ralFi proT.nr. - Wiener Tierschutzverein
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22 | Tellerrand TierFreund 04|2012 TierFreund 04|2012<br />
serie – Teil 1: umWelT & klima<br />
die ausWirkungen<br />
des Fleischkonsums<br />
auF die WelT<br />
Von mag. kurT schmidinger |<br />
GeoPHySiKer, DoKtorAND iN LeBeNSMitteLWiSSeNSCHAFteN UND GrüNDer DeS ProJeKtS WWW.FUtUreFooD.orG<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser: in dieser und den nächsten 4 Ausgaben vom „tierfreund“<br />
beleuchten wir die Probleme, die durch den gewaltigen weltweiten Fleischkonsum entstehen,<br />
und deren Lösungen. im ersten teil heute schauen wir uns an, wie sich die weltweite<br />
Nutztierhaltung auf die Umwelt und das Klima auswirkt.<br />
Weltweit werden pro Jahr fast 65<br />
Milliarden Nutztiere für die Ernährung<br />
getötet, oder jede Minute<br />
125.000 Tiere – eine unvorstellbare<br />
Zahl! Kein Wunder, dass<br />
diese Massen von Nutztieren weit<br />
mehr Exkremente als die gesamte<br />
Menschheit produzieren. Die<br />
Landwirtschaft verbraucht 70%<br />
des Wasserbedarfs der Menschheit,<br />
ein großer Teil davon fließt in die<br />
Tierhaltung. Die Nutztierhaltung<br />
belegt 80 Prozent der landwirtschaftlichen<br />
Flächen oder zwei<br />
Drittel aller vom Menschen genutzten<br />
Fläche weltweit - und liefert<br />
dabei nur 17% der Nahrungskalorien.<br />
Der Anbau von Futtermitteln<br />
für die Massentierhaltung und die<br />
Schaffung von Rinderweiden sind<br />
die mit Abstand wichtigsten Gründe<br />
für die Regenwaldzerstörung in<br />
Südamerika. Bodenerosion, Überdüngung,<br />
Grundwasserbelastung,<br />
Verlust der Artenvielfalt sind weitere<br />
Bereiche, in denen die „Massenproduktion“<br />
von Nutztieren oder<br />
Der regenwald im Amazonas wird zum größten teil für den Futtermittelanbau für die<br />
Massentierhaltung und für rinderweiden brandgerodet.<br />
anders formuliert, die Produktion<br />
von Fleisch, Milch und Eiern, weltweit<br />
massiv Schäden a<strong>nr</strong>ichtet.<br />
Einen speziellen Bereich wollen wir<br />
uns aber etwas genauer ansehen –<br />
den Klimawandel: Die Nutztierhaltung<br />
ist laut UN-Landwirtschaftsorganisation<br />
FAO zu 18% an dem<br />
durch menschliche Aktivitäten<br />
verursachten Treibhausgasausstoß<br />
beteiligt, also am Klimawandel. Das<br />
ist mehr als alle PKWs, LKWs, Motorräder,<br />
Flugzeuge, Schiffe, Züge<br />
weltweit zusammengenommen.<br />
Andere Institutionen kommen sogar<br />
auf noch höhere Zahlen, das<br />
Worldwatch-Institut ist hier „Spitze<strong>nr</strong>eiter“<br />
und bezifferte 2009 den<br />
Einfluss der Nutztierhaltung auf<br />
den Klimawandel gar mit 51%:<br />
Aber warum ist die Produktion<br />
von Tierprodukten im Vergleich zu<br />
pflanzlichen Nahrungsmitteln so<br />
umwelt- und klimabelastend? Die<br />
Produktion tierischer Lebensmittel<br />
verlängert die Nahrungskette von<br />
der Pflanze zum Menschen um das<br />
Tier. Die meisten Kalorien der<br />
Futtermittel gehen bei der Fleischerzeugung<br />
für den Stoffwechsel<br />
des Tieres sowie für Wachstum<br />
von Knochen und Ähnlichem<br />
verloren. Im Schnitt über die Tierarten<br />
werden aus etwa 7 Kalorien<br />
Futtermittel folgendes: 1 Kalorie<br />
Fleisch, knapp 1 Kalorie wird zu<br />
Knochen, Haut, Innereien usw. und<br />
gut 5 Kalorien verbraucht das Tier<br />
im eigenen Stoffwechsel, diese werden<br />
also letztlich in Exkremente<br />
umgewandelt. De facto produzieren<br />
wir in der Massentierhaltung<br />
aus Getreide, Soja usw. also primär<br />
Exkremente. Sehr verschwenderisch!<br />
Um Fleisch zu produzieren<br />
sind daher sehr große Anbauflächen<br />
für Futtermittel nötig, viel davon<br />
in Übersee. Wenn die Fläche<br />
nicht mehr reicht, wird oft Regenwald<br />
brandgerodet, was enorme<br />
Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid<br />
(CO2) freisetzt. Große<br />
Futteranbauflächen und enorme<br />
Mengen Futtermittel bedeuten oft<br />
auch größeren maschinellen Einsatz<br />
von Landmaschinen und mehr<br />
Transporte, was auch erhöhte CO2-<br />
Emissionen nach sich zieht. In der<br />
Regel verursachen Tierprodukte<br />
auch mehr Gülle- oder Kunstdüngerausbringung,<br />
was wiederum die<br />
Emissionen von Lachgas oder auch<br />
Methan, zwei weiteren ganz wichtigen<br />
Treibhausgasen, in die Höhe<br />
treibt. Wiederkäuer wie Rinder und<br />
Schafe bilden zudem in ihren Mägen<br />
große Mengen Methan.<br />
Eine groß angelegte, multidisziplinäre<br />
Studie der niederländischen<br />
Umweltbehörde NEAA aus dem<br />
Jahr 2009 zeigt, dass wir die Reparaturkosten<br />
für das Weltklima<br />
bis 2050 fast komplett einsparen<br />
könnten, wenn wir weltweit auf<br />
Tierprodukte verzichten würden:<br />
In konkreten Zahlen: Von 40 Billionen<br />
(40.000.000.000.000) US<br />
Dollar könnten wir uns dabei weltweit<br />
32 Billionen Dollar an Kosten<br />
ersparen, um die Treibhausgase in<br />
der Atmosphäre bis 2050 auf dem<br />
heutigen Niveau zu stabilisieren.<br />
Ein Hauptgrund hierfür: Würden<br />
wir auf Tierprodukte verzichten,<br />
würden soviel Flächen frei werden,<br />
dass die dort nachwachsende<br />
Vegetation wie ein Schwamm große<br />
Mengen Kohlendioxid (CO2)<br />
aus der Atmosphäre „aufsaugen“<br />
könnte. Und gemeinsam mit dem<br />
Wegfall der Treibhausgase aus der<br />
Nutztierhaltung selbst wäre diese<br />
einzigartige Entlastung für das<br />
Weltklima bis 2050 möglich. Nur<br />
offenbar wird diese Maßnahme für<br />
derart utopisch gehalten, dass sie<br />
den Sprung aufs politische Parkett<br />
der Klimakonferenzen bisher noch<br />
nicht geschafft hat.<br />
Die Bilanz der intensiven Nutztierhaltung:<br />
Aus 7 Kalorien Getreide<br />
wird nur 1 Kalorie Fleisch, über<br />
5 Kalorien gehen im Stoffwechsel<br />
der Tiere verloren und werden als<br />
Exkremente ausgeschieden, und<br />
1 Kalorie wird in nicht essbare<br />
Körpermasse wie Knochen, Innereien,<br />
Fell oder Federn umgewandelt.<br />
Diese Verschwendung ist ein<br />
Hauptgrund, warum der gigantische<br />
globale Fleischkonsum für die<br />
Umwelt und die Welternährung fatale<br />
Konsequenzen hat.<br />
Im Gegensatz zu Tierprodukten halten pflanzliche Nahrungsmittel die Nahrungskette<br />
(Pflanze – Mensch) kurz und sind gesamt gesehen um ein Vielfaches effizienter und<br />
umweltschonender als Tierprodukte!