Sagenhaftes Wattenmeer - iwss
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Nach dem Untergang der<br />
Insel Rungholt bei der „großen<br />
Manndränke“ im Januar<br />
1362 taten sich viele der heimatlos<br />
gewordenen Fischer<br />
und Bauern zusammen, um<br />
gemeinsam ihren Lebensunterhalt<br />
zu bestreiten.<br />
Die Angst und Schrecken<br />
verbreitenden sogenannten<br />
Wogemänner taten<br />
dies durch Raubzüge und<br />
Überfälle auf kleine Gehöfte<br />
und durch die Enterung<br />
kleiner Handelsschiffe, um<br />
sich auf diese Art und Weise<br />
wiederzuholen, was Ihnen<br />
der Blanke Hans zuvor genommen<br />
hatte. Hierzu ließen<br />
Sie sich im Ort Westerhever<br />
nieder und errichteten an<br />
einer schwer zugänglichen<br />
Stelle eine Trutzburg, die<br />
Wogemannsburg<br />
D<br />
nach Theodor Storm<br />
Die Wogemänner<br />
Die Wogemänner<br />
ie Wogemänner hatten sich an der Westerhever eine große<br />
Burg gebaut, die hieß die Wogemannsburg. Sie hatten kleine<br />
und große Schiffe und raubten damit binnen und außer Landes,<br />
und hatten sie ganze Westerhever wüste gemacht. Das<br />
Gut führten sie alles auf die Burg und nahmen die schönsten<br />
Mädchen mit Gewalt mit hinauf und behielten sie da und gaben<br />
sie ihren Knechten. So hatten sie schon vierzehn ehrliche<br />
Bauerntöchter genommen und das ganze Land betrübte sich<br />
sehr darüber. Da versammelte Staller Owe Hering aus den<br />
Landen Ewerschop und Utholm das Volk am Margarethen-<br />
Tage und zog zu Schiffe und zu Fuß vor die Burg. Eine Jungfrau,<br />
die sie zuletzt hinaufgeholt hatten, hatte sich mit so<br />
schlauen Worten verteidigt, dass sie noch Jungfrau geblieben<br />
war; denn sie hielt sich so tapfer, als ob sie im Harnisch von<br />
der Burg stürzen wollte. Als nun die Lande mächtig und kühn<br />
davor zogen und stürmten, und die auf der Burg in großer<br />
Wehre stunden, schlich sie zu der Brücke und ehe sie davon<br />
wussten, ließ sie die Brücke fallen und sprang damit hinunter<br />
und hielt sie also lange mit wehrender Hand, dass die Lande<br />
hinaufdrängten und die Burg gewannen, was sonst ihnen<br />
nimmer gelungen wäre. Da hielt Staller Owe Hering ein Ding<br />
vor der Brücke mit den zween Landen und der zween Lande<br />
Rathleute über alles Volk, das man in der Burg gefangen hatte.<br />
Und es geschah ihnen, wie nach dem Rechte Räubern und<br />
Jungfrauenschändern geschieht. Alle Frauen und alles Gut,<br />
das auf der Burg war, nahmen sie und zerstörten dieselbige.<br />
Etliche Frauen versenkten sie ins Wasser; allem Mannsvolk<br />
aber schlug man die Köpfe ab und warf die Leichen in die See;<br />
es waren ihrer sechzig, ohne ihre Frauen.