6 <strong>Kärntner</strong> Jäger Nr. 212/2013 J A H R D E S A U E R W I L D E SAktuelles zum AUERWILDSpäter Herbst des Jahres 2013. DieVielfalt der Farben weicht einemnebelverhangenen Grauton. LangeNächte kommen nach den nochkürzer werdenden Tagen. In somanchem Revier war beim Jagernim Herbst, wie auch in den Jahrenzuvor, verlässlich Auerwild zu beobachten.Oft auch in Gebieten, wosich dieses im Frühjahr nicht aufhält.Und jetzt hört man davon,dass die <strong>Kärntner</strong> <strong>Jägerschaft</strong> dasJahr 2014 zum Jahr des Auerwildeserklären und im Zuge dessen auchdie Hahnen ein Jahr schonen will!Was sind die Beweggründe dazu?Blicken wir auf die vergangenenMonate zurück. Wir erinnern uns aneinen noch nie da gewesenen heißenSommer mit großer Trockenheit.Und davor, das Frühjahr? Ja, dieseswar den ganzen Mai hindurch bis inden Juni hinein nass und kalt, verbundenmit mehreren Schneefällenbis in mittlere Lagen. Der letzteausgiebigere Schneefall bis in dieBergwälder auf rund 1500 m ereignetesich um den 7./8. Juni. Was bedeutetdas für das Auerwild undseine Jungenaufzucht?AUERWILD UND WITTERUNGFür die Bestandesentwicklungbeim Auerwild spielt die Witterungin der Fortpflanzungszeit eine bedeutendeRolle, greifen hier dochmehrere Faktoren ineinander. DieTemperaturentwicklung ist sowohlbei der Brutzeit als auch bei derJungenaufzucht entscheidend. Au-Die Witterung hat zur Aufzuchtszeit gravierenden Einfluss auf dasÜberleben der Gesperre; auch dabei spielt die Qualität des Lebensraumeseine bedeutende Rolle. Henne mit Gesperre Mitte August,Küken im Jugendkleid, in der Bildmitte schon merkbar zwei Hahnen.Foto: Karl Tschernig jun.erwildküken (wie auch die Kükender anderen Raufußhühner) könnenin den ersten Lebenswochen ihreKörpertemperatur noch nichtselbstständig regeln und bei (andauernd)kalter Witterung bestehtdie Gefahr, dass die Küken verklammenund an Unterkühlungsterben (oder leichter Raubwildzum Opfer fallen). Eine negativeSpirale entsteht: Bei kalter Witterungmüssen die Küken häufigerund länger gehudert werden und essteht weniger Zeit zur Nahrungsaufnahmezur Verfügung. Und auchdie Nahrungsaufnahme selbst wirdzum Problem, da gerade das für dieErnährung der Küken in den erstenWochen wichtige Insektenangebotgeringer bzw. nicht vorhanden ist.Hinzu kommt eine in vielenLandschaften seit Längerem merkbareEntwicklung. Durch das Zuwachsenund damit Verdunkeln derWälder in den mittleren Lagen(starke Zunahme des Holzvorrates)wird das Auerwild immer weiternach oben in den Bereich der Almwäldergeschoben, da nur hier nochlichtere Waldbilder vorhanden sind,die den Ansprüchen des Auerwildesgerecht werden. Damit ist es jedoch– aufgrund der Höhenlage –den oben beschriebenen negativenEinflüssen der Witterung mit geringererDurchschnittstemperatur undspäten Schneefällen häufiger undintensiver ausgesetzt.Die Auswirkungen dieser ungünstigenWitterung waren in derFolge auch merkbar. Aus vielen Revierendes Landes kamen im Frühsommerund Sommer des heurigenJahres Beobachtungen von Hennenohne Gesperre, was auf einen großflächigenAusfall des Nachwuchseshinweist. Allerdings gibt es durchausauch Hinweise auf Nachwuchs,worin sich die komplexen Zusammenhängevon guter Lebensraumeignung,lokalen klimatischenBedingungen, Raubwildeinflussetc. zeigen.Grundsätzlich ist zu diesem Zusammenhanganzumerken:◆ Einmalige ungünstige Witterungseinflüssezur Aufzuchtszeitbewirken bei guten Beständenkeine gravierenden langfristigenVeränderungen.◆ Wichtig ist die Erhaltung undStärkung des aktuellen Auerwildbestandes.Hier kann eineeinjährige Schonung durchauspositiv wirken.◆ Langfristige jagdliche Schonungdes Auerwildes kann einen Rück -gang nicht aufhalten, woraufmehrere Beispiele aus den Nachbarländernhinweisen (Slowenien,Südtirol, Schweiz). DasInteresse am Auerwild bei Jägernund Grundbesitzern ist durch einKonzept „Schutz (bzw. Erhaltung)des Auerwildes durchNutzung“ besser aufrechtzuerhalten,wie u. a. auch die hoheBeteiligung von Jägerinnen undJägern an den Seminaren der<strong>Kärntner</strong> <strong>Jägerschaft</strong> zur Lebensraumverbesserungsowie eineerhebliche Anzahl von dahingehendbereits umgestaltetenFlächen zeigt.Ein „Jahr des Auerwildes“ sollvor allem dazu dienen, das Auerwildinnerhalb der <strong>Jägerschaft</strong>,aber auch in der Waldwirtschaftund im Naturschutz, verstärkt insBewusstsein zu rücken. Im Zentrummuss hier der Lebensraumund dessen Erhaltung und Förderungstehen, ohne die begleitendenMaßnahmen wie Raubwildbejagungund Vermeidung von Störungenhintanzustellen (siehe Beiträgevon Ofö. Helmut Fladenhofer, S. 7ffund Ing. Sepp Schnabl, S. 9ff).Wie eine Reihe von Auerwild-Projekten zur Lebensraumverbesserungin den letzten Jahren gezeigthat, ist das Interesse zur Erhaltungdieser wunderbaren Wildart innerhalbder <strong>Jägerschaft</strong> sehr groß. Hierist anzusetzen und sind die Bemühungennoch weiter zu verstärken.Ein Jahr der Schonung zeigt, dasssich die Jägerinnen und Jäger derVerantwortung bei der Nutzungdieser Wildart im Zusammenhangmit den komplexen Einflüssen vonLebensraum, Klima, Bestandesschwankungen,Raubwildeinfluss,Störungen etc. weiterhin bewusstsind.DI Thomas HuberRaufußhuhnreferent
J A H R D E S A U E R W I L D E S Nr. 212/2013 <strong>Kärntner</strong> Jäger 7Waldbau im AuerwildlebensraumEin Praxisbeispiel von Oberförster Helmut Fladenhofer, einem AuerwildexpertenObwohl es sehr reizvoll ist, über dieBalz und Bejagung des Auerwildeszu erzählen, möchte ich diesmalüber die waldbaulichen Maßnahmenim Auerwildbiotop berichten,um die Wichtigkeit dieser Thematikzu unterstreichen.In vielen Gebieten Europas istdas Auerwild vom Aussterben bedrohtoder bereits ausgestorben.Durch unüberlegte forstliche Eingriffein den Lebensraum wurdenschon so manche Auerwildbiotopezerstört.Es wird oft behauptet, dass dasAuerwild keine forstliche Bewirtschaftungverträgt. Das stimmtgrößtenteils nicht. Einer der wichtigstenGrundsätze für uns Jägerund Forstmänner sollte sein, sich indie individuellen Bedürfnisse desWildes hineinzufühlen. Durch vielBeobachten und das eine oder andereAusprobieren von Maßnahmenkann uns so manches gelingen. SeitJahrzehnten achtet man in den vonmir betreuten Revieren darauf, denBedürfnissen des Auerwildes nachzukommen.Auerwildlebensraum – Freiflächen und Deckung in enger Verzahnungden, damit sie sich in ihrem Lebensraumdas ganze Jahr wohl fühlen.GANZJAHRESÄSUNG –RUHE – EINSTANDForststraßen können für das Auerwildeinen guten Lebensraumdarstellen. Großes Augenmerk legenwir bei der Bewirtschaftungunserer Reviere auf die Anlage undPflege der Forstwege. SüdseitigeBöschungen werden von starkemBewuchs freigehalten, damit sichauf ihnen Käfer, Insekten, Ameisenusw. ansiedeln. Diese bilden eine lebensnotwendigeÄsungsgrundlagedes Auerwildes und sind vor allemfür die Küken in den ersten Lebenstagenvon großer Bedeutung(tierisches Eiweiß).Weiters ergeben sich durch sonnseitige,sandige Böschungen hervorragendeMöglichkeiten zur Anlagevon Huderpfannen und zurAufnahme von Magensteinen, welchefür den Verdauungsapparat desAuerwildes notwendig sind.Wie oben erwähnt, spielt dieForstwirtschaft die wichtigste Rolle,um dem Auerwild mehr Lebensräumezu schaffen bzw. sollte da -rauf geachtet werden, die bestehendenzu erhalten.Es sollten nicht reine Fichtenbeständeforciert, sondern Mischbe-Das Auerwild stellt durch seineGröße entsprechende Ansprüche anden Bestockungsgrad und die Infrastrukturin unseren Wäldern.„Infrastruktur“, d. h., dass Schläge,helle Althölzer (Bestockungsgrad0,5 - 0,7), Straßen und evtl. Bachläufeso miteinander verbundensind, dass sie „befliegbar“ sind.Kleinkahlschläge (bieten u.a. hervorragendeBrutgelegen heiten) sollenkeine geraden Ränder – gleicheinem Rechteck – aufweisen, sondernwellige, gebuchtete Ränder,welche verschiedene Lichtverhältnisseschaffen. Somit ent stehen Lebensraumvoraussetzungenfür un -terschiedliche Holz-, Strauch-,Kräuter- und Grasarten. Randlinienbieten nicht nur für unser Auerwildgute Biotopbedingungen,sondern kommen den Bedürfnissensehr vieler Tierarten entgegen, mandenke nur an das Rehwild als Konzentratselektierer.Vielfalt und Abwechslungmuss den verschiedenenTierarten (auch jenen, die nicht amAbschussplan stehen) geboten werständemit Lärche – Kiefer – Buche– Bergahorn usw. angestrebt undverschiedene Strauch- und Baumartenwie Vogelbeere, Mehlbeere,Himbeere, Schwarzbeere usw. gefördertbzw. eingebracht werden.Bei der Bewirtschaftung der Auerwildlebensräumemuss auf eineräumliche Ordnung (Waldhygiene)in den Beständen geachtet werden.Hahnen, Hennen und vor allem dasGesperre brauchen eine übersichtlicheBodenstruktur. Das frühe Eräugenvon Feinden und ein möglicher„Fluchtweg“ in die sichereDeckung sind überlebensnotwendig.Die forstlichen Tätigkeiten inden Revieren der ForstverwaltungMeran werden genau aufgezeichnet,um positive wie negative Aus-Foto: H. FladenhoferForststraßen bieten Randlinien und können – sofern strategischgut angelegt – zur Lebensraumvielfalt beitragen. Foto: H. Fladenhofer