friulano aus dem friaulDer Name der Rebeweinfre<strong>und</strong>e schwärmen gern von „terroir“<strong>und</strong> meinen damit, dass ein wein so etwaswie die essenz einer region zu sein hat. eineart flüssiges abbild der landschaft, in derer wächst, soll er sein, nach ihren böden<strong>und</strong> ihren pflanzen duften <strong>und</strong> vielleichtnoch nach der brise eines nahen meeres.von einer rebe, die so heißt wie das gebiet,in dem sie wächst, darf eine ganz besondereheimatverb<strong>und</strong>enheit erwartet werden.insofern ist der friulano ein terroir-weinpar excellence.Der <strong>Friulano</strong> ähnelt den Menschen, die hier leben. Anfangsmögen sie einem wortkarg vorkommen, sie können sprödewirken – aber nach einer Weile, wenn man sie besser kennenlernt, stellt man fest, dass sie sehr verlässliche, ehrlicheZeitgenossen sind, mit Seele <strong>und</strong> Tiefgang. Einer, der dieserAussage zustimmt, gehört selbst zu dem beschriebenenMenschenschlag: Mauro Mauri, Winzer <strong>und</strong> Kellermeister.Sein Weißwein aus der Rebsorte <strong>Friulano</strong> gilt Jahr für Jahrals einer der besten Vertreter seiner Art. Zusammen mitseiner Schwester Alessandra hat der studierte Önologe 1990im Städtchen Cormòns das Weingut Borgo San Danielegegründet. Mit ihrem konsequenten Qualitätsstrebenhaben die Mauri-Geschwister das, was ihnen vielleicht anTradition fehlte, mehr als wettgemacht. Heute gelten ihreWeine <strong>und</strong> insbesondere ihr <strong>Friulano</strong> als beispielhaft für dieRegion Isonzo.Bei der Kultivierung des <strong>Friulano</strong> gibt es sozusagen eineArbeitsteilung zwischen den einzelnen Anbaugebieten: Ausdem weitläufigen, flachen Grave, das mit deutlich über6.000 Hektar die größte Anbaufläche des <strong>Friaul</strong> besitzt,kommen Weine, die unkomplizierten Trinkgenuss versprechen.Ihr Alkoholgehalt ist moderat, ebenso ist es der Preis.Die Weine sind in der Regel leicht zugänglich, man trinktsie nach der Arbeit in den zahlreichen Bars, zur Einstimmungauf den Feierabend. Diese Weine sind frisch, sieduften ansprechend nach weißen Blüten <strong>und</strong> wollen junggetrunken sein.Anders die Weine des sanft gewellten <strong>Collio</strong>, das sichnicht auf italienischen Boden beschränkt, sondern weitnach Slowenien hineinreicht, der Colli Orientali oder deskargen Schwemmlandes Isonzo. Hier nutzen die Winzerden von Natur aus üppigen Wuchs der Rebsorte nicht fürhohe Erträge, sondern beschränken die Lesemengen drastisch,um die Konzentration der Inhaltsstoffe zu erhöhen.Die Weine hier sind gehaltvoller, tiefgründiger <strong>und</strong> langlebiger– <strong>und</strong> sie haben ihren gerechtfertigten Preis.Insofern sind die Mauri-Geschwister mit ihrem WeingutBorgo San Daniele typische Vertreter ihres Gebietes, ZumSich-Verzetteln neigen die beiden nicht, sie beschränkensich radikal: Wo Kollegen sich an der üppigen Auswahlvon Rebsorten der Region bedienen, erzeugen sie nur vierWeine. Einer davon ist selbstredend ein reinsortiger <strong>Friulano</strong>.Er darf als einer der besten Weißweine Italiens gelten.Privatk<strong>und</strong>en erhalten für ca. 14 € Verkaufspreis ab Hofviel Wein für ihr Geld.Sorgfalt <strong>und</strong> BehutsamkeitDer Wein wird von Mauro Mauri auch gehätschelt, wie essich für einen Spitzenwein gehört. Während es sonst üblichist, bereits im März nach der Lese die Weißweine auf dieFlasche zu ziehen, um sie bei Weinmessen zu präsentieren,darf Mauris <strong>Friulano</strong> zu dem Zeitpunkt noch friedlichschlummern wie in den Armen einer Mutter; erst im Sommernach der Lese wird der Wein von der Hefe getrennt.Nach dem Umziehen in die Flasche erholt er sich nochannähernd ein halbes Jahr im heimatlichen Keller, bis er imWinter – fast eineinhalb Jahre nach der Lese – in die Weltentlassen <strong>und</strong> auf den Markt gebracht wird.Die fruchtbetonten Weine des Anbaugebietes Grave sindbis dahin schon großteils ausgetrunken. Das Ergebnis vonso viel Sorgfalt <strong>und</strong> Behutsamkeit ist ein Wein, der nichtszu tun hat mit den leichtfüßigen Gesellen, die für denschnellen, unbekümmerten Konsum gemacht sind, sondernein anspruchsvoller, tiefgründiger Weißwein. Die Mauriselbst trinken ihren <strong>Friulano</strong> am liebsten, wenn er drei oderauch vier Jahre alt ist. „Dann ist er ein perfekter Ausdruckfriaul friulano w145
unserer Region“, findet Alessandra. Der Kommentar istein Ritterschlag für den <strong>Friulano</strong>, bedenkt man, dass vieleSorten in erster Linie ihren Reben-Charakter zum Ausdruckbringen. Ein Sauvignon Blanc beispielsweise duftetfast immer nach Stachelbeeren, einen Cabernet Sauvignonverraten seine Zedernholz- <strong>und</strong> Cassis-Aromen. SolcheReben outen sich weltweit als Vertreter ihrer Art.Nur wenige Rebsorten spiegeln den Boden wider, aufdem sie wachsen. In diese Kategorie gehört der <strong>Friulano</strong>,der nicht mit vorlautem Eigenaroma hervorsticht. Seinetypischen Noten – frische Zitrusfrucht, Brennnessel, Süßmandel,Apfel, weiße Blüten – teilt er mit vielen anderenWeißen. Selbst ausgewiesene Weinkenner werden nicht sagenkönnen: „Riecht nach Apfel <strong>und</strong> Blüten, muss folglich<strong>Friulano</strong> sein.“<strong>Friulano</strong> prunkt nicht mit lauten Aromen, was dazuverleitet, ihn zu unterschätzen. Selbst bei Jancis Robinson,die zu den weltweit führenden Weinkritikern gehört, fandsich die Rebe lange unter ferner liefen. Blumig, frisch <strong>und</strong>jung zu trinken sei der <strong>Friulano</strong>. Doch das ist nur ein Teilder Wahrheit, der ungeduldigere Zugang zum Wein.Zwar erbringt der <strong>Friulano</strong> tatsächlich in der Mehrzahlleichte, schlichte, süffige Zechweine. Doch ehrgeizigeWinzer entlocken der einheimischen Rebe einen Reichtuman Aromen, unter ihren Händen gewinnt die scheinbarschlichte Sorte Strahlkraft <strong>und</strong> verwandelt sich in eineideale Terroir-Rebe. Ein Weinkenner, der mit der Regiongut vertraut ist, wird beim Schnuppern ins Weinglas dannmöglicherweise sagen: „Dieser Weißwein ist kräftig <strong>und</strong>kommt offenbar aus einer südlicheren Region als Deutschlandoder Österreich, vermutlich Italien. Er ist extrem mineralisch,fast meint man, nasse Kieselsteine <strong>und</strong> trockeneErde zu riechen. In dieser Intensität kenne ich das nur ausdem <strong>Friaul</strong>. Der Wein ist dicht <strong>und</strong> hochwertig, also wirdes ein Wein aus Isonzo, dem <strong>Collio</strong> oder den Colli Orientalisein. Er hat kein vorlautes Aroma, also ist es kein SauvignonBlanc. Er hat auch nicht ganz die Geschmeidigkeiteines Pinot Grigio. Er schmeckt einfach nach <strong>Friaul</strong> – musswohl ein <strong>Friulano</strong> sein.“Bis vor Kurzem wurde auf politischer Ebene lebhaft umdie Bezeichnung für die Rebe gerungen. Ungewöhnlich istnämlich die Geschichte des Namens. Eine halbe Ewigkeitfirmierte der Wein aus der ehemaligen k. u. k. Habsburger-Provinz unter dem Namen Tocai <strong>Friulano</strong>, bis ein anderesehemaliges Habsburger Land – Ungarn – sich mit seinemerbitterten Widerstand durchgesetzt hat.Zwar kursieren alte Geschichten von gräflichen Kurieren,die mit Rebstecklingen im Gepäck von <strong>Friaul</strong> nachUngarn – oder andersherum – reisten. Sie sollen belegen,dass beide Reben einen gemeinsamen Ursprung <strong>und</strong> vonBlick vom Weingut Rocca Bernarda auf die Weinbergterrassen. Die Konturpflanzung ist sehr arbeitsintensiv, aber die Weine sindbesonders gut − <strong>und</strong> zusammen mit der einzelnen Zypresse <strong>und</strong> den Voralpen geben die Terrassen ein perfektes Postkarten-Motiv ab.