Mehr Informationen - Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume
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22<br />
Landwirtschaftliche<br />
Flächen schonen<br />
Der Bau von zusätzlichen Hochspannungsleitungen für die Umsetzung der Energiewende<br />
treibt viele Landwirte in den Protest. Sie befürchten, dass nicht nur die Leitungen an sich,<br />
sondern auch die dafür notwendigen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen ihre Flächen beanspruchen.<br />
Dabei gibt es flächenschonende Alternativen. Sie müssen nur angewandt werden.<br />
Am 3. Juni 2012 wird es konkret: Dann legt die Bundesnetzagentur<br />
den Entwurf für einen Bedarfsplan vor, wie viele neue Stromtrassen<br />
zur Umsetzung der Energiewende bundesweit gebaut werden<br />
müssen. Die aktuellen Schätzungen der <strong>Deutsche</strong>n Energie-Agentur<br />
gehen von rund 4500 Kilometern aus, bis Ende 2012 soll darüber<br />
abschließend entschieden werden. Schon jetzt rufen entsprechende<br />
Bauvorhaben Bürgerproteste hervor (siehe Beitrag Seiten 18 bis 19).<br />
Auch in der Landwirtschaft wird Unmut laut.<br />
Agrarklausel anwenden<br />
Die Landwirte befürchten, dass ihnen nicht nur die für den Bau<br />
von Leitungen oder stromerzeugenden Anlagen benötigten Flächen<br />
verloren gehen, sondern auch die für die umzusetzenden ökologischen<br />
Ausgleichsmaßnahmen. Dabei gibt es Alternativen: Das 2010<br />
novellierte Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erleichtert zum<br />
einen die Umsetzung flächensparender Kompensationsmaßnahmen.<br />
Nach der sogenannten Agrarklausel ist „bei der Inanspruchnahme von<br />
land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />
auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen“.<br />
Insbesondere landwirtschaftlich besonders geeignete Böden – also<br />
vor allem Ackerland – sollen nur im notwendigen Umfang beansprucht<br />
werden. Zu den landwirtschaftlich weniger geeigneten Flächen<br />
gehören zum Beispiel solche mit hohem Versiegelungsgrad, starker<br />
Bodenverdichtung, entlang von Autobahnen, Schienenwegen oder<br />
Deponien, gegebenenfalls auch Feldraine und schwer zu bewirtschaftende<br />
Hanglagen.<br />
Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die ökologische Aufwertung der<br />
direkt durch die Bauvorhaben beanspruchten Flächen – etwa der<br />
Sockel- und Trassenflächen von Stromleitungssystemen oder Photovoltaik-Freiflächen.<br />
Ihre Beschaffenheit muss dies natürlich zulassen,<br />
Sockel können dafür beispielsweise nicht aus Beton bestehen. Trassenflächen<br />
könnten mit Feldgehölzen bepflanzt oder mit Blühmischungen<br />
besät werden. Durch solche betriebs- oder produktionsintegrierten<br />
Kompensationsmaßnahmen behielten die Flächen in der Regel ihren<br />
landwirtschaftlichen Status als landwirtschaftliche Fläche und blieben<br />
beihilfefähig. Den Trassenflächen käme damit auch eine Bedeutung im<br />
Rahmen des „Bundesprogramms Wiedervernetzung“ zu, das die Bun-<br />
Von Birger Rausche<br />
desregierung noch in diesem Jahr verabschieden will, um die Biodiversität<br />
in der Agrarlandschaft zu erhöhen.<br />
Administrative Hemmnisse abbauen<br />
Seit der Novellierung ist das BNatSchG nicht mehr nur Rahmenregelung<br />
für die Naturschutzgesetze der Länder, sondern selbst<br />
Rechtsgrundlage. Die Naturschutzgesetze der Länder können jedoch<br />
festlegen, ob und wie land- oder forstwirtschaftliche Flächen für Ausgleichsmaßnahmen<br />
herangezogen werden sollen, wie der ökologische<br />
Wert der Maßnahmen festgelegt wird und wie die Höhe der Ersatzzahlungen<br />
berechnet wird. Eine Ersatzzahlung muss ein Vorhabenträger<br />
dann leisten, wenn der Eingriff in Natur und Landschaft nicht über<br />
Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden kann.<br />
Das Bundesumweltministerium strebt an, im Einvernehmen mit<br />
dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) und dem Bundesverkehrsministerium<br />
gemäß § 15 Absatz 7 des BNatSchG im Jahr<br />
2012 eine Kompensationsverordnung zu erlassen, die diese bisher<br />
auf Länderebene oft unterschiedlich geregelten Punkte bundesweit<br />
einheitlich festlegen soll. Das BMELV befürwortet eine Kompensationsverordnung,<br />
die den Bundesländern, Grundeigentümern und<br />
Entscheidungsträgern eine Hilfestellung gibt, die Eingriffsregelung<br />
unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Erfordernisse land-<br />
und forstwirtschaftsfreundlich – im Sinne eines geringen Flächenverbrauchs<br />
– anzuwenden. Die Verordnung soll nach Meinung des BMELV<br />
nicht zu bürokratischem <strong>Mehr</strong>aufwand führen, sondern der Praxis<br />
Erleichterungen bringen.<br />
i<br />
<strong>Mehr</strong> <strong>Informationen</strong>:<br />
Birger Rausche<br />
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz<br />
Referat 522 „Biologische Vielfalt und Biopatente“<br />
E-Mail: Birger.Rausche@bmelv.bund.de<br />
Bild: gzfz / Fotolia