RezensionenImmer mehr Frauen machensich selbstständig und gründenein eigenes Unternehmen.Auch für Hochschulabsolventinnenkannder Schritt in die Selbstständigkeiteine berufliche Alternative sein.Da lohnt ein Blick in die Geschichtevon Unternehmensgründungendurch Frauen, um aus denErfahrungen der Ex- oder Noch-Chefinnen zu lernen. Die JournalistinSibylle Plogstedt leistet mitihrem Buch über Frauenbetriebeaber noch etwas: sie stellt ihreBedeutung für die deutsche Wirtschaftheraus.Mehr als 10.000 Stellen sind nachPlogstedts Recherchen bis heutedurch die Frauenbewegung in densiebziger Jahren entstanden. DieFrauen gründeten Frauenbuchlädenoder -ferienhäuser und experimentiertenmit der Verknüpfungvon Leben und Arbeit. Diese erstenFrauenkollektive, in denenausschließlich Frauen für Kundinnenarbeiteten, die überwiegendebenfalls in der Frauenbewegungaktiv waren, bilden den Ausgangspunktihrer Untersuchung. Anhandqualitativer Interviews mitGründerinnen von damals bisheute zeichnet sie die Entwicklungder Frauenbetriebe nach.Dabei hat die Autorin kein wissenschaftlichesBuch geschrieben,sondern ein journalistisches. DerAufbau ist chronologisch. In deneinzelnen Kapiteln konzentriertsie ihre Analyse auf das Innovativeund Besondere an den Frauenbetriebenund wirft gleichsamSchlaglichter auf die Entwicklung:von den ersten Gründungen autonomerFrauenprojekte über denEinfluss der Wende bis hin zu denVom Frauenbuchladenzum Frauenfinanzdienstaktuellen Ich-AGs und Klüngel-Netzwerken. Die Themen, die sieherausarbeitet, sind denn auch diezunächst bewusst gemiedenenHierarchien, die Tabus wie Schönheitoder Macht, sowie die späterzu bewältigenden AnforderungenDiversifizierung, Effektivität undKostenkontrolle.Wie wird ein feministisches Projekt,das aufgrund der Lehrsätzeder Frauenbewegung die wirtschaftlichnotwendigen Prozessenicht durchführen kann, zu einemUnternehmen mit dem Ziel derProfitmaximierung? Plogstedt beantwortetdiese Fragen so: Dieersten Dogmen, die den Frauenbetriebenzu schaffen machten,fielen durch die feministische Theorie:Aus den Opfern wurden Mittäterinnen,Gleichheit und Schwesterlichkeitwich dem Blick aufUnterschiede und Widersprüche.Eine noch wichtigere Rolle spielteallerdings der Einfluss der Wiedervereinigung1989.Die Verständigung zwischen OstundWestfrauen war aufgrund unterschiedlicherErfahrungen undZiele schwierig.Die Westfrauen verlorenihren Glauben, dass gleicheBildungschancen für Frauen, wiees sie in der DDR gab, automatischzur Gleichberechtigung führen.Und mit dem Rückgang derFrauenbewegung mussten die Frauenprojekteum ihre Kundinnenkämpfen. Die Ostfrauen zeigtenden Westfrauen zudem bald, dassauch Frauenhäuser klare Hierarchienvertragen und man nurgegen Geld arbeiten sollte.Plogstedts Fazit: DenFrauenbetrieben ist esnach und nach gelungen,sich von ihrer dogmatischenPhase zu verabschieden undprofessionell zu arbeiten.Als Mitbegründerin der feministischenZeitschrift Courage istSibylle Plogstedt mehrfach persönlichmit dem Thema ihresBuches verwoben. So hat Courage,selbst ein Frauenprojekt, dieEntwicklung der Frauenprojektevon Anfang an journalistisch begleitet.Der Autorin gelingt es, dieeigenen Erfahrungen mit demdurch die Untersuchung angelegtenBlick von außen zu verbinden.Susanne KeilSibylle Plogstedt: Frauenbetriebe.Vom Kollektiv zur Einzelunternehmerin.Ulrike Helmer Verlag,2006.28 Rezensionen
ImpressumWilhelmine Nr. 15Februar 2007Auflage: 2.000Herausgeberinnen:Dr. Marianne Ravenstein undDr. Christiane Frantz,die ehemalige und neueGleichstellungsbeauftragteder Westfälischen <strong>Wilhelms</strong>-Universität MünsterAnschrift:Büro der Gleichstellungsbeauftragtender Universität MünsterGeorgskommende 2648143 MünsterTel.: (0251) 83-29 70 8Fax: (0251) 83-29 70 0E-mail: gleichstellungsbeauftragte@uni-muenster.deRedaktion:Dr. Susanne KeilE-mail: susanne-keil@t-online.deMitarbeiterinnen dieser Ausgabe:Katharina JungeKristina ScharmacherIllustrationen:Juliane GrünthalFotos:Christina Scharmacher (1)Elena Neuhaus (2)Susanne Keil (5)Layout:Annette GallnerTitelumschlag:Gestaltung Annette GallnerFoto:Annika StraussDruck:Sieweke Druck, SoestRedaktionsschluss dieser Ausgabe:9. Januar 2007