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Dr. Marion Garai: Neurobiologie und Psyche des Elefanten

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<strong>Neurobiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>des</strong> <strong>Elefanten</strong>sein langjähriger Pfleger oder Trainer sich oft gut <strong>und</strong> sofort verstehen<strong>und</strong> verständigen können. Sie haben mit Hilfe ihrer Spiegelneuronengelernt, die kleinsten Bewegungen <strong>und</strong> Intentionen <strong>des</strong> anderen zuinterpretieren <strong>und</strong> die folgende Handlung daraus abzulesen. Spiegelneuronenkönnen beobachtete Teile eines Handlungablaufs zu einerwahrscheinlich zu erwartenden Gesamthandlung ergänzen. Folgt nuneine nicht mehr vorhersehbare Situation oder Aktion, ist eine heftigeneurobiologische Stressreaktion mit einem massiven Angstgefühl dieFolge.Dank Spiegelneuronen fühlt man, was der andere fühlt, ist Empathie(=Mitgefühl) möglich. Das Jungtier lernt durch Nachahmen der Signale<strong>und</strong> Reaktionen der Mutter, wie es mit der Umwelt umzugehen hat.Und auf diese Weise entwickelt sich das Hirn mit den Nervenzellnetzwerken,welche später im Leben die so gespeicherten Reaktionen <strong>des</strong>Verhaltens ablaufen lassen.Wie das Gehirn Erlebnisse speichert<strong>und</strong> verarbeitetDas menschliche Gehirn besteht aus über 20 Milliarden Nervenzellen.Über die Hälfte davon stehen der Cortex (Hirnrinde) <strong>und</strong> dem damit engverb<strong>und</strong>enen limbischen System (emotionales Zentrum) zur Verfügung,verteilt in den vielen Windungen. Die Hirnrinde ist der Sitz der höherenWahrnehmungs­ <strong>und</strong> Steuerungsfunktionen. Da <strong>Elefanten</strong> ebenfalls eineVielzahl an Windungen besitzen, ist anzunehmen, dass diese ebenfallseine sehr hohe Zahl an Nervenzellen beherbergen. Das limbischeSystem wiederum ist eng verb<strong>und</strong>en mit darunter liegenden Hirnteilen,insbesondere Hirnstamm <strong>und</strong> Hypothalamus. Die Hirnrinde gibt Auskünfteüber die Außenwelt (sie verarbeitet Informationen, die über dieSinne hereinkommen), Hirnstamm <strong>und</strong> Hypothalamus geben Informationenüber das innere Körperbefinden <strong>und</strong> im limbischen System werdendiese verarbeitet. In der Amygdala sind die Erinnerungengespeichert, diese werden mit den hereinkommenden Informationenaus Außen­ <strong>und</strong> Innenwelt abgeglichen.Alle mentalen Operationen (Denken, Fühlen, Wahrnehmung, Beurteilen,Planen, Handeln) werden durch die Verbindungen von Nervenzellen(oder Nervenzellgruppen <strong>und</strong> ­netzwerken) ermöglicht. EinzelneNervenzellen besitzen viele sehr lange Fortsätze, welche untereinanderüber eine Kontaktstelle (Synapse) in Verbindung stehen. An derSynapse werden Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter) ausgetauscht.Eine Nervenzelle ist durch bis zu 10.000 Synapsen mit anderen Nervenzellenverschaltet, so wird ein komplettes Netzwerk gebildet. Vielbenutzte Synapsen verstärken ihre Struktur, nicht benutzte werden aufgelöst.Häufige <strong>und</strong> intensive Erfahrungen werden auf diese Weisedurch Bildung von Nervenzell­Netzwerken, in denen die Erfahrung gespeichertist, verstärkt. So kann es vorkommen, dass Traumen oderAngstreaktionen in diesen Netzwerken fest verankert (bzw. „eingeschrieben“)sind. Werden Synapsen häufig oder sehr intensiv benutzt,kommt es zur Verstärkung dieser durch positive Rückkopplung: kommtein Signal zur Synapse, werden in beiden (oder mehreren) NervenzellenBotenstoffe ausgeschüttet. Diese führen zu einer biochemischenReaktion innerhalb der Zellen, welche besondere Gene aktivieren. DieseGene produzieren Proteine, welche die Synapse strukturell verstärken.Je mehr eine Synapse „feuert“, <strong>des</strong>to stärker wird die Vernetzung<strong>und</strong> auch das abgegebene Signal.Um zu verhindern, dass alle Synapsen gleichzeitig feuern, findet eineSelektion im Hirn statt. Es gibt drei Dimensionen der Wahrnehmung:Elemente <strong>und</strong> Wahrnehmungen der äußeren Welt (erste Dimension)werden untereinander assoziiert <strong>und</strong> mit der inneren Welt (zweite Dimension)verglichen. In der dritten Dimension werden Wahrnehmungen<strong>des</strong> Selbstbefindens mit der Außenwelt in Beziehung gebracht. DieOben: „Dashi“ im Tierpark Berlin. Ohne Rücksicht auf eine gewachseneSozialstruktur wurden ihre engsten Sozialpartner „Bibi“ <strong>und</strong> „Matibi“ aneinen anderen Zoo abgegeben. Foto: C. RemenyiUnten: Infolge überholter Formen <strong>des</strong> Zuchtmanagements verlor „Saida“(hier links im Bild mit ihrer Tochter „Indra“ im Zoo Leipzig) ebenfalls ihreeinzige Sozialpartnerin. Foto: E. GöttscheZusammenführung der Außenwelt mit der Körper­Innenwelt findet inGyrus cinguli statt (Sitz <strong>des</strong> Selbstgefühls). Der Gyrus cinguli wird auchals „Schaltstelle“ bezeichnet. Das limbische System sendet nun seinerseitsSignale an den Körper, damit er reagiert. Zum Beispiel werdendann die Hormone Cortisol oder Adrenalin produziert <strong>und</strong> in die Blutbahngeleitet.Der Regelmechanismusder StresshormoneAdrenalin:Das Großhirn leitet eine Gefahr­ oder Alarmsituation an den Hirnstammweiter. Hier befinden sich die Nervenzellen, welche Atmung<strong>und</strong> Blutdruck kontrollieren, sowie die Nerven für Magen, Darm <strong>und</strong>Herz. Im Hirnstamm eintreffende Signale bewirken im Nebennierenmarkdie Ausschüttung von Adrenalin <strong>und</strong> Noradrenalin, welche kurzfristigHerzfrequenz, Puls <strong>und</strong> Blutdruck erhöhen.18

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