8. Dokumentation 2010 - Stolpersteine Frankfurt
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StolperSteine – Verlegung Vom 7. biS 9. mai unD 1. Juni <strong>2010</strong> 37<br />
norDenD Schwarzburgstraße 51<br />
Jan laurinec<br />
Geburtsdatum: 11.5.1908<br />
Deportation: 2<strong>8.</strong>4.1943 nach Buchenwald<br />
todesdatum: 24.<strong>8.</strong>1944<br />
Jan laurinec wurde in Brehy (Slowakei) geboren.<br />
Sein vater war Stefan laurinec. er war ledig, römisch-<br />
katholisch, Slowake, von Beruf Friseur und hatte keine<br />
kinder. Seit spätestens 1940 hielt er sich im Deutschen<br />
reich auf. Jan laurinec ist wahrscheinlich im rahmen<br />
einer offiziellen anwerbung als „Gastarbeiter“ ins<br />
Deutsche reich gekommen. er war zunächst in der<br />
Hans-Handwerk-Straße 25 (langestraße) unterge-<br />
bracht. Das war ein großer komplex mit einem von<br />
mehreren Firmen genutzten Gemeinschaftslager für<br />
bis zu 300 personen. arbeitskräfte aus den mit dem<br />
reich verbündeten Staaten (Slowakei, ungarn, rumä-<br />
nien, Bulgarien und vor allem Italien) waren rechtlich<br />
mit den deutschen arbeitskräften gleichgestellt. Das<br />
erklärt, warum Jan laurinec später in die Schwarzburg-<br />
straße 51 umziehen und privat dort wohnen konnte.<br />
vom 2<strong>8.</strong>10.1940 bis 24.3.1943 war er bei der Chemi-<br />
schen Fabrik Griesheim beschäftigt. Zugleich belegen<br />
unterlagen seine Beschäftigung bei I.G. mouson & Co.<br />
Feinseifenfabrik, vom 10.11.1940 bis 31.12.1942. ab<br />
dem 17. <strong>8.</strong>1942 bis <strong>8.</strong>31943 war er in der Schwarzburg-<br />
straße 51. Im Hausstandsbuch ist er vermerkt mit:<br />
„Jan laurinec, Slow[ake], arbeiter“. unter dem <strong>8.</strong>3.1943<br />
ist dort als abgangsvermerk eingetragen: „unbekt. polit<br />
Gefg“ (unbekannt, politisches Gefängnis).<br />
nach einer anderen Quelle wurde er am 19.2.1943<br />
verhaftet. von da bis 16.4.1943 war er im arbeitserzie-<br />
hungslager (ael) in Haft. Der „Diebstahl“ als Grund<br />
seiner verhaftung erscheint nur an einer Stelle in den<br />
unterlagen, sonst wird als Haftgrund immer „arbeits-<br />
scheu“ genannt, einmal „aso-Slowake“ und im Übrigen<br />
vermerkt: vorstrafen: „keine“. 1938 wurden für „arbeits-<br />
scheue“ verhaftungskriterien formuliert: zweimalige<br />
ablehnung von zugewiesenen arbeitsstellen, mehrfaches<br />
Fernbleiben von der arbeit, nichtsesshaftigkeit. Bei<br />
ausländischen arbeitskräften lag in der regel arbeitser-<br />
tragsbruch oder Fernbleiben von der arbeit vor.<br />
auch wenn die ausländischen arbeitskräfte aus den ver-<br />
bündeten Staaten deutschen arbeitskräften gleichgestellt<br />
waren, war deren Situation besonders nach kriegsbeginn<br />
nicht unproblematisch, weil die erwartungen der arbei-<br />
ter und die versprechen der deutschen anwerber oftmals<br />
nicht erfüllt wurden. aus der resultierenden unzufrie-<br />
denheit entstanden konflikte, die von den deutschen<br />
Behörden als „arbeitsvertragsbruch“ oder „Dienstpflicht-<br />
verletzung“ gewertet wurden und zur Inhaftierung in<br />
arbeitserziehungslager führen konnten. Das könnte auch<br />
im Fall von Jan laurinec so gewesen sein. Die einwei-<br />
sung in ein arbeitserziehungslager bei „arbeitsscheuen“<br />
war ein übliches verfahren. erst nach verstreichen der<br />
dortigen Haftzeit, die maximal 56 tage betragen konnte,<br />
wurden sie in ein kZ eingewiesen.<br />
am 2<strong>8.</strong>4.1943 wurde Jan laurinec mit einem Sammel-<br />
transport in das kZ Buchenwald verfrachtet, wo er am<br />
30.4.1943 eintraf. Der dortige einlieferungsvermerk ist<br />
eine maschinenschriftliche liste, die 71 männer ver-<br />
zeichnet, überwiegend aus <strong>Frankfurt</strong> a.m. sowie russen<br />
und polen aus Darmstadt. Die <strong>Frankfurt</strong>er tragen alle<br />
den vermerk „arbeitsscheu“. Jan laurinec trägt in der<br />
liste die nummer 49. Handschriftlich nachgetragen ist<br />
seine Häftlingsnummer: 1331944. Im kZ Buchenwald<br />
wurden Häftlinge seiner kategorie unter dem kürzel<br />
aSr (arbeitsscheu reich) geführt. als kennzeichnung<br />
trug er das Dreieck mit der nationalitätenkennzeich-<br />
nung „SI” für Slowake.<br />
Im kZ war er wieder als Friseur tätig. Friseure waren<br />
ein eigenes kommando mit eigenem kapo. Sie verteilten<br />
sich auf die einzelnen Baracken. Jan laurinec war in<br />
Baracke 29 untergebracht und dort wahrscheinlich<br />
„Blockfriseur“. er hat sich in den 16 monaten seiner<br />
Gefangenschaft im kZ Buchenwald 47 mal krank<br />
gemeldet. Im krankenrevier wurde er von professor<br />
Holfelder im mai 1944 geröntgt, wobei eine abgeheilte<br />
lungentuberkulose festgestellt wurde.