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Nr. 1/2013 - Lebenshilfe Steiermark

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<strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Steiermark</strong> | ThemaDown-Syndrom I Eine ChanceFür Körper, Geist und SeeleKinder mit Down-Syndrom brauchen besondere Unterstützung für die intellektuelle Entwicklung. Aufgrundihres niedrigeren Stoffwechsels ist auch ein gesundes Maß an Sport und Bewegung notwendig.Pferdegestützte Therapie bringt beides. Von Nicole RubischSeit vier Jahren betreibt Ursula Eichberger die „Praxis am Hof“ bei St. Radegundund bietet Integrative Verhaltenstherapie, Pferdegestützte Therapie,Raucherentwöhnung, Ernährungs- und medizinische Beratung an.NachgefragtFrau Dr. Eichberger, was ist das besonderean der natur- und pferdegestützten Therapie?Ursula Eichberger: Es geht um Bewegungund um die Schulung von Koordinationund Konzentration. Weitere wichtigeFaktoren sind die Beziehung zu einemanderen Lebewesen und das Sozialverhalten.Je nach Tagesverfassung des Patientenkann das eine oder andereThema mehr im Vordergrund stehen. Soerhält jeder die auf ihn zugeschnitteneTherapie, ganz im Sinne einer ganzheitlichenMedizin. Es ist immer Zeit undRaum für Gespräche und medizinischeBeratungen, was den Angehörigen sehrviel an Angst und Unsicherheit nimmt.Das Besondere ist, dass jeder mit seinenBedürfnissen und Fähigkeiten angenommenund respektiert wird, um die Gesundheitoptimal zu fördern.Ursula Eichberger ist Ärztin undhat eine Praxis auf einem Pferdehofin der Nähe des GrazerSchöckls. „Da lag es nahe, psychotherapeutischeMedizin und noch ein bisschenmehr im Rahmen der natur- und pferdegestütztenVerhaltenstherapie anzubieten.Auch Kinder mit BeeinträchtigungWarum ist in vielen Fällen „Learning bydoing“ so wichtig?Ich bin Verhaltenstherapeutin und dasSchöne an dieser Therapie ist, dass diePferde sofort rückmelden, wie gut manetwas macht, was natürlich den Lernerfolgsteigert. Bei mangelnder Konsequenzoder fehlender Konzentration des Menschen,wenden die Tiere ihre Aufmerksamkeitanderem zu und bei zuvielUnruhe seitens des Patienten stehenauch die vierbeinigen Therapeuten nichtstill. Ich übersetze oft nur mehr die Körperspracheder Pferde und erklärewarum das Tier so reagiert, was vom Patientengut angenommen wird, weil essich nicht um Kritik, sondern um simplesErklären und Ändern von Verhalten handelt.sind fasziniert, wenn sie mit den Ponysund Pferden in Kontakt kommen“, sagtdie engagierte Medizinerin, die selbst einesiebenjährige Tochter hat. Während ihrerAusbildung hat sie sich mit StoffwechselundHerz-Kreislauferkrankungen auseinandergesetzt.„Down-Syndrom-Kinderhaben aufgrund ihrer Gene häufiger angeboreneHerzfehler und Stoffwechselprobleme.Bewegung ist wichtig, umHerz und Kreislauf zu trainieren und dieKoordination zu schulen. Sie steigert dieAusschüttung des Glückshormons Serotoninund wirkt sich positiv auf die Stimmungaus. Und oft leiden nicht nur dieKinder, sondern auch ihre Angehörigenunter Bewegungsmangel“, weiß Eichberger.Die Ärztin rät Eltern, ihre Kindermöglichst früh an Sport und Bewegungheranzuführen: „Über Tiere geht das amleichtesten – das gemeinsame Bewegenmit dem Tier motiviert und macht Spaß.“Was hat Sie in den letzten Jahren bei IhrerArbeit besonders berührt?Jemandem ein Lächeln ins Gesicht zuzaubern. Ich mache diese Therapie seitacht Jahren, aber es ist immer wieder faszinierend,mit welcher Präzision dieTiere Stimmungen wahrnehmen könnenund wie feinfühlig sie auf die Menschenreagieren. Diese wunderbaren Tiere suchenden Kontakt zu uns und vertrauenuns. Sie führen uns Menschen immerwieder an unsere Grenzen und fördernso unsere persönliche Entwicklung. IchSchulung aller Sinne:spüren, sehen,riechen, hörenmache auch Psychotherapien ohnePferde, aber die Tiere sind mir wertvolleUnterstützung und helfen, Dinge klarerzu erkennen. Um es nach Winston Churchillauszudrücken: „There is somethingabout the outside of a horse that is goodfor the inside of a man.”www.praxis-am-hof.at© <strong>Lebenshilfe</strong> Salzburg: Ausstellung StandpunkteWechselspiel vonFaszination und FurchtWer Menschen, die mit dem Down-Syndrom leben, beim Tanzen oder Schauspielen gesehen hat,wird sich der Faszination, die sie ausstrahlen nicht entziehen können. Ihre Bewegungen, ihreIntensität, ihre emotionale Kompetenz und Begeisterung, das alles macht sie so beliebt, anrührendund faszinierend. Gleichzeitig scheinen sie verletzlicher als andere zu sein, altern früher, verbringenihre letzten Jahre oft mit Demenz. Sie sind, so scheint es, besonders schutzbedürftig und bedürfenbesonderer Zuwendung. Von Albert BrandstätterUnd da gibt es den weiterenAspekt: Sie sind diejenigen, diebesonders „gesucht“ sind, imdoppelten Sinn. Eine Kollegin aus Berlinhat mir erzählt, dass sie es gar nicht verstehenkann, dass Embryos mit Verdachtauf Down-Syndrom nach einer Blut-Untersuchungoder einer Nackenfalten-Messung oder einer Prä-Implantations-Diagnose vernichtet werden. Man könnedie Kinder doch zu Pflegeeltern geben,denn in Berlin „kloppen sich die Pflegeelternum Kinder mit Down-Syndrom“.Zwischen Furcht und Fürsorge entscheidetder Blick.Down-Syndrom ist wohldie Behinderung„par excellence“,besonders wahrgenommen, besondersbeliebt, besonders skeptisch gesehen.Deswegen ist es so gut, alljährlich am 21.März, am Welt-Down-Syndrom-Tag, denBlick auf diese Menschengruppe zu richten.Gleichzeitig ist es ein Spiegel der Gesellschaft,dass dies noch immer nötig ist– und unsinnig zugleich. Denn die Art desBlickes ist entscheidend. Ist es ein molekularerBlick, der auf den Defekt und aufdie Besonderheit gerichtet ist? Oder istes ein Blick, der im „anderen“ einfach denMenschen sieht?Oder wie es derfranzösischeSchriftstellerArthurRimbauda u s -drückt: „Ich ist ein Anderer“. Ihm folgtEmmanuel Levinas: „Im Angesicht desAnderen sehe ich das völlig Fremde, aberauch den Anspruch auf Sorge und auf gegenseitigeAchtung. Das bedeutet unbedingteWürde, ohne Vorbedingung,gleiche Wertschätzung wie bei anderenauch: anders gleich und gleich anders –du und ich – sein zu können, das ist Herausforderungund Faszination zugleich.”Mag. Albert Brandstätter ist Generalsekretär<strong>Lebenshilfe</strong> Österreich.• Erhöhtes Demenzrisiko:Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschenmit intellektueller Beeinträchtigung ineinem Alter ab 60 Jahren an Demenzerkranken, liegt bei über 60 %. Bei Menschenmit Down-Syndrom kann dieKrankheit sogar schon in ihren Dreißigernoder Vierzigern ausbrechen.• Erfolgsgeschichte:Der 35-jährige Spanier Pablo Pinedaschloss als erster Europäer mit Down-Syndrom ein Studium ab. Im Film „YoTambién” erzählt er sein Leben, umanderen Menschen mit Down-SyndromMut zu machen.Seite 21

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