All das ist umso beeindruckender, wenn man das Jahr der Erstbesteigung in Betrachtzieht und die damaligen Mittel bedenkt. Zwar mögen Steigeisen schon zumEinsatz gekommen sein – diese waren seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt,jedoch nicht weit verbreitet - doch sollte man sich vor Augen halten, dass dieBegehung ohne den Einsatz moderner Ausrüstung erfolgte! Außerdem darf mannicht außer Acht lassen, dass die Eispassagen zwar weniger Schwierigkeit bedeutetenals der Fels. Jene Abschnitte im Eis waren aber sehr zeitaufwändig, weil derFührer in der Regel jeden Tritt schlagen musste – selbst wenn Steigeisen benutztwurden, denn diese waren damals noch ohne Frontalzacken. Dass die Eispassagenvon großer Schwierigkeit gewesen sein müssen, zeigt wiederum eine Schilderungvon Bumiller: „Mit Todesverachtung wurde nun eine Felswand nach der anderentraversiert, bis nach achtstündiger, fast übermenschlicher Anstrengung ein überhängenderGletscher Halt gebot. Aufregung und die ungeheure Anstrengung ließendie Bedürfnisse des nüchtern gewordenen Magens nicht aufkommen. Dochohne Stärkung schien das weitere Vordringen vergeblich. Der Proviantsack wurdeaufgeknüpft, doch keiner von den Vieren vermochte einen Bissen zu genießen.“Bei der Überwindung dieser steilen Eispassage tat sich offensichtlich Johann Grosshervor: „Nach kurzer Rast versuchte der Führer Grass (sic!) die senkrechte 4 Meterhohe Gletscherwand durch Traversieren zu erklimmen. Das Wagnis war gelungen,die übrigen drei wurden an Seilen hinaufgezogen (…)“. Der Sturz eines der Beteiligtenhätte mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Seilschaftssturz bedeutet. Nachzwölf Stunden war die Bergfahrt über besagten Pfeiler gelungen. „Von der Diavolezzaaus ertönten den kühnen Steigern Jubelrufe entgegen. (...) Die Männer, diedem Tod wiederholt ins Auge geschaut, umarmten sich vor Freude und brachenin hellen Jubel aus.“ Mit spürbarer Erleichterung vermerkt Bumiller in SchochersTourenbuch: „Nur der Energie, Ausdauer, Kühnheit und dabei doch Besonnenheitdieser Führer habe ich den glücklichen Ausgang dieser Tour zu verdanken, welcheSchwierigkeiten bot, die jeder Beschreibung spotten“. Hier, so scheint´s, war selbstder forsche Theodor Bumiller an seine Grenzen gekommen und demütig geworden.Aus Dankbarkeit und Verbundenheit mit seinen Führern spendete er der FührerhilfskassePontresina den hohen Betrag von 1000 Franken. Diese Spende führtedazu, dass er zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt wurde.Dass Bumiller den glücklichen Ausgang der Tour vor allem dem alpinistischenKönnen von Schocher und seinen Mannen zu verdanken hatte, zeigt die Bedeutung,die den lokalen Bergführern bei der Erschließung neuer Touren zukam.Theodor Bumiller ist zu achten wegen der physischen Leistung und dem aufge-20
achten Mut, aber ohne die herausragenden Fähigkeiten eines Martin Schocheroder Johann Gross wäre er vermutlich nie am Gipfel angekommen. Auch wenn inder Heidelberger Zeitung von Bumiller als einem der „kühnsten Bergsteiger“ imOberengadin gesprochen wird, ist das Ausmaß seiner alpinistischen Kenntnisse inFrage zu stellen. Das Alpine Journal zieht im Jahr 1931 sogar in Betracht, dass dieBesteigung aus einer Wette resultierte, was angesichts des Bumillerschen Temperamentsnicht unvorstellbar wäre. Die Besteigung der Piz-Palü-Nordwand blieb seineeinzige alpinistische „Großtat“.Sein weiterer Lebensweg führte ihn zunächst zum Militärdienst nach Berlin undvon dort mit Herrmann von Wissmann für einige Jahre in die deutsche KolonieOst-Afrika. Aber anders als gemeinhin kolportiert war er nicht an der Erstbesteigungdes Kilimanjaro beteiligt! Zeitlebens blieb er ein unruhiger Geist, nach Stationenin Kairo und Paris wurde Bumiller Kriegsberichterstatter im Balkankrieg, woer am 26.11.1912 in Yasilköy, im heutigen Istanbul, der Cholera erlag.Trotz aller Abenteuer blieb Theodor Bumiller seinem Bergführer Martin Schocheroffensichtlich auch nach ihrem gemeinsamen Bergsommer im Engadin freundschaftlichverbunden: „Diese und noch viele andere gemeinsam durchgeführteTouren verbanden ‚Herr und Knecht’ zu einem kameradschaftlichen und freundschaftlichenZusammenschluss.“(Für interessierte Leser: Ein ausführlicher wissenschaftlicher Aufsatz zum Themawird von den Autoren in diesem Jahr in den <strong>Mannheim</strong>er Geschichtsblättern publiziert)(Copyright Marion Jourdan, Ralf Rehberger 2013)21
- Seite 1: 1888 - 2013125 Jahre Sektion Mannhe
- Seite 4 und 5: ImpressumHerausgeber:Deutscher Alpe
- Seite 6 und 7: Alle Stränge laufen in unserer neu
- Seite 10 und 11: Zu dieser FestschriftAlexander Birn
- Seite 13 und 14: Die 1. Vorsitzenden der Sektion (18
- Seite 15 und 16: Beschriftung der Bildrückseite:
- Seite 17 und 18: Mannheim“. In der Regel sind die
- Seite 19: Dass die Tour für die damalige Zei
- Seite 23 und 24: Seit Beginn der 30er Jahre haben wi
- Seite 25 und 26: wie dies im einzelnen erfolgte: Zug
- Seite 27 und 28: nicht. Um einen Sturz des Vorausste
- Seite 29 und 30: Jungmannschaft am Kalmithaus/Pfälz
- Seite 31 und 32: Bergsteigergruppe Chronik Nr. 1 (Ju
- Seite 33 und 34: gergruppe wie auch der Jungmannscha
- Seite 35 und 36: Das Jahr 1948, das Jahr der Währun
- Seite 38 und 39: Die Zeit ab 1960Ab Anfang der 60er
- Seite 40 und 41: wurde. Außerdem wusste man nicht,
- Seite 42 und 43: und die Horste rund um die Uhr zu b
- Seite 44 und 45: der Jungmannen schwanden in der Fol
- Seite 46 und 47: Die Sektion Mannheim des DAVund der
- Seite 48 und 49: weder „wusste, was hierunter zu v
- Seite 50 und 51: ser heftigst, zum Teil von der anti
- Seite 52 und 53: Interview mit Josef Hiltscher, unse
- Seite 54 und 55: Ein Gespräch mit Reinhold Konzett,
- Seite 56 und 57: D + B: „Seit wann bist Du im Alpe
- Seite 58 und 59: wusste ich: das ist der Tod, denn d
- Seite 60 und 61: Vorträge im Wandel der Zeit - 125
- Seite 62 und 63: wie es schon nach der Inflation 192
- Seite 64 und 65: Ein Berggeist erinnert sich!Klaus-P
- Seite 66 und 67: Ich möchte hier noch besonders erw
- Seite 68: Wenn man fährt zu diesem Orte,will
- Seite 71 und 72:
uns ein Standquartier suchen müsse
- Seite 73 und 74:
Jugend in der SektionAlexander Birn
- Seite 75 und 76:
Zeit leider vollständig zum Erlieg
- Seite 77 und 78:
Kinder sichern in KletterhalleAktiv
- Seite 79 und 80:
Arco BAWÜ Camp 2011Auch der Kontak
- Seite 81 und 82:
Pflanzaktion JDAV mit DAV am 22. Ap
- Seite 83 und 84:
Naturschutzreferat der Sektion Mann
- Seite 85 und 86:
temberg gegründet worden, um den W
- Seite 87 und 88:
Odenwälder Klettergebiete und die
- Seite 89 und 90:
Die Felsen des Steinbruchs übertra
- Seite 91 und 92:
Die AGKNO hat das Ziel das Klettern
- Seite 93 und 94:
einhalten, war es auch nicht mögli
- Seite 95 und 96:
Hütten und Wege der DAV-Sektion Ma
- Seite 97 und 98:
Die Ausstellung zum Jubiläum(Ausz
- Seite 99 und 100:
In dieser Situation wurde auf die B
- Seite 101 und 102:
Herausragende Arbeiten der letzten
- Seite 104 und 105:
Jahr tiefer, so dass es abzusehen i
- Seite 106 und 107:
verordnung und schon gar nicht mehr
- Seite 108 und 109:
Zusätzliche Forderungen des Archit
- Seite 110 und 111:
Oberzalimhütte nach dem UmbauGraze
- Seite 112 und 113:
Trinkwasser der Oberzalimhütte nic
- Seite 114 und 115:
Anlieferung BHKW mit Wilfried Stude
- Seite 116 und 117:
Grundvoraussetzungen für die Verle
- Seite 118 und 119:
Leibersteig, durch Trittbalken „e
- Seite 120 und 121:
1.9.3 Über den Brandner Ferner zum
- Seite 122 und 123:
1.9.6 Der GlingawegSchon bald nach
- Seite 124:
Die Schönbrunner Hütte wurde ursp
- Seite 127 und 128:
127