Dendemann, 35, wurde als Daniel Ebel imSauerland geboren. Seit zwölf Jahren lebter in <strong>Hamburg</strong> und gilt als einer der kreativstenWortakrobaten des deutschen HipHop.Im Sommer 2008 tourte er im Vorprogrammvon Herbert Grönemeyer durchs Land. Seinaktuelles Album heißt „Abersowasvonlive“.Dendemann: Beim Gesang kann man natürlichunterschiedlicher Meinung sein, aberHipHop ist gewissermaßen eine sportlicheMusik. Man kann messen oder zumindestziemlich genau spüren, wer besser ist – werbesser reimt, schneller ist, virtuoser. Undda sind Rapper aus <strong>Hamburg</strong> lange Zeitbesonders weit vorne gewesen.An welchem Ort holen Sie sich Ihre Inspirationen?Dendemann: Auf meinem Sofa. Ich liebeSitcoms. 25 Minuten lang schnelle Dialogezu hören, die meistens vor Publikum aufgezeichnetwerden, das ist schon sehr inspirierend.Duve: Ich kucke auch Serien auf DVD. Zurzeitsehe ich „Nip/Tuck“. Da gibt es immerwieder diese Szene, in der der Schönheitschirurgfragt: Was gefällt Ihnen an IhremAussehen nicht? In meinem Roman ist esdie immer wiederkehrende Frage der Fahrgäste:Haben Sie eigentlich keine Angst – soallein im Taxi? So etwas hilft mir beimSchreiben ungemein, es gibt Rhythmusund Struktur. Und mir fallen auch sehrviele Sachen in der Bahn ein.Dendemann: Stimmt, mir auch, dafür ist dieBahn echt noch gut.Duve: Wenn da so ein Familienvater mitAldi-Tüten an einer Schranke wartet, gebücktvon der Last des Lebens. Ich kuckeaus dem Fenster, und die Geschichten kommenrein.Dendemann: Das kenne ich. Auf Bahnfahrtenhöre ich deshalb keine Musik. Davonabgesehen – ich habe keinen MP3-Player.Ihre Texte sind oft literarisch, holen Siesich Inspiration aus Büchern?Dendemann: Nee, ich traue mich nicht anBücher ran.Duve. Was?Dendemann: Ich habe bisher sechseinhalbBücher gelesen.Duve: Und zwar?Dendemann: Ich hab gelesen: „Per Anhalterdurch die Galaxis“, eins bis viereinhalb;dann vom selben Autor „Die Letzten ihrerArt“. Und „Woyzeck“ von Georg Büchner.Duve: Alles gute Bücher.Dendemann (mit verstellt tiefer Stimme,zitiert aus „Woyzeck“): „Woyzeck! Errr esseseine Erbsen!“ Ich weiß nicht, wie viel ichunterbewusst aufnehme. Ich hatte und habebei Büchern aber immer das Gefühl,die gelesenen Sachen auch einbauen zumüssen – das nervt manchmal.Und bei Ihnen, FrauDuve – wo kommendie Ideen her?Duve: Von überall her.Ich plündere ja auchgerne mein eigenes Lebenund verwende zumBeispiel Erlebnisse ausmeiner Zeit als Taxifahrerin.... die den Hintergrund für Ihren aktuellenRoman „Taxi“ darstellen?Duve: Ja. Ich bin 13 Jahre in <strong>Hamburg</strong> Taxigefahren. Eine Zeit, in der ich alle Freundeverlor, weil ich immer nachts arbeitete.Ist es etwas anderes, ob man in <strong>Hamburg</strong>oder in Bielefeld Taxi fährt?Duve: Klar. Tolstoi hat einmal geschrieben,dass es schon einen Unterschied macht, obman in einer Gegend aufwächst, wo nur Birkenstehen, oder ob man unter Eichen aufwächst.Und <strong>Hamburg</strong> ist eben eine Großstadt.Durch die Reeperbahn ist hier nachtsviel länger etwas los als in anderen Städten.Das gibt <strong>Hamburg</strong> etwas Rastloses.Dendemann, hat die Stadt für Sie eineneigenen Beat?Dendemann: Auf jeden Fall. Als ich herkam,war dieser Beat eine Mischung aus HipHop,„Ich wollte immer einenSong mit diesem Titelschreiben: Junger Mannzum Mitreißen gesucht.“Punk und Dancehall. Das war für michnach den Mojo-90ern ganz klar der <strong>Hamburg</strong>-Sound.Lesen Sie Ihre Texte laut?Dendemann: Immer.Duve: Ich auch. Denn nur so kann mankontrollieren, dass man nicht peinlichwird, zu eitel, zu pathetisch. Es ist perfekt,wenn es ganz selbstverständlich klingt,ohne dass ein anderer es so schon mal formulierthätte.Dendemann: Das ist die Hauptparallele zwischenKaren und mir. Ich habe mit meinerMusik das gleiche Ziel. Etwas neu formulieren,zum Schluss dieses QuäntchenSelbstironie, um die Texte wieder in dieWaage zu bringen. Das ist sehr <strong>Hamburg</strong>.Bedeutet?Dendemann: Dass man Texten, in denen daseigene Ego aufgebaut wird, einen Bruchverpasst. Und die Hörer oder Leser dannmerken: Das ist ja einer von uns. Das ist sowas von <strong>Hamburg</strong>.Arbeiten Sie am Computer?Dendemann: Ich sitze nie am Computer,sondern habe ein Reimbuch in der Hand,ich schmiere es einfachhin. Es gibt im hinterenBereich einen Teil„Styles“ – und darineine Seite mit Songideen.Ich wollte immereinen Song machen,der heißt: „JungerMann zum Mitreißen gesucht“.Duve: Den würde ich gern hören.Dendemann: Die Nummer müsste von einerTruckerin handeln, die dieses Schild beisich im Lkw hängen hat. Oder „In 80 Bierenum die Welt“. So was. Und dann gibtes eine Seite mit Reimen. Früher war dieseSeite voll geprügelt. Heute schreibe ich dieSongs einfach von vorne nach hinten durch.Ich mache erst die Musik, dann den Text.Und bei Ihnen? Wie arbeiten Sie, FrauDuve?Duve: Trial and error. Deshalb brauche ichauch einen Computer. Ich merke oft erstim letzten Drittel des Romans, was es miteiner Figur auf sich hat. Sie haben eben einEigenleben. Man müsste eigentlich gleicham Anfang eine Biografie jeder Figur aufschreiben.Aber die Figuren machen sowieso,was sie wollen. Ein Beispiel: EineFOTOS: ALEXANDER BABICHAMBURG – DAS MAGAZIN AUS DER METROPOLE 22
Karen Duve, 47, stammt aus <strong>Hamburg</strong> undlebt mit ihrer Bulldogge, zwei Hühnern undeinem Maultier auf dem Land. Ihre Romane„Regenroman“ oder „Dies ist kein Liebeslied“wurden in 14 Sprachen übersetzt. Inihrem aktuellen Buch „Taxi“ nimmt sie dieLeser mit ins nächtliche <strong>Hamburg</strong>.meiner Figuren in „Taxi“ ist ein kleinwüchsigerMann, der eine Einsachtzig-Freundinhat, die ihn richtig mies behandelt. Im Laufeder Geschichte ist mir klargeworden:Der muss eine große Wut in sich haben,der muss irgendwann explodieren. Und alsich das begriffen hatte, musste ich wiederim Text zurück und auf den ersten Seitenschon vorbereiten, wie er sich später verhaltensoll.Dendemann: Das ist beim Erzählen von Geschichtenin Songs ähnlich – wenn man dieBiografie einer Figur entwirft, aber die Figurhandelt dagegen. Ich habe mal ein Rollenspielgeschrieben. Über mich und denPizzamann „Dito“, der im Zuge der GeschichteRapper wird und ich Pizzabote.Und Dito, der sagt Sachen, die konnte ichkaum aufschreiben. Aber Typen wie er,die nennen mich „du kleine Nutte“. Dakann man nix machen.Frau Duve, Dendemann, vielen Dank fürdas Gespräch.Dendemann: Darf ich noch eine Sache sagen?Du siehst im Profil aus wie HartmutEngler, der Sänger von Pur.Ach du Schande! Was für ein traurigesEnde für ein Interview.Dendemann: Tut mir leid. Machen wir jetztnoch ein Foto? Interview: York PijahnOhne Kulturförderung würde vielesnicht erstrahlen.Die Kunst war schon immer auf die Förderung durch Unternehmen angewiesen.Wir bei British American Tobacco sind stolz auf unser langjährigesEngagement für Kunst und Kultur. Zum Tag der Deutschen Einheit lassenwir die Kulturstadt <strong>Hamburg</strong> leuchten: Dauerhaft erstrahltein weiterer Teil der <strong>Hamburg</strong>er Kunsthalle in neuem Licht.www.bat.de | In Deutschland vertreibt British American Tobacco23 (Germany) GmbH u.a. die folgenden HAMBURG Marken: – Lucky DAS MAGAZIN Strike · Pall AUS DER METROPOLEMall · Dunhill · Gauloises Blondes · HB · Lord.