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Haftungsfragen in der Behandlungspflege - Werner Sellmer

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zuletzt das Gewicht des Patienten zu berücksichtigen. Schondie Auswahl e<strong>in</strong>es für den konkreten Behandlungsfall nichtgeeigneten Mediz<strong>in</strong>produkts wird nach <strong>der</strong> 1995 durch dasMediz<strong>in</strong>produktegesetz e<strong>in</strong>geführten Gefährdungshaftung strafrechtlichsanktioniert. Dabei steht zu erwarten, dass nach weiterenVorgaben des MPG’s <strong>der</strong> E<strong>in</strong>halt dieses Gesetzes spätestensab dem Jahr 2004 verstärkt durch die Kontrollbehörden<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> überwacht wird. E<strong>in</strong>schlägig ist <strong>in</strong> diesem Bereich:§ 4 MPGVerbote zum Schutz von Patienten, Anwen<strong>der</strong>n und Dritten(1) Es ist verboten, Mediz<strong>in</strong>produkte … anzuwenden, wenn1. <strong>der</strong> begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheitund die Gesundheit <strong>der</strong> Patienten, <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> o<strong>der</strong>Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung undihrer Zweckbestimmung entsprechen<strong>der</strong> Verwendung übere<strong>in</strong> nach den Erkenntnissen <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Wissenschaftenvertretbares Maß h<strong>in</strong>ausgehend gefährden o<strong>der</strong>...2. e<strong>in</strong> Zuwi<strong>der</strong>handeln – ohne dass es zum Patientenschadenkommen müsste – gegen § 4 I 1 MPG ist nach §40 MPG mit Geld- o<strong>der</strong> Freiheitsstrafe – bei fahrlässigemHandeln bis zu e<strong>in</strong>em Jahr, <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s schweren Fällenbis zu fünf Jahren – sanktioniert.Da im Rahmen des Gebots <strong>der</strong> Qualitätssicherung nach Vorgabe<strong>der</strong> höchstrichterlichen Rechtsprechung „das Gefahrenpotentialauf das für Patienten unvermeidbare Restrisiko zuverm<strong>in</strong><strong>der</strong>n“ ist (von Deutsch, NJW 1991, S. 1937 unter H<strong>in</strong>weisauf BGH NJW 1991, S. 1948), führt im Falle <strong>der</strong> Überprüfungschon die Auswahl e<strong>in</strong>es für die Versorgung nicht geeignetenMediz<strong>in</strong>produkts, sei es nun <strong>der</strong> nicht optimale Kathetero<strong>der</strong> die dem Patientenstatus nicht angemesseneAntidekubitusmatratze, zu strafrechtlichen Sanktionen.Am Rande sei darauf verwiesen, dass auch die Aufbereitungmehrfach genutzter Mediz<strong>in</strong>produkte e<strong>in</strong>em festgelegten Standardzu unterziehen ist, seien es nun Instrumente, nach <strong>in</strong>fektiöserBelastung etwa durch MRSA, an weiteren Patienten e<strong>in</strong>gesetzteMediz<strong>in</strong>produkte wie z. B. Antidekubitusauflagen undInfusionsgeräte o<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ische Antithrombosestrümpfe. ZurAbsicherung des funktionalen und hygienischen Risikos for<strong>der</strong>thier <strong>der</strong> Gesetzgeber e<strong>in</strong> „validiertes“ und dokumentiertes Aufbereitungsverfahren“zum komplikationsfreien Nachweis deswie<strong>der</strong>holten E<strong>in</strong>satzes von Mediz<strong>in</strong>produkten. So heißt es hierzu<strong>in</strong>:Mediz<strong>in</strong>produkte-Betreiberverordnung§ 41) Der Betreiber darf nur Personen, … mit <strong>der</strong> Instandhaltung(Wartung ... und Aufbereitung) von Mediz<strong>in</strong>produktenbeauftragen, die die Sachkenntnis, Voraussetzungen unddie erfor<strong>der</strong>lichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführungdieser Aufgabe besitzen.2) Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm o<strong>der</strong>steril zur Anwendung kommenden Mediz<strong>in</strong>produkten istunter Berücksichtigung <strong>der</strong> Angaben des Herstellers mitgeeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass<strong>der</strong> Erfolg ... nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheitund Gesundheit ... nicht gefährdet wird. ... E<strong>in</strong>eordnungsgemäße Aufbereitung nach Satz 1 wird vermutet,wenn die ... Empfehlung <strong>der</strong> Kommission ... am RKI zu denAnfor<strong>der</strong>ungen an die Hygiene bei <strong>der</strong> Aufbereitung vonMediz<strong>in</strong>produkten beachtet wird. ...E<strong>in</strong> Verstoß gegen §§ 4 Abs. 1 und 2 wird gemäß §§ 13Mediz<strong>in</strong>produkte-Betreiberverordnung, 42 Abs. 2 Nr. 1 MPGim Rahmen <strong>der</strong> Gefährdungshaftung mit e<strong>in</strong>em Bußgeldbis zu 25.000,- € sanktioniert.E<strong>in</strong> im E<strong>in</strong>zelfall nachzuweisendes und <strong>der</strong>art „validiertes“ Verfahren(vgl. hierzu die entsprechende im Internet wie obendargestellt abrufbare RKI-Empfehlung) ist z. B. bei mehrfach(bis zu 10 x) e<strong>in</strong>zusetzenden Antithrombosestrümpfen unabd<strong>in</strong>gbar.Validiert im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> normierten Vorgabe heißt dabeian diesem Beispiel verdeutlicht, dass <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt e<strong>in</strong>gesetzteStrumpf auch bei höchster hygienischer und materialtechnischerBelastung e<strong>in</strong>schließlich möglicher Defektrisikenwie Überdehnung und sonstiger Beschädigungen auch beimletztmaligen E<strong>in</strong>satz noch die zum Therapiezweck erfor<strong>der</strong>licheHerstellungsqualität e<strong>in</strong>es neuen Orig<strong>in</strong>alprodukts sicher ohnejeden Zweifel aufweist.Klarstellend sei vermerkt, dass es <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>pflicht, also<strong>der</strong> Aufgabe des pflegerischen Personals entspricht, dieseproduktspezifischen Sicherheitsmerkmale bei Durchführung vonMaßnahmen <strong>der</strong> <strong>Behandlungspflege</strong> zu beachten und zu gewährleisten.E<strong>in</strong> Fehlverhalten wird dabei im H<strong>in</strong>blick auf denabzusichernden E<strong>in</strong>satz, z. B. von Antithrombosestrümpfen, nichtnur mit dem angeführten Bußgeld (bei nicht vorbestraften Ersttäternvielleicht nur mit 1.000 €) geahndet. E<strong>in</strong> nicht validiertaufbereiteter und dann gefahrträchtig e<strong>in</strong>gesetzter Antithrombosestrumpfist dazu noch als e<strong>in</strong> „Mängel aufweisendesMediz<strong>in</strong>produkt“ zu sehen. Dann greift weitergehend dienachfolgende gesetzliche Regelung durch:§ 14 MPGErrichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten vonMediz<strong>in</strong>produktenMediz<strong>in</strong>produkte … dürfen nicht … angewendet werden,wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten … gefährdetwerden können.Im Falle e<strong>in</strong>er so zu erfassenden Fehlerhaftigkeit gilt:E<strong>in</strong> Zuwi<strong>der</strong>handeln gegen § 14 Satz 2 MPG ist nach § 40MPG mit Geld- o<strong>der</strong> Freiheitsstrafe – bei fahrlässigemHandeln bis zu e<strong>in</strong>em Jahr, <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s schweren Fällenbis zu fünf Jahren – sanktioniert.Der an wenigen Beispielen aufgezeigte dokumentationspflichtigePflichtenkreis ist von e<strong>in</strong>em <strong>der</strong>artigen Ausmaß, dass diesePflicht unmöglich durch E<strong>in</strong>zelerfassung bei jedem Patientenerfüllt werden kann. Daher ist e<strong>in</strong> organisiertes Qualitätsmanagement<strong>in</strong> Form überlegter, ausgewogener und zugleichverpflichten<strong>der</strong> Behandlungsstandards unabd<strong>in</strong>gbar. Dies zeigenschon die aufgeführten E<strong>in</strong>zelfälle auf, wobei ergänzendzur sicheren therapeutischen Versorgung mit mediz<strong>in</strong>ischenAntithrombosestrümpfen <strong>der</strong> dokumentarische Nachweis zuPraxis aktuell 21

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