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Wirtschaftsdemokratie – Kernelement einer linken Reformperspektive

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49SCHUSTER<strong>Wirtschaftsdemokratie</strong>müsse der Staat immer weitere Aufgaben übernehmen. Als sichtbareZeichen wurden die Einrichtung bzw. Erweiterung des Sozialversicherungssystemsoder auch die Ausweitung des öffentlichenSektors in der Ökonomie und die wachsenden staatlichen Infrastrukturaufgabengewertet. Die politische Demokratie sollte so aufdie Wirtschaft ausgedehnt werden.Mit der Idee der <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> wurde versucht, tagespolitischeForderungen mit einem langfristigen Transformationskonzeptzu verbinden. Neben Mitbestimmungsforderungen auf Betriebs-und Unternehmensebene wurden die Demokratisierung derstaatlichen Wirtschaftspolitik, die Verstaatlichung, die Förderungöffentlicher Unternehmen, die Stärkung der Sozialversicherungssystemesowie die Demokratisierung der Bildungspolitik unterdem Leitbegriff <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> subsumiert. Bei der Konzeptionfällt eine extreme Staatsfixiertheit auf, die ein Reflex derzunehmenden Bedeutung des Staates in den entwickelten Industriestaatenwar. Die Verwirklichung von <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong>wurde als Prozeß verstanden: »<strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> (entsteht)nicht nach einem einheitlichen Rezept in einheitlichen Akten derGesetzgebung, sondern (wächst) in mannigfaltiger Lebensfülleheran.« (Naphtali 1977, S. 31-32)In der Realität konnten die weitreichenden sozialistischen Zielstellungennicht eingelöst werden. Gleichwohl hat die Konzeptionnach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich zur Ausprägung des deutschenSystems industrieller Beziehungen beigetragen. Mit derEtablierung der Betriebsverfassung und der Unternehmensmitbestimmungwurde die Beteiligung der Beschäftigten an Entscheidungsprozessenim Unternehmen gewährleistet. Allerdings bliebendie für die Unternehmensentwicklung zentralen wirtschaftlichenFragen von der Mitbestimmung ausgeschlossen. Weitere zentraleElemente bildeten der Ausbau des Sozialstaates und des Bildungswesens.Realisierungsdefizite gab es bei der Einflußnahme auf dieWirtschaftspolitik sowie bei der Entwicklung eines öffentlichenUnternehmenssektors.Die Ausgestaltung der industriellen Beziehungen in DeutschlandDas System der industriellen Beziehungen in Deutschland ruht aufdrei Säulen: der Betriebsverfassung, der Unternehmensmitbestimmungund der Tarifautonomie. Während die Tarifautonomie inihren Grundzügen im Grundgesetz verankert wurde, konnten Mitbestimmungsrechteerst einige Zeit später erkämpft werden. Mitder Forderung nach Mitbestimmung verbanden die Gewerkschaftenwie auch die SPD zu Beginn der fünfziger Jahre weitreichendeVorstellungen und betrachteten sie als wesentlichen Schritt zumÜbergang in eine sozialistische Gesellschaft. Gelang mit der Verankerungder sogenannten Montanmitbestimmung trotz vehementerWiderstände der konservativen Regierung und der Unternehmensverbändenoch die Etablierung <strong>einer</strong> paritätischen Mitbestimmung,konnte dieser Erfolg beim Betriebsverfassungsgesetz nichtwiederholt werden.In der Betriebsverfassung finden sich wesentliche Spezifika desdeutschen Systems: a) die Dominanz repräsentativer gegenüber di-

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