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Angerer "Das steht der Welt noch bevor"

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„Frohbotschaft o<strong>der</strong> Drohbotschaft?“<br />

lesen, wenn man dies leugnen will. Des weiteren stellt die Drohung lediglich<br />

die Kehrseite <strong>der</strong> Frohbotschaft Christi dar. Auch diese dürfte einsichtig<br />

sein: Wenn ich etwas Kostbares geschenkt bekomme, dann empfinde ich<br />

nicht nur Freude darüber, son<strong>der</strong>n zugleich auch die Sorge, das Geschenk<br />

wie<strong>der</strong> zu verlieren; und je wertvoller das Geschenk ist, desto akuter die Sorge.<br />

Je höher ich die Frohbotschaft vom neuen Leben <strong>der</strong> Christen einschätze,<br />

desto ernster nehme ich die drohende Gefahr, wie<strong>der</strong> in meine alte, heillose<br />

Existenz zurückzufallen. In diesem Sinne mahnt Paulus zu Furcht und<br />

Zittern um das Heil; hält die Apokalypse zum Durchhalten in <strong>der</strong> Bedrängnis<br />

an; lehrt Jesus seine Jünger zu beten: “Führe uns nicht in Versuchung,<br />

son<strong>der</strong>n erlöse uns von dem Bösen!”<br />

Gänzlich fatal wäre es, die Möglichkeit des Heilsverlustes an sich zu<br />

leugnen. Dazu muß man de facto entwe<strong>der</strong> die Entscheidungs- und Willensfreiheit<br />

<strong>der</strong> Menschen ignorieren o<strong>der</strong> die Konsequenz und Gerechtigkeit<br />

Gottes. Zu beiden gibt es angesichts <strong>der</strong> klaren Worte in <strong>der</strong> Offenbarung<br />

keinen Anlaß. Wer vom Evangelium getroffen wird, muß sich<br />

entscheiden: “Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet; wer aber<br />

nicht glaubt, wird verdammt werden.” (Mk 16,16)<br />

Schließlich existiert für den Christen auch nicht die Möglichkeit, den drohenden<br />

Aspekt <strong>der</strong> Offenbarung einfach zu übergehen, weil wir nicht<br />

selektiv glauben können. Solche Versuche gibt es in <strong>der</strong> Kirchengeschichte<br />

freilich bis heute in Hülle und Fülle. Jede willkürliche, eigenmächtige<br />

Auswahl von Glaubensinhalten aber – zu griechisch: hairesis<br />

– ist gemäß <strong>der</strong> klassischen dogmatischen Sprache Häresie: eine Irrlehre,<br />

die Jesu Botschaft nicht ernst nimmt und ihr in ihrer Ganzheit und<br />

ihrem Tiefgang Gewalt antut.<br />

<strong>Das</strong> Heil, die Erlösung von <strong>der</strong> Macht <strong>der</strong> Sünde, ist ein so unvergleichlich<br />

kostbares Geschenk, daß wir allen Anlaß haben, uns vor seinem drohenden<br />

Verlust in acht zu nehmen. Diese Mahnung, die <strong>der</strong> Gutwillige<br />

freilich mehr als Warnung denn als Drohung verstehen wird, darf nicht<br />

verschwiegen werden, und am allerwenigsten vom Papst und den Bischöfen<br />

als den authentischen Lehrern des Glaubens. Dieses Problem ist im<br />

Grunde so alt wie die Kirche selbst. Schon <strong>der</strong> Hebräerbrief mahnt: “Gehorcht<br />

euren Vorstehern, und ordnet euch ihnen unter, den sie wachen<br />

über euch und müssen Rechenschaft darüber ablegen.” (Hebr 13,17) Diese<br />

Verantwortung <strong>der</strong> Hirten läßt sich nicht in Beliebigkeit auflösen – auch<br />

nicht durch Mehrheitsbeschlüsse.<br />

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