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Nr. 1/2006 Januar & Februar Ausgabe 23

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Und da die Welt noch kleiner ist, als man allgemeinhin denkt, treffe ich auf Thore, einen Norweger.<br />

Als ich ihm erzähle, dass ich schön öfter dort war, um Stories zu produzieren, stellt sich<br />

heraus, dass er aus Stavanger ist und in einem Bericht, den ich für die ehemalige WAVE machte,<br />

auf einem Foto abgebildet ist. Das ist nun sieben oder acht Jahre her und ich frage mich, warum<br />

ich immer noch Surffotos mache. Der Gedanke ist schnell vergessen. Thore surft ja schließlich<br />

auch noch. Er ist auf einem monatelangen Trip von den Azoren, über Madeira, auf die Kanaren<br />

und was weiß ich noch wohin. Aber nicht nur die Insel verändert sich. Auch Björn und Thore<br />

Kroll, mit denen ich nun fast zehn Jahre unterwegs bin, unterliegen dem Zahn der Zeit. Thore,<br />

mittlerweile Vater, und Björn, mittlerweile Sammler von guten Weinen (Thore steht ihm in nichts<br />

nach, wenn es um gute Weine geht), lassen Raum für Veränderungen zu. Wir drei sind gemeinsam<br />

älter geworden. Vieles von dem, was uns früher wichtig erschien, drängte in die zweite oder<br />

dritte Reihe. Aus anfänglichen Trips ist eine lange Freundschaft entstanden. Jeder von uns kann<br />

sich auf den anderen verlassen, Absprachen werden eingehalten. Eine unabdingbare Vorausset-<br />

Wir sind dankbar, dass uns Billabong seit fast zehn Jahren immer noch unterstützt. Mittlerweile<br />

geht es in die zweite Runde. Die Jungs haben jetzt auch Jonas Brunnert ins Team genommen,<br />

den wir vorgeschlagen haben. Wir kennen ihn schon seit seinen Anfängen. Dass man so gut surfen<br />

lernen kann, wenn man nur in Deutschland und Dänemark aufs Wasser kommt – Wahnsinn.<br />

Was ist euch heute im Gegensatz zu früher wichtiger?<br />

Thore: Meine Familie ist meine größte Veränderung. Meine Prioritäten haben sich<br />

dadurch zu 100 Prozent verändert. Es würde voll nach hinten losgehen, wenn ich weiter<br />

so viel surfen würde wie früher. Mit Frau und Kind muss ich mich natürlich engagieren.<br />

Umso besser, wenn man dann einen Sponsor hat, der einen ein bisschen unterstützt.<br />

Björn: Seit elf Jahren bin ich nun selbstständig, mein Business ist gewachsen und ich habe<br />

einfach nicht mehr so viel Zeit wie früher. Ich für meinen Teil genieße bessere Wellen<br />

zung, wenn man zusammen arbeitet. Was von uns<br />

nur als allzu normal empfunden wird, wird bei sehr<br />

vielen Leuten nicht mehr als wichtig empfunden. Nun<br />

gelten andere Regeln. Von den wenigsten verstanden.<br />

Ich sehe die Veränderungen der beiden. Sie springen<br />

nicht mehr für jeden kurzen Surf ins Wasser,<br />

sind gelassener und bewusster geworden. Ich<br />

schließe mich dem an. Lieber weniger, aber dafür<br />

besser. Unverändert die Motivation, die auf vielen<br />

Trips auf eine harte Probe gestellt wurde. Tolle<br />

Wetterberichte stehen einer oft kargen Ausbeute<br />

gegenüber. Nach wie vor sind wir heiß, wenn es<br />

mehr als früher, nehme mein Leben viel bewusster<br />

auf. Früher war alles selbstverständlich.<br />

Habe ich heute einen guten Surf, freue ich mich<br />

viel mehr darüber – er wirkt intensiver nach. Egal<br />

wie hoch die Welle ist, Hauptsache ich kann mit<br />

netten Jungs auf dem Wasser sein und es genießen.<br />

Ich habe einfach keinen Bock mehr, mich<br />

mit begriffsstutzigen Locals herumzuärgern. Ich<br />

will in Ruhe surfen und genießen. Bin ich froh,<br />

dass wir unser Leben in den Griff bekommen<br />

haben. Früher sind wir jahrelang herumgedümpelt,<br />

sind nur gereist und kamen pleite wieder.<br />

Geil, dass wir jetzt wiederkommen und wissen,<br />

wieder losgehen soll (was zugegebenermaßen<br />

seltener geworden ist). Daran wird sich nichts<br />

ändern. Björn und Thore Kroll im Gespräch:<br />

1996 seit ihr die ersten deutschen Surfer auf<br />

Madeira gewesen. Wie habt ihr die Insel entdeckt<br />

und wie hat sie sich seitdem verändert?<br />

Björn & Thore Kroll: Wir haben einen Bericht im<br />

Surfers Journal (Lost in time) gesehen. Es stand kein<br />

Name der Insel im Text, sondern nur Längen- und<br />

Breitengrade. Uns war sofort klar, dass wir dort hinwollten.<br />

Im Bericht standen nur die Namen der<br />

Dörfer Paul do Mar, Jardim do Mar und der ein oder<br />

Björn Kroll Tom Körber<br />

Björn und Thore Kroll<br />

Tom Körber<br />

dass der Job weitergelaufen ist. Wir zahlen<br />

heute noch die Quittungen der alten Reisen ...<br />

Ich bin für bestimmte Sachen offener geworden, zum<br />

Beispiel Urlaub mit meiner Freundin. Ich bin mehr<br />

nicht so radikal wie früher, als es nur um mich gehen<br />

musste. Heute kann mich mehr darüber freuen,<br />

wenn sie sich in ihren Surfbedingungen wohl fühlt.<br />

Früher bin ich durchgedreht, wenn ich überhaupt<br />

mit meiner damaligen Freundin weggefahren wäre.<br />

Ihr habt euch psychisch verändert – wie sieht’s<br />

physisch aus? Machen eure Körper noch mit?<br />

andere Point. Wir suchten die Insel, schlugen die Karte auf und fuhren hin. Seitdem hat sie sich<br />

zum Negativen verändert. Für die Bewohner wohl eher zum Positiven, denn für sie wurde das<br />

Leben durch EU-Tunnel und Straßen viel einfacher. Die Gelder allerdings haben Jardim die<br />

Persönlichkeit genommen, es wurde vieles hochgezogen, auf das kaum jemand wirklich gewartet<br />

hat. Wirklich traurig. Eine Promenade, die kein Mensch braucht – danke EU. Das Wohnen ist teurer<br />

geworden, da die Insulaner natürlich auch den Euro geschnuppert haben. Früher übernachteten<br />

wir für 10 DM. Heute wenn es günstig ist für 10 Euro – also 1:1. Noch ein Hoch auf den Euro.<br />

Heute gibt es viel mehr Locals. Während es damals höchstens drei bis vier waren, sind es heute<br />

bestimmt 20. Aber noch immer sind alle entspannt und das nicht nur, weil wir fast alle von früher<br />

kennen. Ansonsten hat sich auf Madeira nicht so viel geändert – immer noch „Lost in time“.<br />

Ihr seit mit knapp zehn Jahren Sponsoring so etwas wie Urgesteine in der Surf-<br />

Szene. Was hat sich verändert?<br />

Wir danken für die freundliche Unterstützung von Olimar Reisen<br />

Wir sind wählerischer geworden. Wir haben einfach keinen Bock mehr, in jede<br />

„Onshore-Dreckswelle“ reinzugehen. Das war früher anders, da zählte nur: Hauptsache<br />

Surf. Dennoch heißt das, dass wir heute immer noch heiß sind und uns noch verbessern<br />

wollen. Im Unterschied zu früher bereiten wir uns noch besser auf die Trips vor, gerade<br />

auf die Wintertrips. Wenn wir uns anschauen, wie die Jungs auf dem Wasser liegen,<br />

wenn wir im Winter unterwegs sind, dann ist das wirklich traurig. Vielleicht mussten wir<br />

so alt werden, um zu begreifen, dass es ohne Fitness nicht geht. Ich (Thore) spiele<br />

Wasserball und Björn geht regelmäßig ins Fitnessstudio und macht von ihm selbst<br />

entwickelte Übungen für die Schwimmmuskulatur. Als wir 32 oder 33 waren, haben<br />

uns zwei bis drei lange Sessions pro Tag nichts ausgemacht, bis wir gemerkt haben,<br />

dass die Regenerationszeit immer länger dauerte. Noch ein Grund mehr, den Surf<br />

bewusster zu genießen. Wir gehen ökonomischer aufs Wasser: Nicht in den ersten<br />

Minuten ausbrennen, sondern die Power einteilen. Jungs, da kommt ihr auch noch hin.<br />

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