8. Dokumentation 2010 - Stolpersteine Frankfurt
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StolperSteine – Verlegung Vom 7. biS 9. mai unD 1. Juni <strong>2010</strong> 31<br />
um lina nach der Geburt zu helfen, wurde eine Frau<br />
angestellt, aber daraus wurde eine tragödie. Die Frau<br />
hatte zuvor bei einer an Scharlach erkrankten person<br />
gearbeitet, was sie aber nicht mitteilte. Der kleine<br />
ernst, der traditionsgemäß am <strong>8.</strong> tag nach der Geburt<br />
beschnitten wurde, bekam Scharlach und starb im alter<br />
von 11 tagen am 14.7.1915. lina bekam ebenfalls<br />
Scharlach, überlebte, aber musste für den rest ihres<br />
lebens leiden. Wenn es ihr besonders schlecht ging,<br />
wurden die kinder manfred und Bertha bei anderen<br />
Familien untergebracht.<br />
In Frankreich kämpfte Julius mit der deutschen armee.<br />
um in kontakt zu bleiben, schickte lina Julius ein<br />
Familienfoto. Julius machte kleine notizen in seinem<br />
hebräischen kalender wo die kämpfe stattfanden.<br />
aber er notierte auch, dass linas Geburtstag am<br />
24.4.1917 ist und wir wissen, dass er organisiert hatte,<br />
dass sie Blumen an diesem tag bekommen sollte.<br />
Zu dieser Zeit schickte er zwei Fotos an lina – eines<br />
wo er allein zu sehen ist und das andere mit zwei nicht-<br />
jüdischen engeren Soldatenfreunden.<br />
lina bekam Blumen zu ihrem 36. Geburtstag am<br />
24.4.1917 geschickt, aber sie wusste nicht, dass ihr mann<br />
schon tot war - er war in der Schlacht von Invincourt<br />
Damary in Frankreich am 1<strong>8.</strong>4.1917 gefallen.<br />
So hatte lina ihr 3. kind wegen Scharlach verloren, litt<br />
selbst unter den Folgen dieser krankheit und jetzt hatte<br />
sie sogar ihren geliebten mann verloren. Sie konnte den<br />
manufakturenladen auch nicht weiter betreiben.<br />
1920 wurde das Haus in der kanalstraße verkauft und<br />
die neuen eigentümer wollten, dass die Flörsheim-<br />
Familie die Wohnung verlässt. Durch die Hilfe ihres<br />
Bruders Salomon Goldschmidt, der rechtsanwalt war,<br />
bekam sie eine andere Wohnung in der Schildeckstraße<br />
in Fulda. Sie war arm und um sich selbst zu unterstützen,<br />
verkaufte sie koscherartikel aus ihrer Wohnung an<br />
andere jüdische Familien in Fulda. Ich habe einmal eine<br />
ältere Dame in Jerusalem kennengelernt, die als kind<br />
geschickt wurde, um essen für die Witwe Flörsheim zu<br />
kaufen.<br />
Die Zwanziger waren finanziell schwierige Jahre für<br />
Deutschland, aber die ernsten probleme für Deutsch-<br />
land und speziell für lina Flörsheim und die anderen<br />
deutschen Juden kamen, als adolf Hitler 1933 an die<br />
macht kam.<br />
Glücklicherweise konnten Bertha Batia und manfred<br />
Jechiel in das Britische mandat von palästina fliehen,<br />
was jetzt der Staat Israel ist. Wir wissen, dass sie auch<br />
versuchten, ihre mutter aus Deutschland herauszubekommen.<br />
am ende waren die Deutschen sogar<br />
willig, linas rente als kriegswitwe nach palästina zu<br />
schicken, damit sie sich selbst finanzieren konnte.<br />
aber das Britische mandat war nicht interessiert daran,<br />
lina Flörsheim zu ihren kindern in deren neues<br />
Heimatland hereinzulassen.<br />
1935 wurde der Witwe lina Flörsheim ein ehrenkreuz<br />
für Witwen überreicht im namen des Führers und des<br />
reichskanzlers, eine weitere absurde verrenkung des<br />
nazi regimes.<br />
lina Flörsheim 1936<br />
ehrenkreuz<br />
1936 hatte sie anscheinend ihre Schwägerinnen in Bad<br />
Wildungen besucht.<br />
lina war 1936 zusammen mit ihrer Schwester rosa<br />
( Jg. 1889) nach <strong>Frankfurt</strong> gezogen, nachdem rosa ihre<br />
arbeit bei der Fabrik Horn in Fulda verloren hatte.<br />
1938 zog ihre Schwester Betty Goldschmidt (geboren<br />
1878) zu ihnen. Ich vermute, dass die Goldschmidt<br />
Familie aus ihrem Haus in Gelnhausen rausgeworfen<br />
wurde. ungefähr zu dieser Zeit flüchtete deren Bruder<br />
Samuel Goldschmidt mit seiner Frau und Sohn Fritz<br />
nach Israel. Samuels Sohn Josef Goldschmidt wurde<br />
in Frankreich verhaftet und nach auschwitz deportiert