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Nr. 1/2013 - Lebenshilfe Steiermark

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<strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Steiermark</strong> | ThemaDown-Syndrom I Eine Chance© <strong>Lebenshilfe</strong> Ennstal, WildlingBildung integriert: „Siehaben ein Recht auf einenerweiterten Horizont.”Hinein ins LebenMüttern und Vätern fällt das Loslassen ihrer Kinder schwer: Hans Peter Wildling ist Vater von Zwillingenmit Down-Syndrom. Er lernt gerade, was es bedeutet, seine Söhne ins Leben zu entsenden.Mittlerweile liegen 16 Jahre Erziehungsarbeit(„Arbeit“ imwahrsten Sinne des Wortes)hinter uns. Elias und Lukas – unsere Zwillingemit Down-Syndrom – haben am 19.Dezember 2012 ihren 16. Geburtstag gefeiert.Sie besuchen die 5. Klasse der Realschulein Liezen, die als Integrationsklassegeführt wird. Es gibt vieles, wasunsere Jungs gerne tun – und das Schulegehengehört dazu. Sie sind interessiertund wissbegierig; noch bei allen „großenFerien“ war ihnen nach 14 Tagen zuHause fad und sie wollten wieder in dieSchule. Freilich tun sie sich im Rechnenund Schreiben schwer, aber es ist erstaunlichund faszinierend, was sie allesgelernt haben. Biologie und Geographielieben sie heiß, das Turnen und den Kochunterrichtsowieso.So waren wir ziemlich überrascht, als wirim Dezember erfuhren, dass auf Grundmangelnder Schülerzahl die ursprünglichgeplante 6. Klasse der Realschule nicht zuStande kommen werde. Schließlich wolltenwir die Kinder so lange wie möglich indie Schule schicken: Nicht nur, weil esihnen Spaß macht, sondern weil sie dortgefordert werden, ihre Persönlichkeit gutweiterentwickeln und noch so viel dazulernenkönnten, von dem sie ihr Lebenlang profitieren und zehren.Was nun? Jetzt stehen wir vor dem„Problem“, wie es weitergehen soll. Fürunseren Lukas wäre eine Teilqualifizierungslehrezum Koch ideal, ein geeigneterLehrplatz wäre sogar vorhanden. BeiElias hat sich noch kein wirkliches Interessengebietherauskristallisiert (Playstationspielen ist halt doch kein Beruf). UndDie Zwillinge Elias und Lukas haben von ihrer Lehrein Karin Spreitzgelernt: Rechnen, Schreiben, Sachkunde und vieles über das Leben.wir als Eltern stellen uns die Frage, ob dieKinder für eine Lehrausbildung jetztschon „reif genug“ sind.Im Gespräch mit einer Beraterin vom Jugendcoachingin Liezen wurden wir aufdie Ausbildungszentren in Graz-Andritzund St. Gilgen am Wolfgangsee aufmerksamgemacht. Bei mir als Vater habengleich einmal die Alarmglocken geläutet– schließlich heißt das Internatsunterbringung!Möchte ich meine Kinder „auslassen“?Kann ich ihnen das zutrauen? – Undvor allem: kann ich sie „loslassen“? Natürlichstellen sich auch andere Fragen,wie die Fortführung des Musikunterrichtsoder das wöchentliche Judo-Training.Aber wenn ich ganz ehrlich bin, spüre ichin mir diese „Angst“ vor der Veränderung,vor der Trennung … von der ich natürlichweiß und auch hoffe, dass sieeinmal kommen muss … aber halt nochnicht jetzt!Ich (Papa) habe meine Jungs mit dieser„Idee des Ausziehens von Daheim“>> Lesen sie weiter auf Seite 14.Der berührende Brief einer Lehrerin an ihre zwei Schüler mit Down-Syndrom. Von Karin SpreitzLieber Elias, lieber Lukas!Als ich erfahren habe, dass Zwillinge mitDown-Syndrom in meine Integrationsklassekommen werden, habe ich mir keine Sorgengemacht. Ich habe mich auf euch gefreut.Im Vorfeld war mir wichtig, viel über euchzu erfahren.Dich Elias, habe ich von Anfang an anderserlebt, als ich dich „erzählt“ bekommenhabe. Ich habe in diesem Zusammenhangdazugelernt, dass man mit Informationensehr vorsichtig umgehen muss,damit nicht Vorurteile daraus erwachsen.Ich habe mich dazu entschieden, dir ganzoffen zu begegnen und ich tat gut daran!Bald schon haben wir uns entschieden,Seite 12euch nicht gemeinsam in eine Klasse zugeben. Es gab eine parallele Integrationsklasse;so kamst du, Elias, in meine Klasseund dein Bruder Lukas besuchte die andereKlasse. Wir wollten euch eine eigenständigereEntwicklung ermöglichen. Elias, dubist ein sehr offener junger Mann, Umarmungenund Begrüßungsküsschen warenan der Tagesordnung. Im Laufe der Zeitwar es mir wichtig, dir zu zeigen, dass Distanzauch ein wichtiger Aspekt im Umgangmit Menschen ist. Nicht jedem istdieses Verhalten angenehm und für michist es vorrangig, dich besonders gut auf dieGesellschaft „draußen“ vorzubereiten. Undda gibt es nun mal Regeln.Deine dir angeborene, ausgeprägte Sturheithabe ich in extremer Form nie erlebt. Sokleine Auswüchse davon kann ich gutdurchgehen lassen, bin ich doch der Meinung,dass in deinem Leben nicht allesfremdbestimmt sein soll.Bei deinen Mitschülern/Innen bist du gutangenommen. Deine Offenheit, Freundlichkeit,Hilfsbereitschaft, Eigenständigkeit undauch deine gute Erziehung tragen dazubei. Ich muss erwähnen, dass du ein außergewöhnlichguter und vielfältig geförderterSchüler bist. Jegliche Unterstützung von zuHause ist mir in allen Bereichen gesichert.Danke dafür! Beim Lernen bringe ich dichsicherlich und wissentlich an deine Grenzen.Ich zwinge dich mit BeharrlichkeitFortsetztung auf Seite 14zum Denken und fordere Selbstständigkeit,soweit dies für dich möglich ist.Du hast das Recht auf einen weiten Lebenshorizont,denn Bildung integriert. Mit welchemInteresse du über den Regenwald, diePlaneten, Azteken, die Entwicklung derErde lernst, ist ganz toll zu erleben! DeineMotivation und dein Eifer motivieren michin meiner Arbeit. Ich möchte mit keinemanderen Lehrer tauschen.Heuer sind wir in der 5. Realklasse unddein Bruder Lukas ist zu uns gestoßen. Jetztweiß ich auch, warum es gut war, euch inder ersten Klasse zu trennen. Denn du,Elias, bist auf jeden Fall der „Macho“ voneuch beiden und würdest liebend gerneSeite 13

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