christen als Liebesgebot gültig; das Bemühen<br />
um seine Erfüllung ist also keineswegs<br />
von vorneherein Sün<strong>de</strong>. Erstaunlich ist dann freilich<br />
die Erklärung zu Gal 3,11: Das Streben nach<br />
Gesetzeserfüllung stehe vor allem <strong>de</strong>shalb unter<br />
<strong>de</strong>m Fluch, weil es „zu einer falschen Haltung vor<br />
Gott führt“. Mir scheint hier ein Relikt <strong>de</strong>r älteren<br />
Paulus<strong>de</strong>utung stehen geblieben zu sein. – Bei<br />
<strong>de</strong>r Auslegung <strong>de</strong>s Matthäusevangeliums wird<br />
berücksichtigt, dass <strong>de</strong>r Verfasser und seine Gemein<strong>de</strong><br />
nach heutiger Sicht vermutlich ju<strong>de</strong>nchristlich<br />
waren (das spielt z.B. bei <strong>de</strong>r Erläuterung<br />
von Mt 23,1-4, <strong>de</strong>r Kritik an Pharisäern und<br />
Schriftgelehrten, eine Rolle). – Bei <strong>de</strong>n ntl. Stellen,<br />
die sich negativ auf das Ju<strong>de</strong>ntum beziehen,<br />
wird hervorgehoben, dass sie auf „innerjüdische<br />
Differenzierungsprozesse“ (8) zurückgehen, also<br />
ursprünglich Kritik von Ju<strong>de</strong>n an Ju<strong>de</strong>n waren,<br />
später aber oft eine verheeren<strong>de</strong>, durch nichts gerechtfertigte<br />
antijudaistische Wirkungsgeschichte<br />
erfahren haben. Hier muss die Auslegung beson<strong>de</strong>rs<br />
sensibel vorgehen (so etwa zu Mt 27,25,<br />
<strong>de</strong>m sogen. „Blutruf“).<br />
Der atl. Band basiert nicht auf einer früheren<br />
Kommentierung. Er ist das Gemeinschaftswerk<br />
einer Vielzahl <strong>de</strong>utschsprachiger Alttestamentler,<br />
die unter <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>rführung von Erich Zenger<br />
ihre Kurzkommentare speziell für diese Erklärungsbibel<br />
geschrieben haben. Hier sind die Einführungstexte<br />
zu <strong>de</strong>n einzelnen biblischen Büchern<br />
nicht mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Einheitsübersetzung<br />
i<strong>de</strong>ntisch, son<strong>de</strong>rn stammen vom jeweiligen Bearbeiter.<br />
Auch ein sehr ausführliches Lexikon<br />
wur<strong>de</strong> eigens erstellt, das von „Aaron“ über<br />
„Mensch“ bis „Zypern“ hilfreiche Einträge zur<br />
Verfügung stellt. Eine Gemeinsamkeit <strong>de</strong>r Kommentierung<br />
liegt darin, „dass die alttestamentlichen<br />
Texte ihre ureigene Gottesbotschaft sagen<br />
dürfen, ohne dass sie gleich neutestamentlich ergänzt<br />
o<strong>de</strong>r korrigiert wer<strong>de</strong>n“ (Vorwort S. 7).<br />
Diese Überzeugung vom Eigenwert <strong>de</strong>s AT als<br />
Heiliger Schrift kommt an vielen Stellen zum<br />
Ausdruck, z.T. vermutlich zur Überraschung<br />
mancher Leser/-innen. Zur berühmten Immanuel-Weissagung<br />
Jes 7,14 liest man: „Es ist dabei an<br />
einen Sohn <strong>de</strong>s Ahas zu <strong>de</strong>nken, über <strong>de</strong>n sonst<br />
nichts bekannt ist (...). Das hebräische Wort almah<br />
meint eine geschlechtsreife junge Frau (...).<br />
Der Aspekt <strong>de</strong>r Jungfrauengeburt gehört zur Wirkungsgeschichte<br />
dieses Textes (Mt 1,23; Lk<br />
1,31), die sich auf die griechische (parthenos)<br />
und lateinische Übersetzung (virgo) stützt.“ O<strong>de</strong>r<br />
es wird zu Jes 52,13-53,12 die Warnung geäußert:<br />
„Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s vierten Lieds vom Gottesknecht<br />
in <strong>de</strong>r christlichen Tradition für die<br />
Deutung <strong>de</strong>s Schicksals Jesu von Nazaret darf<br />
nicht dazu führen, seine Funktion im Duktus <strong>de</strong>s<br />
Jesajabuches zu missachten“. Der Bearbeiter, Ulrich<br />
Berges, will hinter <strong>de</strong>r Gestalt <strong>de</strong>s Knechts<br />
das von <strong>de</strong>n Babyloniern geplün<strong>de</strong>rte Jerusalem<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
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LITERATUR & MEDIEN<br />
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sehen, alternativ evtl. <strong>de</strong>n anonymen Propheten<br />
„Deuterojesaja“.<br />
Wer nicht nur <strong>de</strong>n unkommentierten Bibeltext<br />
lesen will, weil dabei viele Fragen offen bleiben,<br />
aber auch nicht Zeit und Muße hat, sich Kommentare<br />
o<strong>de</strong>r sonstige Sekundärliteratur zu suchen,<br />
<strong>de</strong>r sollte zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n hier besprochenen<br />
Bän<strong>de</strong>n greifen. Sie bieten zuverlässige und anregen<strong>de</strong><br />
Hilfestellung zu einer neuen Lektüre altbekannter<br />
Texte. Thomas Schmeller<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Theißen, Gerd<br />
ZZuurr BBiibbeell mmoottiivviieerreenn<br />
Inhalte und Metho<strong>de</strong>n einer<br />
offenen Bibeldidaktik. – Gütersloh: Gütersloher<br />
Verlagshaus. 2003. 368 S., € 29.95 (ISBN 3-579-<br />
05393-0)<br />
Es bedürfe keiner Begründung, dass ein Exeget<br />
eine Bibeldidaktik schreibe. Er betreibe schließlich<br />
in seiner universitären Lehre ständig Bibeldidaktik.<br />
Mit dieser Feststellung beginnt Gerd<br />
Theißen sein Buch zur Bibeldidaktik, um freilich<br />
sogleich einzuräumen, dass bislang keine Bibeldidaktik<br />
eines Fachexegeten vorliegt (12). Der<br />
Autor ist evangelischer Neutestamentler in Hei<strong>de</strong>lberg.<br />
Seine bibelwissenschaftliche Arbeit, die<br />
oft die Grenzen <strong>de</strong>r Exegese auf an<strong>de</strong>re Disziplinen<br />
wie die Soziologie, die Psychologie, die Natur-<br />
o<strong>de</strong>r die Religionswissenschaft hin öffnet,<br />
hat hohe Anerkennung gefun<strong>de</strong>n. Theißens bibelwissenschaftlicher<br />
Standort und sein vielfältiges<br />
interdisziplinäres Interesse prägen auch das vorliegen<strong>de</strong><br />
Buch.<br />
Theißen entwirft das Konzept einer „offenen<br />
Bibeldidaktik“, d.h. einer Bibeldidaktik, „die um<br />
ein Bibelverstehen für alle wirbt“ (22) – „unabhängig<br />
von Glauben und Unglauben“ (25). Der<br />
Begründung und Aufgabenbeschreibung dieser<br />
Didaktik, <strong>de</strong>ren Sitz im Leben die säkularisierte<br />
und plurale postmo<strong>de</strong>rne Gesellschaft ist, widmet<br />
sich das erste, einleiten<strong>de</strong> Kapitel (15-26).<br />
Der folgen<strong>de</strong> erste Hauptteil steht unter <strong>de</strong>r<br />
Leitfrage: Warum soll man die Bibel studieren?<br />
In einem ersten Gedankengang (28-62) geht es<br />
Theißen um <strong>de</strong>n Nachweis, dass die Bibel – unabhängig<br />
von Glaube o<strong>de</strong>r Unglaube – ein unverzichtbares<br />
Element <strong>de</strong>r allgemeinen Bildung ist.<br />
Sowohl zur Erschließung <strong>de</strong>r Wirklichkeit, wie<br />
sie die Natur-, die Sozial- und die Geisteswissenschaften<br />
leisten, als auch zum geschichtlich gewachsenen<br />
Selbstverständnis <strong>de</strong>s Menschen in <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart hat die Bibel s.E. Wesentliches beizusteuern.<br />
Ein zweites Kapitel diskutiert dann die<br />
Begründung <strong>de</strong>r Bibellektüre speziell für <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
(63-115). Hier fin<strong>de</strong>t sich eine<br />
kritische und weiterführen<strong>de</strong> Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit wichtigen Konzepten <strong>de</strong>s Bibelunterrichts im<br />
20. und beginnen<strong>de</strong>n 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt.<br />
Der zweite Hauptteil wen<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>n Inhalten<br />
eines Bibelstudiums in <strong>de</strong>r Schule (o<strong>de</strong>r an an<strong>de</strong>ren<br />
Lernorten) zu. Auf <strong>de</strong>r Suche nach Kriterien<br />
für die notwendige Auswahl und Aufarbeitung<br />
biblischer Texte für <strong>de</strong>n Unterricht (118-<br />
130) entschei<strong>de</strong>t sich Theißen für die Kategorien<br />
<strong>de</strong>s Elementaren und <strong>de</strong>r Dialogisierung. Mit<br />
<strong>de</strong>m Ersten ist einerseits die Frage nach geistlichen<br />
Grundstrukturen in <strong>de</strong>r Bibel, an<strong>de</strong>rerseits<br />
die nach <strong>de</strong>m für das Lernen und Leben <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />
und Schüler Grundlegen<strong>de</strong>n gemeint.<br />
Hinter <strong>de</strong>m Stichwort Dialogisierung steht die<br />
(sich aus <strong>de</strong>m Konzept <strong>de</strong>r offenen Bibeldidaktik<br />
ergeben<strong>de</strong>) Frage, was die Bibel im Dialog mit<br />
<strong>de</strong>r säkularen Kultur, mit an<strong>de</strong>ren Religionen und<br />
zwischen <strong>de</strong>n Konfessionen zu sagen hat. Die folgen<strong>de</strong>n<br />
bei<strong>de</strong>n Kapitel führen die Elementarisierung<br />
<strong>de</strong>r Bibel (zwei Grundaxiome, <strong>de</strong>n<br />
Glauben an <strong>de</strong>n einen und einzigen Gott und <strong>de</strong>n<br />
Glauben an <strong>de</strong>n Erlöser Jesus Christus, sowie<br />
weitere Grundmotive wie Schöpfung, Weisheit,<br />
Umkehr u.a. nennt Theißen; 131-173) und ihre<br />
Dialogisierung (174-264) durch. Sie sind stark<br />
biblisch-theologisch bzw. fundamentaltheologisch<br />
ausgerichtet.<br />
Der dritte Hauptteil greift <strong>de</strong>n Begriff „motivieren“<br />
aus <strong>de</strong>m Untertitel auf. Den Anfang machen<br />
grundsätzliche Überlegungen zur Motivation<br />
und zu <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Problemen bei <strong>de</strong>r Motivation<br />
von Prozessen <strong>de</strong>s Verstehens, um die es<br />
in <strong>de</strong>r Bibeldidaktik geht (267-299). Es folgen<br />
sehr praktisch ausgerichtete, mit vielen Beispielen<br />
versehene Anregungen, wie die skizzierte<br />
Theorie in Lernanreize für <strong>de</strong>n Bibelunterricht<br />
umgesetzt wer<strong>de</strong>n kann (300-343). In diesem<br />
Teil greift Theißen v.a. auf Einsichten und Überlegungen<br />
<strong>de</strong>r Psychologie zurück. Ein Anhang<br />
mit Vorschlägen zur Reduzierung von Lärm in<br />
Schulklassen (345-355) und ein Literaturverzeichnis<br />
(356-368) schließen das Werk ab.<br />
Der „offene“ Ansatz und die damit verbun<strong>de</strong>ne<br />
Interdisziplinarität machen Theißens Buch<br />
enorm anregend. Hinter <strong>de</strong>r offenen Bibeldidaktik<br />
steht eine Grundfrage, die über ihre Tragfähigkeit<br />
wesentlich mitentschei<strong>de</strong>t: Kann man<br />
von außen, ohne sich existentiell auf sie einzulassen,<br />
die Bibel angemessen verstehen? Theißen<br />
stellt die Frage selbst und bejaht sie (52f.). Sie ist<br />
– sowohl für die Exegese als auch für die Religionspädagogik<br />
– ein zentrales und kontrovers<br />
diskutiertes Thema. Durch seine vielfältigen Bezüge<br />
zu Disziplinen innerhalb wie außerhalb <strong>de</strong>r<br />
Theologie provoziert Theißen Kritik aus <strong>de</strong>r Sicht<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Faches. Der Rezensent – selbst (katholischer)<br />
Neutestamentler – hätte Fragen zur biblisch-theologischen<br />
Elementarisierung und kann<br />
über Theißens verzerren<strong>de</strong> Darstellung <strong>de</strong>s katholischen<br />
Verständnisses von Bibel und Bibelauslegung<br />
(256f.) nur verwun<strong>de</strong>rt die Stirn runzeln.<br />
Solche Anfragen för<strong>de</strong>rn jedoch ihrerseits <strong>de</strong>n<br />
angestrebten Dialog.<br />
Der dritte Teil <strong>de</strong>s Buches hat starken Praxisbezug.<br />
Die ersten bei<strong>de</strong>n Hauptteile sind eine Art<br />
biblische Fundamentaltheologie: eine „Apologie“<br />
<strong>de</strong>r Bibel in <strong>de</strong>r Gegenwart und eine Begründung<br />
für das Lernen an und mit <strong>de</strong>r Bibel weit über <strong>de</strong>n<br />
Bereich <strong>de</strong>r Schule hinaus. Es ist zu wünschen,<br />
dass sich viele, die in Schule, Gemein<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />
Universität mit <strong>de</strong>r Bibel lehren und lernen, durch<br />
Theißens Buch zu einer Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />
ihrem Tun und zu einem Dialog über die Grenzen<br />
ihres Faches hinaus anregen lassen.<br />
Christian Münch<br />
Bechmann, Ulrike /<br />
Fan<strong>de</strong>r, Monika (Hg.)<br />
GGrruunnddbbeeggrriiffffee zzuumm<br />
AAlltteenn uunndd NNeeuueenn<br />
TTeessttaammeenntt<br />
99 Wörter Theologie konkret. – München: Don<br />
Bosco Verlag. 2003. 260 S., € 14,80 (ISBN 3-<br />
7698-1407-X)<br />
Das von Ulrike Bechmann und Monika Fan<strong>de</strong>r<br />
herausgegebene Buch ist <strong>de</strong>r erste Band <strong>de</strong>r<br />
neuen Buchreihe 99 Wörter Theologie konkret.<br />
Die Reihe ist initiiert wor<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r theologischen<br />
Kommission <strong>de</strong>s Katholischen Deutschen<br />
Frauenbun<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m Ziel, die theologischen<br />
Disziplinen fundiert, aber doch allgemein verständlich<br />
darzustellen. Angesprochen wer<strong>de</strong>n sollen<br />
sowohl theologisch interessierte Laien, als<br />
auch studierte Theologinnen und Theologen, die<br />
für ihre Arbeit kurze, aber prägnante und verlässliche<br />
Informationen suchen.<br />
In <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Band haben die Herausgeberinnen,<br />
<strong>de</strong>m Programm <strong>de</strong>r Reihe entsprechend,<br />
exakt 99 Begriffe zu Themenbereichen<br />
<strong>de</strong>s Alten und Neuen Testaments ausgewählt. Die<br />
Liste <strong>de</strong>r Stichwörter reicht von „Abendmahl“ bis<br />
„Zehn Gebote/Dekalog“ und lässt auf <strong>de</strong>n ersten<br />
Blick nichts Wesentliches vermissen. Beim zweiten<br />
Blick fällt an <strong>de</strong>r Liste auf, dass sie einen<br />
leicht feministischen Einschlag aufweist. Das<br />
zeigt sich z.B. daran, dass es einen Artikel „Eva“<br />
und gleich zwei Einträge zum Stichwort „Frau“<br />
gibt, die Stichworte „Adam“ und „Mann“ aber<br />
ausgespart bleiben. Der aufkeimen<strong>de</strong> Verdacht,<br />
es könnte sich bei <strong>de</strong>m Buch um ein ganz aus feministischer<br />
Perspektive geschriebenes Werk han<strong>de</strong>ln,<br />
bestätigt sich bei <strong>de</strong>r Lektüre <strong>de</strong>r Artikel jedoch<br />
nicht. Manche <strong>de</strong>r Artikel sind zwar bewußt<br />
aus Frauenperspektive geschrieben wor<strong>de</strong>n (z.B.<br />
die Artikel „Erotik/Liebe/Sexualität“ und „Jünger/<br />
-innen“), doch sind auch sie, wie alle an<strong>de</strong>ren,<br />
durchweg sehr sachlich und auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r aktuellen<br />
exegetischen Forschung abgefasst. Die Artikel<br />
haben in <strong>de</strong>r Regel einen Umfang von zwei<br />
Seiten. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Buches fin<strong>de</strong>t sich eine kurze<br />
Liste mit weiterführen<strong>de</strong>n Literaturangaben.<br />
Die Beson<strong>de</strong>rheit dieses kleinen Lexikons besteht<br />
darin, dass es ausschließlich von Frauen erarbeitet<br />
wor<strong>de</strong>n ist. Gera<strong>de</strong> die Artikel, die bewußt<br />
aus weiblicher Perspektive geschrieben<br />
wur<strong>de</strong>n, sind anregend und bereichernd, da sie so<br />
manches biblische Sachthema in einem neuen<br />
Licht erscheinen lassen. Ein Bibellexikon kann<br />
(und will) <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong> Band natürlich nicht ersetzen.<br />
Doch dürfte er gera<strong>de</strong> für Lehrerinnen und<br />
Lehrer, die im Religionsunterricht eine gemäßigte<br />
feministische Perspektive einfließen lassen wollen,<br />
gute Anregungen bieten. Christian Nanz<br />
Frevel, Christian /<br />
Wischmeyer, Oda<br />
MMeennsscchhsseeiinn<br />
Perspektiven <strong>de</strong>s Alten und Neuen Testaments.<br />
DIE NEUE ECHTERBIBEL – Themen; Bd. 11. – Würz-
urg: Echter Verlag. 2003. 133 S. € 14.40 (ISBN 3-<br />
429-02177-4)<br />
Die Lehre <strong>de</strong>r Bibel über <strong>de</strong>n Menschen zu beschreiben,<br />
ist ein schwieriges Unterfangen. Denn<br />
die Frage: „Was ist <strong>de</strong>r Mensch?“ ist eine philosophische<br />
Frage. Die Theologie fragt viel mehr:<br />
„Was soll <strong>de</strong>r Mensch tun?“ und „Was soll <strong>de</strong>r<br />
Mensch glauben?“ Auf das erste antwortet die<br />
Moraltheologie, auf das zweite die Dogmatik.<br />
Bei<strong>de</strong> speisen sich aus <strong>de</strong>r Hl. Schrift. Deshalb<br />
sagen auch die bei<strong>de</strong>n Autoren, we<strong>de</strong>r das AT<br />
noch das NT bieten eine ausdrückliche Anthropologie<br />
(S. 9.77.102.121f). Sie sprechen bei<strong>de</strong> nur<br />
über <strong>de</strong>n Menschen in seiner Beziehung zu Gott,<br />
bei<strong>de</strong> Autoren nennen das eine „relationale Anthropologie“.<br />
Da allerdings haben bei<strong>de</strong> Testamente<br />
Gewichtiges zu sagen: „Es gibt <strong>de</strong>n Menschen<br />
nur von Gott und vor Gott“ (S.86). – Christian<br />
Frevel formuliert in <strong>de</strong>r Zusammenschau (im<br />
„Dialog“ zwischen AT und NT, S.121ff) wertvolle<br />
Einsichten: „Im Alten Testament wird, grob<br />
gesagt, stärker über die Herkünftigkeit <strong>de</strong>s Menschen,<br />
im Neuen Testament über seine Zielgerichtetheit<br />
gehan<strong>de</strong>lt“ (122). „Die Re<strong>de</strong> von Geschöpflichkeit<br />
und Vergänglichkeit, von Körperlichkeit<br />
und Sexualität, von <strong>de</strong>r Komplementarität<br />
<strong>de</strong>r Geschlechter, von <strong>de</strong>r Sozialität und Kulturalität<br />
<strong>de</strong>s Menschen, von seiner Verantwortung<br />
und Aufgabe sowie von <strong>de</strong>r gleichen Wür<strong>de</strong><br />
aller geschaffenen Menschen und <strong>de</strong>m unverlierbaren<br />
Verhältnis <strong>de</strong>s einzelnen zu seinem Schöpfer<br />
sind Bereiche, in <strong>de</strong>nen das Alte Testament<br />
unaufgebbare und bleiben<strong>de</strong> theologische Einsichten<br />
formuliert“ (ebd.). All diese Punkte stellt<br />
Frevel im ersten Teil (7-60) ausführlich dar. „Die<br />
Schöpfungserzählungen (Gen 1-3) bzw.die biblische<br />
Urgeschichte (Gen 1-11) haben eine anthropologische<br />
Dichte son<strong>de</strong>rgleichen“ (11). Die Themen<br />
im einzelnen sind: Menschwerdung im AT<br />
(12-19), Mitten im Leben vom Tod umfangen<br />
(20-24), Menschsein im AT (26-42). Arbeit und<br />
Ruhe: Die Bestimmung <strong>de</strong>s Menschen (49-56),<br />
Die Hoffnung <strong>de</strong>s Menschen im Land <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n<br />
(57-60). – Probleme bereitet ihm – und <strong>de</strong>m<br />
Leser – dabei das Verhältnis von Leib und Seele<br />
und <strong>de</strong>ren Weiterleben im AT, <strong>de</strong>r sogenannte<br />
Dichotomismus, <strong>de</strong>n es angeblich im AT nicht<br />
gebe (27f). Erst im hellenistischen Weisheitsbuch<br />
sei <strong>de</strong>r Gedanke an die weiterleben<strong>de</strong> Seele<br />
aufgetaucht (58). Er muss aber doch auch berichten,<br />
dass schon in Gen 3,22: „...damit er nicht ewig<br />
lebt“, in 1 Sam 2,6: „Gott führt von <strong>de</strong>r Unterwelt<br />
herauf“ und Koh 3,21: „steigt <strong>de</strong>r Atem (ruach)<br />
nach oben?“ sehr früh von <strong>de</strong>r Hoffnung auf Leben<br />
nach <strong>de</strong>m Tod die Re<strong>de</strong> ist. Man hätte sich<br />
gewünscht, daß im „Dialog“ vom NT her 1 Petr<br />
3,19f einbezogen wür<strong>de</strong>: Die „Geister im Gefängnis“<br />
sind gera<strong>de</strong> jene „Geister“ (pneúmata,<br />
von ruach Gen 6,3-7,22), die „nicht im Menschen<br />
bleiben sollten“, aber auch in <strong>de</strong>r Sintflut nicht<br />
untergehen konnten.<br />
Oda Wischmeyer beginnt mit neutestamentlichen<br />
Herkunftsbezeichnungen für Menschen aus<br />
Familie, Ort, Alter, Beruf etc. Der Erkenntnisgewinn<br />
ist gering, eher anekdotisch. Spannen<strong>de</strong>r<br />
wird es, wenn sie von <strong>de</strong>n Erzählungen <strong>de</strong>s NT<br />
über das Wirken Jesu an <strong>de</strong>n Menschen berichtet:<br />
„Das Volk ist Gegenstand <strong>de</strong>s Erbarmens Jesu“<br />
(80). „Jesus begegnet Menschen“ (ebd.). Das<br />
Menschenbild <strong>de</strong>s NT sei aber schematisch. „Je<strong>de</strong><br />
Differenzierung und Individualisierung fehlt.<br />
Als einziger Mensch ... hat Jesus bestimmte individuelle<br />
Züge“ (83). „Lediglich Paulus begegnet<br />
als sich selbst aussprechen<strong>de</strong>s Individuum“ (84).<br />
Dementsprechend stellt Oda Wischmeyer vor allem<br />
die Anthropologie <strong>de</strong>s Paulus dar („Zentrum<br />
unserer Darstellung“, S.89). Das ist ihr (S.89-<br />
106) mit Röm 1-3etc.: allgemeine Sün<strong>de</strong> – allgemeine<br />
Erlösung durch Christus im Glauben, gelungen.<br />
Wohl <strong>de</strong>shalb sieht aber das Jesusbild ihrer<br />
Darstellung etwas schmalbrüstig aus. Er hat<br />
seine Lehre „nur auf ‚die verlorenen Schafe <strong>de</strong>s<br />
Hauses Israel‘ (Mt 10,6; 15,24) bezogen. Die<br />
Hei<strong>de</strong>n sind nicht in seinem Blick“, sagt sie<br />
(S.86,87). Was sagt sie dann aber zu Mt 8,11:<br />
„Viele wer<strong>de</strong>n von Osten und Westen kommen<br />
und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen<br />
im Reiche Gottes“? Und zu Mt 28,19: „Geht<br />
hin in alle Welt und lehret alle Völker“? Und zum<br />
Gleichnis von <strong>de</strong>n bösen Winzern, <strong>de</strong>nen „das<br />
Reich genommen und einem an<strong>de</strong>rn Volke gegeben<br />
wird, das seine Früchte bringt“ (Mt 21,43)?<br />
Und vor allem: Wie geht damit <strong>de</strong>r große, kosmische,<br />
für die ganze Welt be<strong>de</strong>utsame Christus <strong>de</strong>s<br />
Paulus zusammen, <strong>de</strong>n sie im Folgen<strong>de</strong>n selbst<br />
darstellt? „Christus ist hier (in Röm 3,21-26) von<br />
seinem Tod her als <strong>de</strong>rjenige verstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r korporativ<br />
für alle Menschen Sühne geleistet hat, so<br />
dass ein neues Verhältnis Gottes zu <strong>de</strong>n Menschen<br />
möglich wür<strong>de</strong>“ (97). Die Anthropologie Jesu,<br />
die sie aus <strong>de</strong>m Vaterunser erschließt, fasst sie kurz<br />
so zusammen: „a) die Menschen stehen immer<br />
vor Gott, b) Gott erhält die Menschen“ (86). Die<br />
Anthropologie <strong>de</strong>r synoptischen Jesustraditon<br />
glie<strong>de</strong>rt sie in drei Punkte: „Der Mensch als Geschöpf,<br />
<strong>de</strong>r Mensch als Schuldner und als Erneuerter<br />
angesichts <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Gottesherrschaft,<br />
<strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>r Gottes Willen tut.“ „Die<br />
Essenz <strong>de</strong>r Anthropologie Jesu liegt in <strong>de</strong>r Gottebenbildlichkeit<br />
<strong>de</strong>s Menschen, die als Kindschaft<br />
ausgelegt ist: Ihr sollt vollkommen sein,<br />
wie es auch euer himmlischer Vater ist (Mt 5,48).“<br />
Die Anthropologie <strong>de</strong>s Paulus wird so zusammengefasst:<br />
„Der Mensch steht im Mittelpunkt seiner<br />
Mission..., nicht aber als <strong>de</strong>r Mensch, son<strong>de</strong>rn als<br />
<strong>de</strong>r erlöste Mensch und auch als <strong>de</strong>r nicht erlöste<br />
Mensch. (Dabei) <strong>de</strong>nkt er nicht ontologisch in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Seinsweisen..., son<strong>de</strong>rn theologisch,<br />
d.h. relational von Gott aus. Aus menschlicher<br />
Sicht verläuft damit die Schei<strong>de</strong>linie zwischen<br />
Glauben und Nicht-Glauben“ (102). Be<strong>de</strong>nkenswert<br />
ist wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schlussakkord: „Die eigentliche<br />
Dimension <strong>de</strong>s Menschen ist seine Zukunft“<br />
(109.111). Ein Blick auf die allgemeine heutige<br />
Anthropologie, welche ihrerseits die christliche<br />
„nicht zur Kenntnis nimmt“ (107.111), run<strong>de</strong>t das<br />
Buch ab. Wegen vieler Einzelerkenntnisse lohnt<br />
sich die Lektüre. Heinz-Jürgen Vogels<br />
Gellner, Christoph<br />
SScchhrriiffttsstteelllleerr lleesseenn<br />
ddiiee BBiibbeell<br />
Die Heilige Schrift in <strong>de</strong>r Literatur <strong>de</strong>s 20.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts. – Darmstadt: Primus Verlag. 2004.<br />
224 S., € 24.90 (ISBN 3-89678-521-4)<br />
Mit Heinrich Heines enthusiastischem Lob<br />
<strong>de</strong>r Bibel lässt Christoph Gellner die vorliegen<strong>de</strong><br />
Monographie beginnen und gibt so Motivation<br />
und Tenor seiner Untersuchung vor: „Welch ein<br />
Buch! groß und weit wie die Welt, wurzelnd in<br />
die Abgrün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schöpfung und hinaufragend in<br />
die blauen Geheimnisse <strong>de</strong>s Himmels ... Sonnenaufgang<br />
und Sonnenuntergang, Verheißung und<br />
Erfüllung, Geburt und Tod, das ganze Drama <strong>de</strong>r<br />
Menschheit ist in diesem Buche.“ Vorbereitet<br />
durch Her<strong>de</strong>r und Goethe ist Heine einer <strong>de</strong>r ersten<br />
Schriftsteller, die, nach<strong>de</strong>m Glaube und Wissen<br />
im Zuge <strong>de</strong>r Aufklärung auseinan<strong>de</strong>r getreten<br />
sind, die Bibel vor allem ästhetisch-literarisch<br />
und kulturgeschichtlich liest: als Werk <strong>de</strong>r Weltliteratur<br />
und als literarischer Gedächtnisspeicher,<br />
in <strong>de</strong>m die komplexen Lebens-, Lei<strong>de</strong>ns- und<br />
Konfliktgeschichten <strong>de</strong>r Menschen mit Gott, <strong>de</strong>r<br />
Schöpfung und ihresgleichen aufbewahrt sind.<br />
Sie bietet einen unerschöpflichen Vorrat an archetypischen<br />
Situationen, Gleichnis- und Mo<strong>de</strong>llgeschichten,<br />
die sich späteren Schriftstellergenerationen<br />
anbieten, um die Gefährdungen<br />
menschlicher Existenz zu beschreiben und die<br />
Katastrophen <strong>de</strong>r Zeit besprechbar zu machen.<br />
Diese produktive literarische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>r Bibel geschieht in vielen Formen<br />
<strong>de</strong>r Absetzung, <strong>de</strong>r Fortschreibung und <strong>de</strong>r Um<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r biblischen Vorlagen. Christoph Gellner<br />
untersucht diesen Vorgang schöpferischer Bibelrezeption<br />
anhand literarischer und autobiographischer<br />
Schlüsseltexte repräsentativer <strong>de</strong>utschsprachiger<br />
Autorinnen und Autoren <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />
Sie alle sind Verletzte und Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>.<br />
Als Ju<strong>de</strong>n haben sie gelitten unter Rassenhass,<br />
Exil und Völkermord, so Else Lasker-Schüler,<br />
Rose Auslän<strong>de</strong>r, Grete Weil, Hil<strong>de</strong> Domin, Wolfgang<br />
Hil<strong>de</strong>sheimer, Erich Fried, Günter Kunert,<br />
Anna Seghers und Stefan Heim. Als Zeitgenossen<br />
lei<strong>de</strong>n sie unter <strong>de</strong>r Last <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
und <strong>de</strong>r restaurativen Nachkriegsgegenwart samt<br />
Gedächtnisschwund und Wirtschaftswun<strong>de</strong>rseligkeit,<br />
so Heinrich Böll, Günter Grass und Ingeborg<br />
Bachmann. Ein Son<strong>de</strong>rfall ist die unter bedrücken<strong>de</strong>n<br />
persönlichen und wirtschaftlichen<br />
Verhältnissen leben<strong>de</strong> Österreicherin Christine<br />
Lavant, die als Lyrikerin von Rang und als religiöse<br />
Dichterin immer noch <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung<br />
harrt. Bei Gellner verbin<strong>de</strong>n sich in glücklicher<br />
Weise die Darstellung von Lebensgeschichten,<br />
persönlichen Erfahrungen und die einfühlsame<br />
Interpretation von Texten – in <strong>de</strong>r Überzahl lyrischen<br />
–, in <strong>de</strong>nen biblische Themen und Motive<br />
aufgegriffen und verarbeitet wer<strong>de</strong>n. Auf diese<br />
Weise entsteht eine kleine Literaturgeschichte<br />
<strong>de</strong>r Nachkriegszeit, in <strong>de</strong>r neben Nobelpreisträgern<br />
und weithin bekannten Romanciers auch<br />
„schwierige“ und <strong>de</strong>shalb weniger populäre Lyriker<br />
und Lyrikerinnen zu Worte kommen. Weil<br />
Lei<strong>de</strong>nserfahrungen vorherrschen und Kontinuitätsbrüche<br />
das Verhältnis zur literarischen und<br />
kulturellen Vergangenheit kennzeichnen, bedienen<br />
sich auch die vorgestellten Texte mo<strong>de</strong>rner<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
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LITERATUR & MEDIEN<br />
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Chiffren und Abbreviaturen, die <strong>de</strong>m damit nicht<br />
vertrauten Leser hermetisch erscheinen können.<br />
Adressaten <strong>de</strong>s Buches dürften <strong>de</strong>shalb am ehesten<br />
Germanisten unter <strong>de</strong>n Religionslehrerkollegen<br />
sein und solche, die ein spezifisches Interesse<br />
am Dialog von Bibel und Literatur haben. Dem<br />
Theologen und Katecheten stellen sich bei <strong>de</strong>r<br />
Lektüre dieser und ähnlicher Veröffentlichungen<br />
weitergehen<strong>de</strong> Fragen, z.B.: Wie ist <strong>de</strong>r Offenbarungsanspruch<br />
<strong>de</strong>r Bibel und ihr kanonischer Charakter<br />
über ihren unbestrittenen literarischen Wert<br />
hinaus zu begrün<strong>de</strong>n und einsichtig zu machen?<br />
Wie ist die Weitergabe <strong>de</strong>r biblischen Tradition<br />
zu sichern, wenn die Generationen aussterben,<br />
<strong>de</strong>nen sie aufgrund ihrer Herkunft o<strong>de</strong>r ihrer Sozialisation<br />
sicherer Besitz war? Aber dies sind<br />
Fragen, die über ein literaturwissenschaftliches<br />
Werk, das sich im übrigen durch seine liebevolle<br />
druckgrafische Gestaltung und sein ansprechen<strong>de</strong>s<br />
Layout vorteilhaft von <strong>de</strong>r Masse heutiger<br />
Publikationen abhebt, hinausgehen.<br />
Rüdiger Kal<strong>de</strong>wey<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
BBiibbeellffuucchhss<br />
Spiel und Spaß für Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche<br />
und Erwachsene.<br />
999 Multiple-Choice-Fragen. 99 Fotos zum Puzzeln<br />
und 33 Schwe<strong>de</strong>nrätsel. CD-ROM. – Stuttgart:<br />
Deutsche Bibelgesellschaft. CD-ROM. € 12.00<br />
(ISBN 3-438-01922-1)<br />
Mit <strong>de</strong>r CD-ROM „Bibelfuchs“ präsentiert die<br />
Deutsche Bibelgesellschaft ein digitales Rätselheft<br />
in drei Teilen bestehend aus 999 Multiple-Choice-<br />
Fragen, 99 Bil<strong>de</strong>rpuzzles und 33 Einzelrätseln „für<br />
die ganze Familie“ (lt. CD-Cover). Bis zu vier<br />
Spieler können bei <strong>de</strong>m Bibelquiz gegeneinan<strong>de</strong>r<br />
antreten und sich an Fragen entwe<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r ganzen<br />
Bibel o<strong>de</strong>r aus bestimmten Abschnitten (z.B.<br />
Evangelien und Apostelgeschichte) versuchen. Im<br />
Puzzleteil fin<strong>de</strong>n sich Fotografien von Natur,<br />
Menschen o<strong>de</strong>r Städten, die mit biblischen Orten<br />
in Verbindung stehen. Diese Bil<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n vom<br />
Computer zerschnitten und müssen von <strong>de</strong>m Spieler<br />
wie<strong>de</strong>r zusammengefügt wer<strong>de</strong>n. Auch die<br />
Rätsel lassen sich nach thematischen Gesichtspunkten<br />
auswählen, oft behan<strong>de</strong>ln sie eine bestimmte<br />
biblische Person o<strong>de</strong>r eine Geschichte.<br />
Die Fragen sowohl im Bibelquiz als auch im<br />
Rätsel orientieren sich stark an Textstellen im Alten<br />
bzw. Neuen Testament. Die richtige Antwort<br />
erfor<strong>de</strong>rt immer die Kenntnis eben dieser Stelle,<br />
bisweilen sogar im Wortlaut, wenn ein biblisches<br />
Zitat ergänzt wer<strong>de</strong>n soll. Wählt man die ganze<br />
Bibel als Grundlage <strong>de</strong>r Multiple-Choice-Fragen<br />
aus, mag selbst ein kundiger Bibelleser bisweilen<br />
Schwierigkeiten beim Fin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r richtigen Lösung<br />
haben, da manchmal Spezial- und Detailwissen<br />
gefor<strong>de</strong>rt sind. Meistens verweisen die<br />
Antwortmöglichkeiten aber auf die richtige Option,<br />
da viele (falsche) Lösungen lustigen o<strong>de</strong>r spielerischen<br />
Charakter haben. Ist <strong>de</strong>r Spieler mit seinem<br />
Wissen doch einmal am En<strong>de</strong>, kann er sich<br />
immer einen „Tipp“ anzeigen lassen, <strong>de</strong>r im Grun<strong>de</strong><br />
die passen<strong>de</strong> Bibelstelle und damit die Lösung<br />
<strong>de</strong>r Frage bietet. Die richtige Antwort wird mit<br />
Applaus und Punkten belohnt, wählt man eine falsche<br />
Option, erhält man die richtige Lösung mitsamt<br />
<strong>de</strong>r zugehörigen Bibelstelle. Hat man ein Set<br />
von Fragen beantwortet, darf sich <strong>de</strong>r Spieler mit<br />
Namen in eine High-Sore-Liste eintragen. Rätsel<br />
sind ungleich schwieriger zu lösen als ein Quiz,<br />
da hier keine Auswahl von Vorschlägen für eine<br />
Antwort zur Verfügung steht. Dafür lassen sich<br />
Rätsel am Computer ausdrucken.<br />
Für <strong>de</strong>n Religionsunterricht eignet sich am<br />
meisten <strong>de</strong>r Rätselteil, da durch die Fokussierung<br />
auf eine bestimmte Figur o<strong>de</strong>r Erzählung eine<br />
thematische Einheit wie<strong>de</strong>rholt bzw. vertieft wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Die Fragen können auch eine Hilfe für<br />
eigene Rätselentwürfe sein. Die Fotos, die das<br />
Programm für die Puzzles zur Verfügung stellt,<br />
lassen sich gut zur Veranschaulichung <strong>de</strong>r Welt<br />
und Umwelt <strong>de</strong>r Bibel einsetzen; für <strong>de</strong>n Unterricht<br />
macht diese Vorgehensweise je<strong>de</strong>nfalls mehr<br />
Sinn als das bloße Zusammenfügen von Fotos per<br />
„drag and drop“, was spätestens in <strong>de</strong>r Sekundarstufe<br />
auch nicht mehr für alle Schüler/-innen<br />
spannend ist. Die geeignete Altersstufe für das<br />
Programm variiert, je nach<strong>de</strong>m für welchen Teil<br />
man sich entschei<strong>de</strong>t. Das Zusammenfügen <strong>de</strong>r<br />
Puzzles lässt sich gut in <strong>de</strong>r Grundschule verwen<strong>de</strong>n,<br />
ebenso manche Rätsel. Das Quiz könnte<br />
man ab <strong>de</strong>r Sekundarstufe I einsetzen, wobei die<br />
pädagogische Zielsetzung bei einer solchen Verwendung<br />
aufgrund <strong>de</strong>r „Zufälligkeit“ bzw. <strong>de</strong>r<br />
Bandbreite <strong>de</strong>r Fragen relativ unbestimmt ist und<br />
etwa <strong>de</strong>n Charakter <strong>de</strong>s Abprüfens wahlloser Jahreszahlen<br />
im Geschichtsunterricht hat.<br />
Der Bibelfuchs lässt sich we<strong>de</strong>r unter die Kategorie<br />
„biblisches Computerspiel“ noch „Lern-CD“<br />
fassen. Für ein echtes Computerspiel fehlen die<br />
Action- und Adventure-Elemente. Dieses Genre<br />
zeichnet sich darüber hinaus durch einen Erzählfa<strong>de</strong>n<br />
aus, d.i. eine „Story“, die sich durch das ganze<br />
Spiel zieht. Beispielhaft für biblische Computerspiele<br />
lassen sich etwa „Geheimakte Jesu“ o<strong>de</strong>r<br />
„Abendteuer Bibel“ (ebenfalls bei <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Bibelgesellschaft erschienen) nennen. Für eine<br />
Lern-CD ist <strong>de</strong>r Inhalt zu unbestimmt ausgewählt,<br />
zumin<strong>de</strong>st ist es fraglich, ob sich bei <strong>de</strong>r Beantwortung<br />
von 20 Fragen zum Inhalt <strong>de</strong>r gesamten Bibel<br />
ein Lerneffekt einstellt. Auch das Zusammenfügen<br />
von Landschaftsbil<strong>de</strong>rn hat keinen unmittelbaren<br />
religionspädagogischen Lerneffekt. Sehr gut geeignet<br />
und mit viel Spaß verbun<strong>de</strong>n ist das Abfragen,<br />
Raten und Puzzeln mit <strong>de</strong>m Bibelfuchs tatsächlich<br />
bei einem gemütlichen Familienabend à la „Wer<br />
wird Millionär?“. Clemens Bohrer<br />
Böhler, Martina<br />
EEnnttd<strong>de</strong>ecckkuunnggssrreeiissee<br />
dduurrcchh ddaass<br />
AAllttee TTeessttaammeenntt<br />
Materialien für einen lebendigen Religionsunterricht<br />
in <strong>de</strong>r Grundschule. – <strong>Limburg</strong>-Kevelaer:<br />
Lahn-Verlag. 2003. 96 S., ill., € 13,90 (ISBN 3-<br />
7840-3312-1)<br />
Das Alte Testament – eine Bibliothek mit vielen<br />
spannen<strong>de</strong>n Geschichten. Lei<strong>de</strong>r sind diese<br />
Geschichten oft nicht einfach zu verstehen. Beim<br />
Versuch, ihre Aussagen in unsere Glaubensvorstellungen<br />
zu integrieren, stoßen wir an Grenzen<br />
– beispielsweise beim Gottesbild. Ist dieser oft<br />
grausam und kriegerisch wirken<strong>de</strong> Gott <strong>de</strong>s Alten<br />
Testaments <strong>de</strong>rjenige, von <strong>de</strong>m Jesus erzählt? Wir<br />
können Gott nicht erfassen. Er bleibt ein Geheimnis<br />
und rätselhaft. Aber gleichbleibend ist seine<br />
Zusage: „Ich bin da. Auf mich ist Verlass.“<br />
Die Autorin versucht, diese Aussage für Kin<strong>de</strong>r<br />
anhand von drei Geschichten zu ver<strong>de</strong>utlichen:<br />
JJoosseeff – Der Träumer<br />
(Arbeitseinheit für das 2. Schuljahr)<br />
Josefs Leben entwickelt sich nicht gradlinig und<br />
einfach. Aber in allen wechselhaften Erfahrungen<br />
ist Gott da. Durch Josefs Lebensweg wird<br />
eine ganze Familie aus <strong>de</strong>r Hungersnot errettet.<br />
DDaavviidd –– von Gott erwählt<br />
(Arbeitseinheit für das 3./4. Schuljahr)<br />
Ein Hirtenjunge wird von Gott erwählt. Nicht<br />
wegen seiner Leistung, son<strong>de</strong>rn weil Gott sein<br />
Herz angesehen hat. Davids Leben verläuft<br />
nicht unproblematisch. Aber Gott steht zu seiner<br />
Erwählung, und David wird schließlich<br />
zum Vorbild für das Königtum in Israel.<br />
RRuutt – ein ungewöhnlicher Lebensweg<br />
(Arbeitseinheit für das 4.-6. Schuljahr)<br />
Die Moabiterin Rut kennt <strong>de</strong>n Gott Israels<br />
kaum, als sie sich auf ihn und eine ungewisse<br />
Zukunft in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> einlässt. Auch sie erlebt,<br />
dass das Leben gut wer<strong>de</strong>n kann, wenn<br />
man Vertrauen wagt.<br />
In <strong>de</strong>n drei Unterrichtseinheiten steht die biblische<br />
Erzählung im Mittelpunkt. Je<strong>de</strong> Arbeitseinheit<br />
besteht aus einer Einleitung mit theologischen<br />
Hintergrundinformationen, grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Gedanken zur Einheit und einer methodischen<br />
Analyse. Es folgen die Stun<strong>de</strong>nentwürfe,<br />
die sehr <strong>de</strong>tailliert wie<strong>de</strong>rgegeben sind. Die Anlagen<br />
zur Arbeitseinheit enthalten schließlich alle<br />
wichtigen Bastel- und Erzählvorlagen, Lie<strong>de</strong>r,<br />
Rätsel, Stationenkarten u.v.m. Methodisch sind<br />
die drei Einheiten unterschiedlich gestaltet. Die<br />
Erzählungen wer<strong>de</strong>n immer optisch unterstützt –<br />
durch Spielfiguren, die Gestaltung eines Bil<strong>de</strong>rbuches<br />
o<strong>de</strong>r wechseln<strong>de</strong> Erzählbil<strong>de</strong>r für die Tafel.<br />
Am En<strong>de</strong> je<strong>de</strong>r Einheit steht eine Phase <strong>de</strong>r<br />
eigenständigen Vertiefung in Form von Spielen<br />
und Stationen.<br />
Die Einheiten sind so geplant, dass auch Berufseinsteiger<br />
gut damit zurechtkommen, und ermöglichen<br />
einen lebensnahen und lebendigen Religionsunterricht.<br />
Sehr empfehlenswert! Gabriele Hastrich<br />
Meyer, Ivo / Spiegel, Josef F.<br />
WWiirr eennttd<strong>de</strong>ecckkeenn<br />
ddiiee BBiibbeell<br />
Ihre Menschen, ihre Umwelt, ihre Botschaft. –<br />
Freiburg u. a.: Verlag Her<strong>de</strong>r. 2004. 124 S. m. farb.<br />
Abb. u. Übers.-Ktn., € 16,90 (ISBN 3-451-28234-7)<br />
Was schon in <strong>de</strong>r kurzen Einführung <strong>de</strong>s Ban<strong>de</strong>s<br />
von <strong>de</strong>n Autoren gesagt wor<strong>de</strong>n ist, sei auch
hier vorangestellt: Das Buch kann und will nicht<br />
das Lesen <strong>de</strong>r Bibel selbst ersetzen. Aber, und das<br />
sei hinzugefügt, es will immer wie<strong>de</strong>r anregen,<br />
zur Bibel zu greifen, in<strong>de</strong>m es an vielen Stellen<br />
auf Bibeltexte verweist, <strong>de</strong>ren Lektüre man zur<br />
genaueren Kenntnis <strong>de</strong>s Dargestellten benötigt.<br />
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis macht es<br />
<strong>de</strong>utlich: Der Band will mit einer zusammenhängen<strong>de</strong>n<br />
Einführung Informationen über die Bibel,<br />
ihr Wer<strong>de</strong>n, ihren politischen, sozialen, religiösen<br />
und geschichtlichen Hintergrund liefern und<br />
dabei auch Antworten auf drängen<strong>de</strong> Fragen <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart geben – und das auf <strong>de</strong>m neuesten<br />
Stand <strong>de</strong>s heutigen Bibelwissens. Die von <strong>de</strong>n<br />
bei<strong>de</strong>n Autoren völlig überarbeitete und aktualisierte<br />
Neuauflage stellt in sechs Abschnitten „die<br />
Menschen, die Umwelt, die Botschaft“ <strong>de</strong>r Bibel<br />
vor: Die Bibel, das Buch <strong>de</strong>s Gottesvolkes; Das<br />
Land, in <strong>de</strong>r das biblische Gottesvolk lebte; Die<br />
Zeit, in <strong>de</strong>r das biblische Gottesvolk lebte; Heilige<br />
Einrichtungen <strong>de</strong>s Gottesvolkes; Jesus sammelt<br />
das Gottesvolk neu; Der Glaube <strong>de</strong>s Gottesvolkes<br />
im Wan<strong>de</strong>l. Ein Stichwortverzeichnis im<br />
Anhang führt zu Themen und Orten, die in <strong>de</strong>n<br />
Haupt- und sog. Nebenartikeln behan<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r<br />
zumin<strong>de</strong>st erwähnt wer<strong>de</strong>n. Es bedarf allerdings<br />
bisweilen schon gezielter Suche in <strong>de</strong>n angegebenen<br />
Textseiten, um <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Begriff<br />
zu fin<strong>de</strong>n (z.B. ‚Bun<strong>de</strong>sla<strong>de</strong>’ auf S. 57, warum<br />
nicht schon S. 41 (!!) und auch S. 60 (Mo<strong>de</strong>ll),<br />
‚Isebel’, S. 68 – besser S. 67 u. a.). Reiches<br />
(historisches) Bildmaterial dient nicht allein <strong>de</strong>r<br />
Illustrierung, son<strong>de</strong>rn möchte weitgehend – häufig<br />
versehen mit eigenen Erläuterungen – die Leserin,<br />
<strong>de</strong>n Leser zur eigenständigen Betrachtung<br />
<strong>de</strong>r Aussage <strong>de</strong>s jew. Bil<strong>de</strong>s anregen. Die Karten<br />
hätten mit einer stärkeren Farbgebung sicher an<br />
Aussagekraft gewonnen (Warum Tiberias auf<br />
<strong>de</strong>n Karten S. 21 und 23 an zwei verschie<strong>de</strong>nen<br />
Stellen am See Gennesareth eingezeichnet wur<strong>de</strong>,<br />
müsste erläutert wer<strong>de</strong>n).<br />
Wer wird als Leser/-in für diesen sprachlich<br />
und bildlich interessant gestalteten Band erwartet?<br />
Schüler/-innen ab etwa 10 Jahren, Eltern, Religionslehrer/-innen,<br />
haupt- und ehrenamtlich in<br />
<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>katechese Tätige können ihn als<br />
Lexikon ebenso wie als Materialsammlung zur<br />
Bibel verwen<strong>de</strong>n, dabei sowohl Neues erfahren<br />
wie auch vorhan<strong>de</strong>nes Wissen auffrischen.<br />
Bernhard Merten<br />
Kal<strong>de</strong>wey, Rüdiger/Wener, Aloys<br />
DDaass CChhrriisstteennttuumm..<br />
GGeesscchhiicchhttee ––<br />
PPoolliittiikk –– KKuullttuurr<br />
(Religion Sekundarstufe I-II). – Düsseldorf: Patmos<br />
Verlag 2004. 368 S., ill., € 19.95 (ISBN 3-491-<br />
75708-9)<br />
„Das Eintauchen in an<strong>de</strong>re Zeiten und Lebenswelten,<br />
wie sie das vorliegen<strong>de</strong> Buch darstellt,<br />
weckt zugleich Verständnis, für an<strong>de</strong>re<br />
Möglichkeiten zu leben und zu <strong>de</strong>nken, lässt erkennen,<br />
dass unsere Kultur nicht ‘natürlich’ und<br />
selbstverständlich ist, erweitert so <strong>de</strong>n Horizont<br />
und bewahrt vor überheblicher Verabsolutierung<br />
<strong>de</strong>r eigenen Lebensweise“ (S. 6f.). Mit diesem<br />
aufklärerischen Programm treten <strong>de</strong>r soeben pensionierte<br />
Saarbrücker Oberstudiendirektor und<br />
Religionspädagoge Kal<strong>de</strong>wey und sein Kollege<br />
Wener an. Sie führen es mit beachtlichem Geschick<br />
in <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n kirchengeschichtlichen<br />
Unterrichtswerk durch. Das Erkenntnis leiten<strong>de</strong><br />
Interesse ergibt sich hierbei aus <strong>de</strong>n „Grundfragen<br />
unseres Glaubens […]: Wie sollen die<br />
christlichen Konfessionen miteinan<strong>de</strong>r umgehen?<br />
Darf man Gewalt anwen<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>r guten<br />
und gerechten Sache zum Sieg zu verhelfen?<br />
Welche Rechte muss eine Mehrheit an<strong>de</strong>rs<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n<br />
Min<strong>de</strong>rheiten zubilligen? Wie sollen Staat<br />
und Kirche ihr Verhältnis zueinan<strong>de</strong>r gestalten?“<br />
(S. 7). Ob und inwiefern es sich hierbei um<br />
Grundfragen <strong>de</strong>s Glaubens han<strong>de</strong>lt, wäre zu diskutieren.<br />
Es sind jedoch Fragen, die an die christlichen<br />
Kirchen angesichts ihres normativen Anspruchs,<br />
ihrer konkreten Geschichte und ihrer<br />
Kultur prägen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung immer wie<strong>de</strong>r gestellt<br />
wer<strong>de</strong>n und gera<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n heutigen Zeitgenossen<br />
relevant sind. Da bei<strong>de</strong> Autoren aus <strong>de</strong>r<br />
Schulpraxis kommen, haben sie einen Blick für<br />
das in diesem Kontext Relevante. Sie vermögen<br />
es mit Geschick zu vermitteln.<br />
In 25 klar geglie<strong>de</strong>rten Kapiteln umreißen die<br />
Autoren eine ökumenisch offene Geschichte <strong>de</strong>s<br />
Christentums, in <strong>de</strong>r Strukturen sichtbar wer<strong>de</strong>n<br />
sollen, unter <strong>de</strong>nen Menschen in ihrer jeweiligen<br />
Zeit gelebt haben und Kirche Gestalt gewann. Sie<br />
suchen dabei, die Ergebnisse <strong>de</strong>r Wirtschafts-,<br />
Sozial- und Alltagsgeschichte ebenso zu berücksichtigen<br />
wie jene einer politischen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gesellschaftsgeschichte.<br />
Ein <strong>de</strong>rart weitgestecktes<br />
Verständnis von <strong>de</strong>m, was klassischerweise Kirchengeschichte<br />
genannt wird, ist zu begrüßen. Es<br />
geht also nicht nur um Ereignisgeschichte. Die<br />
gotische Kathedrale wird etwa ebenso in <strong>de</strong>n<br />
Kontext wirtschaftlicher Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />
im 12. und 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt (Gewicht <strong>de</strong>s städtischen<br />
Wirtschaftslebens) gestellt wie <strong>de</strong>ren theologische<br />
Grundgedanken am Baustil entwickelt<br />
(S. 124-126).<br />
Der Bogen ist gespannt von <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>s<br />
Christentums im Ju<strong>de</strong>ntum bis hin zu <strong>de</strong>n Auswirkungen<br />
<strong>de</strong>s 2. Vatikanischen Konzils. In diesen<br />
chronologischen Rahmen sind Längsschnittthemen<br />
eingebun<strong>de</strong>n (Protest und Lebensmo<strong>de</strong>ll<br />
– Das Mönchtum; Christen: Bereit zur Gewalt –<br />
unfähig zum Dialog?; Eva, Hexe und Maria –<br />
Christliche Frauenbil<strong>de</strong>r). Auf <strong>de</strong>n letzten 50 Seiten<br />
wird das chronologische Schema auf stärker<br />
systematische Betrachtungen hin entgrenzt: Hier<br />
kommt die ökumenische Bewegung zur Sprache<br />
(S. 320-325), es wird <strong>de</strong>r Kirchenbau seit En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts als Ausdruck gesellschaftlicher<br />
und theologischer Entwicklungsprozesse<br />
ge<strong>de</strong>utet (S. 312-319), es wer<strong>de</strong>n Fragen <strong>de</strong>r Mission<br />
und <strong>de</strong>s außereuropäischen Christentums<br />
mit ihrer je eigenen Theologie zur Diskussion gestellt<br />
(S. 344-357), und schließlich wagen die Autoren<br />
einen Ausblick auf die Religionen von gestern<br />
in <strong>de</strong>r Welt von morgen (S. 358-363). Die<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen, die sich hierbei speziell für<br />
das Christentum und konkret für die römisch-katholische<br />
Kirche stellen, sind klug analysiert und<br />
wer<strong>de</strong>n in gut Rahner’scher Theologie anthropologisch<br />
beantwortet. Hier mag <strong>de</strong>r Systematiker<br />
pointierter Theologisches lesen wollen.<br />
Das Buch überzeugt durch seine didaktische<br />
Stringenz. Einem je<strong>de</strong>n Kapitel ist eine knappe<br />
chronologische Überblickstabelle vorangestellt.<br />
Ihr folgt ein differenziert beschreiben<strong>de</strong>r<br />
Textteil („Lehrtext“), an <strong>de</strong>n sich vielfältige<br />
Quellen anschließen. Oftmals fin<strong>de</strong>n sich Porträts<br />
exemplarischer Persönlichkeiten, die eine<br />
Epoche charakterisieren. Am En<strong>de</strong> eines je<strong>de</strong>n<br />
Unterkapitels versuchen Aufgaben, das sinnvollerweise<br />
Wissenswerte und -nötige nochmals<br />
zu bün<strong>de</strong>ln, ohne jedoch in plumpes Abfragen<br />
zu verfallen. Zur Vertiefung schließen<br />
sich Aufgaben an, die sich v. a. an Schülerinnen<br />
und Schüler <strong>de</strong>r Sekundarstufe II richten. Das<br />
Arbeitsbuch ist überreich bebil<strong>de</strong>rt, wodurch<br />
nicht nur Textquellen zur Weiterarbeit im Unterricht<br />
zur Verfügung stehen. Neben <strong>de</strong>n zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Quellentexten bieten die Autoren jedoch<br />
auch überraschen<strong>de</strong>: So etwa im Kapitel<br />
über die Aufklärung und das Zeitalter <strong>de</strong>r Revolutionen<br />
(236-253). Bezogen auf die Diskussion<br />
um Menschenrechte und Menschenwür<strong>de</strong><br />
wer<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>n einschlägigen Texten von<br />
Descartes, Pascal, Rousseau, Voltaire, Lessing,<br />
Pius VII. und <strong>de</strong>r Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte<br />
von 1789 auch eine Predigt von Bischof<br />
Kamphaus zu Weihnachten 1994 (252f.) und<br />
ein Re<strong>de</strong>ausschnitt <strong>de</strong>s damaligen Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten<br />
Roman Herzog abgedruckt. Ein Register<br />
und vernünftige Querverweise innerhalb <strong>de</strong>r<br />
Lehrtexte erschließen <strong>de</strong>n Band und ermöglichen<br />
sinnvolle Kontexte herzustellen.<br />
Man mag Kritik an einzelnen Passagen üben<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n liberalen Grundduktus bedauern – mit<br />
<strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Unterrichtswerk hat <strong>de</strong>r Patmos<br />
Verlag ein gelungenes kirchengeschichtliches<br />
Werk nicht nur für <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
vorgelegt, es eignet sich gleichermaßen für <strong>de</strong>n<br />
Politik- o<strong>de</strong>r Geschichtsunterricht. Zu bedauern<br />
sind die kleine Schrifttype und <strong>de</strong>r enge Druck.<br />
Bei<strong>de</strong>s evoziert abschrecken<strong>de</strong> Komplexität und<br />
eine Masse, „die man ehe<strong>de</strong>m nicht bewältige<br />
kann“. Die Text- und Dokumentenfülle musste<br />
jedoch so dargestellt wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Preis<br />
noch in einem durchaus vertretbaren Rahmen<br />
blieb. Scha<strong>de</strong>. Die Benutzung und Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Werk lohnen.<br />
Jörg Seiler<br />
Ring-Eifel, Ludwig<br />
WWeellttmmaacchhtt VVaattiikkaann..<br />
PPääppssttee mmaacchheenn PPoolliittiikk<br />
– München: Pattloch Verlag. 2004. 304 S., € 19.90<br />
(ISBN 3-629-01679-0)<br />
Der reißerische Titel lässt Sensationsjournalismus<br />
vermuten. Doch <strong>de</strong>m ist nicht so: Ludwig<br />
Ring-Eifel, Vatikan-Korrespon<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r „Katholischen<br />
Nachrichten-Agentur“, bietet einen spannend<br />
geschriebenen Überblick über die Geschichte<br />
<strong>de</strong>r Päpste seit <strong>de</strong>m Untergang <strong>de</strong>s Kirchenstaates.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
45
LITERATUR & MEDIEN<br />
46<br />
Im ersten Teil schil<strong>de</strong>rt Ring-Eifel die Mechanismen<br />
vatikanischer Politik. Dazu gehören die<br />
hochmotivierten Angestellten <strong>de</strong>s Vatikan, von<br />
<strong>de</strong>r Schweizergar<strong>de</strong> bis zu <strong>de</strong>n Kardinälen, aber<br />
auch die Nuntien in aller Welt. Zunehmend wichtiger<br />
wer<strong>de</strong>n die Kommunikationsstrukturen nach<br />
innen, organisatorisch abgesichert durch die unterschiedlichen<br />
Kompetenzen und Verflechtungen<br />
<strong>de</strong>r Kongregationen und Räte, sowie nach außen,<br />
vermittelt über einen „Pressesprecher“ und<br />
die vatikaneigenen Medien Zeitung, Radio, Fernsehen<br />
und Internet. Am Beispiel <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
um <strong>de</strong>n Beratungsschein, um Ehe<br />
und Familie sowie Lebensschutz expliziert <strong>de</strong>r<br />
Autor die Interessen <strong>de</strong>r katholischen Kirche,<br />
sich aus religiösen Grün<strong>de</strong>n in das politische Tagesgeschäft<br />
einzumischen.<br />
Dass die gegenwärtige moralische Autorität<br />
<strong>de</strong>s Papstes und <strong>de</strong>r katholischen Kirche nicht<br />
immer so groß war, zeigt die Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r historischen<br />
Entwicklung. Ein öffentlich begangener<br />
Fasttag <strong>de</strong>s Papstes Leo XIII. konnte 1889 die<br />
Aufstellung einer Statue <strong>de</strong>s als Ketzer vom Kirchenstaat<br />
verbrannten Giordano Bruno mitten in<br />
Rom nicht verhin<strong>de</strong>rn. Nach 1870 konnte <strong>de</strong>r<br />
„Gefangene im Vatikan“ lediglich diplomatische<br />
Achtungserfolge erzielen. Erst die Frie<strong>de</strong>nsinitiativen<br />
Benedikts XV. im Ersten Weltkrieg machten<br />
die internationale Politik auf die Kirche aufmerksam.<br />
Der Abschluss <strong>de</strong>r Lateranverträge mit<br />
<strong>de</strong>m italienischen Staat 1929 verschaffte <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche <strong>de</strong>n doppelten Status einer Religionsgemeinschaft<br />
mit einem wenn auch symbolischen<br />
souveränen Staat.<br />
Diesen Vertrag mit <strong>de</strong>m faschistischen Italien<br />
stellt Ring-Eifel in <strong>de</strong>n Kontext vatikanischer Politik,<br />
die sich durchaus mit totalitären Regimen<br />
einzulassen weiß. Am umstrittensten ist nach wie<br />
vor die Haltung <strong>de</strong>s Vatikan zu Adolf Hitler, beson<strong>de</strong>rs<br />
das öffentliche Schweigen Pius’ XII. angesichts<br />
<strong>de</strong>s Holocaust. Manche Aufgeregtheiten<br />
erledigen sich durch die Lektüre dieser Seiten.<br />
Breiten Raum widmet <strong>de</strong>r Autor <strong>de</strong>m Umgang<br />
<strong>de</strong>s Vatikan mit kommunistischen Regimen, angefangen<br />
mit <strong>de</strong>m Kalten Krieg über die ersten<br />
Kontakte unter Johannes XXIII., die Ostpolitik<br />
Pauls VI. und Kardinal Casarolis, vor allem aber<br />
<strong>de</strong>m Beitrag Johannes Pauls II. von seiner Polen-<br />
Reise 1979, über <strong>de</strong>n Zusammenbruch <strong>de</strong>s Ostblocks<br />
bis zum Einsatz für ein vereintes Europa,<br />
<strong>de</strong>ssen anvisierte Grenzen über die gegenwärtigen<br />
Umrisse <strong>de</strong>r Europäischen Union noch hinaus<br />
gehen.<br />
Überhaupt nimmt <strong>de</strong>r Wojtyla-Papst und seine<br />
Politik mehr als die Hälfte <strong>de</strong>s Buchs ein. Die<br />
Stichworte <strong>de</strong>s politischen Han<strong>de</strong>lns <strong>de</strong>r letzten<br />
25 Jahre kreisen, so die Analyse <strong>de</strong>s Vatikan-Korrespon<strong>de</strong>nten,<br />
immer um die gleichen Themen:<br />
Religionsfreiheit, Werteorientierung <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Gesetzgebung, Frie<strong>de</strong> zwischen ethnischen<br />
und religiösen Gruppen. Der Radius politischen<br />
Han<strong>de</strong>lns weitete sich dabei immer stärker aus.<br />
Der „global player“ katholische Kirche ist heute<br />
an vielen Fronten aktiv – und er verdankt sein Engagement<br />
und seine Autorität nach wie vor <strong>de</strong>m<br />
Kommunikator Johannes Paul II.<br />
Ludwig Ring-Eifel hat ein sauber recherchiertes<br />
und spannend zu lesen<strong>de</strong>s Buch verfasst. Über<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
die oft dürren Notizen in <strong>de</strong>r Tagespresse hinaus<br />
gibt es einen guten Einblick in vatikanische Politik<br />
und Diplomatie und hilft, die Handlungsweise<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Stuhls besser zu verstehen. Dass sie<br />
dabei nicht immer <strong>de</strong>n Konjunkturen <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Meinung genehm ist, weiß <strong>de</strong>r Autor. Sein<br />
Schlusssatz kann zu <strong>de</strong>nken geben: „Die Erfahrung<br />
<strong>de</strong>r Päpste <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts zeigt, dass<br />
die Kirche Konflikte mit <strong>de</strong>n Mächten und I<strong>de</strong>ologien<br />
am besten überlebt, wenn sie we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Sirenenklängen <strong>de</strong>s Zeitgeistes noch <strong>de</strong>r dunklen<br />
Anziehungskraft <strong>de</strong>s Fundamentalismus und <strong>de</strong>r<br />
selbst gewählten Isolation verfällt.“ (S. 296).<br />
Joachim Schmiedl<br />
Lutterbach, Hubertus<br />
BBoonniiffaattiiuuss<br />
Mit Axt und Evangelium. Eine<br />
Biographie in Briefen. – Freiburg u. a.: Verlag.<br />
Her<strong>de</strong>r. 2004. 334 S. m. 22 Abb. u. Ktn., € 19.90<br />
(ISBN 3-451-28509-6)<br />
Das Ungewöhnliche dieser Lebensbeschreibung<br />
geht bereits aus <strong>de</strong>m Untertitel hervor: Eine<br />
Biographie in Briefen. Aus <strong>de</strong>m Umfeld <strong>de</strong>s Bonifatius<br />
im 8. Jahrhun<strong>de</strong>rt sind 150 Briefe überliefert,<br />
teils von Bonifatius selbst o<strong>de</strong>r seinem<br />
Mitarbeiter, teils aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r seiner Briefpartner,<br />
vor allem <strong>de</strong>n römischen Päpsten. Diese zuletzt<br />
genannten Briefe bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Grundstock<br />
dieses Ban<strong>de</strong>s, in<strong>de</strong>m sie in einer sprachlich geschliffenen<br />
Übersetzung präsentiert wer<strong>de</strong>n. Was<br />
weitgehend fehlt, sind die <strong>de</strong>n Antworten vorausgehen<strong>de</strong>n<br />
Anfragen und die Antwortbriefe darauf<br />
von Seiten <strong>de</strong>s Bonifatius selbst. Um diese Lücken<br />
zu füllen, die Bin<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r herzustellen,<br />
geht Lutterbach einen ungewöhnlichen Weg: Um<br />
<strong>de</strong>n Alltag <strong>de</strong>s Missionars erlebbar zu machen<br />
und zugleich die Welt <strong>de</strong>s Frühmittelalters <strong>de</strong>m<br />
Leser vor Augen zu stellen, erschließt er die jeweils<br />
fehlen<strong>de</strong>n Bin<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r durch fiktive Brieftexte,<br />
die das heutige religions-, sozial- und kulturgeschichtliche<br />
Wissen über das Frühmittelalter<br />
in beeindrucken<strong>de</strong>r Weise reflektieren. Ergänzt<br />
wer<strong>de</strong>n die Texte durch zahlreiche Abbildungen<br />
und Karten, die <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Bonifatius<br />
zu <strong>de</strong>n weit verstreuten Wirkungsorten zusätzlich<br />
erlebbar machen.<br />
Voraus geht diesem Briefwechsel zwischen<br />
Bonifatius und <strong>de</strong>n Päpsten eine Einführung Bonifatius<br />
– Christlicher Brückenbauer und weitgereister<br />
Kommunikator, in <strong>de</strong>r auch auf die Art <strong>de</strong>r<br />
hier gewählten Darstellung Creative Writing kurz<br />
eingegangen wird, um ihr dann im Anhang nochmals<br />
einen eigenen Abschnitt zu widmen. Dieser<br />
Anhang bietet zu<strong>de</strong>m in einer Zeittafel die Lebensdaten<br />
<strong>de</strong>s Bonifatius, einen zusätzlichen Abschnitt<br />
Bonifatius – Ein bewegtes Leben in bewegungsloser<br />
Zeit? O<strong>de</strong>r: Zu Gesellschaft und Religion<br />
im Frühmittelalter, ein ausführliches Literatur-<br />
und Abbildungsverzeichnis und ein aufschlussreiches<br />
Register.<br />
Der Essener Professor für Christentum und<br />
Kulturgeschichte entwickelt einen in diesem geschlossenen<br />
Briefwechsel, drucktechnisch ge-<br />
schickt abgegrenzt zwischen Original- und imaginierten<br />
Anfragen bzw. Antworten, eine spannend<br />
zu lesen<strong>de</strong> Lebensbeschreibung, die sowohl<br />
ein lebendiges Bild <strong>de</strong>r frühmittelalterlichen Mission<br />
mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten<br />
bietet wie auch eine Bonifatius-Biographie vorlegt,<br />
die viele neue Einsichten in die Person und<br />
die Zeit dieses Missionars ermöglicht.<br />
Bernhard Merten<br />
Padberg, Lutz E. von<br />
BBoonniiffaattiiuuss<br />
Missionar und Reformer (C. H.<br />
Beck. Wissen; bsr 2319). – München: Verlag C. H.<br />
Beck. 2003. 128 S., 3 Karten, € 7.90 (ISBN 3-406-<br />
48019-5)<br />
Geschichte und Legen<strong>de</strong> ranken sich um das<br />
Leben einer <strong>de</strong>r großen Persönlichkeiten <strong>de</strong>s<br />
Frühmittelalters. Der angelsächsische Erzbischof<br />
Bonifatius war als Abgesandter <strong>de</strong>s Papstes in<br />
Germanien tätig, zunächst als Missionar, später<br />
als Kirchenreformer und Kirchenpolitiker im<br />
Reich <strong>de</strong>r Franken. 718 begann er seine Tätigkeit<br />
in Friesland. Im weiteren Verlauf seines missionarischen<br />
Wirkens in Hessen, Thüringen und<br />
Bayern grün<strong>de</strong>te er dort zahlreiche Klöster und<br />
widmete sich dabei zugleich im Auftrag <strong>de</strong>r<br />
Päpste seiner Zeit eingehend einer inneren Reform<br />
<strong>de</strong>r Kirche in seinen Missionsgebieten. Bonifatius<br />
hatte somit einen erheblichen Anteil daran,<br />
dass das Papsttum sich jetzt stärker nach <strong>de</strong>m<br />
Westen als <strong>de</strong>m Osten orientierte und auf diese<br />
Weise erheblichen Einfluss im Reich <strong>de</strong>r Karolinger<br />
erreichte.<br />
Padberg skizziert in seinem Buch dieses Leben<br />
<strong>de</strong>s Bonifatius von seiner Herkunft und Ausbildung<br />
über <strong>de</strong>n Verlauf seiner Karriere, die Lebenswen<strong>de</strong><br />
und <strong>de</strong>n Missionsalltag. Eingehend<br />
beleuchtet er die notwendige Kirchenreform und<br />
–politik <strong>de</strong>s Erzbischofs, seine Beziehungen zu<br />
<strong>de</strong>n Päpsten, zu Freun<strong>de</strong>n und Fein<strong>de</strong>n und<br />
schließlich seinen Tod am 5. Juni 754 im friesischen<br />
Dokkum. In zwei weiteren Kapiteln wird<br />
<strong>de</strong>r „Weg <strong>de</strong>r heiligen Gebeine“ beschrieben und<br />
eine abschließen<strong>de</strong> und zugleich zusammenfassend<br />
werten<strong>de</strong> Darstellung <strong>de</strong>r Persönlichkeit <strong>de</strong>s<br />
Bonifatius geboten. Ergänzt wer<strong>de</strong>n diese Ausführungen<br />
durch eine Zeittafel, eine kommentierte<br />
Auswahlbibliografie und ein Personenregister.<br />
Geschrieben von einem hervorragen<strong>de</strong>n Kenner<br />
<strong>de</strong>r Missionsgeschichte <strong>de</strong>s Mittelalters und<br />
<strong>de</strong>r Christianisierung Europas, bietet <strong>de</strong>r schmale<br />
Band einen kompakten Überblick nicht nur im Bezug<br />
auf die Persönlichkeit <strong>de</strong>s Bonifatius selbst,<br />
son<strong>de</strong>rn zugleich einen differenzierten Einblick in<br />
sein Wirken im Spannungsfeld weltlicher und<br />
kirchlicher Mächte seiner Zeit. Bernhard Merten<br />
Gunkel, Monika (Hg.)<br />
FFrraaggeenn aann GGootttt<br />
Ein Jugendgebetbuch. Mit einem<br />
Geleitwort v. Bischof Joachim Wanke. –
Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk / Düsseldorf:<br />
Verlag Haus Altenberg. 2004. 160 S., ill.,<br />
€ 8.90 (ISBN 3-460-28041-7 KBW / 3-7761-<br />
0123-7 Haus Altenberg)<br />
Ein kleines Buch voll von beten<strong>de</strong>m Fragen an<br />
Gott. Geschrieben von Jugendlichen für Jugendliche.<br />
In <strong>de</strong>r Sprache als auch in <strong>de</strong>m darin spürbaren<br />
existentiellen Suchen ist es daher höchst<br />
authentisch. „Und ich bin sicher, ihr wer<strong>de</strong>t eure<br />
Fragen darin wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n“ (6).<br />
In <strong>de</strong>n 12 Themenkapiteln (z. B. Lebenspläne,<br />
Liebe, Unikat Mensch, Tod o<strong>de</strong>r Leben, Gegenwart<br />
Gottes, Kirche und Glauben, Geheimnis<br />
Schöpfung) wer<strong>de</strong>n die vitalen Fragen <strong>de</strong>r Jugendlichen<br />
in eine aufschlussreiche Korrelation<br />
zu biblischen Texten geführt. Dabei zeigt sich<br />
immer wie<strong>de</strong>r, „dass schon die biblischen Schriftsteller<br />
vor Tausen<strong>de</strong>n von Jahren die gleichen<br />
Fragen an Gott hatten“ (ebd.).<br />
Bischof Wanke rät in seinem Geleitwort,<br />
dieses Büchlein zu einem festen Begleiter zu<br />
machen: „Es erinnert Dich an die Möglichkeit,<br />
ständig zu Gott hin auf Sendung zu gehen.<br />
Aber <strong>de</strong>nke daran: Gott will Dir auch antworten“<br />
(5).<br />
Das unverbogene Fragen (nebst Klage, Lob<br />
und Dank) <strong>de</strong>r jungen Leute steht in bester biblischer<br />
Tradition. Ihre teils erstaunlich reifen<br />
Gedanken über Gott und das Leben verbin<strong>de</strong>n<br />
sich hier zu einer recht anregen<strong>de</strong>n Neu-Lesung<br />
mancher biblischer Texte.<br />
Reiner Jungnitsch<br />
May, Christof<br />
PPiillggeerrnn –– MMeennsscchh-sseeiinn<br />
aauuff d<strong>de</strong>emm WWeegg<br />
(=Studien zur systematischen und spirituellen<br />
Theologie; Bd.41) – Würzburg: Echter-Verlag<br />
2004. IX, 304 S. € 30.00 (ISBN 3-429-02617-2).<br />
Die römische Dissertation (2003/2004) von<br />
Christof May stellt in ihrer spirituellen Untersuchung<br />
zum Pilgern Lebensentwürfe in Beziehung.<br />
Dabei untersucht May die Vergleichbarkeit<br />
und Nichtvergleichbarkeit unterschiedlichster<br />
menschlicher Grundmuster. Zwei Zeitebenen<br />
bil<strong>de</strong>n dabei <strong>de</strong>n Ausgangspunkt. Im<br />
ersten Teil wer<strong>de</strong>n ‚Menschen unterwegs‘ in<br />
<strong>de</strong>r Spätantike vorgeführt. May parallelisiert<br />
<strong>de</strong>n neutestamentlichen Jesus in seiner Gestalt<br />
als wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r, wun<strong>de</strong>rtätiger Rabbi und <strong>de</strong>n<br />
pythagoräischen Philosophen Apollonius von<br />
Tyana nach seiner von Philostratus verfassten<br />
Vita. Auch für <strong>de</strong>n spätantiken Pilger vergleicht<br />
May eine christliche und eine heidnische Gestalt.<br />
Die reiche römische Palästinapilgerin<br />
Egeria, die einen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Pilgerbericht<br />
verfasst hat, wird dabei <strong>de</strong>m mysthischen Asklepiospilger<br />
Aristi<strong>de</strong>s gegenübergestellt. In<br />
<strong>de</strong>n ausgewählten Fällen sucht <strong>de</strong>r Verf. vor allem<br />
nach <strong>de</strong>n Gemeinsamkeiten, die sich gera<strong>de</strong><br />
für die Wan<strong>de</strong>rtätigkeit Jesu und Apollonios‘<br />
zahlreich fin<strong>de</strong>n lassen. Auch bei Egeria<br />
und Aristi<strong>de</strong>s fin<strong>de</strong>n sich viele Parallelen. Den-<br />
noch kann man auch spezifisch Christliches<br />
feststellen. An<strong>de</strong>rs als Apollonios ist Jesus z.B.<br />
keineswegs an <strong>de</strong>r Propagation seiner Wun<strong>de</strong>r<br />
interessiert. Dennoch zeigt May dadurch ein religionsübergreifen<strong>de</strong>s<br />
wesentliches Moment<br />
<strong>de</strong>s spätantiken Lebensverständnisses, das auch<br />
die erste Ausbreitung <strong>de</strong>s Christentums prägt.<br />
Trotz <strong>de</strong>r Sesshaftwerdung bleibt <strong>de</strong>r mobile<br />
Glauben<strong>de</strong> – <strong>de</strong>r als Sinnsuchen<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m<br />
Weg ist – auch in <strong>de</strong>n Folgejahrhun<strong>de</strong>rten eine<br />
Existenzform <strong>de</strong>s Christentums in <strong>de</strong>r Pilgerschaft.<br />
Dass die Pilgerschaft im Christentum<br />
daneben eine Innere sein kann, präsentiert sich<br />
in <strong>de</strong>r weiteren Darstellung, die <strong>de</strong>n jüdischen<br />
Theologen Philo von Alexandria und die Christen<br />
Origines und Gregor von Nyssa in ihrer<br />
Deutung <strong>de</strong>s Weges zu Gott vergleicht. Auch<br />
wenn in <strong>de</strong>r menschlichen Möglichkeit, zu Gott<br />
zu gelangen, Unterschie<strong>de</strong> zu verzeichnen sind,<br />
ist das sich Gott Nähern ein bei allen vergleichbares<br />
Moment. Unter Beiseitelassung <strong>de</strong>r gesamten<br />
mittelalterlichen und frühneuzeitlichen<br />
Tradition springt <strong>de</strong>r Verfasser dann in die literarisch-philosopische<br />
Darstellung <strong>de</strong>r ersten<br />
Hälfte <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts, die sich<br />
in <strong>de</strong>n Hauptwerken von Samuel Beckett (Warten<br />
auf Godot) und Albert Camus (Mythos <strong>de</strong>s<br />
Sisyphos) manifestiert. Diesen nichtchristlichen<br />
Entwürfen <strong>de</strong>s nur um sich selbst kreisen<strong>de</strong>n<br />
mobilen bzw. immobilen Menschen stellt<br />
er die biographisch geprägte Darstellung Gabriel<br />
Marcels (homo viator) und die Biographien<br />
<strong>de</strong>s großen Konvertiten Charles <strong>de</strong> Foucauld<br />
und <strong>de</strong>r Simone Weil gegenüber, <strong>de</strong>ren<br />
Mobilität mit aktiver Sinnsuche gekoppelt ist.<br />
Von diesen bei<strong>de</strong>n historischen Ansätzen<br />
kommt <strong>de</strong>r Verfasser nun zur I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r Pilgerschaft<br />
in <strong>de</strong>r postmo<strong>de</strong>rnen Gegenwartsgesellschaft.<br />
Die von Mobilität geprägte Gesellschaft<br />
kann in <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Pilgerns, wie sie sich in <strong>de</strong>n<br />
spätantiken und mo<strong>de</strong>rnen Entwürfen spiegelt,<br />
von einer ziellosen Beschäftigung zu einer neuen<br />
Sinnstiftung gelangen. Wallfahrt bzw. Pilgerfahrt<br />
in <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne wird von May als Möglichkeit<br />
dargestellt, <strong>de</strong>m postmo<strong>de</strong>rnen Menschen in <strong>de</strong>r<br />
heutigen Zeit im pilgern<strong>de</strong>n Nachvollzug <strong>de</strong>s Lebenswegs<br />
eine Deutung <strong>de</strong>s eigenen Lebens zu<br />
liefern. Ausgehend von früheren Beispielen wird<br />
damit ein reiches Panorama zur spirituellen Lebens<strong>de</strong>utung<br />
in <strong>de</strong>r Wallfahrt geliefert.<br />
Matthias Th. Kloft<br />
Barth, Dieter /<br />
Schindler, Michael (Hg.)<br />
AAbbeenntteeuueerr PPiillggeerrnn<br />
Das PraxisHandBuch (Praxisreihe konkret). –<br />
Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk. 2003.<br />
122 S., € 14.90 (ISBN 3-460-32578-X)<br />
Barth, Dieter /<br />
Schindler, Michael (Hg.)<br />
AAbbeenntteeuueerr PPiillggeerrnn<br />
Der spirituelle Wegbegleiter. – Stuttgart: Verlag<br />
Katholisches Bibelwerk. 2004. 128 S., € 8.90<br />
(ISBN 3-460-32576-3)<br />
Auch Pilgern will gelernt sein. Das gilt keineswegs<br />
nur für die großen Pilgerfahrten nach Rom,<br />
ins Heilige Land o<strong>de</strong>r nach Santiago <strong>de</strong> Compostela,<br />
son<strong>de</strong>rn ebenso für die Wege zu kleineren<br />
o<strong>de</strong>r größeren Wallfahrtsorten innerhalb <strong>de</strong>r heimischen<br />
Grenzen. Es gilt auch nicht nur für große<br />
Pilgergruppen, son<strong>de</strong>rn ebenso für kleine Gruppierungen,<br />
ja auch für <strong>de</strong>n Einzelpilger.<br />
Das vorliegen<strong>de</strong> PraxisHandBuch ist aus <strong>de</strong>r<br />
Erfahrung und <strong>de</strong>m Wissen entstan<strong>de</strong>n, dass Pilgern<br />
eine Vor- und Nachbereitung benötigt, ein<br />
Wissen um die Planung vom Aufbruch bis zur<br />
Heimkehr. In erster Linie ist es sicher gedacht<br />
„für ehrenamtliche und hauptberufliche Menschen,<br />
die als Verantwortliche bereit sind, mit<br />
Pilgergruppen zu gehen, und sich im Vorfeld Gedanken<br />
machen, unter welchen Voraussetzungen<br />
sie sich zutrauen, eine Pilgertour in Angriff zu<br />
nehmen“. (S. 6)<br />
Nach einer Einstimmung zum Thema „Unterwegs<br />
sind wir alle“ <strong>de</strong>s Rottenburger Weihbischofs<br />
Thomas M. Renz, zeigt schon das „A-Z<br />
<strong>de</strong>s Pilgerns“ (S. 11) in Stichworten die ganze<br />
Breite <strong>de</strong>r Möglichkeiten, Schwierigkeiten, Erlebnisse,<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen auf, die <strong>de</strong>n Pilgerweg<br />
begleiten können. Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n dann die<br />
gefor<strong>de</strong>rten Tätigkeiten und Aufgaben von <strong>de</strong>r<br />
Vorbereitung über das Aufbrechen, das Unterwegssein,<br />
das Ankommen am Ziel bis zum Heimkommen<br />
und <strong>de</strong>m Ausweis <strong>de</strong>r Notwendigkeit<br />
einer Nachbereitung <strong>de</strong>r Pilgerreise, <strong>de</strong>r Nachlese,<br />
<strong>de</strong>r Dokumentation aufgeglie<strong>de</strong>rt.<br />
Sicher, vieles, was hier aufgeschrieben ist, gilt<br />
zunächst für größere Gruppenreisen, aber liest<br />
man genauer nach und <strong>de</strong>nkt dabei an eigene<br />
Wallfahrtserlebnisse in kleineren Gruppen o<strong>de</strong>r<br />
auch als Einzelpilger, wird man feststellen können,<br />
dass auch für diese Gruppierungen zahlreiche<br />
Hinweise beachtenswert sind. Man wünscht<br />
sich, dass gera<strong>de</strong> auch im Blick auf die Pilgerfahrten<br />
zum Weltjugendtag 2005 von vielen dieses<br />
Buch zur Vorbereitung zu Rate gezogen wird.<br />
Ergänzend zum PraxisHandBuch ist im handlichen<br />
Format für die Rock- o<strong>de</strong>r Hosentasche <strong>de</strong>r<br />
Spirituelle Wegbegleiter von <strong>de</strong>n gleichen Herausgebern<br />
erschienen, <strong>de</strong>r „dazu anregen möchte,<br />
die vielfältigen Erlebnisse und Erfahrungen<br />
<strong>de</strong>s Pilgerns als Abenteuer zu wagen und zu gestalten“<br />
(S. 7). Die Glie<strong>de</strong>rung entspricht <strong>de</strong>m<br />
Ablauf <strong>de</strong>r Pilgertour: Aufbrechen, Unterwegs,<br />
Ankommen und Heimkommen. Gedichte, Gebete,<br />
Segen, Litanei, Kurzgeschichten, Stichwortreflexionen<br />
wechseln einan<strong>de</strong>r ab und wer<strong>de</strong>n ergänzt<br />
mit Aphorismen, biblischen Quellentexten<br />
und Lie<strong>de</strong>rn. Dabei wer<strong>de</strong>n Klassiker ebenso herangezogen<br />
wie neue Texte, fin<strong>de</strong>n sich praktische<br />
Hinweise für die mögliche Verwendung <strong>de</strong>r<br />
Texte, auch unter Bezugnahme auf das Praxis-<br />
HandBuch. Kurz gesagt: Eine wertvolle und wichtige<br />
Ergänzung zu diesem, aber nicht nur dafür,<br />
son<strong>de</strong>rn für viele selbstständige Möglichkeiten<br />
einer Hinführung zu einer echten spirituellen Erfahrung.<br />
Bernhard Merten<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
47
LITERATUR & MEDIEN<br />
48<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Bauschke, Martin / Homolka,<br />
Walter / Müller, Rabeya<br />
GGeemmeeiinnssaamm vvoorr GGootttt<br />
Gebete aus Ju<strong>de</strong>ntum, Christentum und Islam. –<br />
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. 2004. 160 S.,<br />
€ 16.95 (ISBN 3-579-85543-7)<br />
Dieses Buch hebt sich auffallend ab von <strong>de</strong>n<br />
zahlreichen Werken zum Gebet und zum interreligiösen<br />
Dialog. Die Herausgeber sehen in <strong>de</strong>n<br />
vermehrten „trilateralen Begegnungen ... verstärkt<br />
die Sehnsucht, im Rahmen gemeinsamer<br />
gottesdienstlicher Feiern auch miteinan<strong>de</strong>r zu beten.<br />
Für <strong>de</strong>rlei Anlässe bietet das vorliegen<strong>de</strong> Gebetbuch<br />
... eine breite Auswahl von Texten“ (6).<br />
Zu <strong>de</strong>m „Nebeneinan<strong>de</strong>r-Beten“ soll auch das<br />
„Miteinan<strong>de</strong>r-Beten“ neuen Raum gewinnen.<br />
Dieses neuartige „abrahamitische Gebetbuch“<br />
schöpft aus <strong>de</strong>m reichen Gebetsschatz dreier Religionen<br />
und „lädt Ju<strong>de</strong>n, Christen und Muslime dazu<br />
ein, gemeinsame Erfahrungen mit ihrem gemeinsamen<br />
Gott zu machen“ (17). Wenn die drei abrahamitischen<br />
Traditionen schon bekennen, dass sie<br />
zum gleichen Gott beten, so sollen sie als „Freun<strong>de</strong><br />
Gottes“ erst recht immer wie<strong>de</strong>r neue Wege eine<br />
„spirituellen Gastfreundschaft“ (20) suchen.<br />
Die Texte sind in 12 Themenkreise geglie<strong>de</strong>rt:<br />
z. B. Lobpreis und Dank, Durch <strong>de</strong>n Tag und das<br />
Jahr, Schöpfung, Kin<strong>de</strong>r und Schule, Schuld und<br />
Vergebung, Frie<strong>de</strong>n und Versöhnung, Krankheit,<br />
Klage, Trauer, Tod u.a.m. Es sind durchgängig<br />
sehr ansprechen<strong>de</strong> Texte, die in ihrer Einfachheit<br />
und Tiefe von einla<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Weitherzigkeit geprägt<br />
sind. Wo auch immer nach <strong>de</strong>m Miteinan<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r Abrahams ernsthaft gesucht wird,<br />
dürfte dieses Buch viele Freun<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n.<br />
Reiner Jungnitsch<br />
Kürzinger, Reinhard /<br />
Sill, Bernhard<br />
DDaass ggrrooßßee BBuucchh<br />
d<strong>de</strong>err GGeebbeettee<br />
– München: Pattloch Verlag. 2003. 896 S., € 24.90<br />
(ISBN 3-629-01645-6)<br />
Mehr als 850 Gebete und Gebetsvariationen<br />
auf knapp 800 <strong>de</strong>r insgesamt 896 Seiten enthält<br />
<strong>de</strong>r von Bernhard Sill, Professor für Moraltheologie<br />
an <strong>de</strong>r Universität Eichstätt, und Reinhard<br />
Kürzinger, Domvikar in Eichstätt, herausgegebene<br />
Band Das große Buch <strong>de</strong>r Gebete. Es ist sicher,<br />
wie <strong>de</strong>r Verlag wirbt, „die größte, jemals in<br />
<strong>de</strong>utscher Sprache erschienene Sammlung von<br />
Gebeten“, die Texte aus <strong>de</strong>r christlichen Tradition<br />
<strong>de</strong>s Betens von <strong>de</strong>n Anfängen in <strong>de</strong>r Bibel bis<br />
in die unmittelbare Gegenwart hinein vereinigt.<br />
Geht man die Liste <strong>de</strong>r rund 200 Autorinnen und<br />
Autoren durch, fin<strong>de</strong>n wir neben <strong>de</strong>n Namen von<br />
Heiligen, Kirchenvätern, be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n evangelischen<br />
und katholischen Theologinnen und Theologen,<br />
Dichter und Denker, Schriftsteller und<br />
Künstler – Beterinnen und Beter aller Zeiten, aller<br />
Altersstufen und Stän<strong>de</strong> bis in die jüngere und<br />
jüngste Zeit hinein.<br />
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis o<strong>de</strong>r besser<br />
ein Durchblättern Seite für Seite <strong>de</strong>s Buches,<br />
bei <strong>de</strong>m man bestimmt immer wie<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n<br />
Texten <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite verweilen<br />
wird, zeigt die ganze Fülle dieser Gebete-Sammlung<br />
auf. Eingeleitet wird sie nach einem kurzen<br />
Vorwort <strong>de</strong>r Autoren mit Eine(r) kleine Gebetsschule<br />
von Bernhard Sill (nicht Still, S. 5), <strong>de</strong>r<br />
Grundsätzliches über das Beten, das Warum,<br />
Wann und Wie entnommen wer<strong>de</strong>n kann (S. 15-<br />
43). Unter <strong>de</strong>r darauf folgen<strong>de</strong>n Überschrift Wie<br />
die Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Himmel berührt (S. 45-122) sind allein<br />
48 Seiten (S. 75-122) <strong>de</strong>m Vater unser, <strong>de</strong>m<br />
Gebet <strong>de</strong>r Gebete, gewidmet. Auf eine Wie<strong>de</strong>rgabe<br />
in neun verschie<strong>de</strong>nen Sprachen von Aramäisch<br />
bis Chinesisch folgen „Vaterunser-Variationen“<br />
unterschiedlicher Herkunft und Aussagekraft,<br />
die ein breites Spektrum <strong>de</strong>r Möglichkeiten,<br />
dieses Gebet meditierend zu betrachten, aufzeigen<br />
und dazu anregen, dies auch selbst zu tun.<br />
Warum in <strong>de</strong>m „Polyglotten Reiseführer“, wie<br />
die Autoren die verschie<strong>de</strong>nen Sprachzitate <strong>de</strong>s<br />
einen Gebetes nennen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Text zumin<strong>de</strong>st<br />
in <strong>de</strong>n Begriffen „Schuld“ – „Schul<strong>de</strong>n“ und<br />
„Schuldiger“ – „Schuldner“ die durch <strong>de</strong>n liturgischen<br />
Gebrauch bekannte Fassung verlässt,<br />
müsste erläutert wer<strong>de</strong>n, zumal sie sich auf <strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Seiten nicht wie<strong>de</strong>rholen. Vom Leben<br />
ins Gebet (S. 123-660) ist <strong>de</strong>r umfangreichste<br />
Abschnitt überschrieben, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n eigenen Lebenslauf<br />
und die verschie<strong>de</strong>nen Lebensphasen, die Begegnung<br />
mit Gott, von Mensch zu Mensch, mit<br />
<strong>de</strong>r Zeit, mit Heiligen Stätten, mit Heiligen und<br />
Dichtern in die Gebetspraxis einbezieht. Vom Gebet<br />
ins Leben (S. 661-746) betrachtet betend die<br />
„Begegnung mit meiner Bestimmung und Berufung“<br />
und „mit meiner Verantwortung in Kirche<br />
und Welt“. Der letzte Teil Wie <strong>de</strong>r Himmel die Er<strong>de</strong><br />
berührt (S. 747-830) führt die Leserin, <strong>de</strong>n Leser<br />
zur Begegnung mit <strong>de</strong>n Engeln <strong>de</strong>s Lebens,<br />
mit Maria, mit <strong>de</strong>m Segen <strong>de</strong>s Himmels.<br />
Neben einem abschließen<strong>de</strong>n umfangreichen<br />
Quellenverzeichnis (S. 831-868), das zugleich<br />
ein umfassen<strong>de</strong>s, auf die einzelnen Abschnitte<br />
hin <strong>de</strong>tailliertes, weiterführen<strong>de</strong>s Literaturverzeichnis<br />
beinhaltet, enthält <strong>de</strong>r Band zwei Register:<br />
ein Verzeichnis <strong>de</strong>r Beterinnen und Beter,<br />
d. h. <strong>de</strong>r einzelnen bekannten und unbekannten<br />
Autorinnen und Autoren, und – vielleicht noch<br />
wichtiger – ein Verzeichnis <strong>de</strong>r Gebetsanfänge.<br />
Betrachtet man die Fülle <strong>de</strong>r hier zusammengetragenen,<br />
so unterschiedlichen Gebetstexte,<br />
stellt sich die Frage: Welchen Sinn hat ein solches<br />
Gebet-Buch? Wem ist es von praktischem<br />
Nutzen? Im Vorwort heißt es dazu: „Was die in<br />
diesem Band gesammelten Gebete sein wollen<br />
und wohl auch sein können, ist: Wegbegleiter<br />
und Wegbereiter unseres eigenen Betens zu sein.<br />
... Unsere Sache ist es, einen guten Gebrauch von<br />
Ihnen zu machen, sei es dadurch, dass wir sie<br />
«nach-beten», sei es dadurch, dass wir sie «weiterbeten»<br />
– immer jedoch mit ganzem Herzen.“ (S.<br />
13) In diesem Sinne ist die Sammlung nicht nur ein<br />
einzigartiges Kompendium <strong>de</strong>s Sprechens mit<br />
Gott, son<strong>de</strong>rn kann in ihrer Fülle ein unverzichtbarer<br />
Begleiter für Geistliche, Pastorale Mitarbeiter/innen<br />
und Religionslehrer/-innen wer<strong>de</strong>n. Aber<br />
ebenso ist sie eine ergiebige Quelle für alle, die<br />
nach alten und neuen Möglichkeiten suchen, um<br />
ihrem eigenen Beten neue Wege zu weisen, neue<br />
Impulse zu vermitteln. Bernhard Merten<br />
Leitschuh, Marcus C./<br />
Pfeiffer, Cornelia (Hg.)<br />
GGootttteess KKrraafftt iinn<br />
mmeeiinneemm LLeebbeenn<br />
Gebete – Gedanken – Erfahrungen. – Kevelaer:<br />
Verlag Butzon & Bercker. 2004. 143 S., € 12.90<br />
(ISBN 3-7666-0578-X)<br />
Krisen beeinflussen unser Leben: Glaubenskrisen,<br />
Lebenskrisen, Krisen im Umgang mit<br />
Mitmenschen, mit unserer Umwelt. Ausgehend<br />
von einer Veranstaltung <strong>de</strong>s 1. ökumenischen<br />
Kirchentages 2003 in Berlin „Was ist dann –<br />
wenn es an<strong>de</strong>rs kommt, als man <strong>de</strong>nkt?“ haben<br />
die Herausgeber Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft, Alters und Glaubensrichtung gebeten,<br />
ihre „Erfahrungen [aus Krisenzeiten] nie<strong>de</strong>rzuschreiben<br />
und an<strong>de</strong>re an ihren Krisen und Hoffnungen,<br />
ihrem Erfahren von Schwäche und Kraft<br />
Anteil nehmen zu lassen“. (S. 7)<br />
Es ist ein zugleich bedrücken<strong>de</strong>s und auch beglücken<strong>de</strong>s<br />
Buch entstan<strong>de</strong>n: Bedrückend, weil<br />
es die ganz persönlichen Nöte einzelner Mitmenschen<br />
spüren lässt, die unauflösbar, unüberbrückbar<br />
oft erscheinen, beglückend, wenn sich doch<br />
ein Aus-Weg zeigt, ein ganz an<strong>de</strong>res Ergebnis etwa<br />
eines Gebets, eines Gebetssturmes, wie es z.B.<br />
<strong>de</strong>r Text „Warten auf ein Wun<strong>de</strong>r“ von Klaus<br />
Rösler (S. 14ff.) o<strong>de</strong>r Gerd Tubachs Bericht „Ich<br />
konnte (wie<strong>de</strong>r) leben (S. 78ff.) zeigen. Es lässt<br />
aufhorchen, wenn Menschen berichten über Erfahrungen,<br />
die ihre Lebenspläne einschnei<strong>de</strong>nd<br />
durchkreuzten, und darüber, wie sie aus <strong>de</strong>m<br />
Glauben heraus wie<strong>de</strong>r neuen Mut gefasst haben.<br />
Zu <strong>de</strong>n Autoren gehören Bischof Josef Algermissen,<br />
Frère Roger, Schw. Lea Ackermann,<br />
Anette Schavan, Werner Schaube, Paul Weismantel,<br />
Willi Stiel, Cornelia Pfeiffer und Marcus C.<br />
Leitschuh selbst, um nur einige zu nennen. Ergänzt<br />
wer<strong>de</strong>n die Texte durch Gebete, Bibelzitate und<br />
Spruchweisheiten. So vermittelt die Gesamtheit<br />
<strong>de</strong>r Texte Hoffnung und Zuversicht, gibt Kraft<br />
zum Leben und Glauben auch in schwierigen persönlichen<br />
Zeiten. Ein Buch, das sich als Geschenk<br />
ebenso eignet wie dazu, dass es bereit liegt, damit<br />
man selbst immer wie<strong>de</strong>r bei gegebenem Anlass<br />
danach greifen kann. Bernhard Merten<br />
Griemens, Bruno<br />
GGootttt44yyoouu<br />
Gebete für Jugendliche. – Kevelaer:<br />
Verlag Butzon & Bercker. 2004. 128 S.,<br />
€ 8.00 (ISBN 3-7-666-0556-9)<br />
Das kleine Buch präsentiert eine Vielzahl von Gebeten<br />
aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Autors, die „<strong>de</strong>m ernsthaft<br />
Fragen<strong>de</strong>n und Suchen<strong>de</strong>n eine Hilfe“ sein wollen<br />
zum „Einschwingen auf Gott und die Welt“ (6). In
<strong>de</strong>m breitgefächerten Themenspektrum <strong>de</strong>r Texte<br />
soll spürbar wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r christliche Glaube<br />
„eine lohnenswerte Alternative zu einem oberflächlichen<br />
Lebensstil und ein kritisches Korrektiv<br />
zu <strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m schnelllebigen Sinnmarkt feilgebotenen<br />
Lebensmustern ist“ (ebd.).<br />
Der Autor vermittelt in redlicher Weise, dass<br />
Beten ein Stück Arbeit be<strong>de</strong>utet und keine Patentrezepte<br />
bietet, aber <strong>de</strong>nnoch zu einer bewussteren<br />
Lebensweise führt. Es stellt in Frage, tröstet und<br />
ermutigt, es „bringt ins rechte Lot, was durcheinan<strong>de</strong>r<br />
geraten ist, und vor allem: es gibt Halt“ (7).<br />
„Wenn ich bete, dann trete ich ... mit meiner ganzen<br />
Person vor dich hin und antworte auf <strong>de</strong>inen<br />
leisen, aber unwi<strong>de</strong>rstehlichen Ruf“ (98).<br />
Gera<strong>de</strong> für junge Leute mag es eine Inspiration<br />
sein, durch dieses Vor-Beten zu eigenen Gebeten<br />
zu fin<strong>de</strong>n, da hier die existentielle Dimension<br />
<strong>de</strong>s Glaubens anregend zum Tragen kommt<br />
und <strong>de</strong>m Leser vielerlei „Einschwingungen“ möglich<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n. Reiner Jungnitsch<br />
Josef, Pieper<br />
ÜÜbbeerr ddiiee TTuuggeennd<strong>de</strong>enn<br />
Klugheit – Gerechtigkeit – Tapferkeit<br />
– Maß. Mit einem Vorwort von Johannes<br />
Rau. – München: Kösel-Verlag. 2004. 255 S.,<br />
€ 19.95 (ISBN 3-466-40172-9)<br />
„Die Probleme unserer heutigen Zeit rühren<br />
nicht so sehr daher, daß wir noch zu wenig wissen,<br />
son<strong>de</strong>rn grün<strong>de</strong>n darin, daß wir das, was wir<br />
schon einmal wußten wie<strong>de</strong>r vergessen haben.“<br />
An diese Worte von Robert Spaemann fühlt man<br />
sich bei <strong>de</strong>r Lektüre <strong>de</strong>s schon 1934 zum ersten<br />
Mal unter <strong>de</strong>m Titel „Das Viergespann – Klugheit,<br />
Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß“ erschienenen<br />
Buches von Josef Pieper erinnert. Ich muss<br />
gestehen, dass schon seit wenigstens zwei Jahrzehnten<br />
diese alte Ausgabe ungelesen in meinem<br />
Bücherschrank steht. Es ist eine Edition aus <strong>de</strong>n<br />
50er Jahren. Der Druck, mit seiner Lektüre immer<br />
auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Zeit zu bleiben, hat jeweils<br />
verhin<strong>de</strong>rt nach diesem Buch zu greifen. Auch<br />
das Thema Tugend reizte mich in <strong>de</strong>n 70er und<br />
80er Jahren nicht zum Griff ins Bücherregal. Das<br />
unangefor<strong>de</strong>rte Rezensionsexemplar schließlich<br />
bewirkte, was zwei Jahrzehnte versäumt wur<strong>de</strong>.<br />
Mein erster Eindruck: Man liest und <strong>de</strong>nkt, genau<br />
so ist es. Alles erscheint so einsichtig und von einer<br />
so überzeugen<strong>de</strong>n Richtigkeit, dass man über<br />
sich und <strong>de</strong>n Zeitgeist <strong>de</strong>r 60er und 70er Jahre<br />
wütend wird. Dieser Zeitgeist, <strong>de</strong>r nicht nur meiner<br />
Generation noch in <strong>de</strong>n Knochen steckt, hatte<br />
<strong>de</strong>n Griff damals ins Bücherregal verhin<strong>de</strong>rt. Piepers<br />
Sprache ist einfach, „ausgeruht“, wie Hans<br />
Maier einmal schrieb, schnörkellos, <strong>de</strong>ckungsgleich<br />
mit <strong>de</strong>n Sachverhalten. Das Handicap eigentlich<br />
über „nichts Neues“ zu schreiben, angesichts<br />
einer fast 3000 jährigen Geistesgeschichte<br />
<strong>de</strong>s Abendlan<strong>de</strong>s und zu allem Überfluss<br />
schon vor 70 Jahren bis aufs Komma sogar<br />
dasselbe geschrieben zu haben, tut <strong>de</strong>m Werk<br />
Piepers keinen Abbruch. Diese zeitlose Gültigkeit,<br />
unüberholbar Richtiges gesagt zu haben, ist<br />
das Merkmal eines Klassikers. Das Werk Piepers<br />
hebt sich wohltuend ab von allem krampfhaft<br />
Neuen, von eigentlich Nichtssagen<strong>de</strong>m,<br />
belletristisch mit Wortgeklingel Aufgepepptem<br />
o<strong>de</strong>r bisweilen manieristisch Verfrem<strong>de</strong>ten, das<br />
<strong>de</strong>n Leser mehr unterhalten o<strong>de</strong>r zweifelhaft bil<strong>de</strong>n<br />
soll. Pieper dagegen will schlicht informieren,<br />
über das Gute und Wahre bil<strong>de</strong>n, angesichts<br />
<strong>de</strong>r postmo<strong>de</strong>rnen Auflösung dieser Begriffe ein<br />
dringen<strong>de</strong>s Erfor<strong>de</strong>rnis.<br />
Eine Kostprobe über die Klugheit: „Zwar ist<br />
die Klugheit das Maß <strong>de</strong>s Wollens und Wirkens;<br />
aber das Maß <strong>de</strong>r Klugheit wie<strong>de</strong>rum ist die ipsa<br />
res, ‚die Sache selbst’, die objektive Seinswirklichkeit.<br />
Und also be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>r Vorrang <strong>de</strong>r Klugheit<br />
zuerst zwar die Ausrichtung <strong>de</strong>s Wollens und<br />
Wirkens an <strong>de</strong>r Wahrheit; zuletzt aber meint er<br />
die Ausrichtung <strong>de</strong>s Wollens und Wirkens an <strong>de</strong>r<br />
objektiven Wirklichkeit. Das Gute ist zuvor<br />
klug; klug aber ist, was <strong>de</strong>r Wirklichkeit gemäß.“<br />
(S. 23) Um noch einmal Spaemann zu zitieren:<br />
Pieper will <strong>de</strong>n gesun<strong>de</strong>n Glauben <strong>de</strong>r<br />
„Gemüsefrau auf <strong>de</strong>m Markt“ in die Wirklichkeit<br />
stärken: „Philosophie hat im Grun<strong>de</strong> nichts<br />
an<strong>de</strong>res zu tun, als das, was die Gemüsefrau<br />
schon immer wußte, in Schutz zu nehmen gegen<br />
<strong>de</strong>n fortgesetzten Versuch einer gigantischen<br />
Sophistik, es ihr auszure<strong>de</strong>n.“. Piepers Denken<br />
ist ein gutes Stück „Philosophie <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n<br />
Menschenverstan<strong>de</strong>s“. Wir dürfen hoffen, dass<br />
gesun<strong>de</strong>r Menschenverstand (wie<strong>de</strong>r) Konjunktur<br />
haben wird. Das anerkennen<strong>de</strong> Vorwort <strong>de</strong>s<br />
letzten Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten markiert das Werk<br />
Piepers als solchen. Pieper ist im Laufe seines<br />
langen Lebens von tausen<strong>de</strong>n von angehen<strong>de</strong>n<br />
Lehrern und Lehrerinnen mit Gewinn gehört<br />
und gelesen wor<strong>de</strong>n. Pieper hatte eine Reife <strong>de</strong>s<br />
Lebens vermittelt, wie vergleichbar im letzten<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt nur noch Romano Guardini.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass auch die heranwachsen<strong>de</strong><br />
Pädagogengeneration wie<strong>de</strong>r im<br />
Geiste Piepers gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n wird. Neben soli<strong>de</strong>m<br />
fachdidaktischen Handwerk, kann es<br />
nicht scha<strong>de</strong>n, wenn auch wie<strong>de</strong>r ein Geist vermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n könnte, <strong>de</strong>r dieses Handwerkszeug<br />
auch gewinnbringend zu führen lehrt. Eine<br />
Generation, die im Geiste Piepers gebil<strong>de</strong>t wird<br />
o<strong>de</strong>r noch besser in seinem Geist erzogen wird,<br />
braucht kein eigenes Fach für Benehmen, wie es<br />
im Saarland o<strong>de</strong>r Bremen gefor<strong>de</strong>rt wird. Das<br />
70 Jahre alte Buch, das im barbarischen Jahrzwölft<br />
<strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts geschrieben<br />
wor<strong>de</strong>n ist, atmet nichts aus dieser Zeit und<br />
auch keiner an<strong>de</strong>ren, son<strong>de</strong>rn einen Hauch von<br />
Ewigkeit. Deshalb kann man es heute wie damals<br />
und immer lesen, eben ein Klassiker.<br />
Helmut Müller<br />
Bürgermeister, Konrad /<br />
Stinglhammer, Manuel<br />
WWeennnn……,, ddaannnn GGootttt!!<br />
Neue Anregungen zu Gebet und Besinnung mit<br />
Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen in Schule und Gemein<strong>de</strong>.<br />
– Winzer: Verlag Josef Duschl. 2004. 102 S.<br />
€ 10.00 (ISBN 3-937438-12-2)<br />
Wenn man dieses Buch zum ersten Mal in die<br />
Hand nimmt und durchblättert, entsteht schon <strong>de</strong>r<br />
Eindruck, dass es sich hier um ein etwas ungewöhnliches<br />
Gebetbuch han<strong>de</strong>lt. Das Buch möchte,<br />
wie die Autoren, Konrad Bürgermeister, Schulreferent<br />
<strong>de</strong>r Diözese Passau, und Manuel Stinglhammer,<br />
Religionslehrer an <strong>de</strong>r Hauptschule und<br />
Gemein<strong>de</strong>referent in Burghausen, schreiben, dazu<br />
beitragen, etwas von <strong>de</strong>r ursprünglichen, kraftvollen<br />
und verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Wirkung <strong>de</strong>s Betens in<br />
Schülerherzen überspringen zu lassen. Dem Gedanken<br />
Augustinus folgend „Gott hat sein Ohr an<br />
<strong>de</strong>inem Herzen“, wer<strong>de</strong>n Schülersituationen, -probleme,<br />
-fragen und -sorgen, ihre Nöte und Freu<strong>de</strong>n,<br />
eben das Leben junger Menschen aufgegriffen<br />
und in einer für Jugendliche ansprechen<strong>de</strong>n<br />
Weise Anleitung gegeben, dies alles vor Gott zu<br />
tragen. Die hier vorgestellten Gebetsanleitungen<br />
eignen sich für das Beten mit Jugendlichen in gemeindlicher<br />
Arbeit aber auch für die Hinführung<br />
zum Beten in <strong>de</strong>r Schule. Die jeweiligen Anleitungen<br />
sind ansprechend gestaltet und beziehen<br />
sich auch auf Bibeltexte, Grundgebete, Glaubensleben<br />
und Bildbetrachtungen. Das Buch<br />
kann Pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
aber auch Religionslehrerinnen und -lehrern<br />
vielfältige Anregungen geben und <strong>de</strong>n Mut för<strong>de</strong>rn,<br />
Beten auch im Religionsunterricht mit Jugendlichen<br />
zu versuchen. Katharina Sauer<br />
GGeebbeettee ffüürr d<strong>de</strong>enn TTaagg,,<br />
ffüürr ddaass JJaahhrr,, ffüürr<br />
ddaass LLeebbeenn<br />
Zusammenstellung: Annegret Kockschal. – Leipzig:<br />
St. Benno Verlag. 2004. 96 S., € 5,00 (ISBN 3-<br />
7462-1684-2)<br />
Ein handliches Gebetbuch im Taschenbuchformat<br />
wird hier vorgelegt, das die Leserin, <strong>de</strong>n Leser<br />
durch <strong>de</strong>n Tag, durch das Jahr, durch das ganze<br />
Leben begleiten soll. So sind neben <strong>de</strong>n bekannten<br />
christlichen Grundgebeten zahlreiche Gebetstexte<br />
aus biblischer und kirchlicher Tradition<br />
in <strong>de</strong>r Sammlung vereinigt: Bekannte und unbekannte<br />
Texte für viele Alltags- und Lebenssituationen<br />
im Miteinan<strong>de</strong>r, in schweren Zeiten, am<br />
Abend <strong>de</strong>s Lebens. Beson<strong>de</strong>rs die weniger bekannten<br />
Gebete la<strong>de</strong>n nicht nur zum Lesen o<strong>de</strong>r<br />
Nachsprechen, son<strong>de</strong>rn direkt zum Nach<strong>de</strong>nken,<br />
zum Meditieren ein. Gera<strong>de</strong> die Abschnitte „Im<br />
Lebenskreis“ bieten dazu in ihrer Vielfältigkeit<br />
<strong>de</strong>r Einbeziehung von Alltagsfragen und -problemen<br />
eine echte Hilfe für diejenigen Leser/-innen,<br />
die meinen, aus ihrer Situation heraus nicht mehr<br />
beten zu können. Ein kleines Gebetbuch für viele<br />
Gelegenheiten. Bernhard Merten<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
49
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
50<br />
Zur Person<br />
Johann Wofgang Goethe-Universität<br />
Nach dreieinhalbjähriger Vakanz<br />
hat <strong>de</strong>r Fachbereich Katholische Theologie<br />
an <strong>de</strong>r Johann Wolfgang Goethe-<br />
Universität Frankfurt am Main wie<strong>de</strong>r<br />
einen Kirchenhistoriker.<br />
Am 1. April 2004 trat Professor Dr.<br />
Claus Arnold (geb. 1966), bisher Privatdozent<br />
für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte<br />
an <strong>de</strong>r Katholisch-Theologischen<br />
Fakultät <strong>de</strong>r Westfälischen<br />
Wilhelms-Universität Münster, seine<br />
Professur in Frankfurt an. Für <strong>de</strong>n Neuberufenen<br />
ist die Johann Wolfgang<br />
Goethe-Universität kein frem<strong>de</strong>s Pflaster.<br />
Nach <strong>de</strong>m Theologiestudium in Tübingen<br />
und Oxford, das er 1992 mit<br />
<strong>de</strong>m Diplom in Tübingen abschloss,<br />
war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
und, nach <strong>de</strong>r theologischen Promotion<br />
an <strong>de</strong>r Philosophisch-Theologischen<br />
Hochschule St. Georgen in<br />
Frankfurt am Main En<strong>de</strong> 1997, als<br />
Hochschulassistent in Frankfurt tätig<br />
und wirkte an <strong>de</strong>n Forschungsprojekten<br />
von Professor Dr. Hubert Wolf mit.<br />
Im Oktober 2000 ging Arnold mit Wolf<br />
nach Münster, wo er sich Anfang 2003<br />
habilitierte.<br />
Die Forschungsschwerpunkte Arnolds<br />
liegen bei <strong>de</strong>r sog. Mo<strong>de</strong>rnismuskrise<br />
in <strong>de</strong>r katholischen Kirche (1893-<br />
1914) und <strong>de</strong>r Wissenschaftsgeschichte<br />
<strong>de</strong>r katholischen Theologie im 20.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt. Die Grenzen <strong>de</strong>r Uniformierung<br />
theologischen Wissens in <strong>de</strong>r<br />
katholischen Konfessionalisierung <strong>de</strong>s<br />
16. Jahrhun<strong>de</strong>rts erkun<strong>de</strong>te Arnold in<br />
seiner Habilitationsschrift über die<br />
posthume Zensur <strong>de</strong>r Kardinäle Cajetan<br />
und Contarini. Aktuell beschäftigt<br />
ihn die Entstehungsgeschichte <strong>de</strong>r zentralen<br />
antimo<strong>de</strong>rnistischen Dokumente<br />
<strong>de</strong>r römischen Kurie aus <strong>de</strong>m Jahr<br />
1907, die eng mit <strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>s französischen<br />
Exegeten Alfred Loisy verknüpft<br />
sind. An all diesen Themen reizen<br />
ihn die Verknüpfung <strong>de</strong>r „großen“<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Theologiegeschichte mit konkreten institutionellen<br />
und biographischen Konfliktlagen.<br />
Der Neuberufene freut sich darauf,<br />
in <strong>de</strong>r Lehre die ganze Breite <strong>de</strong>s Faches<br />
Kirchengeschichte zu vertreten<br />
und dadurch auch wie<strong>de</strong>r an die altkirchlich-patristischen<br />
Interessen seiner<br />
Studienzeit anknüpfen zu können.<br />
BM<br />
Im November 2004 wur<strong>de</strong> PPrrooffeess-ssoorr<br />
DDrr.. WWoollffggaanngg GGaannttkkee (geb. 1951)<br />
auf die Professur für Religionswissenschaft<br />
und Religionstheologie an <strong>de</strong>r<br />
Johann Wolfgang Goethe-Universität<br />
Frankfurt am Main berufen.<br />
Nach neunjähriger Tätigkeit als<br />
Reisebürokaufmann in Trier und <strong>de</strong>r<br />
Erlangung <strong>de</strong>s Abiturs (1977) auf <strong>de</strong>m<br />
zweiten Bildungsweg (Ketteler-Kolleg,<br />
Mainz), studierte er in Bonn Vergleichen<strong>de</strong><br />
Religionswissenschaft, Philosophie,<br />
Systematische Theologie und<br />
Indologie. 1983 Magisterabschluss, anschließend<br />
Promotionsstudium, das er<br />
1986 mit <strong>de</strong>r Doktorarbeit: „Die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s hermeneutischen Ansatzes<br />
Otto Friedrich Bollnows für die Religionswissenschaft“<br />
(Betreuung: Prof. Dr.<br />
Klimkeit) abschloss. Weitere Tätigkeiten:<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Philosophischen Seminar B <strong>de</strong>r RheinischenFriedrich-Wilhelms-Universität<br />
Bonn, seit 1989 dort auch mit einem<br />
Lehrauftrag. 1992-1994 Habilitationsstipendium<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
abgeschlossen mit <strong>de</strong>r<br />
Habilitationsarbeit „Der umstrittene<br />
Begriff <strong>de</strong>s Heiligen. Eine problemorientierte<br />
religionswissenschaftliche Untersuchung“<br />
(Betreuung: Prof. Dr. Klimkeit).<br />
Es folgten Tätigkeiten als Privatdozent<br />
an <strong>de</strong>r Universität Bonn (1994-<br />
1999), Forschungsstipendium <strong>de</strong>r Görres-Gesellschaft<br />
(1996-1998), Lehraufträge<br />
für Religionswissenschaft an<br />
Prof. Dr. Wolfgang Gantke © privat<br />
<strong>de</strong>r Universität Siegen (1996-1999;<br />
2001-2003), apl. Professor an <strong>de</strong>r Universität<br />
Bonn (1999-2001) mit Lehrstuhlvertretungen<br />
in Bonn (1999; 2000),<br />
an <strong>de</strong>r Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München (Guardini Lehrstuhl für<br />
christliche Weltanschauung, Kultur<br />
und Religionstheorie WS 2001/2002)<br />
und an <strong>de</strong>r Johann Wolfgang Goethe-<br />
Universität Frankfurt am Main (2003/<br />
2004).<br />
Zu seinen Arbeitsschwerpunkten<br />
zählen: Die Diskussion um das Heilige;<br />
Methodik <strong>de</strong>r Religionswissenschaft<br />
(„Problemorientierte Religionsphänomenologie“);<br />
Interkulturelle Hermeneutik;<br />
Asiatische Geistigkeit; Neu-<br />
Hinduismus; Neue Religiöse Bewegungen;<br />
Fundamentalismus; Anthropologie,<br />
Ethik.<br />
Professor Gantke ist verheiratet und<br />
Vater eines Kin<strong>de</strong>s.<br />
BM
Tag <strong>de</strong>r Religionspädagogik 2005 stellt sich erstmals zur Wahl<br />
Religionslehrer/-innen sind aufgerufen,<br />
das Thema <strong>de</strong>s Tages <strong>de</strong>r Religionspädagogik<br />
am 13.09.2005 zu<br />
wählen.<br />
LIMBURG – Warum nicht einmal<br />
das Thema <strong>de</strong>s Tages <strong>de</strong>r Religionspädagogik<br />
über eine Abstimmung unter<br />
Religionslehrerinnen und Religionslehrern<br />
ermitteln? Das klingt ungewöhnlich.<br />
Aber schließlich soll das<br />
große religionspädagogische Familientreffen,<br />
das regelmäßig an einem<br />
Dienstag im Rahmen <strong>de</strong>r jährlich in<br />
<strong>Limburg</strong> gefeierten Kreuzwoche stattfin<strong>de</strong>t,<br />
möglichst viele Religionslehrerinnen<br />
und Religionslehrer ansprechen<br />
und reizen, nach <strong>Limburg</strong> zu<br />
kommen. Es sollte neben inhaltlichen<br />
Anregungen einen echten Praxisnutzen<br />
für Religionspädagogen besitzen.<br />
Woche für das Leben 2005<br />
„Mit Kin<strong>de</strong>rn – ein neuer Aufbruch“<br />
so lautet das Motto <strong>de</strong>r Woche<br />
für das Leben 2005, die in <strong>de</strong>r Zeit vom<br />
9. bis 16. April 2005 stattfin<strong>de</strong>n wird.<br />
Die bun<strong>de</strong>sweite Eröffnung wird<br />
am 9. April 2005 in Kassel stattfin<strong>de</strong>n.<br />
Im Anschluss an <strong>de</strong>n ökumenischen<br />
Gottesdienst mit <strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal<br />
Lehmann, und <strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland, Bischof Huber, fin<strong>de</strong>n ein<br />
Kin<strong>de</strong>rfest und ein Gesprächsforum statt.<br />
Und was liegt da näher, als eine Befragung.<br />
Traditionell wur<strong>de</strong> das Tagungsthema<br />
vom Dezernat Schule und Hochschule<br />
bislang vorgegeben. Warum es<br />
aber nicht mal an<strong>de</strong>rs herum probieren<br />
und die Teilnehmer/-innen nach ihren<br />
Fortbildungswünschen fragen!?<br />
Das Team <strong>de</strong>s Dezernates Schule<br />
und Hochschule hat also die Köpfe zusammengesteckt<br />
und nach lebhafter<br />
Diskussion drei Themen lokalisiert<br />
und umschrieben, die uns aktuell und<br />
für die zukünftige religionspädagogische<br />
Praxis relevant erscheinen.<br />
Folgen<strong>de</strong> Themen stehen ab sofort<br />
zur Auswahl und zur Abstimmung:<br />
1. „Religion – mehr als Privatsache.“<br />
Wie viel Religion verträgt Europa?<br />
Im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong><br />
erarbeitet eine<br />
<strong>de</strong>zernatsübergreifen<strong>de</strong><br />
Arbeitsgruppe<br />
<strong>de</strong>rzeit I<strong>de</strong>en und Mo<strong>de</strong>lle zur Umsetzung<br />
<strong>de</strong>s Themas <strong>de</strong>r Woche für das<br />
Leben 2005 auf <strong>Bistum</strong>s- und Gemein<strong>de</strong>ebene.<br />
Wie in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren<br />
wer<strong>de</strong>n zur Vorbereitung und Ankündigung<br />
<strong>de</strong>r Woche für das Leben eine<br />
Informationsbroschüre, ein Themenheft,<br />
Motivplakate und Ankündigungsplakate<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
2. „Welcher Jesus für das 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt?“<br />
Jesusbil<strong>de</strong>r im exegetischen Belastungstest<br />
3. „Standards für religiöse Bildung?“<br />
Bildungsstandards im Religionsunterricht<br />
Bis zum 1. April 2005 kann über<br />
das Tagungsthema votiert wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
Live-Auswertung zeigt an, welches<br />
Thema vorne liegt.<br />
Stimmen Sie im Internet online ab<br />
unter: www.ifrr.<strong>de</strong>/vote/vote.php o<strong>de</strong>r<br />
schreiben Sie uns ihr Favoritenthema!<br />
Weitere Infos:<br />
MMaarrttiinn WW.. RRaammbb<br />
Fon (06431) 295-434,<br />
E-Mail: m.ramb@<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Alle Materialien können bei <strong>de</strong>r Abteilung<br />
Familie im Dezernat Kirche und<br />
Gesellschaft, Rossmarkt 12, 65549 <strong>Limburg</strong>,<br />
Telefon (0 64 31) 2 95-3 37,<br />
E-Mail: s.poertner@bistum limburg.<strong>de</strong>,<br />
bestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Allgemeine Informationen sind auf <strong>de</strong>r Internetseite<br />
<strong>de</strong>r Woche für das Leben unter<br />
www.woche-fuer-das-leben.<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
51
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
52<br />
Zum Thema „Berufliche Bildung<br />
mit religiöser Kompetenz“ kamen am<br />
18. November 2004 nahezu 400 Religionslehrerinnen<br />
und Religionslehrer, Verantwortliche,<br />
Vertreterinnen und Vertreter<br />
von Handwerk, Kirche und Wissenschaft<br />
aus <strong>de</strong>m ganzen Bun<strong>de</strong>sgebiet<br />
zusammen. Sie folgten <strong>de</strong>r Einladung<br />
<strong>de</strong>s von Albert Biesinger und Joachim<br />
Schmidt geleiteten Tübinger Instituts<br />
für berufsorientierte Religionspädagogik<br />
in die neuen Räume <strong>de</strong>r Philosophisch-Theologischen<br />
Hochschule<br />
Sankt Georgen in Frankfurt am Main.<br />
Hessen und Süd<strong>de</strong>utschland waren beson<strong>de</strong>rs<br />
stark vertreten, doch auch viele<br />
Lehrerinnen und Lehrer aus an<strong>de</strong>ren<br />
Regionen machten die Situation <strong>de</strong>s<br />
Religionsunterrichts in ihren Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn,<br />
auch <strong>de</strong>r östlichen, präsent.<br />
Zwischen Kompetenz und<br />
Verwertbarkeit<br />
Die drei Hauptvorträge <strong>de</strong>s Vormittags<br />
markierten die Positionen von Ausbil<strong>de</strong>rn,<br />
Staat und Kirche zum Religionsunterricht<br />
im Rahmen beruflicher<br />
Bildung. Für das Handwerk sprach Manfred<br />
Leo Müller, Augenoptikermeister<br />
und Hörgeräteakustikermeister sowie<br />
Mitglied im Präsidium <strong>de</strong>s Zentralverbands<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Handwerkskammer,<br />
zum Spannungsfeld beruflicher<br />
Qualifikation „zwischen Kompetenz und<br />
Verwertbarkeit“. Er versteht das Handwerk<br />
als „Wirtschaftsgruppe“, aber auch<br />
als „Gesellschaftsgruppe“ und stellte<br />
die Wichtigkeit <strong>de</strong>s Religionsunterrichts<br />
als Ort <strong>de</strong>r Vermittlung von Werten<br />
heraus, auch als Forum für Sinnund<br />
praktische Lebensfragen. „Mit<br />
Bauch, Herz und Hirn“ sollten junge<br />
Frauen und Männer ins Berufsleben<br />
einsteigen können, und dafür bleibt<br />
Fachkompetenz eine notwendige, nicht<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Berufliche Bildung mit religiöser Kompetenz –<br />
Religionspädagogischer Kongress am 18. November 2004 in <strong>de</strong>r Philosophisch-Theologischen<br />
Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main<br />
aber hinreichen<strong>de</strong> Voraussetzung. Müller<br />
legt großen Wert auf soziale Kompetenzen:<br />
Zu <strong>de</strong>ren Entwicklung bedarf<br />
es methodischer Freiheiten, die er<br />
allein im Religionsunterricht gewährleistet<br />
sieht.<br />
Religionsunterricht auf <strong>de</strong>r<br />
Streichliste ganz oben<br />
In Deutschland fin<strong>de</strong>t die Ausbildung<br />
schwerpunktmäßig in kleineren<br />
Handwerksbetrieben statt, welche die<br />
Existenz <strong>de</strong>s Religionsunterrichts innerhalb<br />
<strong>de</strong>s dualen Systems beruflicher Bildung<br />
jedoch oft heftig beklagen und statt<br />
<strong>de</strong>ssen eine verstärkte Präsenz <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n Betrieben wünschen:<br />
Dort „steht <strong>de</strong>r Religionsunterricht auf<br />
<strong>de</strong>r Streichliste ganz oben“. Darum, so<br />
regte Müller an, sollten Religionslehrerinnen<br />
und Religionslehrer auf die Betriebe<br />
zugehen, mit ihnen Kontakte<br />
knüpfen und so zum gegenseitigen Verständnis<br />
beitragen. Für das duale System<br />
optierte er zugunsten einer „Einheit <strong>de</strong>r<br />
Lernorte Schule und Betrieb“.<br />
Vera Pirker & Klaus Kießling<br />
„Beruf als Gottesbeziehung“ • Aus <strong>de</strong>r Perspektive von E. Nordhofen und A. Biesinger © IboR<br />
Tragfähiges Fundament für<br />
das Leben<br />
Helmut Rau, Staatssekretär im Kultusministerium<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg,<br />
würdigte seinerseits <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>s Religionsunterrichts<br />
zur Persönlichkeitsentwicklung<br />
junger Menschen. Dabei<br />
dient <strong>de</strong>r Religionsunterricht ihm zufolge<br />
nicht einer allgemeinen Wertevermittlung,<br />
zu <strong>de</strong>r alle Fächer aufgerufen<br />
sind. Vielmehr kommt es ihm für die<br />
Zukunft <strong>de</strong>s Religionsunterrichts darauf<br />
an, „das Thema Werte mit <strong>de</strong>r Basis<br />
<strong>de</strong>s Gottglaubens zu verankern und<br />
jungen Menschen in Wort und Tat vor<br />
Augen zu führen, dass <strong>de</strong>r Glaube an<br />
Gott ein tragfähiges Fundament für das<br />
Leben ist“. In seinem bekennen<strong>de</strong>n<br />
Vortrag plädierte Rau dafür, <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
nicht als isolierten Lernort,<br />
son<strong>de</strong>rn als integralen Bestandteil<br />
beruflicher Bildung zu verstehen. Seine<br />
beson<strong>de</strong>ren Charakteristika sind<br />
Beziehungsorientierung, Berufsorientierung<br />
und Handlungsorientierung.<br />
Gegenstand <strong>de</strong>r Bildung bleibt daher
die gesamte Lebenswelt <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />
und Schüler, auch und gera<strong>de</strong> angesichts<br />
<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnisierung beruflicher<br />
Bildungspläne. In<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
die Berufswirklichkeit<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler thematisiert,<br />
wachsen ihm im Bildungszusammenhang<br />
beson<strong>de</strong>re Chancen zu – unter<br />
Wahrung <strong>de</strong>s ihm eigenen Auftrags.<br />
Erkennbar an<strong>de</strong>rer Unterricht<br />
Rau nannte drei Grundanliegen <strong>de</strong>s<br />
Religionsunterrichts an beruflichen<br />
Schulen: (1) in einer individualisierten<br />
und pluralisierten Gesellschaft die Gottesfrage<br />
zu stellen, (2) einen notwendigen<br />
Beitrag zur Allgemeinbildung und<br />
zur Entwicklung religiöser Mündigkeit<br />
zu leisten und (3) ein vertieftes Verständnis<br />
christlichen Glaubens und Han<strong>de</strong>lns<br />
auch im Dialog mit an<strong>de</strong>ren Religionen<br />
zu ermöglichen. Dem Religionsunterricht<br />
kommt ein hohes Maß an Eigenständigkeit<br />
zu. Er erscheint als „erkennbar<br />
an<strong>de</strong>rer Unterricht“. Berufliche Bildung<br />
zeichnet sich dadurch aus, „dass<br />
sie durch <strong>de</strong>n Kontakt mit <strong>de</strong>n außerschulischen<br />
Partnern <strong>de</strong>r Wirtschaft immer<br />
ein Stückchen näher am Puls <strong>de</strong>r<br />
Zeit ist als die allgemeine Bildung“. Von<br />
dieser Nähe könne <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
entschei<strong>de</strong>nd profitieren, habe aber<br />
auch Beson<strong>de</strong>res zu leisten.<br />
Rückfragen aus an<strong>de</strong>ren, zumal aus<br />
ost<strong>de</strong>utschen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn richteten<br />
sich auf das so entworfene Bild eines<br />
selbstbewusst konfessionellen Religionsunterrichts<br />
auch an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen: Die Gottesfrage stellt sich ihnen<br />
neu, wenn Religionsunterricht in<br />
höchst heterogenen Lerngruppen geschieht.<br />
Und: ist die Son<strong>de</strong>rstellung <strong>de</strong>s<br />
Religionsunterrichts weiterhin för<strong>de</strong>rungswürdig<br />
– o<strong>de</strong>r doch eher <strong>de</strong>ssen<br />
verstärkte Einglie<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n Fächerkanon?<br />
Theologie <strong>de</strong>r Arbeit<br />
Karl Kardinal Lehmann stieg in<br />
seinen Vortrag biographisch ein – mit<br />
seinem Vater, einem begeisterten Leh-<br />
Theo Sprenger (l.) und Werner Tzscheetzsch (r.) in <strong>de</strong>r Diskussion © IboR<br />
rer, <strong>de</strong>ssen Umgang mit jungen Menschen<br />
und <strong>de</strong>ssen Lust an <strong>de</strong>r Arbeit<br />
mit ihnen zugleich an<strong>de</strong>re begeisterte.<br />
Lehmann entwickelte Perspektiven einer<br />
Theologie <strong>de</strong>r Arbeit – ansetzend<br />
bei ihrer Ambivalenz von „Mühsal und<br />
Plage“ einerseits sowie „bejahter Anstrengung<br />
um eines Zieles willen“ an<strong>de</strong>rerseits:<br />
„Wer Jugendliche und junge<br />
Erwachsene beruflich handlungsfähig<br />
machen will, wird auch die religiösen<br />
und moralischen Voraussetzungen<br />
beruflichen Han<strong>de</strong>lns thematisieren<br />
müssen.“<br />
Lehmann zufolge dient Erwerbsarbeit<br />
(1) <strong>de</strong>r materiellen Sicherung, (2)<br />
<strong>de</strong>r sozialen Integration und (3) <strong>de</strong>r<br />
personalen Bildung. Weiterer Arbeit<br />
an einer Theologie <strong>de</strong>r Arbeit bedarf<br />
es angesichts <strong>de</strong>r Neustrukturierung<br />
mo<strong>de</strong>rner Arbeitsprozesse und verän<strong>de</strong>rter<br />
Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Denn Arbeit „gehört zwar zum Menschen,<br />
wirkt aber nicht von sich aus<br />
humanisierend“. Kardinal Lehmann<br />
verwies auf das im Jahr 1997 veröffentlichte<br />
Wort <strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland und <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Bischofskonferenz zu einer<br />
Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit,<br />
auf das Menschenrecht auf Arbeit<br />
und auf eine Theologie, die Arbeit<br />
als Mitarbeit an <strong>de</strong>r Schöpfung versteht<br />
– im Wechselspiel von Arbeit<br />
und Muße.<br />
Verlässliche Leitplanken<br />
Kirche ist eine bleiben<strong>de</strong> und bleibend<br />
notwendige Gesprächspartnerin<br />
für die Wirtschaft, die von „kulturellen<br />
und moralischen Voraussetzungen“ lebt,<br />
die sie selbst we<strong>de</strong>r herstellen noch garantieren<br />
kann. Mit <strong>de</strong>m technischen<br />
und ökonomischen Wan<strong>de</strong>l wächst <strong>de</strong>r<br />
menschliche Bedarf, das eigene Han<strong>de</strong>ln<br />
an unverbrüchlichen Werten ausrichten<br />
zu können: „Wenn <strong>de</strong>r Einzelne<br />
immer wie<strong>de</strong>r Neues lernen und sich<br />
auf unbekannte Situationen einstellen<br />
muss, dann braucht er für seine eigene<br />
Lebensorientierung, aber auch für sein<br />
grundlegen<strong>de</strong>s Berufsethos verlässliche<br />
Leitplanken.“<br />
Kardinal Lehmann sicherte <strong>de</strong>n Lehrerinnen<br />
und Lehrern das bleiben<strong>de</strong><br />
Engagement <strong>de</strong>r Bischöfe für <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen<br />
zu. Den umfangreichen Unterrichtsausfall<br />
hält er für „schlechthin unverständlich“.<br />
Dabei „wäre <strong>de</strong>r Ausfall<br />
noch größer, wenn die Kirchen nicht<br />
auch in hohem Maß finanziell versuchen<br />
wür<strong>de</strong>n, die Lücke zu stopfen“.<br />
SinnVollSinn<br />
Die an die Vorträge anschließen<strong>de</strong><br />
Diskussion kreiste um vielfältig aufgeworfene<br />
Fragen zur Lernfelddidaktik,<br />
zur spezifischen Situation <strong>de</strong>s Re-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
53
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
54<br />
ligionsunterrichts an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen Ost<strong>de</strong>utschlands, zur spirituellen<br />
Begleitung und zur kirchlichen<br />
Unterstützung für Lehren<strong>de</strong> und ihr<br />
Fach. Ein anregen<strong>de</strong>r Austausch für<br />
die Mittagspause war damit garantiert.<br />
Interessierte konnten sich in dieser<br />
Zeit tiefe Einblicke in das multimediale<br />
Unterrichtswerk „SinnVoll-<br />
Sinn“ von Michael Boenke verschaffen,<br />
<strong>de</strong>ssen erster Band im Frühjahr<br />
2005 erscheinen wird.<br />
Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> im O-Ton<br />
Klaus Kießling trug zur Eröffnung<br />
<strong>de</strong>s Nachmittags die Ergebnisse seiner<br />
empirischen Untersuchung zu religiösen<br />
Lern- und Lehrprozessen an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen in ganz Deutschland<br />
vor: Jugendliche im Berufsvorbereitungsjahr,<br />
Kochlehrlinge, Wirtschaftsgymnasiastinnen,<br />
angehen<strong>de</strong> Metaller<br />
und Sozialassistentinnen stellen sich<br />
im Religionsunterricht an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen vielfältigen Lebensfragen.<br />
Sie setzen sich mit Positionen auseinan<strong>de</strong>r,<br />
die ihre Herkunftsfamilie,<br />
Lehrkräfte, Mitschülerinnen und Mitschüler<br />
dazu einnehmen. Es kommt ihnen<br />
darauf an, dass sie in dieser Vielstimmigkeit<br />
und aus mancher Fremdbestimmung<br />
heraus zur eigenen Stimme<br />
fin<strong>de</strong>n, um im Leben und im Beruf<br />
bestehen zu können. Wie aber können<br />
Schülerinnen und Schüler zur eigenen<br />
Stimme fin<strong>de</strong>n? Welche Religionsstile<br />
pflegen sie? Was erwarten sie vom Religionsunterricht<br />
an einer berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schule? Und in <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>r Religionslehrerin<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Religionslehrers:<br />
Was wür<strong>de</strong>n Jugendliche als erstes<br />
än<strong>de</strong>rn? Wür<strong>de</strong>n sie etwas vermissen,<br />
wenn es an ihrer Schule keinen Religionsunterricht<br />
mehr gäbe? Exemplarisch<br />
kamen Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> im O-Ton<br />
zu Wort. Im Anschluß daran legte Kießling<br />
eine Bün<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>r Untersuchungsergebnisse<br />
vor – im Sinne von Qualitäten,<br />
die in unterschiedlicher Tönung<br />
sowohl bei Lehrkräften als auch bei Jugendlichen<br />
anklingen und von ihm in<br />
Thesen gefaßt wur<strong>de</strong>n. An die Vorträge<br />
<strong>de</strong>s Vormittags schloß folgen<strong>de</strong> auf<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Präsentation <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r Workshops © IboR<br />
empirischem Weg gewonnene These<br />
an: „Religiöses Lernen dul<strong>de</strong>t keine berufliche<br />
Verzweckung, spielt aber auf<br />
<strong>de</strong>m indirekten Weg <strong>de</strong>r Persönlichkeitsbildung<br />
mit beruflichem Lernen<br />
zusammen, insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>r theologischen<br />
Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Arbeit und <strong>de</strong>r Menschen<br />
ohne Arbeit.“<br />
Workshops<br />
Nachmittags ermöglichten acht Arbeitskreise<br />
eine Vertiefung und Konkretisierung<br />
<strong>de</strong>r so eröffneten Fragen<br />
im Dialog.<br />
(1) Konfessionelle Kooperation<br />
Die Präsenz <strong>de</strong>r evangelischen Theologie<br />
stellte ein Arbeitskreis zur konfessionellen<br />
Kooperation sicher. Jörg<br />
Conrad und Matthias Gronover präsentierten<br />
die Tübinger Untersuchung zum<br />
Thema an Grundschulen und stellten<br />
sie zur Diskussion. Im Kontext beruflicher<br />
Bildung gehört konfessionelle Kooperation<br />
zum Unterrichtsalltag – mitsamt<br />
<strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rung, als konfessionell<br />
gebun<strong>de</strong>ne Religionslehrerin, als<br />
konfessionell gebun<strong>de</strong>ner Religionslehrer<br />
Authentizität zu zeigen, insbeson<strong>de</strong>re<br />
im Dialog mit Menschen, die <strong>de</strong>m<br />
Islam zugehören.<br />
(2) Lernfelddidaktik<br />
Günther Pätzold und Andreas Verhülsdonk<br />
entsprachen mit ihrem Thema<br />
einem dringen<strong>de</strong>n Kommunikationsbedarf<br />
zwischen Religionslehrkräften<br />
und Vertreterinnen und Vertretern<br />
an<strong>de</strong>rer Fächer. Ihnen ging es darum,<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
ihres Arbeitskreises dazu zu<br />
ermuntern, anstehen<strong>de</strong> Reformen als<br />
Chance zu nutzen, anstatt bildungspolitisch<br />
lediglich als Be<strong>de</strong>nkenträger<br />
aufzutreten.<br />
(3) Beruf als Gottesbeziehung<br />
Beruf als Gottesbeziehung? Dieser<br />
Frage stellten sich Albert Biesinger und<br />
Eckhard Nordhofen. Wertevermittlung<br />
geschieht nicht allein im Religionsunterricht,<br />
dort aber im Horizont <strong>de</strong>r Erschließung<br />
<strong>de</strong>r Gottesbeziehung als<br />
Lern- und Lehrprozeß. Menschen wer<strong>de</strong>n<br />
nicht durch Arbeit zu Menschen,<br />
son<strong>de</strong>rn durch ihren Gottesbezug.<br />
(4) Scheitern im Religionsunterricht<br />
Wie kann Religionsunterricht gelingen?<br />
Werner Tzscheetzsch umkreiste<br />
diese Frage zusammen mit Lehrerinnen<br />
und Lehrern. Sie kamen darin überein,<br />
dass Religionsunterricht dann glü-
cken kann, wenn er menschliches Scheitern<br />
zu thematisieren vermag, auch sein<br />
eigenes! Welche Rolle kommt dabei<br />
Bildungsstandards zu, insbeson<strong>de</strong>re an<br />
berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen?<br />
(5) Kommunikative Theologie<br />
Kommunikative Theologie im Kontext<br />
religiöser Bildung erlebten die Mitglie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe um Martina<br />
Kraml. Konturiert wur<strong>de</strong> die kommunikative<br />
Gestalt einer Theologie, die<br />
immer wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs und dabei authentisch<br />
erscheint – in Abhängigkeit von<br />
<strong>de</strong>r jeweiligen Gruppe, die sie entwickelt,<br />
ihren Wahrnehmungen und theologischen<br />
Wegen. Biographische und<br />
lebensweltliche Einflüsse auf eine kommunikative<br />
Theologie sind noch längst<br />
nicht hinreichend erhoben; dies gilt<br />
insbeson<strong>de</strong>re für Schulen als religiöse<br />
Lernfel<strong>de</strong>r und für die dort entstehen<strong>de</strong>n<br />
Lerngruppen in ihrer eigenen theologischen<br />
Dignität. Umkreist wur<strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong> Fragen: Was ist Theologie?<br />
Was sind Optionen kommunikativer<br />
Theologie? Wie spielen Bild und Bildung<br />
zusammen?<br />
(6) Wahrnehmung und Sensibilität<br />
Wahrnehmung und Sensibilität im<br />
Religionsunterricht – darin lag das Angebot<br />
von Helga Kohler-Spiegel. Die<br />
Gruppe erarbeitete, wie Schülerinnen<br />
und Schüler die eigene Wahrnehmung<br />
und das Ernstnehmen <strong>de</strong>r eigenen Person<br />
im Religionsunterricht erlernen und<br />
einüben können. „Wenn ich als Lehrperson<br />
mehr wahrnehme an einer Schülerin,<br />
einem Schüler, als ich aussprechen<br />
kann“, entsteht eine Situation, in<br />
<strong>de</strong>r sich Lehrerinnen und Lehrer mit ihrer<br />
Wahrnehmung konfrontiert und<br />
handlungspraktisch herausgefor<strong>de</strong>rt sehen.<br />
Helga Kohler-Spiegel regte <strong>de</strong>n<br />
Dialog mit Kolleginnen und Kollegen<br />
an, um mit <strong>de</strong>r Wahrnehmung verbun<strong>de</strong>ne<br />
Grenzen zu markieren und im<br />
Ernstfall gemeinsam aktiv zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Angesichts kommunikativer Selbst- und<br />
Fremdwahrnehmung bleibt es bei Rosa<br />
Luxemburgs Diktum: „Es ist die revolutionärste<br />
Tat zu sagen, was ist.“<br />
(7) Konfliktsituationen<br />
Lothar Katz eröffnete tiefenpsychologische<br />
und psychotherapeutische Perspektiven<br />
zum Umgang mit Konfliktsituationen<br />
im Religionsunterricht. Er<br />
verstand <strong>de</strong>n Arbeitskreis als Angebot<br />
einer „Zusatzbrille“ für die Beziehungen<br />
von Lehrkräften im Alltag. Lehrerinnen<br />
und Lehrer wur<strong>de</strong>n in Grundlagen<br />
und Grundbegriffe <strong>de</strong>r Tiefenpsychologie<br />
eingeführt, brachten vielfach<br />
aber auch eigene Erfahrungen aus ihrer<br />
Praxis ein, die sie gleichsam „unter die<br />
Diskussion unter <strong>de</strong>n Workshopleitern © IboR<br />
Lupe“ nehmen konnten. Denn: „Was<br />
ein Schüler nicht <strong>de</strong>nken und sagen<br />
kann, das tut er seinem Lehrer an!“<br />
(8) Interkulturelles Lernen<br />
Thomas Schreijäck thematisierte interkulturelle<br />
Lernprozesse. Als <strong>de</strong>ren<br />
Zielsetzung bezeichnete er die Entwicklung<br />
von Sympathie füreinan<strong>de</strong>r – nicht<br />
mehr, aber auch nicht weniger. An berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen befin<strong>de</strong>n sich Religionslehrerinnen<br />
und Religionslehrer<br />
in täglicher Interaktion mit einer kulturell<br />
pluralen Schülerschaft. Eine beson<strong>de</strong>re<br />
Schwierigkeit liegt darin, dass einzelne<br />
schon von ihrer eigenen Kultur<br />
häufig ein nurmehr diffuses Bild zeichnen<br />
können, so dass die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit an<strong>de</strong>ren Kulturen schnell umschlägt<br />
in das Gegenteil von Integration,<br />
Nähe und Sympathie. Die Arbeitsgruppe<br />
versuchte konkrete Handlungsoptionen<br />
für <strong>de</strong>n unterrichtlichen Alltag in interkulturellem<br />
und interreligiösem Umfeld<br />
zu entwickeln – in <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>r eigenen Spiritualität zugunsten<br />
einer „Arbeit am Habitus“.<br />
Berufsorientierte Religionspädagogik<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft<br />
Reinhard Ba<strong>de</strong>r fasste zusammen:<br />
„Um das Institut für berufsorientierte<br />
Religionspädagogik zu sichern, muss<br />
es arbeiten. Dafür hat es eine Theologie<br />
<strong>de</strong>r Arbeit bekommen.“ Berufsorientierte<br />
Religionspädagogik kann auf<br />
weitere För<strong>de</strong>rung durch Kirche und<br />
Politik sowie auf Initiativen zur Kooperation<br />
mit Industrie und Handwerk<br />
setzen. Der Kongreß an <strong>de</strong>r Hochschule<br />
Sankt Georgen bil<strong>de</strong>t eine wichtige<br />
Station auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Stärkung <strong>de</strong>s<br />
Religionsunterrichts an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Schulen, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Kolleginnen<br />
und Kollegen, die ihn unter regional<br />
sehr unterschiedlichen und oft<br />
ungünstigen Rahmenbedingungen anbieten<br />
und dabei einen eindrucksvollen<br />
Einsatz zeigen, <strong>de</strong>r vielseitige institutionelle<br />
und praktische Unterstützung<br />
sowie wissenschaftliche Begleitung<br />
verdient.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
55
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
56<br />
Wie geht es nach <strong>de</strong>r Schließung<br />
<strong>de</strong>r Bezirksämter mit <strong>de</strong>n Religionspädagogischen<br />
Ämtern weiter?<br />
LIMBURG – „Die Möglichkeiten<br />
für Religionslehrer in <strong>de</strong>r Diaspora<br />
wer<strong>de</strong>n schlechter.“ Dr. Eckhard Nordhofen,<br />
Dezernent für Schule und Hochschule<br />
im Bischöflichen Ordinariat,<br />
nennt ein markantes Beispiel für konkrete<br />
Konsequenzen aus <strong>de</strong>m Prozess<br />
Sparen und Erneuern, wenn ab Januar<br />
mit <strong>de</strong>r Schließung <strong>de</strong>r Bezirksämter<br />
auch die Religionspädagogischen Ämter<br />
in ihrer bisherigen Form wegfallen.<br />
„Das betrifft vor allem <strong>de</strong>n Bezirk<br />
Lahn-Dill-E<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ssen Amt für Religionspädagogik<br />
nach Wetzlar ins Gertrudishaus<br />
verlegt wird“, erläutert er. Für<br />
die Religionslehrer im nördlichsten Bezirk<br />
<strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s heißt das, längere Wege<br />
und Fahrzeiten in Kauf zu nehmen,<br />
wollen sie die Dienste „ihres“ Amtes<br />
beanspruchen. „Und das gilt auch für<br />
alle, die Familiengottesdienste, Seminare,<br />
Kommunion- und Firmkurse vorbereiten<br />
o<strong>de</strong>r sich für spezielle pastoralpraktische<br />
Themen interessieren“,<br />
sagt Nordhofen. Die gut ausgestatteten<br />
Bibliotheken in allen bis zum Jahresen<strong>de</strong><br />
2004 bestehen<strong>de</strong>n Bezirksämtern, die<br />
Literatur und Medien kostenlos zur<br />
Verfügung stellen, erfreuen sich einer<br />
großen Nachfrage – auch, weil die Mitarbeiter,<br />
fachlich ausgebil<strong>de</strong>te Spezialisten,<br />
im Ruf stehen, die Nutzer <strong>de</strong>r Bibliotheken<br />
gut und gern zu beraten.<br />
„Die Religionspädagogischen Ämter<br />
haben sich hervorragend bewährt“, betont<br />
Schul<strong>de</strong>zernent Nordhofen. „In an<strong>de</strong>ren<br />
Bistümern sind sie nachgeahmt<br />
wor<strong>de</strong>n, so in Pa<strong>de</strong>rborn und einigen süd<strong>de</strong>utschen<br />
Diözesen.“ Auch die Evangelische<br />
Kirche in Hessen und Nassau habe<br />
das Mo<strong>de</strong>ll aus <strong>Limburg</strong> übernommen.<br />
Das Beson<strong>de</strong>re an diesen Ämtern:<br />
„Sie dienen nicht nur <strong>de</strong>r Unterstützung<br />
von Religionslehrern, son<strong>de</strong>rn<br />
sind auch Ansprechpartner für staatliche<br />
Stellen.“ Das sind in Hessen die<br />
Staatlichen Schulämter und ist in<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>Limburg</strong>er Mo<strong>de</strong>ll hat Schule gemacht<br />
Rheinland-Pfalz die Aufsichts- und<br />
Dienstleistungsdirektion (ADD). Diese<br />
Behör<strong>de</strong>n übernehmen die staatliche<br />
Aufsicht über die Schulen. Da <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
in <strong>de</strong>n meisten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />
aufgrund Artikel 7 Absatz 3<br />
<strong>de</strong>s Grundgesetzes in Kooperation von<br />
Staat und Kirche stattfin<strong>de</strong>t, wur<strong>de</strong>n<br />
vom <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> die Religionspädagogischen<br />
Ämter sozusagen als Ansprechpartner<br />
für die staatlichen Behör<strong>de</strong>n<br />
geschaffen. Diese Ämter, die auch<br />
für Gestellungsverträge von Religionslehrern<br />
und Nachqualifizierungskurse in<br />
katholischer Religion zuständig sind,<br />
gibt es schon länger als die Bezirke. Das<br />
erste Amt entstand 1955 in Frankfurt.<br />
„Wir wollen das bewährte System, so<br />
weit es geht, behalten“, erklärt Eckhard<br />
Nordhofen. „Durch <strong>de</strong>n Prozess Sparen<br />
und Erneuern wer<strong>de</strong>n aus bisher elf nun<br />
sechs Religionspädagogische Ämter, die<br />
ihre Standorte in Frankfurt, <strong>Limburg</strong>,<br />
Montabaur, Oberursel, Wetzlar und<br />
Wiesba<strong>de</strong>n haben.“<br />
Die Verän<strong>de</strong>rungen<br />
Bezirke Rhein-Lahn und Westerwald:<br />
Das Amt für katholische Religionspädagogik<br />
Rhein-Lahn in Lahnstein<br />
wur<strong>de</strong> aufgelöst. Die Bibliothek <strong>de</strong>s<br />
Religionspädagogischen Amtes ist an<br />
das Johannesgymnasium umgezogen<br />
und <strong>de</strong>r dortigen Schulbibliothek angeglie<strong>de</strong>rt.<br />
Die Ausleihe an <strong>de</strong>n bisherigen<br />
Adressatenkreis wird aufrechterhalten.<br />
Die Kontakte mit <strong>de</strong>n Schulen<br />
und zur Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion<br />
(ADD) von Rheinland-<br />
Pfalz wer<strong>de</strong>n von Montabaur aus gepflegt.<br />
Leiter <strong>de</strong>s Amtes in Montabaur<br />
ist Josef Weingarten.<br />
Bezirke Main-Taunus und<br />
Hochtaunus:<br />
Das Religionspädagogische Amt<br />
wird zusammen mit <strong>de</strong>r Fachstelle für<br />
katholische Jugendarbeit in Oberursel-<br />
Liebfrauen zu einem Standort zusammengefasst.<br />
Die Bibliotheken von Hofheim<br />
und Bad Homburg wer<strong>de</strong>n nach<br />
Oberursel umgesie<strong>de</strong>lt. Leiter <strong>de</strong>s Amtes<br />
in Oberursel ist Wolfgang Bentrup.<br />
Frankfurt:<br />
Hier dauert die endgültige Umstellung<br />
bis zur Fertigstellung <strong>de</strong>s Hauses<br />
am Dom im Jahr 2007. Bis dahin bleibt<br />
<strong>de</strong>r alte Standort beim Haus <strong>de</strong>r Volksarbeit<br />
bestehen. Leiter <strong>de</strong>s Amtes in<br />
Frankfurt ist Peter Eberhardt.<br />
Bezirke Rheingau, Untertaunus und<br />
Wiesba<strong>de</strong>n:<br />
Das Religionspädagogische Amt<br />
für die Bezirke Rheingau und Untertaunus<br />
wur<strong>de</strong>n nach Wiesba<strong>de</strong>n verlegt.<br />
Das neu aufgestellte Wiesba<strong>de</strong>ner<br />
Amt wird seinen Beratungs- und Material<strong>service</strong><br />
zeitlich, personell und inhaltlich<br />
umfangreicher anbieten können.<br />
Leiter <strong>de</strong>s Amtes in Wiesba<strong>de</strong>n ist<br />
Martin E. Musch-Himmerich.<br />
Bezirke Lahn-Dill-E<strong>de</strong>r und Wetzlar:<br />
Das Amt für Katholische Religionspädagogik<br />
Lahn-Dill-E<strong>de</strong>r in Dillenburg<br />
wur<strong>de</strong> aufgelöst. Die religionspädagogische<br />
Arbeit für die bei<strong>de</strong>n Bezirke wird<br />
fortan vom Standort Wetzlar erfolgen. Leiter<br />
<strong>de</strong>s Amtes ist Franz Günther Weyrich.<br />
Bezirk <strong>Limburg</strong>:<br />
Hier wer<strong>de</strong>n die Verän<strong>de</strong>rungen am<br />
längsten auf sich warten lassen. Das<br />
bisherige Religionspädagogische Amt<br />
in Hadamar soll nach <strong>Limburg</strong> verlegt<br />
und räumlich <strong>de</strong>m Dezernat Schule und<br />
Hochschule im Ordinariat angeglie<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Leiter <strong>de</strong>s Amtes ist Franz-Josef<br />
Arthen.
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
57
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
58<br />
Europäische I<strong>de</strong>ntität und kultureller Pluralismus<br />
Im Juni 2003 legte die Herbert-<br />
Quandt-Stiftung/Bad Homburg die Studie<br />
„Europäische I<strong>de</strong>ntität und kultureller<br />
Pluralismus: Ju<strong>de</strong>ntum, Christentum<br />
und Islam in europäischen Lehrplänen“<br />
1 vor. Untersucht wur<strong>de</strong>n die<br />
Curricula in <strong>de</strong>n Fächern Geschichte,<br />
Religion sowie Sprache und Literatur<br />
in acht Mitgliedstaaten <strong>de</strong>r EU. Die Ergebnisse<br />
waren ernüchternd: Während<br />
<strong>de</strong>r Religionsunterricht aus seiner Perspektive<br />
sehr wohl Kenntnisse über <strong>de</strong>n<br />
Islam und insbeson<strong>de</strong>re das Ju<strong>de</strong>ntum<br />
vermittelt, kamen die drei abrahamitischen<br />
Religion in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Schulfächern<br />
kaum o<strong>de</strong>r meist einseitig und<br />
stereotyp vor. Dies kann angesichts einer<br />
europäischen I<strong>de</strong>ntität, die – so die<br />
Studie – auf einem hellenistisch-römischen,<br />
christlichen, jüdischen und islamischen<br />
Fundament ruht, nicht genügen.<br />
Deshalb ist die For<strong>de</strong>rung zu begrüßen,<br />
dass sich alle Fächer um <strong>de</strong>n<br />
interreligiösen und interkulturellen Dialog<br />
bemühen und angemessenes Wissen<br />
bereitstellen müssen. Dafür stellt<br />
die Studie in ihrem zweiten Teil „Leitlinien“<br />
zur Beurteilung von Lehrplänen<br />
und Unterrichtsmaterialien sowie die<br />
Lehrerausbildung und -fortbildung zur<br />
Verfügung.<br />
In Kooperation <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Aka<strong>de</strong>mie Arnoldshain, <strong>de</strong>r Katholischen<br />
Aka<strong>de</strong>mie Rabanus Maurus und<br />
<strong>de</strong>r Herbert-Quandt-Stiftung fand im<br />
April 2004 ein erster Studientag statt,<br />
wo die Ergebnisse <strong>de</strong>r Studie vorgestellt<br />
und diskutiert wur<strong>de</strong>n. Ein weiterer<br />
Studientag im Dezember 2004 richtete<br />
sich an Lehrerinnen und Lehrer in<br />
<strong>de</strong>n Sekundarstufen I und II. Dabei<br />
Bislang erhalten alle im Religionsunterricht<br />
Tätigen innerhalb <strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s <strong>Limburg</strong><br />
<strong>INFO</strong> kostenfrei vier Mal im Jahr zugesandt.<br />
Durch eine Spen<strong>de</strong> auf unser<br />
Konto 37 000 10 bei <strong>de</strong>r Commerzbank<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
In eigener Sache<br />
wur<strong>de</strong>n Fragen gestellt,<br />
die grundsätzliche Probleme<br />
interreligiösen (und<br />
interkulturellen) Lernens<br />
berührten.<br />
Der einleiten<strong>de</strong> Vortrag<br />
von Prof. Dr. Stefan<br />
Schreiner (Tübingen), einem<br />
<strong>de</strong>r Mitautoren, machte<br />
einmal mehr <strong>de</strong>utlich,<br />
dass sich die Studie aus einerreligionswissenschaftlichen<br />
Außenperspektive<br />
<strong>de</strong>n drei Offenbarungsreligionen<br />
nähert. Dies geschieht<br />
in <strong>de</strong>r Hoffnung,<br />
dass sie sich nicht nur mit<br />
<strong>de</strong>m kulturellen Pluralismus<br />
Europas vertragen,<br />
son<strong>de</strong>rn darüber hinaus<br />
positiv dazu beizutragen<br />
vermögen. Eine <strong>de</strong>rartige<br />
Außenperspektive überspringt<br />
jedoch die zuvor<br />
zu klären<strong>de</strong> Frage, ob die<br />
fraglichen Religionen aus ihrer Innensicht<br />
heraus <strong>de</strong>n ihr unterstellten Beitrag<br />
zu einer pluralen europäischen<br />
I<strong>de</strong>ntität überhaupt leisten wollen und<br />
können.<br />
Mehrfach wur<strong>de</strong> von einigen Teilnehmern<br />
wie Referenten die Konfessionalität<br />
<strong>de</strong>s Religionsunterrichts in<br />
Frage gestellt. Ein Lehrer, <strong>de</strong>r mit seinen<br />
Schülerinnen und Schülern interreligiösen<br />
Religionsunterricht zu betreiben<br />
meinte, sah seine Lerngruppe bereits<br />
„viel weiter“ als die Kirchen. Dieser<br />
Auffassung wur<strong>de</strong> während <strong>de</strong>r abschließen<strong>de</strong>n<br />
Podiumsdiskussion mit<br />
unterschiedlichen Argumenten wi<strong>de</strong>r-<br />
<strong>Limburg</strong> (BLZ 511 400 29) helfen Sie mit,<br />
die Kosten für Herstellung und Versand im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s Erträglichen zu halten.<br />
Ein Überweisungsträger, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Spen<strong>de</strong>nzweck<br />
„Spen<strong>de</strong> für <strong>INFO</strong> Religionslehrer/<br />
sprochen. So wies Ministerialrat Michael<br />
Elfner darauf hin, dass „<strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
in Übereinstimmung<br />
mit <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r Religionsgemeinschaften<br />
erteilt“ (Art. 7, 3 GG)<br />
wer<strong>de</strong> und die hessische Lan<strong>de</strong>sregierung<br />
<strong>de</strong>n evangelischen und katholischen<br />
Religionsunterricht nicht an<strong>de</strong>rs<br />
wie <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mennoniten behan<strong>de</strong>le.<br />
Die muslimische Vertreterin war sich<br />
mit <strong>de</strong>r jüdischen Vertreterin und <strong>de</strong>nen<br />
bei<strong>de</strong>r christlicher Konfessionen<br />
im Grundsatz einig: Aus sachlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n sind im Religionsunterricht<br />
die Schülerinnen und Schüler in <strong>de</strong>r eigenen<br />
Konfession zu unterrichten, um<br />
-innen“ und die Haushaltsstelle „Fibu-Konto-Nr<br />
0001/2412102220“ angibt, liegt diesem<br />
Heft bei. Wir danken schon jetzt für<br />
Ihre Unterstützung – Vergelt’s Gott!<br />
Die Redaktion
dann an<strong>de</strong>ren Religionen mit Wertschätzung<br />
begegnen zu können.<br />
Was nun genau unter Dialog zu verstehen<br />
sei, bleibt in <strong>de</strong>r Studie und<br />
blieb während <strong>de</strong>r Tagung offen. Ist die<br />
Einigung auf einen kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner o<strong>de</strong>r doch eher das Aushan<strong>de</strong>ln<br />
von und Leben in religiösen<br />
und kulturellen Differenzen gemeint?<br />
Erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Dialog eine „schwache“<br />
Toleranz o<strong>de</strong>r doch eher eine „starke“<br />
Toleranz, die angesichts eigenen Überzeugtseins<br />
friedlich damit umgeht, dass<br />
die Gesprächspartner in großer Ernsthaftigkeit<br />
an<strong>de</strong>ren Glaubens sind? Geht<br />
man von <strong>de</strong>r zweiten Möglichkeit aus,<br />
dient <strong>de</strong>r interreligiöse Dialog nicht zuletzt<br />
<strong>de</strong>r reflexiven Versicherung <strong>de</strong>s<br />
eigenen Glaubens.<br />
Dass das <strong>de</strong>utsche Schulwesen seine<br />
interreligiösen und interkulturellen<br />
Lektionen längst noch nicht gelernt hat,<br />
ver<strong>de</strong>utlichte schlaglichartig <strong>de</strong>r Beitrag<br />
einer Lehrerin jüdischen Glaubens,<br />
die in einem gut eingeführten Ethik-<br />
Lehrbuch keinen einzigen jüdischen<br />
Autor fand! Bei aller Kritik an <strong>de</strong>r Studie<br />
im Einzelnen: Hier können die breit<br />
entfalteten „Leitlinien“ <strong>de</strong>n Blick schärfen,<br />
um <strong>de</strong>rartige Defizite zu bemerken.<br />
Sind wir auf die Ergebnisse <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r<br />
Herbert-Quandt-Stiftung für das Jahr<br />
Mehr religiöse Praxis in <strong>de</strong>r Schule wagen<br />
Bischofspapier betont die katechetische<br />
Dimension <strong>de</strong>s Religionsunterrichts<br />
Mit ihrer Schrift „Katechese in verän<strong>de</strong>rter<br />
Zeit“ (Nr. 75) werben die<br />
<strong>de</strong>utschen Bischöfe dafür, neue Wege<br />
in <strong>de</strong>r Weitergabe <strong>de</strong>s Glaubens – auch<br />
im Religionsunterricht – in <strong>de</strong>n Blick<br />
zu nehmen. Zwar sei nicht alles kirchliche<br />
Han<strong>de</strong>ln schon Katechese, aber alles<br />
kirchliche Han<strong>de</strong>ln habe eine katechetische<br />
Dimension.<br />
Die Tradierung <strong>de</strong>s christlichen<br />
Glaubens steht heute vor neuen Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
Christwer<strong>de</strong>n hat für<br />
viele seine Selbstverständlichkeit verloren.<br />
Verän<strong>de</strong>rte gesellschaftliche Bedingungen<br />
haben häufig zu einer Infragestellung<br />
christlich geprägter Sinnund<br />
Deutemuster geführt. Die fraglose<br />
Weitergabe <strong>de</strong>s Glaubens als „Erbe“<br />
von Generation zu Generation ist eher<br />
selten gewor<strong>de</strong>n. Eine Neubesinnung<br />
auf das Anliegen <strong>de</strong>r Katechese im<br />
Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Kirche ist <strong>de</strong>m jüngsten<br />
Katechesepapier <strong>de</strong>shalb wichtig. Dem<br />
Glauben soll verstärkt ein Gesicht gegeben<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dabei sollte sich auch <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
seiner katechetische Dimension<br />
erinnern und sich für gelebtes<br />
Christentum öffnen. Mehr religiöse<br />
Praxis also auch in <strong>de</strong>r Schule. Da in<br />
Familien heute kaum noch religiöse Erfahrung<br />
vermittelt wird, wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
für eine wachsen<strong>de</strong><br />
Zahl von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />
zum <strong>de</strong>m Ort, an <strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>n christlichen<br />
Glauben überhaupt erst kennen<br />
lernten. Damit die Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>de</strong>n christlichen Glauben auch<br />
als Lebensvollzug erfahren könnten,<br />
brauche <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />
– wie auch an<strong>de</strong>re Schulfächer<br />
in ihren jeweiligen Bereichen<br />
– <strong>de</strong>n Kontakt zu außerschulischen<br />
Lernorten <strong>de</strong>s Glaubens:<br />
Personen und Gruppen in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>,<br />
das Kirchengebäu<strong>de</strong>,<br />
kirchliche Einrichtungen, Or<strong>de</strong>n<br />
usw. In <strong>de</strong>m Maße die Ganztagsschulen<br />
ausgebaut wer<strong>de</strong>n, eröffnet<br />
sich auch <strong>de</strong>r Schulpastoral ein<br />
neues katechetisches Handlungsfeld.<br />
Eine gelingen<strong>de</strong> Zusammenarbeit<br />
von Religionsunterricht,<br />
Schulpastoral und Gemein<strong>de</strong>katechese<br />
erfor<strong>de</strong>re jedoch von allen<br />
Beteiligten eine verstärkte Kooperationsbereitschaft.<br />
Wir dokumentieren im Folgen<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Abschnitt über <strong>de</strong>n<br />
Religionsunterricht im Wortlaut:<br />
2005 ausgelobten Wettbewerbs „Schulen<br />
im Trialog – Europäische I<strong>de</strong>ntität und<br />
kultureller Pluralismus“ gespannt, bei<br />
<strong>de</strong>m Schulen in Hessen, Thüringen und<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg mit beson<strong>de</strong>rem interreligiösen<br />
Engagement ausgezeichnet<br />
wer<strong>de</strong>n sollen. Thomas Menges<br />
Anmerkungen<br />
1 Zu beziehen über: Herbert-Quandt-Haus, Am Pilgerrain<br />
15, 61352 Bad Homburg v. d. Höhe; Internet:<br />
www.h-quandt-stiftung.<strong>de</strong><br />
2 Ansprechpartner sind:<br />
Anke Rengers, Fon 0 61 72 / 1 71 25 00,<br />
E-Mail Anke.Rengers@altana.<strong>de</strong><br />
Nils Warner, Fon 0 61 72 / 1 71 25 20,<br />
E-Mail Nils.Warner@altana.<strong>de</strong><br />
Der Religionsunterricht in <strong>de</strong>r Schule<br />
leistet einen wichtigen Beitrag zur Weitergabe<br />
<strong>de</strong>s Glaubens; hier geschieht<br />
Glaubensvermittlung unter <strong>de</strong>n Bedingungen<br />
schulischen Lehrens und Lernens.<br />
Der Religionsunterricht orientiert<br />
sich dabei sowohl am Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />
<strong>de</strong>r Schule als auch am<br />
Verkündigungsauftrag <strong>de</strong>r Kirche.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
59
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
60<br />
Im Unterschied zur Katechese, die<br />
in <strong>de</strong>r Regel einen ersten Bezug zum<br />
Glauben voraussetzt, wen<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r<br />
Religionsunterricht in <strong>de</strong>r Schule nicht<br />
nur an gläubige und glaubenswillige,<br />
son<strong>de</strong>rn ebenso an Suchen<strong>de</strong> und<br />
Zweifeln<strong>de</strong> sowie sich ungläubig verstehen<strong>de</strong><br />
Schülerinnen und Schüler.<br />
Trotz ihrer unterschiedlichen Verortung<br />
in <strong>de</strong>r Schule bzw. in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />
bleiben Religionsunterricht und Katechese<br />
aufeinan<strong>de</strong>r bezogen und bedürfen<br />
<strong>de</strong>r wechselseitigen Ergänzung<br />
und Kooperation. Denn auch im Religionsunterricht<br />
geht es „nicht nur im<br />
ein Bescheidwissen über Religion und<br />
Glaube, son<strong>de</strong>rn immer auch um die<br />
Ermöglichung von Religion und Glaube<br />
selbst“ (Würzburger Syno<strong>de</strong> 2.5.3).<br />
Die Deutsche Bischofskonferenz hat<br />
in ihrer Herbst-Vollversammlung 2004<br />
„Kirchliche Richtlinien zu Bildungsstandards<br />
für <strong>de</strong>n katholischen Religionsunterricht<br />
in <strong>de</strong>n Jahrgangsstufen 5-<br />
10 / Sekundarstufe I“ verabschie<strong>de</strong>t.<br />
Die <strong>de</strong>utschen Bischöfe greifen damit<br />
die aktuelle Diskussion um Bildungsstandards<br />
und Kernlehrpläne auf,<br />
um <strong>de</strong>n katholischen Religionsunterricht<br />
im gegenwärtigen Prozess <strong>de</strong>r Schulreform<br />
zu stärken. Mit <strong>de</strong>n Kirchlichen<br />
Richtlinien wirkt die Kirche gemäß Art.<br />
7 Abs. 3 GG bei <strong>de</strong>r inhaltlichen Gestaltung<br />
<strong>de</strong>s Religionsunterrichts mit. Die<br />
Bildungsstandards bil<strong>de</strong>n die normative<br />
Vorgabe für die Entwicklung von nationalen<br />
Bildungsstandards, von Kernlehrplänen<br />
in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn und von Schulcurricula<br />
für <strong>de</strong>n katholischen Religionsunterricht<br />
in <strong>de</strong>r Sekundarstufe I.<br />
Die <strong>de</strong>utschen Bischöfe nehmen mit<br />
<strong>de</strong>n Kirchlichen Richtlinien nicht nur ihre<br />
Verantwortung für <strong>de</strong>n schulischen<br />
Religionsunterricht wahr, son<strong>de</strong>rn greifen<br />
gleichzeitig die schulpolitische Diskussion<br />
um Bildungsstandards auf. Bildungsstandards<br />
legen fest, was Schülerinnen<br />
und Schüler zu einem bestimmten<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Da in vielen Familien heute kaum<br />
noch religiöse Erfahrungen vermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n, wird <strong>de</strong>r Religionsunterricht für<br />
eine wachsen<strong>de</strong> Zahl von Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Jugendlichen zu <strong>de</strong>m Ort, an <strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>n<br />
christlichen Glauben kennen lernen und<br />
<strong>de</strong>r es ihnen über viele Jahre hinweg ermöglicht,<br />
sich mit Glaubens- und Lebensfragen<br />
auseinan<strong>de</strong>r zu setzen.<br />
Damit die Schülerinnen und Schüler<br />
<strong>de</strong>n christlichen Glauben auch als Lebensvollzug<br />
erfahren können, braucht<br />
<strong>de</strong>r Religionsunterricht – wie auch an<strong>de</strong>re<br />
Schulfächer in ihren jeweiligen<br />
Bereichen – <strong>de</strong>n Kontakt zu außerschulischen<br />
Lernorten <strong>de</strong>s Glaubens: Personen<br />
und Gruppen in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, das<br />
Kirchengebäu<strong>de</strong>, kirchliche Einrichtungen,<br />
Or<strong>de</strong>n usw. Deshalb ist heute<br />
Kirchliche Richtlinien zu Bildungsstandards<br />
Zeitpunkt und auf einem bestimmten Niveau<br />
in einem Fach wissen und können<br />
sollen. Zugleich sollen sie eine Überprüfung<br />
<strong>de</strong>r Lernerfolge ermöglichen.<br />
Bildungsstandards sind für <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
durchaus ein geeignetes<br />
Instrument. Sie können die Vermittlung<br />
von Grundwissen über <strong>de</strong>n christlichen<br />
Glauben wie auch <strong>de</strong>n Erwerb<br />
religiöser Wahmehmungs-,<br />
Urteils- und Verständigungsfähigkeit<br />
för<strong>de</strong>rn. Die Kirchlichen<br />
Richtlinien machen allerdings<br />
auch <strong>de</strong>utlich, dass Bildungsstandards<br />
nur einen Teil <strong>de</strong>r Ziele <strong>de</strong>s<br />
katholischen Religionsunterrichts<br />
beschreiben. Im Religionsunterricht<br />
geht es nicht nur um die Vermittlung<br />
von Kenntnissen und Fähigkeiten.<br />
Vielmehr sollen auch<br />
christliche Grun<strong>de</strong>instellungen<br />
und Haltungen eingeübt wer<strong>de</strong>n,<br />
wie zum Beispiel Dankbarkeit,<br />
Wachheit für letzte Fragen und<br />
Sensibilität für das Lei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rer.<br />
Einstellungen und Haltungen<br />
sind nicht im selben Maße lehrbar<br />
wie Kenntnisse und Fähigkeiten.<br />
Eine beson<strong>de</strong>re Rolle kommt auch<br />
neu nach <strong>de</strong>r katechetischen Dimension<br />
<strong>de</strong>s Religionsunterrichts und nach<br />
<strong>de</strong>m Verhältnis von Katechese und Religionsunterricht<br />
zu fragen.<br />
In <strong>de</strong>n letzten Jahren hat die Schulpastoral<br />
zunehmend an Be<strong>de</strong>utung gewonnen.<br />
In ihrem Bemühen um eine<br />
humane Gestaltung <strong>de</strong>s Lebensraums<br />
Schule eröffnet sie auch Erlebnis- und<br />
Erfahrungsräume für das Gemein<strong>de</strong>leben.<br />
Damit dies gelingen kann, bedarf<br />
die Schulpastoral <strong>de</strong>r Vernetzung mit<br />
an<strong>de</strong>ren Lernorten <strong>de</strong>s Glaubens, insbeson<strong>de</strong>re<br />
mit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>. Die gelingen<strong>de</strong><br />
Zusammenarbeit von Religionsunterricht,<br />
Schulpastoral und Gemein<strong>de</strong>katechese<br />
erfor<strong>de</strong>rt jedoch von allen Beteiligten<br />
eine verstärkte Kooperationsbereitschaft.<br />
<strong>de</strong>m Verhalten <strong>de</strong>r Lehrerinnen und<br />
Lehrer und <strong>de</strong>r Schulkultur zu. Denn<br />
Schule hat nicht nur einen Bildungs-,<br />
son<strong>de</strong>rn auch einen Erziehungsauftrag.<br />
Quelle: Pressemitteilung VKRG
Der <strong>Limburg</strong>er Dom auf DVD<br />
Das Domkapitel präsentiert <strong>de</strong>n Georgsdom<br />
als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Bau<strong>de</strong>nkmal<br />
und lebendigen Ort <strong>de</strong>r Liturgie –Erstmals<br />
gibt es auch eine ausführliche Darstellung<br />
im Internet.<br />
LIMBURG – Dom<strong>de</strong>kan Weihbischof<br />
Gerhard Pieschl hat am Mittwoch,<br />
24. November 2004, in <strong>Limburg</strong> die neue<br />
DVD „Der <strong>Limburg</strong>er Dom“ vorgestellt.<br />
Pünktlich zum Beginn <strong>de</strong>s neuen Kirchenjahres<br />
am Ersten Advent kann man<br />
damit <strong>de</strong>n <strong>Limburg</strong>er Dom nicht nur vor<br />
Ort und in Büchern erleben, son<strong>de</strong>rn auch<br />
auf einem audio-visuellen Medium. Das<br />
<strong>Limburg</strong>er Domkapitel präsentiert <strong>de</strong>r<br />
Öffentlichkeit eine umfassen<strong>de</strong> Darstellung<br />
<strong>de</strong>s <strong>Limburg</strong>er Domes auf DVD.<br />
Mehr als 90 Minuten Bild und Ton zeigen<br />
<strong>de</strong>n Dom aus Perspektiven, die auch <strong>de</strong>r<br />
mit <strong>de</strong>m Bauwerk vertraute Besucher<br />
nicht kennt. 15 Kapitel und 85 Szenen erzählen<br />
die Geschichte <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>s<br />
Doms und geben einen lebendigen Einblick<br />
in das heutige kirchliche und liturgische<br />
Leben in <strong>de</strong>m Gotteshaus hoch<br />
über <strong>de</strong>r Lahn. Wie Weihbischof Pieschl<br />
bei <strong>de</strong>r Vorstellung <strong>de</strong>r DVD betonte,<br />
war gera<strong>de</strong> dies <strong>de</strong>r Grund für das Domkapitel,<br />
das aufwändige Projekt anzugehen:<br />
„Der Dom ist mehr als ein Architektur<strong>de</strong>nkmal<br />
von europäischem Rang, er<br />
ist lebendige Kirche. In<strong>de</strong>m die DVD<br />
zeigt, wie <strong>de</strong>r Glaube im Dom gelebt<br />
wird, ist sie auch missionarisch. Sie will<br />
neue Zugänge zur Liturgie und zum<br />
Glauben eröffnen“. Realisiert wur<strong>de</strong> das<br />
Projekt von <strong>de</strong>r Wiesba<strong>de</strong>ner Firma „einfallsreich“,<br />
die auch die neuen Internetseiten<br />
unter <strong>de</strong>r Interneadresse www.<strong>Limburg</strong>erDom.<strong>de</strong><br />
gestaltete.<br />
Ausmalung hautnah<br />
Die DVD versucht nachzuvollziehen,<br />
was vor elfhun<strong>de</strong>rt Jahren einen Ritter namens<br />
Konrad Kurzbold bewegte, eine<br />
Stiftskirche zu bauen. Eine Spielszene portraitiert<br />
<strong>de</strong>n Stifter selbst und seine Lebensumstän<strong>de</strong>.<br />
Anhand charakteristischer<br />
Merkmale <strong>de</strong>r romanischen und gotischen<br />
Architektur wird gezeigt, dass <strong>de</strong>r Dom<br />
bei<strong>de</strong> Stilrichtungen einzigartig vereint.<br />
Die vielfältige Ausmalung <strong>de</strong>s<br />
Innenraums, die auf so lebendige<br />
Weise von <strong>de</strong>n Aposteln, Heiligen<br />
und Märtyrern erzählt, wird<br />
<strong>de</strong>m Auge <strong>de</strong>s Betrachters näher<br />
gebracht als es <strong>de</strong>r Besuch im<br />
Dom vermag. Die DVD schil<strong>de</strong>rt,<br />
wie die verschie<strong>de</strong>nen Epochen<br />
<strong>de</strong>n Dom im Sinne ihrer jeweils<br />
eigenen Ästhetik renovierten<br />
und sich die Ausstattung <strong>de</strong>s<br />
Gotteshauses mit <strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r religiösen Riten wan<strong>de</strong>lte.<br />
Wer weiß heute noch, dass<br />
fast vierhun<strong>de</strong>rt Jahre lang eine<br />
Wand <strong>de</strong>n Innenraum zum Altar<br />
hin abtrennte? Die DVD stellt<br />
auch Orte vor, die Besuchern<br />
nicht zugänglich sind: Triforium,<br />
Türme und Dachstuhl.<br />
Lebendiger Ort <strong>de</strong>r Liturgie<br />
Der <strong>Limburg</strong>er Dom ist kein Museum,<br />
son<strong>de</strong>rn ein Ort <strong>de</strong>r Zusammenkunft. Die<br />
DVD zeigt an vielen Beispielen <strong>de</strong>n lebendigen<br />
Dom, das Haus Gottes unter <strong>de</strong>n<br />
Menschen. Sie gibt Einblick in unterschiedliche<br />
Formen <strong>de</strong>r Liturgie und <strong>de</strong>r musikalischen<br />
Gestaltung durch Chor und Orgel.<br />
Wenig vertraut ist heute, dass <strong>de</strong>r<br />
Dom auch eine Grabstätte ist. In ihm liegen<br />
Chorherren und Stifter aus vergangenen<br />
Zeiten begraben, <strong>de</strong>ren Grabmale die<br />
Wän<strong>de</strong> schmücken. Auch die Bischöfe<br />
von <strong>Limburg</strong> fan<strong>de</strong>n im Dom ihre letzte<br />
Ruhestätte. Anhand <strong>de</strong>r Kurzbiographien<br />
<strong>de</strong>r bisherigen elf Bischöfe von <strong>Limburg</strong><br />
vermittelt die DVD auch die Geschichte<br />
<strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s <strong>Limburg</strong>.<br />
Ein Geschenk für viele<br />
Damit richtet sich die DVD an verschie<strong>de</strong>nste<br />
Interessentengruppen, an <strong>de</strong>r<br />
Kirche fern Stehen<strong>de</strong> wie an Gemein<strong>de</strong>mitglie<strong>de</strong>r,<br />
die das ihnen bekannte Gebäu<strong>de</strong><br />
neu erleben. Der Laie lernt Architekturstile<br />
vergangener Epochen kennen,<br />
auf eine Art, die auch für Experten interessant<br />
ist. Die DVD eignet sich als Geschenk<br />
für jene, die sich für die Kirche<br />
o<strong>de</strong>r die Stadt <strong>Limburg</strong> interessieren, als<br />
Souvenir für die, die Stadt und Dom bei<br />
<strong>de</strong>r Durchreise kennen lernen o<strong>de</strong>r aber<br />
für das Thema Kirchenraumpädagogik<br />
im Religionsunterricht.<br />
Im Unterschied zum klassischen Vi<strong>de</strong>o<br />
kann <strong>de</strong>r Benutzer Abfolge und Nutzungsintensität<br />
selbst bestimmen. Interaktiv<br />
eben. Wie ein Buch bietet die DVD<br />
genügend Material, um sie immer wie<strong>de</strong>r<br />
in die Hand zu nehmen und dabei etwas<br />
Neues zu ent<strong>de</strong>cken. Text und Sprache<br />
können sowohl in Deutsch als auch in<br />
Englisch gewählt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die DVD kaufen:<br />
Die DVD ist zum Preis von 24.95<br />
EUR im <strong>Limburg</strong>er Dom und an <strong>de</strong>r<br />
Pforte <strong>de</strong>s Bischöflichen Ordinariates<br />
erhältlich. Alle im Religionsunterricht<br />
im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> Tätigen können<br />
die DVD zum Son<strong>de</strong>rpreis von 21.50<br />
EUR (zzgl. Porto & Verpackung) im<br />
Online-Shop <strong>de</strong>s Dezernates Schule<br />
und Hochschule erwerben.<br />
Darüber hinaus kann die DVD bestellt<br />
wer<strong>de</strong>n per E-Mail schule@<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
o<strong>de</strong>r telefonisch unter<br />
06431/295424.<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
61
Bestell-Liste<br />
Themen <strong>de</strong>r Hefte 1980 – 2005<br />
Die nachfolgen<strong>de</strong>n Hefte können, solange <strong>de</strong>r Vorrat reicht, nachbestellt wer<strong>de</strong>n:<br />
Jahrgang 1980<br />
Heft 1/2: *Audiovisuelle Medien<br />
Heft 3: * Die Bibel im Religionsunterricht<br />
Heft 4: Jesus Christus – Gott wird Mensch ❏<br />
Jahrgang 1981<br />
Heft 1/2: Beten in <strong>de</strong>r Schule ❏<br />
Heft 3: Im Dialog ❏<br />
Heft 4: Für euch und für alle ❏<br />
Jahrgang 1982<br />
Heft 1/2: Religiöse Erziehung in <strong>de</strong>r Eingangsstufe ❏<br />
Heft 3: Religionsunterricht in <strong>de</strong>r Primarstufe ❏<br />
Heft 4: * Religionsunterricht<br />
Jahrgang 1983<br />
Heft 1: * Katholische Soziallehre<br />
Heft 2/3:* Nehmet einan<strong>de</strong>r an ...<br />
Heft 4: * Das Reich Gottes ist nahe ... (Mk 1.15)<br />
Jahrgang 1984<br />
Heft 1/2:* Maria<br />
Heft 3: * Das Kirchenjahr<br />
Heft 4: * Lebenswege – Glaubenswege<br />
Jahrgang 1985<br />
Heft 1/2:* 750 Jahre <strong>Limburg</strong>er Dom<br />
Heft 3: * Theologie <strong>de</strong>r Befreiung<br />
Heft 4: Armuts-Bewegungen ❏<br />
Jahrgang 1986<br />
Heft 1/2: Kirche im Aufbruch ❏<br />
Heft 3: Christen und Ju<strong>de</strong>n ❏<br />
Heft 4: Mit Wi<strong>de</strong>rsprüchen leben ❏<br />
Jahrgang 1987<br />
Heft 1/2:* Christen und Muslime<br />
Heft 3: * Christen und New Age<br />
Heft 4: Christen und Schöpfung ❏<br />
Jahrgang 1988<br />
Heft 1: Afrika begegnen – MISEREOR ‘88 ❏<br />
Heft 2/3: Schule und Leben ❏<br />
Heft 4: * Mystik und Politik<br />
Jahrgang 1989<br />
Heft 1/2: Brennpunkt: Religionsunterricht ❏<br />
Heft 3: * Sakramente im Religionsunterricht<br />
Heft 4: * Der lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mensch – Der lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Gott<br />
Jahrgang 1990<br />
Heft 1: * Paulus – Der Lehrer<br />
Heft 2/3:* Religion und Musik<br />
Heft 4: * Impulse für die Kirche<br />
Jahrgang 1991<br />
Heft 1/2: *Prophetinnen und Propheten im<br />
Religionsunterricht<br />
Heft 3: Mitwelt – Schöpfung ❏<br />
Heft 4: Neue Re<strong>de</strong> von Maria ❏<br />
Jahrgang 1992<br />
Heft 1/2:* Herausfor<strong>de</strong>rung Islam<br />
Heft 3: * Biotechnik und Ethik<br />
Jahrgang 1993<br />
Heft 1: Qumran Essener Jesus ❏<br />
Heft 2/3:* Sterben / Tod / Eschatologie<br />
Heft 4: Religionsunterricht und Literatur ❏<br />
Jahrgang 1994<br />
Heft 1: * Fundamentalismus in Gesellschaft<br />
und Kirche<br />
Heft 2: * Von Gott re<strong>de</strong>n im Religionsunterricht<br />
Heft 3: Kirchengeschichte im Religionsunterricht ❏<br />
Heft 4: Das Erste Tesament und die Christen ❏<br />
Jahrgang 1995<br />
Heft 1: „Wenn die Kirche zur Schule geht ...“ ❏<br />
Heft 2: „Ich wer<strong>de</strong> von meinem Geist ausgießen<br />
über alles Fleisch“ (Apg 2,17) ❏<br />
Heft 3: Gespeicherte Erinnerung –<br />
Das Museum als Lernort ❏<br />
Heft 4: „Ich war hungrig; und ihr ...“ (Mt 25,35; 42)<br />
Vom Umgang mit <strong>de</strong>r Armut ❏<br />
Anzahl Anzahl<br />
Jahrgang 1996<br />
Heft 1: „Ihr seid zur Freiheit berufen ...“ (Gal 5,13)<br />
Er-löst! ❏<br />
Heft 2: „Er stellte ein Kind in ihre Mitte ...“ (Mt 18,1) ❏<br />
Heft 3: „... und spielte vor ihm allezeit.“ (Spr. 8,30 b) ❏<br />
Heft 4: Konfessionalität <strong>de</strong>s Religionsunterrichts ❏<br />
Jahrgang 1997<br />
Heft 1: * „Und vergib uns unsere Schuld.“ (Mt 6,12)<br />
Heft 2: * Alternativ leben<br />
Heft 3: * Mit mehr Sinn(en) leben<br />
Heft 4: „Typisch Mädchen?“<br />
Mädchenerziehung in <strong>de</strong>r Schule ❏<br />
Jahrgang 1998<br />
Heft 1: „Kehrt um, damit ihr am Leben bleibt!“<br />
(Ez 18,32) ❏<br />
Heft 2: „Vergesst mir die Berufsschüler nicht“ ❏<br />
Heft 3: Gemeinschaft <strong>de</strong>r Heiligen. Große Gestalten <strong>de</strong>s<br />
<strong>Bistum</strong>s und ihre Wirkung in unserer Zeit ❏<br />
Heft 4: * Ju<strong>de</strong>n – Muslime – Christen.<br />
Die drei Kin<strong>de</strong>r in Abrahams Schoß<br />
Jahrgang 1999<br />
Heft 1: Gottes Er<strong>de</strong> – Zum Wohnen gemacht.<br />
Unsere Verantwortung für die Schöpfung ❏<br />
Heft 2: En<strong>de</strong>? Apokalyptische Visionen in<br />
Vergangenheit und Gegenwart ❏<br />
Heft 3: Begegnungen mit <strong>de</strong>m Buddhismus ❏<br />
Heft 4: Jugendliche I<strong>de</strong>ntität–Christlicher Glaube ❏<br />
Jahrgang 2000<br />
Heft 1: * Heiliges Jahr 2000<br />
Heft 2: * RU online. Neue Medien im Religionsunterricht<br />
Heft 3: Kirchenraum als Lernort ❏<br />
Heft 4: „Schwarz greift ein“. Vom kritischen Verhältnis<br />
kirchlicher Religiosität zur „civil religion“ ❏<br />
Jahrgang 2001<br />
Heft 1: * Erinnerung für die Zukunft.<br />
Kirchengeschichte im Religionsunterricht<br />
Heft 2: * Religionsunterricht – Da steckt Musik drin<br />
Heft 3: * Chancen sehen – Der Religionsunterricht <strong>de</strong>r<br />
Zukunft<br />
Heft 4: * Auf <strong>de</strong>r Suche nach einer lebendigen<br />
Mystik<br />
Jahrgang 2002<br />
Heft 1: * In <strong>de</strong>r Spur <strong>de</strong>s Auferstan<strong>de</strong>nen –<br />
leiblich auferstehen<br />
Heft 2: „Das wäre ja gelacht!“ Humor und<br />
Komik im Religionsunterricht ❏<br />
Heft 3: * Perspektivenwechsel – Behin<strong>de</strong>rung mit<br />
an<strong>de</strong>ren Augen sehen<br />
Heft 4: Was ist schief an PISA? ❏<br />
Jahrgang 2003<br />
Heft 1: * Der achte Schöpfungstag?<br />
Heft 2: * „Nimm und lies!“<br />
Heft 3: Zeit für die Zeit ❏<br />
Heft 4: Der Sinn für die Fülle ❏<br />
Jahrgang 2004<br />
Heft 1: Ars moriendi – Ars vivendi. ❏<br />
Heft 2: Philosophieren mit Kin<strong>de</strong>rn<br />
im Religionsunterricht. ❏<br />
Heft 3: Einfach fantastisch!<br />
Das Fantastische im Religionsunterricht. ❏<br />
Heft 4: Erstaunliche Nähe – bedrängen<strong>de</strong> Ferne<br />
Der Islam im Verhältnis zum Christentum. ❏<br />
Jahrgang 2005<br />
Heft 1: Bewegung Gottes – Wege <strong>de</strong>s Pilgerns ❏<br />
* Diese Ausgaben sind vergriffen.<br />
Alle Ausgaben ab Jahrgang 1998 sind als PDF-Dateien im<br />
Internet unter www.ifrr.<strong>de</strong> erhältlich.<br />
je Ausgabe † 2.00<br />
<strong>INFO</strong><br />
Name<br />
Vorname<br />
Schule<br />
Straße<br />
PLZ/Ort<br />
Telefon<br />
Bitte ausfüllen, kopieren<br />
und faxen an:<br />
06431/295-237<br />
o<strong>de</strong>r per Post sen<strong>de</strong>n an:<br />
Dezernat<br />
Schule und Hochschule<br />
Bischöfliches Ordinariat<br />
<strong>Limburg</strong><br />
Dipl.-Theol. Martin W. Ramb<br />
Postfach 1355<br />
65533 <strong>Limburg</strong>
Weltjugendtag 2005<br />
„Wir sind gekommen, ihn anzubeten“<br />
Bei <strong>de</strong>r Fahrt <strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s zum<br />
Weltjugendtag nach Köln wer<strong>de</strong>n aus<br />
Gastgebern Gäste<br />
„Wir sind gekommen, ihn anzubeten“<br />
lautet auch das Motto <strong>de</strong>s XX.<br />
Weltjugendtags, <strong>de</strong>r vom 15. – 21. August<br />
2005 in Köln und vorher, vom 11.<br />
bis 15. August 2005, in allen <strong>de</strong>utschen<br />
Bistümern (Tage <strong>de</strong>r Begegnung) stattfin<strong>de</strong>n<br />
wird. Das ist gewiss kein Zufall,<br />
zumal die Heiligen Drei Könige als<br />
Schutzpatrone von Dom, Stadt und<br />
<strong>Bistum</strong> für Köln eine ganz beson<strong>de</strong>re<br />
Be<strong>de</strong>utung haben.<br />
Das <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> veranstaltet<br />
für Jugendliche aus <strong>de</strong>r Diözese eine<br />
eigene Gruppenfahrt zu diesem Treffen<br />
<strong>de</strong>r Weltkirche. Dr. Christof Strü<strong>de</strong>r,<br />
Jugendpfarrer in <strong>de</strong>n Bezirken Westerwald<br />
und Rhein-Lahn, übernimmt, stellvertretend<br />
für das Dezernat Jugend, die<br />
Leitung dieser Fahrt:<br />
WJT: Herr Strü<strong>de</strong>r, <strong>Limburg</strong> liegt so<br />
nah an Köln. Was macht da <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren<br />
Reiz einer „<strong>Bistum</strong>sfahrt“ aus?<br />
Strü<strong>de</strong>r: Bei einer so einmaligen<br />
Gelegenheit wie <strong>de</strong>m Weltjugendtag<br />
ganz in unserer Nähe sollten Jugendliche<br />
und Erwachsene aus unserem <strong>Bistum</strong><br />
natürlich als erkennbare Gruppe<br />
dabei sein. Köln bietet uns die Gelegenheit,<br />
Weltkirche zu erfahren und<br />
gleichzeitig unser eigenes <strong>Bistum</strong> neu<br />
zu erleben. Begegnung fin<strong>de</strong>t ja nicht<br />
nur nach außen statt, son<strong>de</strong>rn auch nach<br />
innen, und so eine Fahrt kann zur Begegnung<br />
mit einer bisher nicht gekannten<br />
o<strong>de</strong>r nicht wahrgenommenen „jungen<br />
<strong>Limburg</strong>er Kirche“ wer<strong>de</strong>n. Unsere<br />
<strong>Limburg</strong>er Gruppe wird sich durch<br />
äußere Erkennungszeichen wie z.B.<br />
Fahnen und T-Shirts als einheitliche<br />
Gruppe präsentieren. Es ist bestimmt<br />
eine beson<strong>de</strong>re Motivation, sich als<br />
<strong>Bistum</strong> unter Bistümern weltweit zu erleben.<br />
Außer<strong>de</strong>m hat so ein Großereignis<br />
immer ein ganz beson<strong>de</strong>res Flair.<br />
Weltkirche erhält auf einmal Gesichter,<br />
Gerüche, Sprachen, Lie<strong>de</strong>r, und man<br />
selbst ist ein Teil davon.<br />
Was ist das Beson<strong>de</strong>re an einem<br />
Weltjugendtag in Köln?<br />
Köln hat mit seinen vielen alten<br />
Kirchen ein beson<strong>de</strong>res katholisches<br />
Erbe, das es sich bewusst zu machen<br />
lohnt – <strong>de</strong>r Dom ist übrigens eine <strong>de</strong>r<br />
jüngeren Kölner Kirchen. Viele Gäste<br />
wer<strong>de</strong>n davon beeindruckt sein, was<br />
für eine lange Tradition die <strong>de</strong>utsche<br />
Kirche schon hat. Umgekehrt können<br />
wir uns von <strong>de</strong>r Frische vieler an<strong>de</strong>rer<br />
Ortskirchen anstecken lassen. Diese<br />
Vielfalt wird in Köln besser erfahrbar<br />
sein als in manch einer an<strong>de</strong>ren Stadt.<br />
Die Weltjugendtagsfahrt ist als „Pilgerreise“<br />
zu verstehen. Was be<strong>de</strong>utet das<br />
und welche Rolle spielen die „Heiligen<br />
Drei Könige“?<br />
Die „Heiligen Drei Könige“ waren<br />
so etwas wie die ersten Christuspilger.<br />
Seit <strong>de</strong>m Mittelalter befin<strong>de</strong>n sich in<br />
Köln ja ihre Reliquien. Unsere Fahrt<br />
wird aber kein Pilgerweg zu diesen Reliquien<br />
sein, son<strong>de</strong>rn wir folgen <strong>de</strong>m<br />
Beispiel <strong>de</strong>r Könige: „Wir sind gekommen,<br />
ihn anzubeten“, d.h. wir<br />
vollziehen das nach, was Kaspar, Melchior<br />
und Balthasar auch schon getan<br />
haben.<br />
Wie sieht das „Anbeten“ aus?<br />
„Anbeten“ passiert nicht von sich<br />
aus, son<strong>de</strong>rn ist ein Weg, <strong>de</strong>r beschritten<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Pilgern in diesem<br />
Sinne heißt auch, wegzugehen von <strong>de</strong>n<br />
Dingen, die man sonst um sich hat, um<br />
sich ganz auf das eine, nämlich „ihn“,<br />
Jesus Christus, zu konzentrieren. Aus<br />
meinen eigenen Pilgererfahrungen, wie<br />
z.B. auf <strong>de</strong>m Jakobsweg nach Spanien,<br />
weiß ich, wie wichtig es ist, dass man<br />
als Pilger möglichst wenige Dinge mit<br />
sich führt. So ist man erstmal selbst da,<br />
ohne Masken. Man ist ohne irgendwelche<br />
Statusmerkmale offener für Begegnungen<br />
mit an<strong>de</strong>ren Menschen und mit<br />
Gott.<br />
Wie wer<strong>de</strong>n die einzelnen Tage in<br />
Köln ablaufen?<br />
Wir sind als Gruppe möglichst nahe<br />
beieinan<strong>de</strong>r untergebracht. Vom<br />
Eröffnungsgottesdienst am Dienstag<br />
bis zur abschließen<strong>de</strong>n Papstmesse am<br />
Sonntag wird allen Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern ein volles Programm<br />
geboten. Es gibt je<strong>de</strong>n Tag Katechesen<br />
in <strong>de</strong>n einzelnen Sprachgruppen.<br />
Diese kann man als eine Art „Anspiel“<br />
verstehen, als Impuls für Gespräche<br />
mit Leuten, die man trifft. Ansonsten<br />
wird es ein Rahmenprogramm mit viel<br />
Musik und Begegnung geben. Donnerstags<br />
kommt <strong>de</strong>r Papst nach Köln<br />
und es fin<strong>de</strong>t eine Willkommensfeier<br />
auf <strong>de</strong>n Poller Rheinwiesen statt.<br />
Samstag Abend beginnt die Vigil, die<br />
Nachtwache mit <strong>de</strong>m Papst, die bis<br />
zum Abschlussgottesdienst am nächsten<br />
Morgen, also am 21. August dauern<br />
wird.<br />
Was wünschen Sie sich für <strong>de</strong>n Weltjugendtag<br />
und die Fahrt nach Köln?<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
63
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
64<br />
Zunächst einmal fin<strong>de</strong> ich es toll,<br />
dass wir mit <strong>de</strong>n vorhergehen<strong>de</strong>n Tagen<br />
<strong>de</strong>r Begegnung unsere Bereitschaft<br />
gezeigt haben, Gastgeber zu sein. Wir<br />
sollten es uns aber auch gönnen, selbst<br />
Gäste zu wer<strong>de</strong>n, um Weltkirche erfahren<br />
zu können. Ganz nach <strong>de</strong>m Motto:<br />
„Aus Gastgebern wer<strong>de</strong>n Gäste“.<br />
Ich glaube, dass <strong>de</strong>r Weltjugendtag<br />
eine positive Kirchenerfahrung vermitteln<br />
kann, eine junge Kirche auch in<br />
Deutschland, auch in unserem <strong>Bistum</strong><br />
und in unseren Gemein<strong>de</strong>n. Eine Kirche,<br />
die vielleicht bislang noch nicht so<br />
wahrgenommen wur<strong>de</strong>. Wir können<br />
und wer<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>n Papst als jeman<strong>de</strong>n<br />
erleben, <strong>de</strong>m viel an <strong>de</strong>n Jugendlichen<br />
liegt.<br />
Allem voran steht natürlich die spirituelle<br />
Dimension diese Treffens:<br />
Glaube kann etwas Beseelen<strong>de</strong>s sein.<br />
Das zu erfahren, dazu gibt es kein Patentrezept,<br />
son<strong>de</strong>rn da muss sich je<strong>de</strong>r<br />
selbst auf <strong>de</strong>n Weg machen.<br />
Und was be<strong>de</strong>utet dieses Ereignis<br />
für Sie ganz persönlich?<br />
Für mich persönlich war die Woche<br />
mit <strong>de</strong>m Weltjugendtagskreuz in unse-<br />
Helfer gesucht – Unterrichtsbaustein<br />
zur Werbung von Freiwilligen im Schulunterricht.<br />
„Gäste sind ein Segen“ – das ist das<br />
Motto für die Tage <strong>de</strong>r Begegnung im<br />
<strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong>. Aber Gäste machen<br />
auch Arbeit. Erst recht, wenn es viele<br />
sind. Für die Betreuung, Versorgung<br />
und Unterbringung von rund 15.000<br />
Gästen im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> will gesorgt<br />
sein. Neben Gastfamilien, die<br />
Übernachtungsmöglichkeiten anbieten,<br />
wer<strong>de</strong>n auch Freiwillige gesucht, die<br />
bei <strong>de</strong>r Organisation und Durchführung<br />
<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen kleineren und<br />
größeren Veranstaltungen mithelfen:<br />
Bei Organisation und Logistik wäh-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
rem <strong>Bistum</strong> im vergangenen<br />
September eine<br />
wichtige Erfahrung, weil<br />
ich gespürt habe, dass<br />
uns das zusammenbringt.<br />
Das Erlebnis <strong>de</strong>s<br />
Weltjugendtags kann<br />
mich darin bestätigen,<br />
dass die Entscheidung<br />
Priester zu wer<strong>de</strong>n und<br />
Jugendliche mit Jesus<br />
Christus in Kontakt zu<br />
bringen eine gute Sache<br />
war. Glaubensvermittlung<br />
ist ja kein eingleisiges<br />
Geschehen, in <strong>de</strong>m<br />
Sinne, dass <strong>de</strong>r Priester<br />
<strong>de</strong>n Glauben hat und<br />
ihn an diejenigen weitergibt,<br />
die ihn nicht haben.<br />
Glauben muss sich<br />
vielmehr ereignen und<br />
stattfin<strong>de</strong>n. Wenn Glaube<br />
geschieht, wird<br />
selbstverständlich auch<br />
<strong>de</strong>r Priester, dann wer<strong>de</strong> auch ich ganz<br />
persönlich darin bestärkt – und <strong>de</strong>r<br />
Papst übrigens auch.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Tage <strong>de</strong>r Begegnung im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong><br />
rend <strong>de</strong>r Tage <strong>de</strong>r Begegnung, wenn es<br />
darum geht, Gruppen auf <strong>de</strong>m Frankfurter<br />
Flughafen zu empfangen, zu dolmetschen,<br />
Stühle zu stellen, Tische zu<br />
rücken o<strong>de</strong>r als Ordner beim zentralen<br />
Abschlussgottesdienst in <strong>Limburg</strong> mitzuwirken.<br />
Je<strong>de</strong> helfen<strong>de</strong> Hand zählt.<br />
Gesucht wer<strong>de</strong>n junge Leute ab 16 Jahren,<br />
die sich einbringen wollen.<br />
Helferwebung im Religionsunterricht<br />
An die katholischen Religionslehrerinnen<br />
und Religionslehrer ergeht die<br />
beson<strong>de</strong>re Bitte, im Rahmen <strong>de</strong>s Unterrichts<br />
auf die Tage <strong>de</strong>r Begegnung hinzuweisen<br />
und die Möglichkeit, als freiwilliger<br />
Helfer mitzuwirken, herauszu-<br />
Das Interview führte Markus Dillmann.<br />
Weitere Informationen sind erhältlich<br />
unter: www.wjt2005.<strong>de</strong><br />
stellen. Das Engagement kann natürlich<br />
unterschiedlich sein. Der eine stellt<br />
sich vielleicht für drei Stun<strong>de</strong>n am<br />
Frankfurter Hauptbahnhof zur Verfügung,<br />
um ankommen<strong>de</strong>n Gruppen ihre<br />
Weiterreise zu erklären, ein an<strong>de</strong>rer<br />
nimmt sich eine Woche frei, um voll<br />
dabei zu sein. Je<strong>de</strong> Hilfe soll Platz haben,<br />
und kein Hilfsangebot ist zu klein!<br />
Online-Portal zur<br />
Freiwilligenregistrierung<br />
Unter <strong>de</strong>r Internetadresse www.wjtlimburg.<strong>de</strong><br />
steht eine Online-Software<br />
zur Verfügung, mit <strong>de</strong>r sich je<strong>de</strong>r Helfer<br />
registrieren kann und <strong>de</strong>tailliert die<br />
eigenen Möglichkeiten <strong>de</strong>s freiwilligen
Engagements angegeben kann. Es wäre<br />
schön, wenn möglichst viele Schüler<br />
über die Religionslehrerinnen und Religionslehrer<br />
zur Mithilfe aufgerufen<br />
wür<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r Arbeitsstelle Soziale<br />
Dienste im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> sind auch<br />
Flyer und Werbematerialien zur Helferwerbung<br />
im Unterricht abrufbar<br />
(Adresse untenstehend).<br />
Unterrichtsbausteine<br />
Ein weiterer Tipp: Auf <strong>de</strong>r Homepage<br />
<strong>de</strong>s Weltjugendtagsbüros in Köln<br />
lässt sich das Materialheft „Schule und<br />
Weltjugendtag“ herunterla<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m<br />
Unter <strong>de</strong>m Motto „Das Wesentliche<br />
fin<strong>de</strong>n“ ist eine Übersicht <strong>de</strong>r Exerzitienangebote<br />
<strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s <strong>Limburg</strong> für die<br />
Monate Januar bis Juli 2005 erschienen.<br />
Das Angebot reicht von Ignatianischen<br />
Einzelexerzitien über Exerzitien in<br />
Gemeinschaft, Meditation / Besinnung,<br />
Regelmäßig Meditationsangebote, Kurse<br />
zum Thema „Rhythmus – Atmen – Bewegung“,<br />
Tagesveranstaltungen bis hin<br />
zu Tagen <strong>de</strong>r Vorbereitung auf die Karund<br />
Ostertage sowie Pfingsten.<br />
Veranstaltungen<br />
PÄDAGOGISCHES<br />
<strong>de</strong>r Bistümer im Lan<strong>de</strong> Hessen<br />
Soweit nicht an<strong>de</strong>rs angegeben, fin<strong>de</strong>n alle Kurse im<br />
Wilhelm-Kempf-Haus, Wiesba<strong>de</strong>n-Naurod, statt.<br />
viele Tipps und Unterrichtsbausteine<br />
für <strong>de</strong>n Religionsunterricht in Sekundarstufe<br />
I und II zusammengestellt sind<br />
(http://www.wjt2005.<strong>de</strong>/uploads/media/<br />
Materialheft_SchuleWeltjugendtag_<br />
1714kb.pdf). Hier fin<strong>de</strong>t sich auch ein<br />
Unterrichtsbaustein zum Thema „Soziales<br />
Engagement“, mit <strong>de</strong>m die Helferwerbung<br />
für die Tage <strong>de</strong>r Begegnung<br />
in <strong>de</strong>n Unterricht eingebettet wer<strong>de</strong>n<br />
kann (Seite 73-79). Außer<strong>de</strong>m sind<br />
zahlreiche Informationen zum Weltjugendtag<br />
abrufbar. Ausführliche Informationen<br />
zu <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Begegnung<br />
im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> fin<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>r<br />
Homepage www.wjt-limburg.<strong>de</strong>.<br />
Falls keine beson<strong>de</strong>re Zielgruppe<br />
angegeben ist, richten sich die Angebote<br />
an alle Interessierten je<strong>de</strong>n Alters.<br />
Anmeldungen zu <strong>de</strong>n einzelnen Veranstaltungen<br />
erfolgen zumeist direkt bei<br />
<strong>de</strong>n jeweiligen Veranstaltern, bei <strong>de</strong>nen<br />
auch ausführlichere Programme<br />
erhältlich sind. Die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Adressen, Fon- und Fax-Nummern,<br />
E-Mail-Anschriften sind auf einer eigenen<br />
Übersichtsseite <strong>de</strong>s Faltblattes<br />
enthalten. BM<br />
Informationen, Materialien und weitere<br />
Auskünfte zum Bereich Freiwilligenwerbung<br />
für die Tage <strong>de</strong>r Begegnung<br />
im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> erhalten sie<br />
bei:<br />
Dr. Matthias Rompel, Arbeitsstelle<br />
Soziale Dienste im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong>,<br />
Fon 06431-997-331<br />
Matthias.Rompel@soziale-dienste.net<br />
Michael Ziegler, Arbeitsstelle Soziale<br />
Dienste im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong>,<br />
Fon 06431-997-333<br />
Michael.Ziegler@soziale-dienste.net<br />
Das Wesentliche fin<strong>de</strong>n Meditation – Besinnung – Exerzitien<br />
im <strong>Bistum</strong> <strong>Limburg</strong> – Januar bis Juli 2005<br />
Das Faltblatt kann bestellt wer<strong>de</strong>n bei:<br />
Diözese <strong>Limburg</strong>,<br />
Referat Exerzitien,<br />
Roncalli-Haus,<br />
Friedrichstraße 26-28,<br />
65185 Wiesba<strong>de</strong>n<br />
Fon: 0611/174-124;<br />
Fax: 0611/174-122;<br />
t.schumacher@roncallihaus.<strong>de</strong><br />
PZ 37/2005<br />
18.04.2005, 14.30 Uhr, bis 20.04.2005, 13.00 Uhr<br />
Zeit zu han<strong>de</strong>ln:<br />
Grundschulentwicklung voran bringen<br />
Die Praxis in <strong>de</strong>n Blick genommen<br />
Prof. Dr. Wilhelm Wittenbruch, Altenberge; u.a.<br />
Rektoren/-innen und Lehrer/-innen <strong>de</strong>r Grundschule<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 38/2005<br />
18.04.2005, 14.30 Uhr, bis 20.04.2005, 13.00 Uhr<br />
Exerzitien und Bildungshaus <strong>de</strong>r Pallottinerinnen,<br />
<strong>Limburg</strong><br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
65
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
66<br />
Lernen lernen<br />
Lerntechniken und -strategien im Unterricht <strong>de</strong>r Sek l<br />
und Sek II<br />
Elfrie<strong>de</strong> und Hartmut Eckhardt, Kassel; Uwe Reiners, Kassel; N. N.<br />
Lehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l und Sek II<br />
Eigenkostenanteil: 40.00 €<br />
PZ 39/2005<br />
21.04.2005, 10.00 Uhr, bis 22.04.2005, 18.00 Uhr<br />
Erbacher Hof, Mainz<br />
Message biblique Marc Chagall<br />
Biblische Botschaft in Bil<strong>de</strong>rn ent<strong>de</strong>cken<br />
Sabine Tischbein, Wiesba<strong>de</strong>n-Naurod<br />
Religionslehrer/-innen und interessierte Kollegen/-innen<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 40/2005<br />
22.04.2005, 18.00 Uhr, bis 23.04.2005, 18.00 Uhr<br />
Spiritualität und Konfliktfähigkeit. Modul 3<br />
Das Heilsame <strong>de</strong>r spirituellen Grun<strong>de</strong>rfahrung im Dialog<br />
Dr. Isol<strong>de</strong> Macho-Wagner, Idstein; Thomas Wagner, <strong>Limburg</strong><br />
Lehrer/-innen aller Schularten; Erzieher/-innen; Eltern<br />
Eigenkostenanteil: 195.00 € (für 5 Module)<br />
PZ 41/2005<br />
25.04.2005, 14.30 Uhr, bis 27.04.2005, 13.00 Uhr<br />
Ein guter Gott, <strong>de</strong>r lei<strong>de</strong>n lässt ? –<br />
Nein danke?<br />
Das Ringen um eine Theodizee – empfindliche<br />
Gottesre<strong>de</strong> in Theologie und Religionsunterricht<br />
Prof. Dr. Hans Kessler, Frankfurt; Dr. Klaus v. Stosch, Köln;<br />
Dr. Paul Platzbecker, Wiesba<strong>de</strong>n-Naurod<br />
Ethik-, Philosophie- und Religionslehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l und Sek II<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 42/2005<br />
27.04.2005, 10.00 Uhr, bis 29.04.2005, 13.00 Uhr<br />
Wer<strong>de</strong>, die (<strong>de</strong>r) du bist<br />
Rolle und I<strong>de</strong>ntität im Lehrer/-innen-Beruf<br />
Astrid Reinhardt, Gießen<br />
Lehrer/-innen aller Fächer und Schularten<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 43/2005<br />
11.05.2005, 14.30 Uhr, bis 13.05.2005, 13.00 Uhr<br />
Lösungen (er)fin<strong>de</strong>n<br />
Anstrengen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r und schwierige Situationen in<br />
<strong>de</strong>r Schule aus systematischer Sicht<br />
Monika Bohn, Oberursel<br />
Lehrer/-innen aller Fächer und Schularten<br />
Eigenkostenanteil: 35.00 €<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
PZ 44/2005<br />
18.05.2005, 14.30 Uhr, bis 20.05.2005, 17.30 Uhr<br />
Evangelisch-katholische Gemeinschaftsprojekte<br />
im Religionsunterricht <strong>de</strong>r Sek l<br />
Bewahrung <strong>de</strong>r Schöpfung<br />
Gabrile Sies, Kronberg; Dr. Paul Platzbecker, Wiesba<strong>de</strong>n-Naurod;<br />
Prof. Dr. Hans Kessler, Frankfurt; Gregor Beckers, Wuppertal<br />
Religionslehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 45/2005<br />
20.05.2005, 18.00 Uhr, bis 21.05.2005, 18.00 Uhr<br />
Spiritualität und Konfliktfähigkeit. Modul 4<br />
Der Konflikt als existenzielle Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
Dr. Isol<strong>de</strong> Macho-Wagner, Idstein; Thomas Wagner, <strong>Limburg</strong><br />
Lehrer/-innen aller Schularten; Erzieher/-innen; Eltern<br />
Eigenkostenanteil: 195.00 € (alle 5 Module)<br />
PZ 46/2005<br />
26.05,2005, 10.00 Uhr, bis 28.05.2005, 18.00 Uhr<br />
Bun<strong>de</strong>szentrum Deutsche Pfadfin<strong>de</strong>rschaft St. Georg,<br />
Westernohe/Westerwald<br />
Erlebnispädagogik in <strong>de</strong>r Schule l<br />
Gerhard Röthig, Irmtraut; Michael Vyskocil, Rennerod<br />
Lehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek I und II und an berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen<br />
Eigenkostenanteil: 45.00 €<br />
PZ 47/2005<br />
30.05.2005, 14.30 Uhr, bis 01.06.2005, 13.00 Uhr<br />
Mystagogie für Kin<strong>de</strong>r<br />
Religionsunterricht in <strong>de</strong>r Grundschule: Auf <strong>de</strong>r<br />
Suche nach neuen Wegen<br />
Katharina Sauer, BO <strong>Limburg</strong><br />
Lehrer/-innen an Grundschulen und alle in Pastoralen Diensten <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong>arbeit Tätige, Engagierte und Interessierte<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 48/2005<br />
01.06.2005, 14.30 Uhr, bis 03.06.2005, 13.00 Uhr<br />
Das „wahre" En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r DDR?<br />
„Good bye, Lenin!" und die mediale Vermittlung von<br />
Geschichte im Film<br />
Klaus Fieberg, Leverkusen<br />
Gemeinschaftskun<strong>de</strong>- und Geschichtslehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l und Sek II<br />
Eigenkostenanteil: 30.00 €<br />
PZ 49/2005<br />
07.06.2005, 14.30 Uhr, bis 08.06.2005, 17.30 Uhr<br />
Lesen, Schreiben und Sprechen auf <strong>de</strong>r<br />
Grundlage französischer Kriminalliteratur<br />
(Daeninx, Friot, Simenon ...)
Dr. Hans Ludwig Krechel, Königswinter<br />
Französischlehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l und Sek II<br />
Eigenkostenanteil: 25.00 €<br />
PZ 50/2005<br />
10.06.2005, 14.30 Uhr, bis 11.06.2005, 16.00 Uhr<br />
Große Kunst für kleine Leute<br />
Kin<strong>de</strong>r spielerisch in ihrer Wahrnehmung und<br />
Kreativität för<strong>de</strong>rn<br />
Jakobine Wierz, Trier<br />
Erzieher/-innen und Grundschullehrer/-innen<br />
Eigenkostenanteil: 25.00 €<br />
PZ 51/2005<br />
17.06.2005, 18.00 Uhr, bis 18.06.2005, 18.00 Uhr<br />
Spiritualität und Konfliktfähigkeit. Modul 5<br />
Spirituelle Wege als Tor zum Ich<br />
Dr. Isol<strong>de</strong> Macho-Wagner, Idstein; Thomas Wagner, <strong>Limburg</strong><br />
Lehrer/-innen aller Schularten; Erzieher/-innen; Eltern<br />
Eigenkostenanteil: 195.00 € (für alle 5 Module)<br />
PZ 52/2005<br />
22.06.2005, 14.30 Uhr, bis 24.06.2005, 13.00 Uhr<br />
Stimmt's? Stimmbildung für die Sing- und<br />
Sprechstimme<br />
Körper-, Atem- und Klangübungen; Artikulation,<br />
Atem und Körpersprache<br />
Katharina Fritz, Mainz<br />
Lehrer/-innen <strong>de</strong>r Grundschule und Sek l<br />
Eigenkostenanteil: 45.00 €<br />
PZ 53/2005<br />
24.06.2005, 14.30 Uhr, bis 25.06.2005, 18.00 Uhr<br />
Woher kommt das Böse ?<br />
Theologische und philosophische Reflexionen über<br />
Anfang und En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Phänomens <strong>de</strong>s Bösen<br />
Dr. Bernd J. Claret, Karlsruhe<br />
Ethik-, Philosophie- und Religionslehrer/-innen <strong>de</strong>r Sek l und Sek II<br />
Eigenkostenanteil: 20.00 €<br />
Weitere IInnffoorrmmaattiioonneenn zu <strong>de</strong>n KKuurrsseenn fin<strong>de</strong>n Sie auf <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>s Pädagogischen Zentrums: wwwwww..ppzz--hheesssseenn..d<strong>de</strong>e ab ca. 2 Monate<br />
vor Kursbeginn. SScchhrriiffttlliicchhee AAnnmmeelldduunnggeenn wer<strong>de</strong>n umgehend erbeten, spätestens jedoch bis vviieerr Wochen vor Lehrgangsbeginn an:<br />
PPääddaaggooggiisscchheess ZZeennttrruumm d<strong>de</strong>err BBiissttüümmeerr iimm LLaannd<strong>de</strong>e HHeesssseenn,, WWiillhheellmm--KKeemmppff--HHaauuss,, 6655220077 WWiieessbbaad<strong>de</strong>enn--NNaauurroodd.. Fon: 0 61 27 / 7 72 85; Fax: 0 61<br />
27 / 7 72 46; E-Mail: anmeldung@pz-hessen.<strong>de</strong>. Anmeldung auch über die Homepage: www.pz-hessen.<strong>de</strong>, entsprechen<strong>de</strong>n Kurs<br />
anklicken, dann auf „Anmeldung zu diesem Kurs“.<br />
Die Lehrgänge sind gemäß Erlass <strong>de</strong>s Hessischen Kultusministeriums vom 01.07.1997 – Nr. V B 3.1-960/500-200 – in Verbindung mit Erlass<br />
vom 09.07.2004 Nr. VII-7-95.b.04-01 als Fortbildungsveranstaltung anerkannt.<br />
Die Unterrichtsbefreiung für die Teilnahme an <strong>de</strong>n Lehrgängen erfolgt bei 1-3tägigen Veranstaltungen durch die Schulleitung, bei 4und<br />
mehrtägigen Veranstaltungen durch das Staatliche Schulamt (vgl. Erlass <strong>de</strong>s HKM v. 01.07.1997 – B V 3.1-960-500 –200–) bzw. bei<br />
<strong>de</strong>n Katholischen Schulen in Freier Trägerschaft durch <strong>de</strong>n Schulträger.<br />
Katholische Aka<strong>de</strong>mie<br />
Rabanus Maurus,<br />
Frankfurt am Main<br />
– Öffentliche Tagungen – Auswahl –<br />
Tagung Nr. 405 442<br />
6. April 2005, 19.00 Uhr<br />
Liebighaus, Schaumainkai 71, Frankfurt am Main<br />
Kunst und Religion „Lei<strong>de</strong>nschaft"<br />
Christus in <strong>de</strong>r Rast, Oberrhein, spätes 15. Jhd<br />
Tagung Nr. 405 443<br />
07. April 2005, 17.30 - 21.30 Uhr<br />
Dominikanerkloster, Dormitorium, Münzgasse 8,<br />
Frankfurt am Main<br />
60 Jahre danach – Europa verbin<strong>de</strong>t ?<br />
Polen und Deutschland in <strong>de</strong>r Spannung von<br />
belasteter Vergangenheit und for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Zukunft<br />
Mitwirken<strong>de</strong>: Dr. Kazimierz Wóycicki, Leipzig; Dr. Markus<br />
Krzoska, Mainz<br />
Kosten: 6.00 €, ermäßigt: 5.00 €<br />
Tagung Nr. 405 444<br />
15. - 17.04.2005<br />
Wilhelm-Kempf-Haus, Wiesba<strong>de</strong>n-Naurod<br />
Jugend vor <strong>de</strong>r Kirche<br />
Fragen, Wegbeschreibungen, Perspektiven<br />
Teilnahmegebühr: 25.00 €;<br />
Vollpension incl. Übernachtung: 85.00 €<br />
Tagung Nr. 405 445<br />
20. April 2005, 19.00 Uhr<br />
Ikonen-Museum, Brückenstr. 3-7,<br />
Frankfurt-Sachsenhausen<br />
lkonenbegegnungen<br />
„Der Ernst <strong>de</strong>s Lebens"<br />
Der Narr in Christo<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
67
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
68<br />
Tagung Nr. 405 448<br />
21. April 2005, 17.30 - 21.30 Uhr<br />
60 Jahre danach – Im Kern Europas<br />
von Feindschaft zu beständiger<br />
Freundschaft ?<br />
Das <strong>de</strong>utsch-französische Verhältnis nach 1945<br />
Mitwirken<strong>de</strong>: Prof. Dr. Henri Ménudier, Paris<br />
Kosten: 6.00 €; ermäßigt: 3.00 €<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
Tagung Nr. 405 447<br />
29. April 2005, 17.00 - 22.00 Uhr<br />
Haus <strong>de</strong>r Volksarbeit, Eschenheimer Anlage 21,<br />
Frankfurt am Main<br />
60 Jahre danach „Der Untergang"<br />
Ein Soiree mit Filmsicht, Analyse, Gespräch und<br />
Podium<br />
Referentin: Sonja Töpfer<br />
Kosten: 8.00 €; ermäßigt: 5.OO €<br />
Zu je<strong>de</strong>r Veranstaltung gibt die Aka<strong>de</strong>mie einen eigenen Tagungsprospekt heraus, aus <strong>de</strong>m Interessenten das <strong>de</strong>taillierte Programm,<br />
<strong>de</strong>n Ort und die Kosten <strong>de</strong>r jeweiligen Veranstaltung ersehen können.<br />
Dieses, das Gesamtprogramm und weitere Informationen erhalten Sie bei: Katholische Aka<strong>de</strong>mie Rabanus Maurus, Eschenheimer Anlage<br />
21, 60318 Frankfurt am Main. Fon: 0 69 / 15 01 - 3 00; Fax: 0 69 / 29 80 28 65; E-Mail: info a KARM.<strong>de</strong>; Internet: www.KARM.<strong>de</strong><br />
Bibelschule Königstein<br />
Programm 2005<br />
Ursulinenkloster St. Angela, Gerichtstr. 19, 61462 Königstein<br />
24.03. bis 10.04.2005<br />
Ausstellung:<br />
„Emil Wachter – Biblische Porträts"<br />
Eröffnungsvortrag:<br />
Prof. Dr. August Heuser, Frankfurt: Leben und<br />
Werk von Prof. Emil Wachter<br />
Mai 2005 (voraussichtlich zw. 16. und 21.05.)<br />
Auf Emil Wachters Spuren<br />
Kunstreise<br />
Mannheim, Karlsruhe, Freiburg<br />
RHEINLAND - PFALZ<br />
ILF<br />
M A I N Z<br />
Institut für Lehrerfort- und<br />
-weiterbildung (ILF),<br />
Mainz<br />
ÜÜbbeerrrreeggiioonnaallee<br />
VVeerraannssttaallttuunnggeenn<br />
29.08. bis 03.09.2005<br />
Wan<strong>de</strong>rwoche – Mit <strong>de</strong>r Bibel im Taunus<br />
Kosten: 190.00 €<br />
07. - 08.10.2005<br />
Kirche und Wirklichkeit<br />
Symposion zu <strong>de</strong>m Thema Ökumene<br />
Kosten: 60.00 €<br />
29.11. o<strong>de</strong>r 30.11. 2005<br />
Wun<strong>de</strong>r und Passion<br />
Zum Konzept <strong>de</strong>s Markus<br />
Kosten: 20.00 €<br />
über die Kurse:<br />
Neues Testament Grundkurs<br />
Auslegung <strong>de</strong>r Paulusbriefe<br />
Neuer Zyklus zum Altes Testament<br />
erteilt Interessenten die Bibelschule Königstein<br />
(Anschrift s.u.) Auskünfte.<br />
AAuusskküünnffttee erteilt: BBiibbeellsscchhuullee KKöönniiggsstteeiinn ee..VV..,, UUrrssuulliinneennkklloosstteerr SStt.. AAnnggeellaa,, GGeerriicchhttssttrr.. 1199,, 6611446622 KKöönniiggsstteeiinn,,<br />
Fon: 06174/9381-0; Fax: 06174/9381-55; E-Mail: Bibelschule.Koenigstein@gmx.<strong>de</strong><br />
ILF-Nr.: 21.107<br />
02. - 04.05.2005<br />
Haus <strong>de</strong>r Familie, Vallendar<br />
Religionsunterricht an BBS im<br />
Lernfeldbezug<br />
o<strong>de</strong>r: Von <strong>de</strong>r Wirklichkeitstauglichkeit unseres<br />
Religionsunterrichts<br />
Hans Bernhard, Trier; StD Josef Schifferings, Trier;<br />
Dr. Joachim Schmidt, Tübingen<br />
Religionslehrer/-innen an BBS
ILF-Nr.: 21.108<br />
11. - 13.05.2005<br />
Robert-Schuman-Haus, Trier<br />
Noten-Schlüssel zur Bibel<br />
Musikalische Deutungen alttestamentlicher<br />
Erzählungen<br />
Dr. Engelbert Felten, Trier<br />
Religionslehrer/-innen aller Schularten<br />
ILF-Nr.: 21.109<br />
18. - 21.05.2005<br />
Haus Maria Rosenberg, Waldfischbach<br />
Erfahrungen und Visionen<br />
Meine Lebens-, Glaubens- und Berufsbiographie<br />
OR i.R. Hubert Ries, Trier<br />
Religionslehrer /-innen aller Schularten<br />
ILF-Nr.: 21.110<br />
09. - 10.06.2005<br />
Erbacher Hof, Mainz<br />
Ein Text – viele (Be)Deutungen<br />
Biblische Texte mit kreativen Metho<strong>de</strong>n erschließen<br />
FL’ Brigitte Stegemann, Neuen<strong>de</strong>ttelsau<br />
Religionslehrer/-innen <strong>de</strong>r Sekundarstufe l<br />
ILF-Nr.: 21.120<br />
13. - 15.06.2005<br />
Erbacher Hof, Mainz<br />
Kirchen – nicht nur von außen<br />
Mit Kin<strong>de</strong>rn Kirchenräume erkun<strong>de</strong>n und erleben<br />
StR' Barbara Schwarz, Mainz<br />
Lehrer/-innen; Erzieher/-innen<br />
AAnnmmeelldduunnggeenn erfolgen sscchhrriiffttlliicchh – d.h. bis spätestens 3<br />
Wochen vor Kursbeginn – mit <strong>de</strong>r ggeellbbeenn AAnnmmeelld<strong>de</strong>ekkaarrttee<br />
(erhältlich beim Schulleiter o<strong>de</strong>r beim ILF Mainz) üübbeerr IIhh-rree<br />
SScchhuulllleeiittuunngg an das ILF Mainz.<br />
AAnnsscchhrriifftt:: ILF Mainz, Postfach 24 50, 55014 Mainz; Kötherhofstr.<br />
4, 55116 Mainz, Fon: 0 61 31 / 28 45 - 0; Fax:<br />
0 61 31 / 28 45 25; http://www.ilf.bildung-rp.<strong>de</strong><br />
In eigener Sache<br />
Bislang erhalten alle im Religionsunterricht Tätigen innerhalb<br />
<strong>de</strong>s <strong>Bistum</strong>s <strong>Limburg</strong> <strong>INFO</strong> kostenfrei vier Mal im Jahr<br />
zugesandt. Durch eine Spen<strong>de</strong> auf unser Konto 37 000 10 bei<br />
<strong>de</strong>r Commerzbank <strong>Limburg</strong> (BLZ 511 400 29) helfen Sie mit,<br />
die Kosten für Herstellung und Versand im Rahmen <strong>de</strong>s Erträglichen<br />
zu halten.<br />
Ein Überweisungsträger, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Spen<strong>de</strong>nzweck „Spen<strong>de</strong> für<br />
<strong>INFO</strong> Religionslehrer/-innen“ und die Haushaltsstelle „Fibu-<br />
Konto-Nr 0001/2412102220“ angibt, liegt diesem Heft bei.<br />
Wir danken schon jetzt für Ihre Unterstützung – Vergelt’s<br />
Gott! Die Redaktion<br />
Unsere Autorinnen und Autoren:<br />
Markus Dillmann, M.A., Roßmarkt 12, 65549 <strong>Limburg</strong><br />
Burkhard Jürgens, c/o Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />
60267 Frankfurt am Main<br />
Prof. Dr. theol., Dr. phil. Klaus Kießling, Hochschule St. Georgen,<br />
Offenbacher Landstraße 224, 60599 Frankfurt am Main<br />
Pfarrer Dr. Matthias Th. Kloft, Eckenheimer Ldstr. 326,<br />
60435 Frankfurt am Main<br />
Kaplan Dr. Christof May, Luisenstraße 31, 65185 Wiesba<strong>de</strong>n<br />
Referent Thomas Menges, Postfach 13 55, 65533 <strong>Limburg</strong><br />
StL i. K. Bernhard Merten, Altheimstr. 18, 60431 Frankfurt am Main<br />
Dr. Eckhard Nordhofen, Postfach 13 55, 65533 <strong>Limburg</strong><br />
Wiss. Mitarb. Dipl.-Theol. Vera Pirker, Hochschule St. Georgen,<br />
Offenbacher Landstraße 224, 60599 Frankfurt am Main<br />
Jugendpfarrer Dr. Christof Strü<strong>de</strong>r, Plötzgasse 3, 56410 Montabaur<br />
Studienleiter Franz Günther Weyrich, <strong>Limburg</strong>er Str. 52,<br />
65555 <strong>Limburg</strong><br />
Helmut Zimmermann, Schieferstraße 13, 65620 Waldbrunn<br />
Unsere Rezensentinnen und Rezensenten:<br />
OStR. i. R. Helmut Bahr, Auf <strong>de</strong>r Au 22, 56132 Dausenau<br />
Wiss. Ass. Clemens Bohrer, M.A., Fachbereich 7 – Katholische<br />
Theologie, Grüneburgplatz 1, 60629 Frankfurt am Main<br />
Wiss. Ass. Dr. Christian Cebulj, Am Rosengarten 3, 67483 E<strong>de</strong>sheim<br />
Lehrerin Gabriele Hastrich, Kantstr. 6, 57627 Hachenburg<br />
Museumsdirektor Prof. Dr. August Heuser, Rauenthaler Weg 1,<br />
60529 Frankfurt am Main<br />
Dipl.-Theol.; Dipl.-Religionspäd. Reiner Jungnitsch, Eichenweg 3,<br />
64839 Münster<br />
OStDir i. K. Rüdiger Kal<strong>de</strong>wey, Ottweiler Str. 127,<br />
66113 Saarbrücken<br />
Pfr. Dr. Matthias Th. Kloft, Eckenheimer Ldstr. 326,<br />
60435 Frankfurt am Main<br />
Lehrer Markus C. Leitschuh, Blücherstr. 12, 34123 Kassel<br />
StL i. K. Bernhard Merten, Altheimstr. 18, 60431 Frankfurt am Main<br />
Akad. Oberrat Dr. Helmut Müller, Krummgasse 1, 56179 Vallendar<br />
Dr. Christian Münch, Lin<strong>de</strong>nweg 14, 48346 Ostbevern<br />
Dipl.-Theol. Christian Nanz, Stierlinstr. 2, 48149 Münster<br />
Ao. Univ.Prof. Mag. Dr. Leopold Neuhold,<br />
Institut für Ethik und Gesellschaftslehre, Schubertstr. 21,<br />
A-8010 Graz<br />
Dipl.-Theol. Martin W. Ramb, Im Silbertal 5,<br />
56203 Höhr-Grenzhausen<br />
Dipl.-Theol. Katharina Sauer, Römerstr. 30, 56337 Ka<strong>de</strong>nbach<br />
Prof. Dr. Thomas Schmeller, Gilbrechtstraße 11,<br />
60388 Frankfurt am Main<br />
Prof. P. Dr. Joachim Schmiedl, Berg Sion 6, 56179 Vallendar<br />
JProf. Dr. Jörg Seiler, Am Ufer 24, 56070 Koblenz<br />
Dr. Heinz Jürgen Vogels, Buschhovener Str. 30, 53347 Alfter<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
<strong>INFO</strong>S & AKTUELLES<br />
69
SONSTIGES<br />
70<br />
Dezernat Schule und Hochschule<br />
im Bischöflichen Ordinariat <strong>Limburg</strong> (Stand: 01.03.2005)<br />
Roßmarkt 12 · 65549 <strong>Limburg</strong> · Postfach 1355 · Fon: 06431/295-235 · Fax: 06431/295-237<br />
E-Mail: schule@<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong> · Internet: www.schule.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Dezernatsleitung Dr. Eckhard Nordhofen (-234)<br />
Sekretariat Sabrina Gilles (-424), Jutta Stähler (-235)<br />
Abteilung Kultur<br />
Leitung Dr. Eckhard Nordhofen (-234)<br />
Diözesanarchiv Martina Wagner M.A. (06431/2007-16)<br />
Diözesanbibliothek Dr. Stephanie Hartmann (06431/2007-19)<br />
Diözesanmuseum Dr. Gabriel Hefele (-443)<br />
Dommuseum Frankfurt Prof. Dr. August Heuser (069/133761-84)<br />
Haus am Dom N.N.<br />
Katholische Aka<strong>de</strong>mie Rabanus Maurus Dr. Ansgar Koschel (069/1501-301)<br />
Verlag Dipl.-Theol. Martin W. Ramb (-434)<br />
Zugeordnet:<br />
Hochschulen Dr. Eckhard Nordhofen (-234)<br />
Musisches Internat / Domsingknaben Klaus Knubben (06433/887-15)<br />
St. Hil<strong>de</strong>gard-Schulgesellschaft mbH Dr. Gerhard Reichelt (06431/997-350)<br />
Dipl.-Theol. Andreas von Erdmann (06431/997-354)<br />
St. Johannes-Schulgesellschaft mbH P. Franz Koll SSCC (02621/9682-11)<br />
Abteilung Katholische Schulen<br />
Leitung Dipl.-Theol. Andreas von Erdmann (-431)<br />
Abteilung Religionspädagogik<br />
Leitung Gerhard Hielscher (-430)<br />
Referat I Dipl.-Theol. Andreas von Erdmann (-431)<br />
Berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schulen<br />
Referat II Gerhard Hielscher (-430)<br />
Ämter für kath. Religionspädagogik / Gymnasien, Gesamtschulen /<br />
Schulbücher, Medien / Religionspädagogische Biblio- und Mediothek / Elternarbeit<br />
Referat III Thomas Menges (-438)<br />
Aus-, Fort- und Weiterbildung / Missio canonica / Schulpastoral<br />
Referat IV Dipl.-Theol. Martin W. Ramb (-434)<br />
Schriftleitung „<strong>INFO</strong>“ / Stiftung DEY / Grundsatzfragen / Hochschulkontakte<br />
Referat V Dipl.-Theol. Katharina Sauer (-360)<br />
Grund-, Haupt-, Real- und Son<strong>de</strong>rschulen / Ganztagsschulen<br />
Biblio- und Mediothek Rosemarie Hansel (-435)<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Donnerstag 10.00-12.00 Uhr und 14.00-16.00 Uhr. Während <strong>de</strong>r Ferien nach Absprache.<br />
Fragen zu Missio canonica Marianne Roos (-460)<br />
Montag bis Donnerstag 13.30-15.30 Uhr<br />
<strong>INFO</strong> 34 • 1/2005
Ämter für Katholische Religionspädagogik<br />
in <strong>de</strong>n Bezirken (Stand: 01.03.2005)<br />
Die nachfolgen<strong>de</strong> Organisationsübersicht gibt noch nicht <strong>de</strong>n endgültigen<br />
Stand <strong>de</strong>r Neustrukturierung <strong>de</strong>r mittleren Ebene wie<strong>de</strong>r.<br />
Frankfurt am Main<br />
Eschenheimer Anlage 20 (Dienstgebäu<strong>de</strong>)<br />
Eschenheimer Anlage 21<br />
60318 Frankfurt am Main (Postanschrift)<br />
Fon: 069/1501 - 179; Fax: 069/1501 - 177<br />
E-Mail: relpaed-frankfurt@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-frankfurt.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Peter Eberhardt , Leiter (-178)<br />
Sabine Christe (-177)<br />
Ute Schüßler-Telschow (-177)<br />
Sekretariat: Rita Merkel, Waltraud Schäfer (-179)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Mo 16.00-18.00 Uhr; Di 12.30-16.30 Uhr;<br />
Mi 16.00-18.00 Uhr; Do 9.00-12.00 Uhr und<br />
12.30-16.30 Uhr; Fr 9.00-12.00 Uhr;<br />
Während <strong>de</strong>r Schulferien auf Anfrage.<br />
Taunus / Oberursel<br />
Bischof-Ketteler-Haus<br />
Dorotheenstr. 9-11, 61348 Bad Homburg<br />
Fon: 06172/6733-22; Fax: 06172/6733-40<br />
E-Mail: c.kuch@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Dipl.-Päd. Christa E. Kuch (- 22)<br />
Sekretariat: Hei<strong>de</strong>marie Behrens (-21)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Di - Do 12.30-16.00 Uhr und nach Vereinbarung.<br />
Während <strong>de</strong>r Schulferien geschlossen.<br />
Vincenzstr. 29, 65719 Hofheim<br />
Fon: 06192/2903-15; Fax: 06192/2903-26<br />
E-Mail: relpaed-oberursel@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-oberursel.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Dipl.-Theol. Wolfgang Bentrup, Leiter (- 15)<br />
Christiane Krüger-Blum (-18)<br />
Sekretariat: Heidrun Garkisch (-16)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Di und Do 12.00-16.00 Uhr und nach Vereinbarung.<br />
<strong>Limburg</strong><br />
Franziskanerplatz 3, 65589 Hadamar<br />
Fon: 06433/88 1-45; Fax: 06433/88 1-46<br />
E-Mail: relpaed-limburg@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-hadamar.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Franz-Josef Arthen, Leiter (-44)<br />
Sekretariat: Gabi Heun (-45)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Mo und Mi 9.30-11.30 Uhr; Di und Do 13.30-16.30 Uhr<br />
Montabaur<br />
Auf <strong>de</strong>m Kalk 11, 56410 Montabaur<br />
Fon: 02602/6802-20; Fax: 02602/6802-25<br />
E-Mail: relpaed-montabaur@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-montabaur.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Josef Weingarten, Leiter ( - 23)<br />
Andreas Kollas (-28)<br />
Sekretariat: Gisela Roos ( - 22)<br />
Biblio- und Mediothek: Rita Kurtenacker ( - 27)<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo - Fr 10.00-12.00 Uhr; Mo und Do 14.30-16.30 Uhr<br />
Während <strong>de</strong>r Schulferien geschlossen.<br />
Wetzlar<br />
Kirchgasse 4, 35578 Wetzlar<br />
Fon: 06441/4 47 79-18; Fax: 06441/4 47 79-50<br />
E-Mail: relpaed-wetzlar@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-wetzlar.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Franz-Günther Weyrich, Leiter (-20)<br />
Dipl.-Theol. Beate Mayerle-Jarmer (-24)<br />
Sekretariat: Elvira Heinrich, Anne Ruggia (- 18)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Di, Mi und Do 13.00-16.00 Uhr<br />
und nach Vereinbarung.<br />
Wiesba<strong>de</strong>n<br />
Roncalli-Haus, Friedrichstr. 26-28, 65185 Wiesba<strong>de</strong>n<br />
Fon: 0611/174-0; Fax: 0611/174-122<br />
E-Mail: relpaed-wiesba<strong>de</strong>n@bistum-limburg.<strong>de</strong><br />
Internet: http://relpaed-wiesba<strong>de</strong>n.<strong>bistumlimburg</strong>.<strong>de</strong><br />
Martin E. Musch-Himmerich, Leiter (-115)<br />
Silvia Althofen-Dülz (Berufsschulseelsorge) (-113)<br />
Dipl.-Theol. Stefan Herok (-112)<br />
Elisabeth Kessels (-114)<br />
Sekretariat: Gisela Meffert (-113)<br />
Öffnungszeiten <strong>de</strong>r Biblio- und Mediothek:<br />
Di - Fr 10.00-12.00 Uhr; Mo und Do 14.00-18.00 Uhr<br />
Di und Mi 14.00-16.00 Uhr<br />
<strong>INFO</strong> 34 • 1/2005<br />
SONSTIGES<br />
71
„Genau daraus bezieht die Wan<strong>de</strong>rschaft<br />
nach Santiago ihre Kraft und<br />
ihren Reiz: Es ist eben keine gedankenlose<br />
tradierte Glaubensübung, son<strong>de</strong>rn<br />
eine bewusste Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckung, die<br />
mit verstören<strong>de</strong>r Selbstverständlichkeit<br />
das eigentlich Unzeitgemäße vollzieht:<br />
die religiöse Fernwan<strong>de</strong>rung, die <strong>de</strong>n<br />
Fortschritt <strong>de</strong>r Fortbewegung negiert.<br />
Deswegen fehlen <strong>de</strong>n meisten Pilgern<br />
auch alle touristischen Attribute. Ihr<br />
Erkennungszeichen ist Ernsthaftigkeit,<br />
manchmal fast Trance, ihr bestimmen<strong>de</strong>r<br />
Wesenszug ist Zielstrebigkeit statt<br />
Neugier, Ehrgeiz statt Entspannung,<br />
Entschlossenheit statt Müßiggang. Man<br />
spürt entlang <strong>de</strong>s ‚Camino francés’,<br />
dass es hier beim kontemplativen<br />
Laufen durch die kastilische Ödnis, eine<br />
Intensität, eine Geistigkeit gibt, die<br />
an<strong>de</strong>rswo nicht existiert. Und man stellt<br />
mit einem Schau<strong>de</strong>r fest, wie sehr das<br />
‚christliche Abendland’, dieser vermeintlich<br />
aka<strong>de</strong>mische Begriff, uns alle prägt,<br />
wie nah, wie wenig fremd uns das<br />
Pilgern ist.“<br />
ISBN 3-921221-32-3<br />
ISSN 0937-8162<br />
Jakob Strobel Y Serra<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
vom 20. Juli 2004<br />
<strong>INFO</strong>