ralFi proT.nr. - Wiener Tierschutzverein
ralFi proT.nr. - Wiener Tierschutzverein
ralFi proT.nr. - Wiener Tierschutzverein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
14 | Wilde schüTzlinge Wilde schüTzlinge | 15<br />
TierFreund 04|2012 TierFreund 04|2012<br />
krähenFang<br />
eine Tierquälerische<br />
jagdausübung?<br />
Von dr. hans Frey<br />
Krähenfalle mit gefangener rohrweihe, deutlich<br />
zu erkennen die gefährlich in den Flugraum<br />
ragenden Abwehrnägel der einschlupföffnung<br />
Es ist März, ein prächtiger Frühlingstag<br />
kündigt sich an, sehnsüchtig<br />
erwartet nach kalten,<br />
regnerischen Tagen. Ein Familienausflug<br />
ist angesagt, die ersten<br />
Frühlingsboten genießen,<br />
Schneeglöckchen, die gelben Rispen<br />
der Haselnuss, die kuscheligen<br />
Pelze der Weiden, den noch<br />
zaghaften Melodien der Rotkehlchen<br />
und Amseln lauschen, dem<br />
sanften Summen der ersten Bienen<br />
und Hummeln. Der Feldweg<br />
führt die Familie durch ein kleines<br />
Feldgehölz, ferne der nächsten<br />
Ortschaft. Büsche und Bäume<br />
sind noch kahl, gestatten den Blick<br />
auch abseits der Wegbegrenzung.<br />
Versteckspiel wird zu einer echten<br />
Herausforderung für den munteren<br />
Familiennachwuchs. Räuber<br />
und Gendarm! Der „Räuber“ hat<br />
sich gut versteckt. Zwei spähende<br />
„Gendarmenaugen“ versuchen ihn<br />
zu entdecken. Etwas abseits des<br />
Wegs, verborgen durch Ligustergebüsch,<br />
hat sich eindeutig etwas<br />
bewegt. Jetzt wieder!<br />
Etwas flattert dort herum. Ein Vogel,<br />
der sich im Gestrüpp verheddert<br />
hat, vielleicht sogar verletzt<br />
ist? Der Familie<strong>nr</strong>at beschließt zu<br />
helfen, doch vor Ort wird die Sa-<br />
che immer rätselhafter. Auf der<br />
kleinen Lichtung steht ein großer<br />
Vogelkäfig und darin flattern, verzweifelt<br />
einen Ausweg suchend,<br />
drei Nebelkrähen. Alle panikartigen<br />
Fluchtversuche scheitern am<br />
Gittergeflecht, die Federn werden<br />
schrecklich zerzaust, die Schnabelwurzeln<br />
am Gitter wund gerieben.<br />
Am Boden des Käfigs steht<br />
eine kleine Wasserschale, der<br />
größte Teil aber ist bedeckt mit Innereien,<br />
zerfetzten Tierkadavern,<br />
Blut, Federn und Fellteilen. Die<br />
Türe zum Käfig ist verschlossen,<br />
das Dach senkt sich zur Mitte zu<br />
ein, dort befindet sich eine spaltförmige<br />
Öffnung. So groß, dass die<br />
drei Krähen offenbar dort in den<br />
Käfig hineinschlüpfen konnten.<br />
Den Weg zurück verwehren aber<br />
mehrere große Nägel, die frei ins<br />
Innere des Geheges ragen. Jeder<br />
Fluchtversuch würde hier mit<br />
schwersten Verletzungen enden.<br />
Die Familie ist zutiefst schockiert,<br />
ratlos. Wer tut Tieren so etwas an?<br />
Das Werk eines Sadisten, eines<br />
Tierquälers? Die Kinder drängen<br />
darauf die flatternden Krähen<br />
aus dieser Falle zu befreien, doch<br />
die Türe lässt sich nicht öffnen.<br />
Nordischer Krähenfang<br />
Über das Handy der Eltern wird<br />
die Polizei informiert und schon<br />
bald nähert sich ein Streifenwagen<br />
über den Feldweg. Die beiden<br />
tierfreundlichen Polizisten haben<br />
auch keine Erklärung für das was<br />
sie sehen müssen. Sie verständigen<br />
unverzüglich den zuständigen<br />
Jagdleiter des Reviers, der kurze<br />
Zeit später mit einem Geländeauto<br />
erscheint.<br />
Und nun stellt sich heraus, dass alles<br />
rechtens ist. Diese Falle sei ein<br />
„Nordischer Krähenfang“, und nicht<br />
bewilligungspflichtig, könne in allen<br />
niederösterreichischen Revieren<br />
aufgestellt werden. Der Zweck sei<br />
Raben- und Nebelkrähen, Elstern<br />
und Eichelhäher zu fangen und zu<br />
töten. Ja, auch diese drei würden<br />
dieses Schicksal erleiden, eine<br />
davon aber erst später, denn sie<br />
würde als Lockvogel in der Falle<br />
zurückgelassen. Das sei notwendig,<br />
denn all diese Arten würden<br />
sich sonst sehr stark vermehren<br />
und für andere wildlebende Tiere,<br />
wie Feldhase, Fasan und Rebhuhn,<br />
zum Problem werden. Warum<br />
dann diese Arten noch geschos-<br />
sen werden dürfen, zu Hunderttausenden?<br />
Was Menschen dürfen, soll Tieren,<br />
die ja von ihrer Beute leben müssen,<br />
verboten sein und wird mit<br />
dem Tod bestraft? Nein, es ginge<br />
ja nur darum ein Gleichgewicht<br />
herzustellen, eine Übervermehrung<br />
zu verhindern.<br />
Aber auf so grausame Weise?<br />
In dieser Form geht die Auseinandersetzung<br />
noch eine Weile weiter,<br />
dann löst sich die Versammlung<br />
auf. Und niemand ist glücklich<br />
über das Erlebte. Die beiden Polizisten<br />
sind nachdenklich, enttäuscht<br />
nicht helfen zu können, der<br />
Jäger ist betroffen vom Schmerz<br />
und der ohnmächtigen Wut der<br />
Familie das scheußliche Schicksal<br />
der armen Vögel nicht ändern zu<br />
können. Der Familie selbst ist nicht<br />
nur dieser schöne Tag gründlichst<br />
verdorben worden, es sind tiefe<br />
Wunden entstanden, die niemals<br />
vergessen werden.<br />
Die geschilderte Situation ist kein<br />
seltener Einzelfall. Alle Tier - und<br />
Naturschutzorganisationen, und<br />
mit Sicherheit auch der Landesjagdverband<br />
bekommen zur Fangzeit,<br />
das ist vom 1. Juli bis 31. März,<br />
regelmäßig empörte A<strong>nr</strong>ufe von<br />
Spaziergängern, Joggern, Erholungssuchenden,<br />
die nicht verstehen<br />
können, dass derartige Fangmethoden<br />
legal sein können. Sehr<br />
oft finden sich in diesen Fallen darüber<br />
hinaus Vogelarten, die ganzjährig<br />
geschützt oder durch das<br />
Jagdgesetz ganzjährig geschont<br />
sind, was zusätzliches Befremden<br />
verursacht.<br />
Aus Krähenfalle befreite rohrweihe<br />
mit zerstörten Stoßfedern<br />
Doch wie reagiert der Landesjagdverband<br />
darauf? Im „Merkblatt zum<br />
Krähenfang“ ist unter „Standortwahl“<br />
folgende Empfehlung zu lesen:<br />
Bei der Standortwahl ist auch an<br />
Spaziergänger und illegale Beschädigung<br />
durch Tierrechtler<br />
und militante Tierschutzaktivisten<br />
zu denken. Eine Möglichkeit zur<br />
Minimierung solcher externen<br />
Störungen ist:<br />
Aufstellung des Krähenfangs in<br />
einem entsprechend eingefriedeten<br />
Bereich.<br />
Aufstellen des Krähenfangs an Örtlichkeiten,<br />
die von begangenen<br />
Wegen aus nicht einsehbar sind.<br />
Ist das eine intelligente Lösung<br />
dieses offensichtlichen Problems?<br />
Aus den Augen, aus dem Sinn? Es<br />
darf bezweifelt werden!<br />
Wie wird diese betroffene Familie<br />
beim nächsten Fallenfund reagieren?<br />
Achselzuckend weitergehen?<br />
Zur illegalen Selbsthilfe schreiten?<br />
Und wenn sie die gequälten<br />
Vögel befreien, sind sie dann Tierrechtler<br />
oder militante Tierschutzaktivisten?<br />
Oder ist das eine zu<br />
erwartende Reaktion eines des<br />
Mitgefühls fähigen und normal<br />
empfindenden Menschen?<br />
Die Anwendung von Lebendfallen<br />
wird in der Jagdgesetzgebung<br />
nach dem Prinzip der Waidgerechtigkeit<br />
durch zwei wesentliche Kriterien<br />
eingeschränkt. Solche Fallen<br />
dürfen nicht zu Verletzungen<br />
und Schäden führen und sie müssen<br />
selektiv wirken. Nur Fallen,<br />
Aus Krähenfalle geborgene rohrweihe<br />
mit Verletzung der Schnabelwachshaut<br />
die diesen Ansprüchen genügen,<br />
werden in der Jagdgesetzgebung<br />
zugelassen.<br />
Betrachten wir zunächst die Selektivität<br />
dieser Fallen. In diesem Zusammenhang<br />
ist einerseits die Attraktivität<br />
des Köders maßgeblich<br />
und die Beschaffenheit, z.B. Gitterformat,<br />
und Dimension der Einstiegsöffnung<br />
der Fangei<strong>nr</strong>ichtung.<br />
Da Fallen vom Typus des Nordischen<br />
Krähenfangs dem Fang von<br />
Krähen und deren nahen Verwandten<br />
dienen, werden meist<br />
Wildaufbrüche, Straßenopfer,<br />
erlegtes Raubwild, viel Blut und<br />
auch Eier als Köder eingebracht<br />
und gut sichtbar am Boden der<br />
Falle ausgebreitet. Ausdrücklich<br />
verboten sind lediglich Schlachtabfälle.<br />
Diese Köder verbleiben in<br />
den Fallen und sind im Sommer,<br />
die Fangzeit erstreckt sich ja vom<br />
Juli bis März des Folgejahres, immer<br />
von einer Fülle verschiedenster<br />
Insektenarten besiedelt. Angelockt<br />
werden daher keineswegs<br />
nur Krähenverwandte, sondern<br />
eine Vielzahl Fleisch oder Insekten<br />
fressender Vogelarten, von<br />
Greifvögeln und Eulen bis hin zu<br />
Spechten und kleinen Singvögeln,<br />
wie z.B. Meisen.<br />
Daher auch eine weitere Regelung,<br />
die Gitterbespannung betreffend.<br />
Die Maschenweite hat mindestens<br />
40mm und maximal 45mm zu betragen.<br />
So wird gewährleistet, dass<br />
etwa Meisen oder Zaunkönige die<br />
Falle unbeschadet verlassen können.<br />
Das geforderte Prinzip der