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Als PDF zum Download - Oper Stuttgart

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» Das schönsteTheater der Welt «100 Jahre LittmannbauEine Jubiläumsausstellung100 jahre littmannbau


Könnte man eine Ausstellung <strong>zum</strong> 100-jährigen Jubiläum des Littmannbausbesser überschreiben als mit jenen Worten, welche der berühmteTheatermann Max Reinhardt anlässlich einer ersten Begehung desDoppeltheaters aussprach? <strong>Stuttgart</strong> habe nun »das schönste Theaterder Welt«, urteilte Reinhardt nach einem dreistündigen Rundgang, dender Architekt Max Littmann (1862 – 1932) für ein geladenes Fachpublikumim August 1912 durchgeführt hatte.Mit der Vollendung des Kleinen Hauses hatte Max Littmann am1. August 1912 den Hoftheaterneubau an die Bauherren übergeben: anKönig Wilhelm II. von Württemberg, an das Land Württemberg und an dieStadt <strong>Stuttgart</strong>. Littmanns Entwurf mit dem humorigen Kennwort »WasIhr wollt II« war am 20. Oktober 1908 als Sieger aus dem Wettbewerb umden Neubau der Königlichen Hoftheater hervorgegangen. Littmann entwickeltefür <strong>Stuttgart</strong> ein neuartiges funktionalistisches Doppel theater:ein Großes Haus (für das große Wort- und Tondrama) und ein Kleines Haus(für die Spieloper und das Lust- bzw. Kammerspiel) als einheitlich konzipiertenBaukomplex mit gemeinsamen Werkstätten und Verwaltungsräumen.Die <strong>Stuttgart</strong>er Hoftheater mit den zwei in Größe, Raumstrukturund Ausgestaltung bewusst differenzierten Theatergebäuden in Einheitmit dem Verwaltungsbau gelten bauhistorisch als ein bedeutendes Werkdes späten Historismus und wurden bereits 1924 <strong>zum</strong> Baudenkmal erklärt.Die Jubiläumsausstellung möchte an ausgewählten Beispielen dieBaugeschichte des Littmannbaus in <strong>Stuttgart</strong> nachzeichnen. Sie erstrecktsich über sämtliche Foyers des Großen Hauses. Im Parkett sind verschiedeneEntwürfe Littmanns für die Gesamtanlage ausgestellt. Im Foyer I. Rangrichtet die Ausstellung den Blick »nach innen«, zur Gestaltung derInnenräume des Großen und des Kleinen Hauses. Die Exponate im FoyerParkett und im Foyer I. Rang wurden von den Originalvorlagen aus demBestand des Deutschen Theatermuseums München angefertigt, das seit1932 den umfangreichen theaterbaulichen Nachlass von Max Littmann(Pläne, Handzeichnungen und Modelle) verwahrt; allein die Unterlagenzu den <strong>Stuttgart</strong>er Hoftheatern umfassen etwa 2500 Blätter. Das II. Rang-Foyer gestattet Einblicke in die Baugeschichte der <strong>Stuttgart</strong>er Theateranhand einer Postkartensammlung mit Motiven die von der Zeit vor demTheaterbrand 1902 bis zur Vollendung der Gesamtanlage reichen. ImIII. Rang richtet die Ausstellung den Blick wieder nach außen: HistorischeZeichnungen ermöglichen es, die Architektur im Stadtraum zuverorten, der sich vor dem Balkon eröffnet.Die mit modernster Bühnen- und Theatertechnik ausgestattetenHoftheater stellten bei ihrer festlichen Eröffnung am 14. und 15. Sep-2 das schönste theater der welt


tember 1912 eine innovative Theaterbaukonzeption dar, die <strong>Oper</strong> undSchauspiel in einem einheitlich entwickelten Baukörper vereinigt. DasGroße Haus hat den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschädigt überstandenund ist seit 1984 wieder in seinem ursprünglichen Zustand erlebbar.Das Kleine Haus hingegen, welches im September 1944 vollständigzerstört wurde, existiert nur noch in Form von Beschreibungen, Abbildungenund Bauunterlagen. Die gezeigte Auswahl bietet die selteneMöglichkeit, in den originalgetreuen Foyers des Großen Hauses ein Bildvom Kleinen Haus entstehen zu lassen – wenngleich nur für die kurzeDauer einer Ausstellung <strong>zum</strong> 100-jährigen Jubiläum des »schönstenTheaters der Welt«.ParkettAusgangspunkt der knapp 10 Jahre dauernden Neubauplanungen war der Brand desKöniglichen Hoftheaters am Schlossplatz im Januar 1902. Hoftheaterintendant BaronJoachim zu Putlitz nahm dieses Ereignis <strong>zum</strong> Anlass für eine prinzipielle Neuausrichtungdes <strong>Stuttgart</strong>er Theaterwesens. Noch im selben Jahr zog er den ArchitektenMax Littmann als fachlichen Berater hinzu. Schon die ersten Planungsentwürfe Littmannsgehen auf das Bedürfnis nach zwei unterschiedlichen Bühnen- und Zuschauerhäusernein und umreißen die Grundzüge des künftigen Bauvorhabens, welchesvor allem in Bezug auf den Standort besondere Anforderungen stellte.Max Littmanns Projektentwürfe aus den Jahren 1902/03 und 1908 zeigen anschaulichdie Entwicklung der lokalen Situierung und Anordnung der Hoftheaterbauten.Ausgewählt sind hier die Entwürfe für die Standorte auf dem Karlsplatz beziehungsweiseWaisenhausplatz [ 1 – 4 ] sowie für den endgültigen Standort in den oberenSchlossgarten-Anlagen [ 5 + 6 ].1 Doppelhausprojekt in axialer AnordnungFassadengestaltung GroSSes Haus(Mai) 1902, Druckabzug aufgezogen auf Hartkarton,16,5 × 28,0 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8186Diese idealisierte Ansicht des Großen Hauses wurde aus der Perspektive desWilhelmpalais angefertigt. Deutlich erkennt man an den Bauelementen die üppige,neobarocke Formensprache, welche in diesem Entwurf das in einer Rücken-an-Rücken-Version projektierte Doppeltheater einheitlich beherrscht hätte. Für dieBauaufgabe »Hoftheater« bzw. »(Hof-)<strong>Oper</strong>« war dieser Neo-Stil damals durchausüblich.100 jahre littmannbau3


2 Doppelhausprojekt in axialer AnordnungFassadenaufriss und Längsschnitt(Mai) 1902, Lithografie auf Papier, 61,5 × 87,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8185Das Neobarock der Fassadengestaltung, wie in der oberen Ansicht nach dem AltenSchloss dargestellt, sollte auch im Inneren stilistisch fortgesetzt werden, was derLängsschnitt unten erahnen lässt. Deutlich erkennbar ist, wie hier die Zuschauer- undBühnenhäuser in der Längsachse unter einem Dach vereinigt werden.Ende 1902 / Anfang 1903 entwickelte Max Littmann ebenfalls für den Standort auf demKarlsplatz bzw. Waisenhausplatz das Doppelhausprojekt in Parallelstellung. Diebeiden Theatergebäude – ein <strong>Oper</strong>nhaus für 1400 und ein Schauspielhaus für 800Plätze – wurden bei dieser Konzeption durch einen Mittelbau zu einem dreiflügligenBaukomplex zusammengefasst.3 Doppelhausprojekt in ParallelstellungAnsicht nach der Residenz1902/1903, Tuschpause auf Pergamin, 49,5 × 106,0 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8195<strong>Als</strong> pompöse, palastartige Anlage präsentiert sich dieser Entwurf. Vor allem <strong>zum</strong>Neuen Schloss hin dominiert die Formen- und Motivsprache des damals populärenwilhelminischen Neobarocks. Dies bezeugt besonders die Eingliederung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals (1898). Durch die Parallelstellung der beiden Theaterhäuser istes Littmann möglich, den linken (als »<strong>Oper</strong>nhaus« bezeichneten) Flügel stilistischzu nobilitieren und dadurch die aristokratische Kunstform »<strong>Oper</strong>« auch mit architektonischenMitteln auszudrücken.4 Doppelhausprojekt in ParallelstellungLängsschnitte1902/1903, Tuschpause auf Pergamin, 51,0 × 106,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8188Die Zuschauerräume beider Häuser unterscheiden sich zwar hinsichtlich ihrerGröße, sind aber gleichartig als Rangtheater mit mehrgeschossigen Proszeniumslogenentworfen. Ebenso teilen sich beide die prunkvoll barockisierenden Dekorationsformender Innenraumgestaltung. Das <strong>Oper</strong>nhaus jedoch ist durch großzügigangelegte Foyertrakte und Foyergeschosse erweitert und auf diese Weise ins Festlichegesteigert.Nach vielen Gutachten und Alternativvorschlägen zog man 1907 dem anfänglich favorisiertenKarlsplatz bzw. Waisenhausplatz das Gelände des Botanischen Gartens undder Hofgärtnerei vor, weil es für die geplanten Dimensionen eines Doppeltheatersgeeigneter war. Somit standen die oberen Schlossgarten-Anlagen als endgültigerStandort für das neue Doppeltheater fest. Im Frühjahr 1908 erfolgte die offizielleAusschreibung für den Wettbewerb um die Hoftheaterneubauten.4 das schönste theater der welt


Im Foyer I. Rang widmet sich die Ausstellung daher der Innenraumgestaltung undder Ausstattung des Doppeltheaters. Den Anfang bilden zwei Entwürfe für den Hofsalonim I. Rang des Kleinen Hauses [ 7 + 8 ]: Sie gehören zu den wenigen bildlichenZeugnissen über die Farbgestaltung des Kleinen Hauses und werden an dieser Stelleauf der entsprechenden Raumebene gezeigt, um einen Eindruck von der Lage dieserRäume im Kleinen Haus zu vermitteln.7 Kleines Haus, Salon I. Rang links Interieurentwurfundatiert, Blei- und Buntstift, 23,3 × 31,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8271Dieser der Königlichen Seitenloge vorgelagerte Hofsalon verfügte über einen separatenTreppenzugang und war den Prinzen vorbehalten. Auffallend ist die schlichte Eleganz,die sich durch eine zurückhaltende Ausstattung und Farbgestaltung auszeichnet.8 Kleines Haus, I. Rang Entwurf des Türbereichsundatiert, Blei- und Buntstift, 27,0 × 31,7 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8272Hier bestechen eine klare Wandgliederung und dezente Profilierung der Türrahmung.Die Ausgestaltung der Supraporte wird in der Ausführung auf ein Kronenmotivreduziert und die Felder für die Wandbespannung werden großzügiger angelegt.Die an der Foyerinnenseite gezeigten Exponate [9 – 18] demonstrieren, dass beimBaubeginn im Jahre 1909 die künstlerische Ausstattung der Innenraumgestaltungweder für das Große Haus noch für das Kleine Haus definiert war.Neben dem künstlerischen Schmuck, an dem namhafte Maler und Bildhauerbeteiligt waren, und dem kompletten Mobiliar wurden auch die Beleuchtungskörperexklusiv für die neuen Hoftheater entworfen und hergestellt. Hiervon gebendie Exponate [9, 13, 14, 18] ein eindrucksvolles Zeugnis.9 GroSSes Haus Lampenentwürfe für die Salons, I. RangApril 1912, Bleistift, 55,7 × 50,3 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8263Für jeden einzelnen Raum wurden individuelle Leuchtkörper entwickelt und entworfen:Hier sind Variationen von Deckenlampen und Lüstern abgebildet. Gut zu erkennenist die unterschiedliche Verwendung des Kristallbehangs.10 Kleines Haus Zuschauerraumstudie, Rote FassungApril 1910, Bleistift und Aquarell, kaschiert auf Karton, 63,5 × 58,0 cm bzw. 74,3 × 68,0 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8225Von der ausgeführten Version ist diese Studie einerseits denkbar weit entfernt. Erstaunlichist, wie radikal sich die Raumwirkung ändert, wenn auf eine laute Farbigkeitund überreiche Gold- und Dekorationsdetails verzichtet wird. Bis auf die Seitenlogenim II. Rang wird die bauliche Gliederung des Zuschauerraumes in der Ausführungsversionübernommen: Die auf den I. Rang beschränkten Logen sind hinter den durchlaufendenStuhlreihen zurückgesetzt. Lediglich die für ein Hoftheater unverzichtbarenHoflogen sind an die Rangbrüstung vorgezogen.6 das schönste theater der welt


15 Kleines Haus, Foyer I. Rang Farbfassung im MaSSstab 1:20April 1910, Bleistift und Aquarell, vollständig kaschiert auf Karton, 60,0 × 87,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8255Auf der linken Bildhälfte dieser kombinierten Perspektive (Ansicht mit Grundriss) istder Durchgang <strong>zum</strong> linken Erfrischungsraum abgebildet. Die Pfeiler sollten rückwärtigdurch grüne Portieren verhängt werden. Über dem Durchgang ist diegewünschte Farbgebung des Münzer-Bildes »Gesang« wiedergegeben, das aberfiguraler und farbintensiver ausfallen wird. Von der hellen Birkenholzvertäfelung hebtsich der weiße Stuck der Deckenzone ab. Insgesamt sollte hier eine geschlossene,saalartige Wirkung von anmutig-behaglichem Charakter entstehen.16 GroSSes Haus, Hauptfoyer I. Rang MaSSstab 1:20 (Ausführung)Januar 1911, Bleistift und Aquarell, vollständig kaschiert auf Karton, 60,8 × 48,8 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8258Die festlich-repräsentative Stimmung bewirkt besonders die Harmonie der Farben:gelber Marmorfußboden, lichtgelbe Stuckmarmorwände, goldgelbe Pilaster mitvergoldeten Bronzeabschlüssen und grüngeäderten Marmorsockeln, eine in Weißund Gold ausgestaltete Frieszone, sowie mit Goldmosaik ausgelegte Wandnischen,in welche weiße Marmorhermen der Musiker Mozart, Beethoven, Wagner und derDichter Shakespeare, Goethe und Schiller (hier abgebildet) von Emil Epple eingestelltwurden.17 GroSSes Haus, Hofsalon I. Rang MaSSstab 1:20, Rote Fassungundatiert, Bleistift und Aquarell, 29,7 × 53,2 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8250Die hier gezeigte rote Farbgestaltung kommt nicht zur Ausführung. Die Wandfelderfür die Brokatbespannung werden großzügiger aufgeteilt. Die Holzeinfassungen und-profile der Sockel- und Deckenleisten werden einheitlich in Weiß ausgeführt ohnevordergründigen Gold-Zierrat.18 GroSSes Haus, HofsalonWandapplikation für LampenkonstruktionMai 1912, Bleistift/Graphit, 71,0 × 74,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8260An solch prächtigen ausgearbeiteten Wandapplikationen werden die eher schlichtgehaltenen Leuchten befestigt. Acht dieser Lampen werden im ovalen Hofsalon angebracht.Die Ausführung in Messing erzeugt eine besondere Lichtstimmung.Die auf der Fensterseite des Foyers präsentierten Exponate [19 a – 21 d] wurden alsGruppen zusammengestellt. So ergibt sich die Möglichkeit, die einzelnen Exponatedirekt miteinander in Beziehung zu setzen, was sich besonders für die unterschiedlichenEntwurfsfassungen anbietet. Die Erste Gruppe [19 a – d] zeigt Entwurfsstudienfür das Haupt-Foyer des Großen Hauses. Dieser Wandelraum, der in seiner Grundformder geschwungenen Rückwand des Zuschauerraumes folgt und über zweiGeschosse reicht, war das eigentliche Repräsentationsstück des ganzen Doppeltheaterkomplexes.8 das schönste theater der welt


19 a GroSSes Haus, Foyer I. Rang Entwurfundatiert, Tusche, 58,0 × 50,3 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8249Im Großen Haus ist alles aufs Große, fast Zeremonielle angelegt. Das verdeutlichtdieser Entwurf <strong>zum</strong> Hauptfoyer sehr deutlich. Die tief kassettierte Decke mit denDeckenlampen wirkt eher erdrückend denn festlich. Durch die starke Kannellierungder Doppelsäulen und Pilaster in Verbindung mit dem gewaltigen Königswappen istdieser Entwurf recht überladen geraten.19 b GroSSes Haus, Foyer I. Rang Entwurfundatiert, Tusche, 59,1 × 54 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8248Mit Einziehen der Frieszone und einer feingliedrigen Deckengestaltung wirkt dasFoyer hier großzügiger und vornehmer. Dennoch wird der Raum durch eine monumentaleLinienführung dominiert. Das Kronenmotiv über dem Eingang zur KöniglichenGalaloge war hingegen etwas zu schlicht ausgefallen für den Repräsentationscharaktereines solchen Hauptfoyers.19 c GroSSes Haus, Foyer I. Rang Entwurf der Hermennischenundatiert, Blei- und Buntstift, 29,2 × 46,0 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8257An dieser prunkvollen Studie für die Foyerinnenseite ist die damalige Absicht abzulesen,dass der Theaterbesuch zu einer bedeutsamen gesellschaftlichen Angelegenheitwerden sollte. Stichkappen- und Kreismotive, welche die Nischen bekrönen,verleihen diesem Entwurf einen fast sakralen Charakter.19 d GroSSes Haus, Foyer I. Rang Endfassung, MaSSstab 1:20Juli 1911, Bleistift, 53,0 × 87,4 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8251Das Bronzemedaillon mit dem von Ludwig Habich modellierten Relief des Königspaaresüber dem Eingang zur Galaloge verleiht dem Hauptfoyer aristokratischeFeierlichkeit. Diese ausgeführte Wandelhalle, die nach kleinen Änderungen denglänzenden Hauptrepräsentationsraum des Doppeltheaters bildete, war übrigenseine Schenkung der Familie von Siegle.Die folgende Gruppe von Exponaten [20 a – d] zeigt einige Aspekte der technischenAusstattung sowie der räumlichen Konstruktion der beiden Theaterhäuser.20 a Kleines Haus, Schallöffnung OrgelEntwürfe, MaSSstab 1:5 (Ausführung)Oktober 1911, Bleistift und Aquarell, 36,0 × 46,2 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8267Das Kleine Haus verfügte auch über eine Orgel der Firma Walcker aus Ludwigsburg,was diese kunstvollen Verkleidungen der Schallöffnung belegen. Die elektrisch betriebeneOrgel befand sich über dem Zuschauerraum. Der Schall drang durch diese im oberenProszeniumsrahmen eingelassenen Gitteröffnungen von oben in den Theaterraum.100 jahre littmannbau9


20 b GroSSes Haus, Projekt axiale Anordnung, ZuschauerraumLängsschnitt(wohl) Juli 1904, Bleistift und Tusche, 40,0 × 34,0cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8205Diese frühe Studie zeigt die Vorteile von Littmanns Idee, ein Amphitheater mit einemRangtheater zu kombinieren: Neben der Unterbringung größerer Zuschauermassenergibt sich der wegweisende Vorzug, dass man auf jedem Platz über die Köpfe dervorderen Reihen hinwegschauen kann. Auf diese Weise ist selbst vom III. Rang ausdie Bühne von der Mehrzahl der Plätze vollständig einsehbar.20 c GroSSes Haus, Orchestergrabenprofil MaSSstab 1:50Dezember 1908, Bleistift und Tusche, 46 × 50,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8264Der Orchestergraben war für die Besetzung von großen Tondramen mit bis zu 106Sitzplätzen angelegt. Der vor der Parkettlinie versenkte Orchesterraum lässt sichvergrößern und verkleinern. Dieser Entwurf belegt, dass der ursprüngliche Orchestergrabennach dem Vorbild des Bayreuther »mystischen Abgrunds« stufenweisenach unten führte und der Direktschall durch einen Schirm <strong>zum</strong> Zuchauerraum hinabgedämpft wurde. Das Große Haus ist programmgemäß aber auch für die Darbietungdes großen Wortdramas bestimmt. Zur Aufführung von Schauspielen kann derOrchestergraben mittels einer Hub- und Deckelvorrichtung vollständig überdecktwerden, wodurch etwa zwei Sitzreihen hinzugewonnen werden können.20 d Kleines Haus, Bühne, Technische Einrichtung LängsschnittJanuar 1910, Tusche, 44,0 × 95,4 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8270Die technische Einrichtung des Kleinen Hauses verfügte unter anderem über 6 Beleuchtungszüge,68 Prospektzüge und 2 Panoramazüge; zur maschinellen Einrichtungender Unterbühne zählen u.a.: eine großen Plateauversenkung mit elektrischemAntrieb, 2 hydraulische Versenkungen und 2 Handversenkungen. Auf der linken Seiteunten ist zudem die ideale Positionierung des Souffleurs eingetragen, dessen Pulthöheund Sehlinie perfekt auf das Bühnengeschehen eingestellt werden kann.21 a Kleines Haus, Foyer I. Rang Entwurf der Längssichtundatiert, Tusche, 56,3 × 70,0 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8252Eine bis zur Decke reichende Wandvertäfelung und ein mit strengen, kreisförmigenProfilen verzierter Plafond in Verbindung mit den auffallend nüchtern gestaltetenDeckenlampen aus Kristallglas in langer Reihe umlaufend aufgehängt, erweitern denFoyersaal optisch. Auf schmückende Goldverzierungen wird hier vollkommen verzichtet,was die fast sachliche Erscheinung unterstreicht.21 b Kleines Haus, Foyer I. Rang Entwurf gegen die Logenseiteundatiert, Bleistift, 23,6 × 62,2 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8254Dieser Aufriss zeugt von der allein durch die Wirkung des Materials erreichten schlichtenEleganz des Foyers: besonders exquisit ist die rautenförmig angelegte Maserungder vorgesehenen Holzvertäfelung. Die eingefassten Wandbilder von Adolf Münzer10 das schönste theater der welt


sowie die beiden Bronzen von Ludwig Habich zu beiden Seiten der zur KöniglichenGalaloge führenden Türe vollenden den Schmuck dieses Saales.21 c Kleines Haus, Zuschauerraum Bühnenansichtundatiert, Tusche, 81,5 × 71,7 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8247Durch die reichliche Verwendung von Holz erreicht Littmann im Zuschauerraum eineoptimale Akustik, so dass auch Flüstertöne gehört werden können. Dies prägt denintimen Charakter des Kleinen Hauses. Ein abgetönter, mit Stuckleisten geteilterweißer Plafond, der nur durch eine mächtige Lichterkrone unterbrochen wird, schließtden Raum nach oben hin zu einem besonderen Ensemble ab.21 d Kleines Haus, Zuschauerraum Logenansichtundatiert, Tusche, 75,0 × 82,5 cmDeutsches Theatermuseum München, Nachlass Max Littmann, F 8246Die Zuschauerraumgliederung des Kleinen Hauses ist eine eigenständige Variantedes Rang- und Logentheaters innerhalb eines längs ausgerichteten Rechteckraums.Das Parkett steigt im Vergleich <strong>zum</strong> Großen Haus nur leicht an. Der Raum wirktkleiner als er tatsächlich ist: dass er 802 Sitzplätze fasst, ist verblüffend! Die Ausstattungin dunklem Kirschbaumholz trägt zu diesem Effekt entscheidend bei.II. RangBereits vor Abschluss des Neubaus avancierten die neuen Königlichen Hoftheaterzu einem beliebten Postkartenmotiv: Selbst ohne Fenster und mit Bauhütten gingdas Bild der ausladenden Fassade um die Welt. Doch nicht nur der Neubau, das Interimstheaterund das Lusthaus sind auf diesem Medium dokumentiert, auch derBrand des Alten Hoftheaters im 1902 ziert zahlreiche Postkarten. Wo das fotografischeDokument fehlte, ersetzten die Kartenmaler es durch »flammende Phantasie« –manche Darstellungen bedienen sich unverhohlen an den Stilmitteln des Expressionismus.Auch der Blick auf die Stadt veränderte sich durch die neuen Bauten. Wardie Blickachse bis zur Neueröffnung auf das Schloss ausgerichtet, verschob sich diePerspektive nun hin <strong>zum</strong> neuen Doppeltheater. Die hier gezeigten Postkarten stammenaus der Sammlung von Michaela Klapka und wurden für diese Ausstellungexklusiv reproduziert. Eine Detailbeschreibung findet sich in den vier Vitrinen [22 – 25].III. RangEine zeitgenössische Illustration aus der Zeit des Neubaus und ein Stadtplan ausdem Jahr 1906 dokumentieren den Wandel der <strong>Stuttgart</strong>er Innenstadt. Auf der obigenZeichnung ist sowohl der alte Hauptbahnhof gut erkennbar als auch das Interimstheater,das an der Stelle des heutigen Landtages seinen Platz gefunden hatte.Daneben sind bereits die neuen Königlichen Hoftheater zu erkennen. Deutlich wirdauch, wie dicht die Besiedelung unmittelbar an das <strong>Oper</strong>nhaus heranreichte.100 jahre littmannbau11


Der Stadtplan von 1906 verzeichnet die neuen Königlichen Hoftheater noch nicht,da der Bauplatz noch gar nicht festgelegt war. Der lange favorisierte Standort Karlsplatzbzw. Waisenhausplatz ist links vom Neuen Schloss zu erkennen. Ferner ist dasInterimstheater zu sehen, während der alte Standort des Hoftheaters noch als Grünanlageausgewiesen ist und die Ruine des Lusthauses bereits in den Schlossgartenverlegt wurde.Wenn Sie aus dem Inneren des Hauses heraustreten sehen Sie nicht nur linkerhandden Landtag, den Standort des Interimstheaters, gegenüberliegend sehen Siedas Kunstgebäude: An dieser Stelle stand das Lusthaus, das alte Hoftheater, dessenBrand 1902 den Neubau der Königlichen Hoftheater notwendig gemacht hat.Rechterhand sehen Sie das Schauspielhaus, das »Neue Kleine Haus«, das derArchitekt Hans Volkart 1959 – 62 am Standort des im Krieg zerstörten Kleinen Hausesdem Gebäudekomplex hinzugefügt hat.LiteraturNorbert Bongartz: Ein Theaterbau von besonderer Bedeutung. In: Förderverein Alte <strong>Oper</strong> <strong>Stuttgart</strong>e.V. (Hrsg.): 70 Jahre <strong>Stuttgart</strong>er <strong>Oper</strong>. Wie sie war, wie sie ist. Wie sie werden soll !. <strong>Stuttgart</strong>, 1982 –Max Littmann: Die Königlichen Hoftheater in <strong>Stuttgart</strong>. Denkschrift zur Feier der Eröffnung. Darmstadt,1912 – Bernd-Peter Schaul: Das Prinzregententheater in München und die Reform des Theaterbausum 1900. Max Littmann als Theaterarchitekt. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege(Nr.37). München, 1987 – ders.: Die Königlichen Hoftheater von Max Littmann. Aspekteihrer Entstehung. In: Staatstheater <strong>Stuttgart</strong> (Hrsg.): Die <strong>Oper</strong> in <strong>Stuttgart</strong>. 75 Jahre Littmann-Bau.<strong>Stuttgart</strong>, 1987 – Dorothea Weiß-Vossenkuhl: Das <strong>Oper</strong>nhaus in <strong>Stuttgart</strong> von Max Littmann (1910 – 1912).Veröffentlichungen des Archivs der Stadt <strong>Stuttgart</strong> Band 34. <strong>Stuttgart</strong>, 1983.Danksagung / NachweisWir danken dem Deutschen Theatermuseum München für die Hilfe bei der Recherche und Aushebungder Funde sowie die großzügige Genehmigung zu deren Ausstellung, namentlich Dr. ClaudiaBlank, Dr. Susanne de Ponte, Eva-Gabriele Jäckl. Fotografie und Digitalisierung der Littmann-Originale: Rudolf Faist, München. Außerdem danken wir Michaela Klapka, <strong>Stuttgart</strong>, für die Überlassungihrer Postkartensammlung für diese Ausstellung. Thomas Sonner danken wir für fachlicheRatschläge und Hinweise.AusstellungstechnikGebäudemanagement: Arno Laudel, Walter Epple – Dekorationswerkstätten: Bernhard Leykauf –Schreinerei: Oliver Bundschuh – Dekorationsabteilung: Heidrun Lange – Licht: Mario Fleck –Technik: Michael Zimmermann, Bühnenoperinspektor – Vorhangzieher: Thomas GärtnerDie Kommentare und Bildbeschreibungen verfasste Martin Laiblin.Ausstellungskonzeption: Martin Laiblin / Patrick HahnHerausgeber: <strong>Oper</strong> <strong>Stuttgart</strong> Intendant: Jossi Wieler Redaktion: DramaturgieGestaltung: Volker Kühn

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