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DER BEZIRKSVERBAND - Zahnärztlicher Bezirksverband Oberbayern

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F O R U MAnspruch auf Vorlage einer Kopie derPatientenakte? Nur ausnahmsweise!Dr. Eberhard SiegleDas OLG Münchenhat im Urteil vom06.09.2012, AZ.:14 U 4805/11 die Leistungsklageaus einerZahnzusatzversicherung(vorerst) abgelehnt, weilkeine Kopie der Patientenaktevom Versichertenbeigebracht wurde.Wie konnte es dazukommen?Aus der Urteilsbegründunglässt sich herauslesen:1. Der Patient hatte eine Zahnzusatzversicherungabgeschlossen und bereitsnach 4,5 Monaten und vor Ablauf derWartezeit von 8 Monaten die streitgegenständlicheBehandlungsbedürftigkeitvom Zahnarzt feststellen lassen.2. Streitgegenständlich waren die Kosteneiner zahnärztlichen Versorgung desOber- und Unterkiefers des Klägersmit 5 Implantaten in Höhe von14.782,91 € zuzüglich Zinsen.3. Es bestand die berechtigte Vermutungder Versicherung, dass der außerordentlichschlechte Gebisszustandbereits vor Abschluss des Versicherungsvertragesbestanden hat.4. Der entscheidende Senat hatte vor demHintergrund von § 305 c BGB Bedenken,§ 9 Abs. 2 AVB dahingehend auszulegen,dass ein Versicherungsnehmerdie Vorlage einer Kopie seines Patientenblattesals Auskunft schuldet.Es liegen hier besondere Umstände vor,die das Verlangen der Beklagten (Versicherung)auf Übermittlung einer Kopiedes den Kläger betreffenden Patientenblattesgemäß § 31 VVG rechtfertigen5. Eine Kopie eines Patientenblattes kannauch nicht ohne weiteres als „Beleg“i.S.v. § 31 Abs. 2 VVG angesehenwerden.6. Aus § 31 VVG und § 213 VVG n.F.ergibt sich, dass der Versicherer durchdie hierzu notwendigen Informationenin die Lage versetzt werden muss,dass er die entscheidungsrelevantentatsächlichen Umstände für seine Leistungspflichtverlässlich eruieren undprüfen kann, wobei der Gesetzgeberdavon ausgeht, dass dies durch Auskünfteseitens des Versicherungsnehmersgemäß § 31 Abs. 1 S. 1 VVGbzw. der Ärzte und anderen genanntenStellen gemäß § 213 VVG sowieBelege gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 VVGin ausreichendem Maß geschehenkann.7. Soweit im Einzelfall das berechtigteInformationsbedürfnis des Versicherersdurch bloße Auskünfte nichtbefriedigt werden kann, ist im Rahmender Notwendigkeit Unzumutbarkeitnach Sinn und Zweck von §§ 31und 213 VVG auch ein Anspruch aufEinsicht in die Patientenkartei gerechtfertigt.8. Die Beklagte hat nach Ansicht desSenats weder aus § 9 Abs. 2 AVB nochaus § 31 VVG oder § 213 VVG eineneinklagbaren Anspruch auf Aushändigungeiner Kopie des Patientenblattes.9. Solange der Beklagten nicht zumindesteine Kopie des Patientenblatteszur Verfügung gestellt wird, darf diesesich jedoch im vorliegenden Falldarauf berufen, dass gemäß §§ 6Abs. 2 AVB, 14 Abs. 1 VVG die notwendigenErhebungen zur Feststellungdes Versicherungsfalles und desUmfangs der geschuldeten Leistungnoch nicht beendet sind.10. Gemäß § 2 AVB beginnt der Versicherungsschutzmit dem im Versicherungsscheinbezeichneten Zeitpunkt,jedoch nicht vor Ablauf von Wartezeiten.Für Versicherungsfälle, die vorBeginn des Versicherungsschutzeseingetreten sind, wird nicht geleistet.11. Im vorliegenden Fall erscheint es ...erstaunlich, dass eine Behandlungsbedürftigkeiterst während der Wartezeitfestgestellt worden sein sollund teilweise unverzügliche Maßnahmenveranlasst waren.12. Dass die Beklagte (Versicherung)unter den dargestellten UmständenZweifel hat, wann der Versicherungsfalleingetreten ist, ist nachvollziehbar.Die ärztlichen Auskünfte sind inBezug auf die Behandlungsbedürftigkeitwidersprüchlich.Fazit: Wer glaubt, bei Vorliegen erheblicherZahnschäden noch schnell eineZusatzversicherung abschließen zu können,die bereits kurze Zeit nach Vertragsschlussleistungspflichtig wird, mussdamit rechnen, dass das Versicherungsunternehmengenau prüft, ob eine Leistungspflichtbesteht. Grundsätzlich werdenbei der Auslegung von AVB imZweifel die „kundenfreundlichste“ Auslegungangewandt. Bestehen im Einzelfallerhebliche Zweifel, wann der Versicherungsfalleingetreten ist, kann „nur“die Vorlage einer Kopie der Patientenakteden Sachverhalt klären. Aus der Patientenaktesollte auf keinen Fall derAnschein erweckt werden, dass Beihilfezum (Versicherungs-) Betrug nach § 263StGB geleistet wurde. Sobald die Kopieder Patientenakte vorliegt, hat die Versicherungdie Leistungspflicht erneut zuprüfen.Dr. Eberhard SiegleZahnarzt und StudienteilnehmerMedizinrecht LL.M. DIU Dresden6 <strong>DER</strong> <strong>BEZIRKSVERBAND</strong> I 6-2013

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