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Der Zwiespalt zwischen Politik und Technik Ein kulturelles ...

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Finanzkapitals abhänge <strong>und</strong> deshalb die Warenwertfunktion der <strong>Technik</strong> zu stark in den<br />

Vordergr<strong>und</strong> schiebe).<br />

Folgt man dem Argumentationsverlauf in Speers Erinnerungen, so gewinnt man den<br />

<strong>Ein</strong>druck, als ob ihn solche Argumente kaum tangiert oder gar beeindruckt haben. Weder<br />

stand er mit den standespolitischen Verbänden des Ingenieurswesens oder der Architektur<br />

in Verbindung, noch zeigte er ein sonderlich ausgeprägtes privates Interesse an den<br />

ideologischen Angeboten der NSDAP. Daß er sich 1931 in der neugegründeten<br />

Kraftfahrervereinigung der Partei (NSKK) als Mitglied eintragen ließ <strong>und</strong> alsbald zum<br />

Leiter der Sektion Berlin-Wannsee gewählt wurde, lag schlicht daran, daß er zu den ganz<br />

wenigen Autobesitzern in der NSDAP gehörte, deren Kraftwagen für Kurierfahrten von<br />

der Parteizentrale erfaßt wurden. Ihn interessierten vielmehr die Bauaufträge, die sich im<br />

Umfeld der Partei schon bald durch seine Mitgliedschaft im NSKK ergeben sollten. Denn<br />

nach drei Jahren Assistententätigkeit hatte er beschlossen, "selbständiger" Architekt zu<br />

werden.<br />

Nachdem er 1932 das neue Gauhaus der Partei in der Berliner Voss-Straße zur vollen<br />

Zufriedenheit seiner Auftraggeber <strong>und</strong> in enorm kurzer Zeit umgebaut hatte, <strong>und</strong> er<br />

außerdem zum 1. Mai 1933 auf dem Tempelhofer Feld in Berlin unter Beweis gestellt hatte,<br />

daß man mit Hilfe der Architektur auch eine Massenveranstaltung planen konnte, kam ihm<br />

zum ersten Mal in seiner nationalsozialistischen Karriere der Tod eines von Hitlers engsten<br />

Mitarbeitern zugute. Am 21. Januar 1934 starb der von Hitler verehrte <strong>und</strong><br />

meistbeschäftigte Architekt Paul Ludwig Troost. Damit wurde der Weg frei für den jungen<br />

Architekten Albert Speer, der Hitler bereits seit geraumer Zeit aufgefallen war <strong>und</strong> der<br />

kurze Zeit später den riesigen Auftrag erhielt, das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg als<br />

"Wallfahrtstätte der Nation" 39 zu bauen. Weit mehr als ein einfacher Befehlsempfänger<br />

entwickelte sich Speer gleichsam zum Katalysator für die Hitlerschen Ideen, setzte sie in<br />

Modelle um, die in aller Regel sofort Hitlers Zustimmung fanden, weil sie sie nicht selten<br />

noch in ihrer Gigantomanie übertrafen, <strong>und</strong> perfektionierte dabei die ideologischen<br />

Konstrukte der Hitler-Architektur. 40 So erlebte er beispielsweise einen Riesenerfolg mit<br />

seiner Idee, die Nürnberger Parteitage bei Dunkelheit mit Scheinwerferbatterien der<br />

Luftwaffe zu beleuchten, die über dem weiten Zeppelinfeld einen "Lichtdom" bauten. Seine<br />

Erfolge schlugen sich nicht nur in einer wachsenden Zahl an Bauaufträgen nieder, auch<br />

zahlreiche politische Ämter wurden ihm zugedacht. Bereits 1933 wurde er Amtsleiter der<br />

Reichspropagandaleitung für technische <strong>und</strong> kulturelle Ausgestaltung von<br />

Großk<strong>und</strong>gebungen, 1934 Abteilungsleiter im Stabe des Führer-Stellvertreters <strong>und</strong> Leiter<br />

des Amtes "Schönheit der Arbeit" in der Deutschen Arbeitsfront, 1937 schließlich wurde er<br />

per Führererlaß zum "Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt" ernannt. Seit 1936<br />

durfte er zudem den Titel "Professor" führen. 41<br />

Bis 1942 war Speer mit einer wachsenden Vielfalt an Bauprojekten beschäftigt. Die Zahl der<br />

Städte, die für eine Neugestaltung vorgesehen waren, dehnte sich dabei nach Speers<br />

Meinung "inflatorisch" aus <strong>und</strong> zwang ihn schließlich, sich auf die wichtigsten, das waren<br />

Berlin <strong>und</strong> Nürnberg, zu beschränken. 42 Doch auch trotz der unentwegt fortgesetzten<br />

Bautätigkeit blieben die meisten der <strong>zwischen</strong> Hitler <strong>und</strong> Speer ausgearbeiteten<br />

39 Arndt, Karl: Architektur <strong>und</strong> <strong>Politik</strong>, in: Speer, Albert: Architektur. Arbeiten 1933 bis 1942. Mit<br />

einem Vorwort von Albert Speer <strong>und</strong> Beiträgen von Karl Arndt, Georg Friedrich Koch <strong>und</strong> Lars<br />

Olof Larsson, Berlin 1979, S. 120.<br />

40 Vgl. zur Geschichte der Speerschen Bauten: Speer: Architektur. Arbeiten 1933 bis 1942 (1979);<br />

Rabinbach, Anson: The Aestethics of Production in the Third Reich, in: Mosse, George L. (Hg.):<br />

International Fascism, Beverly Hills 1979, S. 189-222; Petsch, Joachim: Baukunst <strong>und</strong><br />

Stadtplanung im Dritten Reich. Herleitung, Bestandsaufnahme, Entwicklung, Nachfolge,<br />

München 1976; Larsson, Lars Olof: Die Neugestaltung der Reichshauptstadt. Albert Speers<br />

Generalbebauungsplan für Berlin, Stuttgart 1978; Neue Gesellschaft für Bildende Künste (Hg.):<br />

Inszenierung der Macht. Ästhetische Faszination im Faschismus, Berlin 1987.<br />

41 Vgl. Schmidt: Albert Speer (1982), S. 58 f. Sereny: Ringen mit der Wahrheit (1995), S. 156ff.<br />

42 Speer: Erinnerungen (1969), S. 191.<br />

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