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Lerntagebücher - Studienseminar Eschwege

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Universität BernInstitut für ErziehungswissenschaftenVirtueller Campus PädagogikAbteilung DidaktikWS 2006/07Modul: Schulisches Schreiben – Funktionen, Verfahren und ProdukteSeminar: Epistemisches Schreiben oder Wissen kommt beim SchreibenGruppe von Nicole Bodnar<strong>Lerntagebücher</strong><strong>Lerntagebücher</strong> auf den unteren PrimarstufenNathalie ArnoldAbteilung KGUPädagogische Hochschule BernAuweg 433628 Uttigenarnold_nathu@gmx.chDinah MatterAbteilung KGUPädagogische Hochschule BernFärbestrasse 34665 Oftringendinahmatter@web.deeingereicht bei: Prof. Dr. Hans Badertscherbetreut von: Nicole Bodnar / Marlene IseliBern, 02. Februar 2007


Inhaltsverzeichnis1. Vorwort ………………………………………………………………………………….011.1. Themenwahl und Fragestellung ......................................................................................011.2. Geplantes Vorgehen ……………………………………………………..........................012. Theorieteil……………………………………………………………………..………....022.1. Begriffsklärungen………………………………………………………………………..022.2. <strong>Lerntagebücher</strong> für Schreibende ……………………………………………………….042.2.1. Die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n………………………………........................042.2.2. Ziele der Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n…………………………........................052.2.3. Was sagt der Lehrplan dazu?..………………………….……………………..072.3. <strong>Lerntagebücher</strong> auf den unteren Primarstufen………………………………………..072.4. Portfolio…………………………………………………………………………………..082.5. Schlussfolgerungen und Hypothesen…………………………………...........................093. Empirischer Teil………………………………………………………………………..123.1. Ausgangslage……………………………………………………………………………..123.2. Stimmen zum Einsatz von <strong>Lerntagebücher</strong>n auf der Unterstufe …………………….123.3. Gespräch mit Irene Gäumann über <strong>Lerntagebücher</strong> in der 1. und 2. Klasse .............133.3.1. Allgemeine Bedingungen und Merkpunkte.......................................................143.3.2. Hausbuch………………………………………………………........................153.3.3. Lernplakate ……………………………………………………………………153.3.4. Forscherbuch…………………………………………………………………..163.4. Analyse von Forscherbüchern…………………………………………………………..183.4.1. Das Forschertagebuch von Martina (1. Klasse) ………………………………193.4.2. Das Forschertagebuch von Dario (2. Klasse) …………………………………213.4.3. Auszüge aus den Forscherbüchern von Karin, Marijeta und Corina………….224. Fazit………………………………………………………………………………………..245. Schlusswort……………………………………………………………………………....276. Quellenverzeichnis .……………………………………………………………………287.Anhang………………………………………………………………………………….....29


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/071. Vorwort1.1. Themenwahl und FragestellungDas Thema „Lernjournale“ bildete ein Inhalt des Seminars „Epistemisches Schreibenoder Wissen kommt beim Schreiben“. Mit dieser Methode des prozessorientiertenSchreibens setzten wir uns praktisch auseinander, indem wir nach jeder Vorlesung bzw.Seminarsitzung einen Eintrag für unser persönliches Lerntagebuch verfassten und soeigene Erfahrungen sammeln konnten. In diesem Zusammenhang beschäftigten wir unsunter anderem auch mit den Begriffen knowledge telling und knowledge transforming –vom Wissen wiedergeben zum Wissen verknüpfen und generieren. Faszinierend hinsichtlichdieses Niederschreibens von Gedanken im Rahmen des Lerntagebuches ist derkognitive epistemische Prozess, welcher hinter dem knowledge transforming steht. Dawir beide angehende Kindergärtnerinnen bzw. Unterstufenlehrerinnen sind, interessiertuns vor allem, ob und in welcher formalen und inhaltlichen Form sowie mit welchemErgebnis <strong>Lerntagebücher</strong> auf den unteren Primarstufen geführt werden undwarum diese in den Unterrichtsalltag integriert werden sollten. Welche Form vonLernjournal eignet sich besonders um ein knowledge transforming zu begünstigen?Diese Fragen begleiten uns beim Herausarbeiten und Finden von schlüssigen Antwortenim Rahmen dieser schriftlichen Arbeit.1.2. Geplantes VorgehenIn einem ersten Schritt nehmen wir einzelne, für unsere gewählte Fragestellung relevanteInhalte aus dem Seminar auf und vertiefen diese Inhalte sowie die aus dem Seminargewonnenen Erkenntnisse mit Hilfe der Unterlagen aus dem Seminar, ausgewählterFachliteratur wie auch persönlichen (beruflichen) Erfahrungen. In diesem ersten Teil(Theorieteil) beschreiben wir die Begriffe epistemisches Schreiben, knowledge tellingund knowledge transforming sowie generieren und setzen uns mit dem Aufbau und denInhalten sowie den Zielen des Lerntagebuches auseinander. Zudem erarbeiten wir dienötigen Bedingungen zur Führung eines Lerntagebuches in einer Klasse wie auch dieerforderlichen Voraussetzungen und die Aufgaben der Lehrperson und der Kinder bezüglichdes Verfassens von Lernjournaltexten. In Kapitel 2.3. setzen wir uns mit derFrage auseinander, inwieweit die oben angeführte Form und die Inhalte von <strong>Lerntagebücher</strong>nim Kindergarten und auf den unteren Primarstufen Verwendung finden kann,wie weit diese Methode und die inhaltliche Umsetzung dem Entwicklungsstand und1


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder dieser Alterstufe entspricht. Im Anschlussan diesen Abschnitt ziehen wir in Kapitel 2.5. Schlussfolgerungen, welche sich aus dererarbeiteten Theorie ergeben, und halten einige unserer Erkenntnisse bezüglich unsererFragestellung in Form von Hypothesen fest, die im darauf folgenden empirischen Teilzu be- oder widerlegen wären. Die gewonnenen theoretischen Erkenntnisse führen unsalso zu einer ersten vorläufigen Beantwortung unserer Fragestellung.Ausgehend von dieser theoretischen Grundlage und den von uns formulierten Hypothesenbeschreiben und analysieren wir in einem empirischen Teil vorhandene <strong>Lerntagebücher</strong>einer 1./2. Klasse. In diesem Zusammenhang wollen wir die Inhalte dieserLernjournale auch nach knowledge telling und knowledge transforming untersuchen:Kann inhaltlich ein Übergang vom knowledge telling zum knowledge transformingfestgestellt werden?Im letzten Kapitel ziehen wir ein Fazit. Hier sollen noch einmal die zentralsten Punktefestgehalten werden und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen und die Konsequenzenfür die persönliche Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n/Portfolios gezogen werden.2. Theorieteil2.1. BegriffsklärungenBevor wir uns eingehender mit der Methode der Führung eines Lerntagebuches befassen,klären wir die Bedeutung einiger Begriffe, welche für die Bearbeitung unserer Fragestellungvon Bedeutung sind. Die untenstehenden Begriffsdefinitionen entsprechender Bedeutung der Begriffe, wie wir sie in der folgenden Arbeit verwenden, und nichtihrer Definition in der Theorie.Epistemisches Schreiben – Wissen schaffendes Schreiben: Nach Ortner stellt Schreibendie wichtigste Denkmethode dar. Denn durch das Verfassen eines Textes wird der Gedankenflussverlangsamt und die Gedanken werden geordnet. Das in eigene Worte Fassenund Niederschreiben veranlasst die Schreibenden, sich mit ihren Gedanken undletztlich auch mit dem Geschriebenen auseinanderzusetzen. So schafft sich der Lernendeeinen ganz persönlichen Verstehenszusammenhang. Epistemisches Schreiben kannalso als ein durch das Schreiben be-, ver- und erarbeitetes Wissen verstanden werden(Ortner 2000, S. 1 ff).2


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Knowledge telling: Dieser Begriff steht für das Wiedergeben von bereits vorhandenemWissen oder von „aufgeschnappten“ Informationen. Sinngemäss kann knowledge tellingmit dem Wesen der Assimilation 1 von Piaget in Verbindung gebracht werden.Knowledge transforming: Der Begriff knowledge transforming beschreibt das Ergebnisdes Wandels vom knowledge telling zum knowledge transforming. Der Wandel zumknowledge transforming ist der Wandel von aufgenommenen, abrufbaren Informationenzu einem Wissen, welches sich eine Person zu Eigen gemacht hat. Das heisst, Wissenwird nicht nur wiedergegeben, sondern verinnerlicht und mit bereits vorhandenemWissen verknüpft.Durch das Wiedergeben von Wissen in eigenen Worten beziehungsweise beim Verfasseneines Textes kann der Prozess des knowledge transforming einsetzen. Die Gedanken2 werden durch das Niederschreiben geordnet und reflektiert. Durch diesen Prozesswerden gedanklich geschaffene Verknüpfungen „plötzlich“ klar ersichtlich (siehe auchepistemisches Schreiben).Knowledge transforming findet einen vergleichbaren Vorgang in der Begriffserklärungder Akkommodation 3 nach Piaget.Generieren: Der Lernende versucht, ihm noch unklare, nicht nachvollzogene Sachverhalteund Begriffe zu verstehen und zu erfassen, indem er diese Sachverhalte/Begriffemit einfachen, verständlichen und selbst erlebten und erfahrenen Beispielen illustriert.Dieser Vorgang initiiert ein eigenes, vertieftes Verstehen einer Sache oder von Wissen,also ein knowledge transforming.1 Assimilation: Situationen/Informationen werden mit vorhandenen kognitiven Schemata verarbeitet, wobei dieHandlungen und Gegenstände an vorhandene Schemata angeglichen werden.2 Denken als das Herstellen von Verbindungen und die Verknüpfung von abgespeichertem Wissen und Informationen.3 Akkommodation: Situationen/Informationen können nicht mit vorhandenen kognitiven Schemata verarbeitetwerden. Die Schemata müssen verändert, angeglichen, erweitert oder ein neues Schema muss aufgenommenwerden.3


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/072.2. <strong>Lerntagebücher</strong> für SchreibendeIm folgenden Abschnitt äussern wir uns zu verschiedenen Gesichtspunkten der Arbeitmit <strong>Lerntagebücher</strong>n. In einem ersten Schritt betrachten wir die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n,wie sie sich für schreibende Schülerinnen und Schüler eignet. Anschliessendwenden wir uns möglichen Formen und Inhalten von <strong>Lerntagebücher</strong>n auf den unterenPrimarstufen zu.2.2.1. Die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>nDie Einträge in einem Lerntagebuch geben Aufschluss über die Art und Dauer der Beschäftigungmit einem gewählten Thema, über offene Fragen und Ergebnisse. Der Inhaltder Einträge muss für eine aussenstehende Person nachvollziehbar sein. Gegenstandder Einträge ist die Dokumentation der persönlichen Auseinandersetzung mit demjeweiligen Stoff. Nach Gallin und Ruf spielen folgende Aspekte eine zentrale Rolle inder Auseinandersetzung mit dem Stoff:1. Reflektieren2. Assoziieren3. Verarbeiten4. Spuren sichern (Gallin und Ruf 1990, S. 168 f.).Der Aspekt des Reflektierens prägt die gesamte Auseinandersetzung mit dem Stoff. DieSchülerinnen und Schüler werden durch ihre schriftlichen Eintragungen dazu angehalten,auf der Metaebene die Inhalte des Unterrichts und die eigenen Lernwege zu beobachtenund zu beurteilen. Die Einträge ins Lerntagebuch können mit Hilfe eines Fragerastersgegliedert werden und dienen der Orientierung. (vgl. Gallin und Ruf 1990, S.168)Diese Fragen bilden die Grundlage der Reflexion und strukturieren den einzelnen Eintrag:- Datum (Zu welchem Zeitpunkt habe ich diesen Abschnitt meines Lernwegs beschritten?)- Thema (Was für ein Titel passt zu dieser Lernsequenz?)- Fragestellung oder Auftrag (Was will ich herausfinden? Warum will ich das wissen?)- Prozess (Wie kann ich die Spuren meiner Arbeit sichern und nachvollziehbar darstellen?)4


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07- Ergebnisse (Lässt sich das, was ich herausgefunden habe, in einem prägnantenMerksatz oder einer formelhaften Wendung zusammenfassen und verdichten?Welche Probleme sind noch ungelöst?) (Gallin und Ruf 1990, S. 168 f.).Im Moment der ersten Begegnung mit dem neuen Stoff, der neuen Kernidee nimmt derAspekt der Assoziation eine wichtige Stellung ein. Der Schüler soll den Stoff auf seineWirkung hin prüfen, welche dieser auf ihn ausübt. Welche Assoziationen löst die Konfrontationmit dem neuen Stoff aus? Das Sich-Einlassen auf diese Assoziationen unddas Festhalten dieser führt den Lernenden zu einem Punkt, an dem er einhaken kann. Erfindet seine eigene Kernidee, welche die individuelle Richtung des Lernweges anzeigt.Hier kommt der Aspekt des Verarbeitens bereits zum Tragen. Die Schülerin/der Schülerhat durch die Auseinandersetzung mit den eigenen Assoziationen einen persönlichenZugang zum Lerngegenstand geschaffen. Durch das Finden eines eigenen Zugangs(Kernidee) wird der Stoff für die Schülerin/den Schüler erst fassbar. Dies ist die Voraussetzungfür eine sachbezogene Beschäftigung mit dem Stoff. Nun erfolgt die selbstständigeEr- und Bearbeitung des Stoffes aus der Perspektive des Lernenden. In diesemSchritt des Lernprozesses ist die Spurensicherung unerlässlich. Der Lernende mussauch rückblickend in der Lage sein, seine eigenen Gedankengänge und die daraus resultierendenErkenntnisse nachvollziehen zu können. Somit werden der Lernweg unddie Verhaltensprozesse auch für eine aussenstehende Person nachvollziehbar. Der Einblickin die einzelnen Schritte, welcher die Schülerin/der Schüler unternimmt, liefertder Lernperson die benötigten Informationen und Anhaltspunkte, um den Lernendengezielt und individuell fördern zu können und diesem Hilfestellungen und Anregungenzu bieten. (vgl. Gallin und Ruf 1990, S. 168 f.)2.2.2. Ziele der Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>nDurch die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n üben und vertiefen die Schülerinnen und Schülerverschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die Lehrperson verfolgt dabei unterschiedlicheZiele. Im folgenden Absatz beschreiben wir die gesetzten Ziele, die gefördertenFähigkeiten und Fertigkeiten, welche uns im Zusammenhang mit <strong>Lerntagebücher</strong>n amzentralsten erscheinen.Die Arbeit mit einem Lerntagebuch beabsichtigt eine aktive und kontinuierliche Auseinandersetzungmit dem Lerngegenstand. Durch den individuell gewählten Zugangkann ein tieferes Verstehen und längerfristiges Behalten erreicht werden. Die Schülerin/derSchüler macht das vorgegebene Wissen durch die persönliche Auseinanderset-5


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07zung zu eigenem Wissen – ein Wandel von knowledge telling zu knowledge transformingwird erkennbar. Dies zu erreichen ist unserer Meinung nach ein Hauptziel der Arbeitmit <strong>Lerntagebücher</strong>n und führt zu einem vernetzteren und tiefergreifenden Weltverständnis.Die Beschreibung des Lernprozesses, wie er abläuft während der Arbeit mit einemLerntagebuch, zeigt auf, wie stark die Schülerin/der Schüler durch das Führen desLerntagebuches zu grosser Selbstständigkeit angehalten und das „individuelle Fragenund Handeln kultiviert“ (Gallin und Ruf 1990, S. 108) wird. Selbstständig arbeiten zukönnen, ist unseres Erachtens eine Fähigkeit, welche sich in nachfolgenden Lernprozessen(wie auch in anderen Lebensbereichen) positiv auswirkt.Beim Verfassen des Tagebucheintrages reflektiert der Lernende laufend seine Gedankengängebezüglich des Lernstoffes, das eigene Lernverhalten sowie den bisherigenLernweg. Die Reflexionsfähigkeit des Schülers trägt dazu bei, dass der Schüler das eigeneLernverhalten kritisch betrachtet und die persönlichen Lernstrategien und -methoden überdenkt und auch optimiert. Die Fähigkeit zur Reflexion ist also dieGrundvoraussetzung für eine Optimierung des eigenen Lernens. Aber nicht nur die persönlicheReflexion der eigenen Tätigkeit, sondern auch die Rückmeldung anderer Personenbezüglich eigener Lernstrategien, Ergebnisdarstellungen und des gesamtenLernweges soll die „Anwendung kognitiver und metakognitiver Strategien im Lernprotokollunterstützen […] und eine Reflektion über den eigenen Lernprozess fördern“(Nückles, Renkl und Fries 2005, S. 230).Die schriftliche Auseinandersetzung mit einem Thema fördert die Fertigkeit der Argumentation.Das Darlegen, Widerlegen und Belegen von angenommenen Sachverhaltenregt die „argumentative Auseinandersetzung mit Inhalten“ (Nückles, Renkl und Fries2005, S. 299) an. In diesem Zusammenhang kann ganz allgemein noch einmal gesagtwerden, dass die Arbeit mit dem Lerntagebuch die Schreibkompetenz der Schülerinnenund Schüler stark fördert.Aus der Sicht der Lehrperson ist das selbstständige Niederschreiben des Lernprozessesdurch den Lernenden eine Chance, den Kindern individuelles Lernen zu ermöglichen,und es wird ein Raum geschaffen für die gezielte Förderung einzelner Schülerinnen undSchüler. Die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n ermöglicht die Umsetzung des didaktischenGrundsatzes Individuelle Zugänge und Lernwege ermöglichen.6


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/072.2.3. Was sagt der Lehrplan dazu?Im Lehrplan finden sich Grobziele und Inhalte zu allen Fachbereichen, welche mit derArbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n verfolgt werden können. Der folgende Auszug aus demLehrplan für die Volksschule des Kantons Bern 1995 für das Fach Deutsch soll beispielhaftaufzeigen, inwiefern die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n den Zielen und Inhaltendes Lehrplans entspricht:Mit Sprache kann das Erfahrene, Gedachte und Gefühlte zum Ausdruck gebrachtwerden. Dank der Sprachfähigkeit können wir das Gedachte, das intellektuell Verstandeneund das emotional Erfahrene in Begriffe und Sätze fassen, es ordnen und inZusammenhänge bringen (DEU 1).Im Bereich Schreiben wird die schriftliche Verständigungsfähigkeit umfassend gefördert.Schwerpunkte des Unterrichts sind:[…]- das Schreiben als Mittel zur Informationsverarbeitung (DEU 3).2.3. <strong>Lerntagebücher</strong> auf den unteren PrimarstufenAus der oben beschriebenen Form des Lerntagebuches nach Gallin und Ruf geht hervor,dass die Kinder unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen müssen, um mit<strong>Lerntagebücher</strong>n arbeiten zu können. Die Kompetenzen, welche die Lernenden durchdas Führen eines Tagebuches üben und weiterentwickeln, müssen bereits in ihrenGrundzügen vorhanden sein. Dazu gehört unseres Erachtens die Möglichkeit, selbständigarbeiten zu können, Gedanken schriftlich festzuhalten und eigene Gedanken undTätigkeiten zu reflektieren (Selbstreflexion). Diese Grundvoraussetzungen werden dannim Rahmen der Arbeit mit dem Lerntagebuch vertieft und weiterentwickelt.Betrachtet man diese Grundvoraussetzungen im Zusammenhang mit der Umsetzung inder 1./2. Klasse, wird klar ersichtlich, dass das Lerntagebuch in der oben beschriebenenForm nach Gallin und Ruf nicht umsetzbar ist, da die Schülerinnen und Schüler dieserStufen erst im Laufe dieser beiden Jahre die Schrift erlernen beziehungsweise lernen,sich schriftlich auszudrücken.Die Arbeit mit Lernjournalen beinhaltet eine reflexive Auseinandersetzung mit demStoff und dem eigenen Lernweg. Aus einem Gespräch mit der Unterstufenlehrperson7


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Katharina von Grünigen 4 geht hervor, dass auf der unteren Primarstufe aber erst das tätigkeitsbezogeneReflektieren eingeführt wird. Die Schülerinnen und Schüler werdenangehalten, sich über das, was sie mühelos oder eben mit Mühe erledigen konnten, Gedankenzu machen. Nach von Grünigen leiten Fragen wie „Was hat mir Spass gemacht?“und „Was machte ich gar nicht gerne?“ die vorerst mündlichen Reflektionen inder ersten Klasse. In der zweiten Klasse beginnen die Lernenden, schriftliche Kommentarezu Leitfragen zu Tätigkeiten im schulischen Bereich zu verfassen. Der ganzeLernprozess, die Lernfortschritte werden somit nicht reflektiert (von Grünigen).Die Anforderungen sind also in der beschriebenen Form des Lerntagebuches für Lernendeder 1./2. Klasse hinsichtlich der Reflektion und der Schreibfähigkeit zu hoch gesteckt.Das Lerntagebuch stellt aber insofern eine gute Methode dar, als dass sie einzelnenZielen und Inhalten des Unterrichts auf den unteren Primarstufen entspricht: DieSchülerinnen und Schüler werden in ihrer Selbständigkeit gefördert, und ihnen werdenindividuelle Zugänge ermöglicht. Dies setzt aber voraus, dass die Lehrkraft die Schülerinnenund Schüler ihrem individuellen Entwicklungsstand gemäss anspricht, damit dieLernenden den Aspekt der Assoziation durchlaufen und sie auf diese Weise einen eigenenLernweg beschreiten können. An dieser Stelle kann die Lehrperson individuelleFörderungen ansetzen und dem Lernenden helfen, seine Kernidee weiter zu verfolgen.2.4. PortfolioIn der bisherigen Abhandlung in diesem Kapitel war von <strong>Lerntagebücher</strong>n die Rede.Neben dem Führen eines Lerntagebuches/-journals ist das Arbeiten mit einem Portfolioeine andere Möglichkeit, um Lernprozesse festzuhalten. Das Portfolio unterscheidetsich aber in Form und Inhalt vom Lerntagebuch, wie dieses oben beschrieben wurdeund verfolgt andere Ziele. Im Hinblick auf unsere Lehrtätigkeit auf den unteren Primarstufenbeschreiben wir im folgenden Abschnitt kurz die Arbeit mit Portfolios. Die Arbeitmit Portfolios kann in unterschiedlichster Art und Weise gestaltet werden und wirdje nach Quelle verschieden definiert. Wir stützen uns auf die Portfolio-Arbeit nachEasley und Mitchell.Das Portfolio im Sinne von Easley und Mitchell beinhaltet eine Dokumentation desLernweges mit Hilfe von Arbeitsergebnissen/Produkten (Texte, Tonband-, Videoaufnahmen,Zeichnungen, Photos von Objekten, etc.) der jeweiligen Schülerin/des jeweiligenSchülers. Der einzelne Schüler wählt seine Arbeitsproben selbstständig. Diese4 Im Rahmen unserer empirischen Studien haben wir ein Gespräch mit Katharina von Grünigen geführt. DieInhalte des gesamten Gespräches sind in Kapitel 3.4. nachzulesen.8


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Arbeitsprobe soll die beste Leistung des Schülers darstellen. Unter diesem Gesichtspunkttrifft der Schüler seine Wahl. In diesem Zusammenhang findet Reflexion in Formeiner Selbsteinschätzung statt. „Ein Hauptanliegen der Arbeit mit Portfolios ist, dieFortschritte der Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum zu beobachten“(Easley und Mitchell 2004, S. 79). Deshalb ist zu beachten, dass vergleichbare Arbeitsprobenzu einem bestimmten Lernziel, Themen-/Fachbereich in regelmässigen Abständenerfasst werden. (vgl. Easley und Mitchell 2004, S. 79 f.)Das Portfolio unterscheidet sich also klar von einem Lerntagebuch, wie wir es oben beschriebenhaben. Ein Portfolio zeigt im Gegensatz zum Lerntagebuch nicht einenLernweg mit all seinen einzelnen Lernschritten und dem Vorgehen auf, sondern dokumentiertmittels Arbeitsprodukten einen Lernfortschritt über eine längere Zeitdauerhinweg. Das Portfolio lässt den Lernprozess nicht im Detail ersichtlich werden, dieserist für eine aussenstehende Person nicht nachvollziehbar.Das Portfolio kann als Grundlage zur Bewertung der Entwicklung und Leistung dienen.Die Lehrperson nimmt regelmässig Einblick in die Portfolios der einzelnen Schülerinnenund Schüler und führt individuelle Portfolio-Gespräche mit einzelnen Kindern oderin Gruppen. In diesen Gesprächen erhalten die Schülerinnen und Schüler ein gezieltesund angemessenes Feedback und lernen, ihre Lernfortschritte selbst zu beurteilen. (vgl.Easley und Mitchell 2004, S. 107)Das Portfolio gibt Eltern Einblick in die Tätigkeiten, Lerngegenstände und Entwicklungsprozesseihres Kindes und ermöglicht den engen Kontakt zwischen Schule, Kindund Elternhaus. Bei Elterngesprächen kann das Portfolio als Unterstützung der Aussagen,Beobachtungen und Bewertungen seitens der Lehrperson herangezogen werden.2.5. Schlussfolgerungen und HypothesenDie von Gallin und Ruf beschriebene Arbeitsweise mit <strong>Lerntagebücher</strong>n ist auf denunteren Primarstufen in dieser Form nicht umsetzbar. Die Schülerinnen und Schülerdieser Altersstufe bringen nicht die grundlegenden Voraussetzungen mit, die eine solcheUmsetzung verlangt. Das Führen eines Portfolios im Sinne einer Ergebnissammlung/einerSammlung von Arbeitsproben zu einem bestimmten Thema oder Lernziel ü-ber einen längeren Zeitraum hinweg entspricht eher den Fähigkeiten und Fertigkeitender Lernenden einer ersten oder zweiten Klasse. Die Arbeit mit einem Portfolio eignetsich unseres Erachtens also eher als die mit <strong>Lerntagebücher</strong>n. Das Führen eines Portfoliosunterstützt jedoch nicht die individuelle Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt9


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07und macht die Reflexion des eigenen Lernverhaltens schwierig, da der Lernprozessnicht schrittweise festgehalten wird, sondern lediglich einzelne Arbeitsergebnisse denLernprozess dokumentieren. So kann unserer Meinung nach auch kein Wandel vonknowledge telling zu knowledge transforming stattfinden.Aus der theoretischen Auseinandersetzung mit der Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n undPortfolios und den daraus resultierenden Ausführungen ziehen wir folgendes Fazit: Dieinhaltliche Idee des Lerntagebuches lässt sich mit den Zielen und didaktischenGrundsätzen der unteren Primarstufen vereinbaren und entspricht unserer Idee vonPrimar-Unterricht. Die formale Form des Portfolios hingegen entspricht wie bereits erwähnteher den Fähigkeiten und Fertigkeiten (und auch den Bedürfnissen) der Kinderdieser Altersstufe. Es gilt also, eine Möglichkeit zu finden, die Ideen des Lerntagebuchesansatzweise zu erreichen und umzusetzen und mit dem Portfolio zu verbinden,dieses auszubauen und einen Weg zur stärkeren Individualisierung zu finden. Die Verbindungvon Lerntagebuch und Portfolio könnte zum Beispiel bedeuten, dass die Lernendenin Begleitung der Lehrpeson die Sammlung der Arbeitsergebnisse zu reflektierenversuchen und nicht „nur“ zu dokumentieren. Aus unseren bisherigen berufspraktischenErfahrungen schliessen wir, dass die Reflexion des eigenen Lernprozesses undder gemachten (Fort-)Schritte auf dieser Schulstufe ziel- und ergebnisgerichtet erfolgensollte und die Reflexion von der Lehrperson begleitet und gesteuert werden muss. DieReflexionen müssen unseres Erachtens in kleinen Schritten und einem bescheidenenRahmen erfolgen. Wir denken, dass es für die Lernenden hilfreich ist, wenn sich dieReflexion nach einem sich wiederholenden Fragemuster richtet. Die Frage, inwieweitdurch regelmässiges Üben und Wiederholen reflexiver Tätigkeiten eine vertiefte undumfassende Reflexion erwächst, wollen wir im Rahmen des empirischen Teils unsererArbeit und der Auswertung der Ergebnisse ergründen. Aufgrund unserer momentanenErfahrungen und Erkenntnisse nehmen wir an, dass auf den unteren Primarstufen nureine „oberflächliche“ Reflexion des eigenen Lernveraltens und der eigenen Lernwegestattfinden kann. Dies hat mehrere Gründe, die in den obigen Ausführungen bereits erwähntwurden. Besonders hervorheben möchten wir aber noch einmal die Tatsache,dass die fehlende Verschriftlichung der einzelnen Schritte des Lernprozesses und dasNieder- und Beschreiben von persönlichen Gedankengänge und Vorgehensweisen eine„sinnvolle“ Reflexion sehr erschwert oder gar verhindert. Ein Nachvollziehen der einzelnenSchritte und Gedanken des eigenen Vorgehens ist nicht mehr möglich mangelsdokumentierender Unterlagen. Zudem reflektiert der Schreibende während des10


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Schreibprozesses. Vorerst fehlt also dem Lernenden auf dieser Stufe (erste Klasse) dieSchreibkompetenz und somit ein wichtiges Mittel zur Reflexion und dem sich darausergebenden knowledge transforming.In die Überlegungen über eine mögliche Form einer Lerntagebuch-Portfolio-Arbeit aufden unteren Primarstufen muss auch die Tatsache einbezogen werden, dass die Schülerinnenund Schüler in ihrer anfänglichen Schulzeit sich nur begrenzt in Lernumgebungenund -inhalten selbstständig bewegen. Die Lehrperson ist eine wichtige Bezugspersonund steuert den Lernprozess in hohem Masse. Die vollständige Individualisierungder Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand ist deshalb eher ungeeignet. DieseGegebenheit muss bei der Ausarbeitung einer Umsetzung von <strong>Lerntagebücher</strong>n oderPortfolios berücksichtigt werden.Untenstehend haben wir die vorläufigen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen in Formvon Hypothesen festgehalten. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem empirischenTeil der Arbeit sollen uns eine eingehende Überprüfung, eine Be- oder Widerlegungdieser Hypothesen ermöglichen.Hypothesen:Ein Kind in der ersten/zweiten Klasse überblickt nicht einen gesamten Lernprozess.Dies entspricht nicht seinem Zeitempfinden und Erinnerungsvermögen.Die Form des Portfolios entspricht eher den Voraussetzungen und Fähigkeiten undFertigkeiten der Kinder in der 1. und 2. Klasse als ein Lerntagebuch.Das Dokumentieren des Lernprozesses in Form eines Portfolios ermöglicht kein knowledgetransforming.11


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/073. Empirischer Teil3.1. AusgangslageNachdem wir uns nun eingehend mit theoretischen Aspekten bezüglich der Arbeit mit<strong>Lerntagebücher</strong>n beschäftigt und aufgrund dieser Erkenntnisse einige Hypothesen aufgestellthaben, wollen wir im folgenden Kapitel einen Einblick in die praktische Anwendungdieser didaktischen Methode gewinnen.Lehrpersonen, welche im Kindergarten oder auf den unteren Primarstufen Formen vonPortfolios oder <strong>Lerntagebücher</strong>n einsetzen und/oder Erfahrungen im Umgang mit derArbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n haben, sind nicht einfach zu finden. Im Rahmen unsererNachforschungen sind wir mit unterschiedlichen amtierenden Lehrkräften sowie Dozentinnenund Dozenten der PH Bern ins Gespräch gekommen. Die Gesprächspartnerinnensprachen von unterschiedlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit <strong>Lerntagebücher</strong>n.Eine Mehrzahl der Angesprochenen spricht sich gegen die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>nauf der Basisstufe aus oder hat keine persönlichen Erfahrungen damit. Diezentralsten Aussagen und Gedanken der Gesprächspartner zum Thema <strong>Lerntagebücher</strong>und Portfolios sind im folgenden Absatz in zusammengefasster Form angeführt.3.2. Stimmen zum Einsatz von <strong>Lerntagebücher</strong>n auf der UnterstufeBrigitte Blaser (Primarlehrerin einer ersten Klasse) hat über längere Zeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>nim Unterricht gearbeitet. Inzwischen setzt sie diese Lernmethode jedochnicht mehr ein. Sie sagt, sie habe sich von dieser Idee etwas distanziert. Dies begründetsie damit, dass die Verschriftlichung der Lernschritte und der anschliessenden oder begleitendenReflexion enorm viel Zeit in Anspruch nehme und sich ihrer Meinung nachnicht genügend ausbezahle. Sie ist zu einer Unterrichtsform übergegangen, in welchersie den Lernenden bewusst Raum und Zeit für die Arbeit an individuellen Lernzielenzur Verfügung stellt. In diesem Rahmen sind für sie eine individuelle Betreuung derSchülerinnen und Schüler sowie eine persönliche Reflexion der eigenen Arbeit inmündlicher Form möglich. In unserem Gespräch betonte sie, dass die individuelle Begleitungund die bewusste Reflexion in kurzen Gesprächen zwischen der Lehrpersonund dem Schüler/der Schülerin sowie in kleinen Gruppen oder der ganzen Klasse einzentraler Bestandteil ihres Unterrichts sei. In diesem Sinne setzte sie die Idee desLerntagebuches um, dies aber nicht in schriftlicher, sondern in mündlicher Form.12


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Aus dem Gespräch mit der Unterstufenlehrperson Katharina von Grünigen geht hervor,dass auf der unteren Primarstufe ihrer Meinung nach das Lernjournal nur in einerstark geführten, fächerspezifischen Form umgesetzt werden kann und nur ansatzweiseder Idee des Lerntagebuches wie sie Gallin und Ruf beschreiben entspricht. Die Lernjournale,wie sie von Grünigen beschreibt, sind nur bedingt individuell gestaltet undumgesetzt und entsprechen eher dem Typus Portfolio, einer Sammlung von Arbeitsergebnissenals Dokumentation der Lernfortschritte. Die Reflexion des Lernprozesses erfolgtin ihrem Unterricht Tätigkeitsbezogen. Die Schülerinnen und Schüler werden angehalten,sich über das, was sie mühelos oder eben mit Mühe erledigen konnten, Gedankenzu machen. Nach von Grünigen leiten Fragen wie „Was hat mir Spass gemacht?“und „Was machte ich gar nicht gerne?“ die vorerst mündlichen Reflektionen inder ersten Klasse. Mit der einsetzenden Lese- und Schreibkompetenz beginnen die Lernendendann, schriftliche Kommentare zu Leitfragen zu Tätigkeiten im schulischen Bereichzu verfassen. Diese Reflexionen beziehen sich auf einzelne Lernschritte und nichtauf den gesamten Lernprozess. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von Grünigenin ihrem Unterricht das Portfolio als Form der Dokumentation des Lernwegeseinsetzt und mit gezielt gestellten Fragen zu einzelnen Stationen innerhalb des Lernwegesdie Schülerinnen und Schüler zur Reflexion anhält. Sie geht jedoch davon aus, dassein Kind nicht die Möglichkeit hat, den gesamten Lernprozess zu überblicken und zureflektieren.Katrin Dubach (Lehrkraft in einer Basisstufe) äusserte sich nur kurz zur Thematik<strong>Lerntagebücher</strong>/Portfolios. Ihrer Meinung nach eignen sich weder von den Schülerinnenund Schülern selbst erstellte <strong>Lerntagebücher</strong> noch Portfolios für ihre Zielstufe. Dubachgeht davon aus, dass Kinder in diesem Alter nicht fähig sind, sich selbst und daseigene Lernverhalten realistisch einzuschätzen. So würde das selbst erstellte Portfolioaus zahlreichen Zeichnungen bestehen, welche von den Schülerinnen und Schülern losgelöstvon festgelegten Kriterien ausgesucht worden wären.3.3. Gespräch mit Irene Gäumann über <strong>Lerntagebücher</strong> in der 1. und 2. KlasseIm Zuge unserer Recherchen sind wir aber auch auf Lehrpersonen aufmerksam geworden,die sehr wohl mit Formen von <strong>Lerntagebücher</strong>n oder Portfolios arbeiten. Frau IreneGäumann ist eine Unterstufen-Lehrkraft, die mit ihrer Mehrstufenklasse (1. und 2.Schuljahr) seit einigen Jahren eine Form von Lerntagebuch einsetzt, welche der Idee13


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07eines solchen nach Gallin und Ruf nahe kommt. Wir haben mit Irene Gäumann ein ausführlichesGespräch über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Ideen von <strong>Lerntagebücher</strong>nund Portfolios geführt. Die Essenzen dieses lehrreichen und informativen Gesprächssind untenstehend wiedergegeben. Im Anschluss daran analysieren wir einige <strong>Lerntagebücher</strong>von Schülerinnen und Schülern von Gäumann im Hinblick auf unsere Fragestellungund die aufgestellten Hypothesen.Wir trafen uns mit Irene Gäumann zum Gespräch im Schulhaus Zollikofen. Da sie bereitsseit mehreren Jahren <strong>Lerntagebücher</strong> im Unterricht einsetzt, konnte sie uns währenddrei Stunden aus einem reichen Schatz an Erfahrungen und Erkenntnissen über dieArbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n berichten. Zudem war es uns möglich, verschiedene Lernjournaleeinzusehen. Das Gespräch strukturierten wir mit einem im Voraus erstelltenFragenkatalog, der im Anhang (7.1.) vollständig aufgeführt ist.Gäumann arbeitet mit drei verschiedenen Formen von <strong>Lerntagebücher</strong>n: Das Hausbuchbeinhaltet in regelmässigen zeitlichen Abständen geschriebene Texte der Schülerinnenund Schüler zu einem vorgegeben Thema und zeigt so die Lernfortschritte in einzelnenBereichen des Faches Deutsch auf. Die Lernplakate entstehen in Gruppenarbeiten imFach NMM und beinhalten die wichtigsten Erkenntnisse und Sachverhalte zu einembestimmten Thema. Das Forscherbuch schliesslich wird im Fach Mathematik eingesetzt.Für Gäumann sind alle erwähnten Formen (Hausbuch, Lernplakat, Forscherbuch)eine Art Lerntagebuch. Im folgenden Abschnitt beschreiben wir die allgemeinen Bedingungenund Merkpunkte im Zusammenhang mit den <strong>Lerntagebücher</strong>n nach Gäumann.Anschliessend erläutern wir die einzelnen Formen eingehender. Dabei setzen wirden Schwerpunkt auf die Berichte von Gäumann bezüglich dem Forscherbuch, da diesesam ehesten dem Lerntagebuch entspricht, wie wir es im 2. Kapitel unserer Arbeitbeschrieben haben.3.3.1. Allgemeine Bedingungen und MerkpunkteSämtliche von Gäumann genannte Formen des Lerntagebuches werden bereits zu Beginndes ersten Schuljahres in den einzelnen Fachbereichen eingesetzt. Da die Schulanfängergrösstenteils noch nicht selbstständig lesen und schreiben können, übernehmenSchülerinnen und Schüler der zweiten Klasse die Aufgabe, den Jüngeren bei derVerschriftlichung zu helfen. Im Laufe des Schuljahres löst sich dann diese Arbeitsgemeinschaftauf, auch die Erstklässler arbeiten dann selbstständig mit Hilfe einer Buch-14


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07ellen Wissensstand. Die so erarbeiteten Inhalte und Erkenntnisse der einzelnen Projektgruppenwerden schriftlich festgehalten und in der ganzen Klasse zu einem Poster zusammengestellt.Der Inhalt dieses Posters ist dann auch Gegenstand eines Tests.3.3.4. ForscherbuchDie Schülerinnen und Schüler arbeiten mit dem Forscherbuch im Fach Mathematik. ZuBeginn des Schuljahres erhalten sie ein A4-Heft, in dem die einzelnen Arbeitsaufträgebearbeitet werden. Als Einstieg zeichnet und gestaltet jedes Kind einen kurzen Steckbrieffür die erste Seite. Die nachfolgenden Seiten werden fortlaufend nach dem gleichenSchema geführt: Auf der linken Seite wird der Forscherauftrag bearbeitet, auf derrechten Seite wird das immer gleich gestaltete Auftragsblatt „Forschen und finden“eingeklebt (siehe Forscherbuch im Anhang 7.3.). Bestandteile des Auftragsblattes sindder Arbeitsauftrag, die Reflexion, die Selbsteinschätzung und der Kommentar der Lehrerin.Mit Hilfe des Lernjournals sollen die Lernenden produktiv üben, das heisst, ihr Wissenvernetzen und Neues entdecken. Obwohl lineares Üben für das Automatisieren von eigenenWerkzeugen auch sehr wichtig ist, um diese stets abrufen zu können, soll dasLerntagebuch das produktive Üben zum Ziel haben. Durch offene Aufgabenstellungengibt die Lehrperson den Schülerinnen und Schülern neue Anreize, mit ihren bereits erworbenenFähigkeiten und Fertigkeiten ein neues Gebiet auf verschiedenen Wegen undEbenen zu entdecken und zu erarbeiten. Wichtig ist, dass die Aufgaben so gewählt undformuliert sind, dass sich die Schülerinnen und Schüler selbständig mit den verschiedenenThemen der Mathematik beschäftigen können. Laut Gäumann sollte bewusst daraufgeachtet werden, dass die Forscheraufträge individuelle Zugänge und Lernwegezulassen und individuelles Können unterstützen sowie zum Weiterdenken beziehungsweiseWeiterkommen anregen. Die Schülerinnen und Schüler gehen mit eigenen Vorstellungenan die offen gestellte Aufgabe heran und bearbeiten diese, indem sie bereitsbekannte Strategien anwenden, umwandeln oder mit zusätzlichen, neu entwickeltenStrategien verbinden müssen. Die Kinder sollen bei der Bearbeitung der mathematischenAufgaben versuchen, Strukturen zu erkennen, wiederzugeben, selber zu erfindenund darzustellen (siehe Anhang 7.2.).Nach einer kurzen Einführung des Arbeitsauftrages sind die Lernenden auf sich selbstgestellt. Wer den Auftrag nicht verstanden hat oder den Einstieg in die Bearbeitungnicht findet, darf sich von einem Mitschüler/einer Mitschülerin beraten lassen. Je nach16


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Situation und Aufgabenstellung lässt Gäumann die Schülerinnen und Schüler nach einerZeit des stillen Für-sich-Arbeitens umhergehen, damit sie bei den anderen „Forscherinnen“und „Forschern“ vorbeischauen und Anregungen aufnehmen können.Nach dem Ausführen des Auftrages beurteilen die Kinder, ob sie die Aufgabe gernegemacht haben und nehmen Stellung zu ihrer Arbeit. Auf diese Reflexion des eigenenArbeitsverhaltens legt Gäumann besonderen Wert. Sie betonte während des Gesprächesmehrfach, dass die Fähigkeit zu einer inhaltlichen tiefergreifenden Reflexion (also nichtnur die Reflexion des eigenen Befindens während und nach der Arbeit am Lerngegenstand)eingeübt und begleitet werden muss. Mit der Zeit sind einzelne Schülerinnenund Schüler dazu fähig, die eigene Lernstrategie zu beschreiben und zu reflektieren:„Wie bin ich vorgegangen?“, „Was hätte ich anders machen können?“. Des Weiterenversuchen die Lernenden, den gelösten Auftrag auf seine Richtigkeit zu untersuchenund sich und ihr Können einzuschätzen. Die Selbsteinschätzung erfolgt mittels einerpersönlichen Überprüfung von Lernzielen, die durch die Lehrperson festgelegt wurden.Die Lehrkraft gibt eine schriftliche Rückmeldung bezüglich des gelösten Auftrages wieauch der Reflexion. Sie formuliert in diesem Kommentar auch Denkanstösse und Fragen.So kann sie auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler individuell eingehen, mitihnen Gebiete vertiefen sowie Hilfestellung geben.Anschliessend wird die Aufgabe in einer angeleiteten oder auch geführten Sequenzaufgearbeitet, reflektiert, vertieft und differenziert. Diese Aufarbeitung und die gewonnenenErkenntnisse werden nicht im Lerntagebuch festgehalten, sondern in der Klassebesprochen. Diese Besprechungen in der Klasse seien sehr wertvoll, sagte Gäumann, dadie Lernenden im Gespräch ihr Handeln erklären und beschreiben müssten und ihnenandere mögliche Wege aufgezeigt würden. Primär interessiert der zurückgelegte Lernprozessund nicht das Resultat. Die Lernenden können in diesem Rahmen von ihrenMitschülerinnen und Mitschülern profitieren und eigene Strategien mit anderen Ideenergänzen und bereichern. Erst daraufhin werden die Lösungsvorschläge auf ihre Richtigkeithin überprüft. Eine Möglichkeit zur nachträglichen Bearbeitung dieser Aufarbeitungin der Klasse wäre, dass die älteren Schülerinnen und Schüler die mündlicheReflexion in der Klasse anschliessend schriftlich zusammenfassen und die wichtigstenPunkte so noch einmal aufgreifen. Während dem weiteren Unterricht bezieht die Lehrpersondie Ideen und Darstellungen der Lernenden aus den Forscherbüchern in denUnterricht mit ein.17


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Mit dem Einsatz der Forscherbücher verfolgt Gäumann verschiedenste Ziele derSelbstkompetenz sowie der Sozial- und Sachkompetenz. Um nur einige an dieser Stellezu nennen: Die Schülerinnen und Schüler lernen einerseits, sich selbstkritisch im positivenSinne wahrzunehmen, und andererseits, sich in einem sozialen Gefüge zu bewegen.Sie lernen, sich etwas zuzutrauen, und bringen ihrem eigenen Handeln wie auchdem Tun der anderen Wertschätzung entgegen. Die Schülerinnen und Schüler lernen,stolz zu sein auf das eigene Wissen und Können. Durch das individuelle Arbeiten wirdder Lernende zu grösserer Selbstständigkeit angehalten und lernt, autonom zu handelnund zu denken. Zudem fördert der Einsatz von <strong>Lerntagebücher</strong>n nach den Erfahrungenvon Gäumann die Nachhaltigkeit des Gelernten.Auch für die Lehrkraft ist die Arbeit mit Lernjournalen lohnend. Während des Prozessesdes Ausprobierens und Suchens nach Lösungen hat die Lehrperson die Möglichkeit,die Lernenden beispielsweise hinsichtlich ihres Problemlöseverhaltens zu beobachten.Die regelmässige Einsicht in die einzelnen <strong>Lerntagebücher</strong> ist für sie eine Chance, indie Köpfe ihrer Schülerinnen und Schüler hineinzuschauen und ihre Denkwege und Lösungswegeverfolgen zu können. Sie kann einsehen, wie die Lernenden ihre Ideen darstellen,mit welcher Sorgfalt und auf welche Art und Weise sie arbeiten und wie siesich selber einschätzen. Mit den individuellen Kommentaren (Rückmeldungen) kanndie Lehrperson mit den Schülerinnen und Schülern persönlich in Kontakt treten undEinfluss auf deren Lernprozess nehmen.3.4. Analyse von ForscherbüchernWährend unseren Nachforschungen sind wir nebst den Forscherbüchern von IreneGäumann auf keine weiteren Formen von <strong>Lerntagebücher</strong>n gestossen, in denen Schülerinnenund Schüler in schriftlicher Form ihren Lernweg dokumentieren und reflektieren.Einzig Formen von Portfolios, in denen Arbeitsprodukte ohne schriftlichen Kommentarund ersichtliches Auswahlverfahren (Kriterien) gesammelt werden, sind unswährend der Recherchen begegnet. Das Produkt des Portfolios zielt darauf ab, als Beurteilungsgrundlageherbeigezogen werden zu können. Der Inhalt der Portfolios wirdweitgehend von der Lehrperson bestimmt, nicht wie oben beschrieben von den Lernendenselber. Diese Produktsammlung ermöglicht den Schülerinnen und Schülern keineReflexion über ihre Lernstrategien und -prozesse, sondern zeigt vielmehr der Lehrkraftsowie den Eltern den Lernweg des einzelnen Kindes auf. Aufgrund unserer Erfahrungenwährend der Recherche über <strong>Lerntagebücher</strong> und Portfolios denken wir, dass ein18


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07knowledge transforming für die Lernenden im Rahmen einer Portfolio-Arbeit nichtstattfinden kann. Wir verzichten darauf, Beispiele solcher Portfolios hier beizulegen, zubeschreiben und zu analysieren, da wir uns erstens in dieser Arbeit auf die Frage konzentrieren,welche Form von Lernjournal sich eignet um ein knowledge transforming zubegünstigen und da wir zweitens im theoretischen Teil auf das Wesen des Portfoliosschon vertieft eingegangen sind. Deshalb dokumentieren und analysieren wir im FolgendenLernjournale von Schülerinnen und Schülern, welche das erste und zweiteSchuljahr bei Gäumann besuchten und während dieser Zeit ein Forscherbuch erstellten.Es ist aber zu erwähnen, dass auch das Forscherbuch eine Mischform von Lerntagebuchund Portfolio darstellt.Wir analysieren die ausgewählten Forscherbücher einzelner Lernenden einer ehemaligenKlasse von Gäumann. Unsere Analyse beschränkt sich auf einzelne Aspekte, welcheim Zusammenhang mit der Fragestellung unserer schriftlichen Arbeit stehen. In derAuseinandersetzung mit den Forscherbüchern konzentrieren wir uns auf die Fragen,inwieweit und in welcher Tragweite eine Reflexion des Lernprozesses/der Lernschritteerfolgt, wie gut die Schülerinnen und Schüler sich und ihr Lernverhalten beurteilen undeinschätzen können (Selbsteinschätzung) und ob bei den einzelnen Schülerinnen undSchülern ein knowledge transforming ersichtlich wird.Wir analysieren das Forscherbuch von Martina (1. Klasse) und von Dario (2. Klasse)sowie Auszüge aus drei Forscherbüchern von Zweitklässlerinnen. Die Forscherbücherwie auch die drei Auszüge sind im Anhang beigelegt.3.4.1. Das Forschertagebuch von Martina (1. Klasse)Zu Beginn der Arbeit mit dem Forscherbuch beschreibt Martina in ihrem Kommentar,was sie getan hat: „Ich Habe Rechnunen Gemacht.“(Martina, August). Im Oktober beginnendie ersten Aufzeichnungen, in welchen sie ihr strategisches Vorgehen beschreibt,nicht nur was, sondern auch wie sie es gemacht hat, um alle erforderlichenRechnungen herauszufinden.: „Ich Habe die Pazen immer eines mehr umgetret.“ (Martina,Oktober).19


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07(Martina, Ausschnitte März)Martina stellt fest, dass ihre Überlegungen „nicht aufgeganen“ sind und Hörbe undZwottel laut ihrer Rechnung nicht gleich viele Kekse erhalten. Sie holt sich Anregungenbei anderen und gewinnt die Einsicht, dass man einen Keks noch halbieren könnte.Diese Einsicht hält sie in eigenen Worten fest! Martina hat durch diesen Prozess Wissengeneriert und verinnerlicht, indem sie Anregungen aufgrund eigener Unzulänglichkeitaufnahm und diese Anregung anschliessend in eigenen Worten wiedergegeben hat.Ihr ist ein Licht aufgegangen. Um abschliessend von einem ersichtlichen knowledgetransforming sprechen zu können, müsste Martina dieses Wissen über das „Teilen“selbst in einer weiteren Aufgabe anwenden.Martina beurteilt von Anfang an ihre eigene Arbeitsweise und Vorgehensweise treffend.Auch bei der Überprüfung der gesetzten Lernziele hat Martina im Laufe des Jahresgelernt, sich realistisch einzuschätzen. Die Lehrperson bestätigt mit ihren Rückmeldungendiese Selbsteinschätzung.20


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07(Martina, Ausschnitt Dezember)Die Lehrperson stellt eine gezielte Frage zum Vorgehen. Martina reflektiert noch einmalihr Vorgehen und stellt fest, was sie anders hätte machen können. Mit solchenRückmeldungen regt die Lehrkraft den einzelnen Lernenden zu einer bewussten undumfassenden Reflexion des Lern- und Arbeitsverhaltens an.Im April und Juni erhalten die Kinder Aufgabenstellungen, welche die gleiche Problemstellungzum Inhalt haben. Die beiden Aufgaben können mit derselben Strategiegelöst werden. Martina beginnt beide Male gut und wendet die erforderliche Strategiean. Sie verliert jedoch bei beiden Aufgaben im Laufe der Bearbeitung den Überblickund wendet die Strategie nicht konsequent an. Im Juni stellt sie in ihrer Reflexion fest,dass sie „drausgefallen“ ist. Sie löst die Aufgabe, anders als im April, trotzdem richtig.Martina verfügt über die nötigen Werkzeuge (kennt die Strategie), kann diese aber nochnicht konsequent anwenden und bemerkt dies auch. Unseres Erachtens befindet sichMartina im Prozess, die Strategie so zu verstehen, dass sie diese auch konsequent aufeine Aufgabe anwenden kann. Sie befindet sich also im Prozess vom knowledge tellingzum knowledge transforming.3.4.2. Das Forschertagebuch von Dario (2. Klasse)Dario beschreibt in seinen Protokollen zu den einzelnen Aufträgen, was er gemacht hat.Im Verlauf des Schuljahres ändert sich dies kaum. Er wiederholt die Aufgabenstellungin eigenen Worten und bleibt in seiner Reflexion Tätigkeitsbezogen. Er beschreibt alsonur was und nicht wie er es gemacht hat.21


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07(Dario, Ausschnitt März)Neben der Beschreibung der Arbeitsweise formuliert Dario eigene Gedanken zu seinemBefinden während des Lernens und Arbeitens wie auch zum empfundenen Schwierigkeitsgrad.Er äussert sich aber nicht dazu, wieso er das Lösen einer Aufgabe als schwierigoder leicht empfunden hat. Seine Reflexionen fallen eher undifferenziert und oberflächlichaus. Dario steht unseres Erachtens (als aussenstehende Personen, welche nurEinsicht in diese einzelnen Stationen im Lernprozess von Dario erhalten) am Anfangeines bewussten auf der Metaebene vollzogenen Wandels von einem knowledge tellingzu einem knowledge transforming.3.4.3. Auszüge aus den Forscherbüchern von Karin, Marijeta und CorinaDa die gewählten Ausschnitte (siehe Anhang 7.4.) nur die Bearbeitung der Aufgabesowie die Reflexion dieser Bearbeitung und Lösung aufzeigen, ist es uns nicht möglich,eindeutig festzustellen, ob das Wissen über das Geld und die Anwendung dieses Wissensals knowledge transforming im eigentlichen Sinne ausgelegt werden kann, da ebennur einen Ausschnitt aus dem ganzen Lernprozess vor uns liegt.22


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07(Karin, Ausschnitte Januar)Dennoch wird vor allem am Beispiel von Karin ersichtlich, dass das Wissen über dasGeld und die Erfahrungen im Umgang damit, das Vorgehen beim Aufgabenlösenprägte. Insofern sprechen wir dennoch von einem knowledge transforming, da Karin ihrVorwissen (Werkzeuge) auf eine Situation (Aufgabe) sinnvoll anwenden kann. UnseresErachtens ist dies eine Form von knowledge transforming, wie sie auf dieser Stufe anzutreffenund zu erwarten ist.Im Rahmen der Lernjournalanalysen stellen wir fest, dass man den Begriff knowledgetransforming erweitern muss und sagen kann, dass auf den unteren Primarstufen das erfolgreicheAnwenden von Werkzeugen auf neue Situationen und „Konflikte“ einknowledge transforming darstellt.23


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/074. FazitAbschliessend stellen wir fest, dass sehr wenige Lehrpersonen im Kindergarten und aufden unteren Primarstufen <strong>Lerntagebücher</strong> einsetzen. Die Hauptargumente beziehen sichauf den hohen Zeitaufwand, ein solches Projekt ein- aber auch durchzuführen, wie auchauf die Problematik der Textgebundenheit solcher Lernjournale. Weiter sind einzelneder befragten Lehrpersonen der Ansicht, dass Schülerinnen und Schüler der angesprochenenStufe noch nicht fähig sind, sich und das eigene Lernverhalten realistisch einzuschätzenaber auch zu reflektieren.Die Ergebnisse unserer Nachforschungen und Analysen bestätigen, dass der benötigteZeitaufwand hoch ist und die Textgebundenheit in der Praxis ein Problem darstellt. DieVerschriftlichung eines Protokolls zum Arbeitsverhalten nimmt gerade zu Beginn derSchulzeit viel Zeit in Anspruch. Die Umsetzung, wie sie Gäumann praktiziert, stellt indieser Hinsicht eine Ausnahme dar, da sie in einer Mehrstufenklasse unterrichtet. Umdieser Problematik entgegen zu wirken, könnte sich die Lehrperson anbieten, um dasProtokoll für die Kinder niederzuschreiben. Die Kinder diktieren in diesem Fall derLehrperson, was sie verschriftlicht haben möchten (expressive Sprache). Jedoch ist dieseMöglichkeit ebenfalls sehr zeitintensiv. Es bleibt die Tatsache, dass die Schülerinnenund Schüler aufgrund der niederen Schreib- und Lesekompetenz Schwierigkeiten mitder Verschriftlichung eigener Gedanken und Aussagen haben.Diese Einschränkung bedeutet, dass ein Lerntagebuch auf den unteren Primarstufen nurin kurzen Sequenzen eingesetzt werden kann, da die Schüler nur kurze Abschnitteverschriftlichen können. Das Lerntagebuch zeigt so zwar nicht einen gesamten Lernprozessauf und spiegelt auch nicht den Lernweg wieder, jedoch werden einzelne Aufgabenstellungengelöst und die Arbeitsweise sowie das Lernverhalten reflektiert. Derganze Lernprozess läuft also auf verschiedenen Ebenen ab (Frontalunterricht, individuelleBegleitung, Gruppen- und Klassenarbeiten, Werkstatt, Übungseinheiten in Einzelarbeit),wobei die Arbeit mit dem Lerntagebuch nur ein Teil des gesamten Lernwegesdarstellt. Insofern ist auch die Reflexion nur auf einen einzelnen Lernschritt fokussiertund bezieht sich nicht auf den gesamten Prozess. Die Analysen haben gezeigt, dass dieReflexionen unterschiedlich differenziert ausfallen können. Einige Schülerinnen undSchüler begnügen sich mit einer Beschreibung des Vorgehens im Sinne von: „Was habeich gemacht?“ und äussern sich über ihre Befindlichkeit: „Ich habe es gern gemacht.“Andere Lernende gehen einen Schritt weiter und fassen in eigenen Worten Überlegungenzum Vorgehen und zum thematischen Inhalt zusammen oder bemerken, wo sie auf24


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07Schwierigkeiten gestossen sind. Weitere Schülerinnen und Schüler haben sich weiterführendeGedanken zu ihrem Lernverhalten gemacht und notiert, was sie anders hättenmachen können.Diese Zusammenfassung soll aufzeigen, dass Reflexionen auch auf dieser Stufetiefgreifend ausfallen können und sehr wohl zu einem reflektierten Lernverhalten beitragen.Dies wiederum führt zu einer grösseren Nachhaltigkeit des Gelernten.Die formalen Bedingungen, welche für diese Umsetzung sprechen, kommen auch denFähigkeiten der Kinder dieser Alterstufe entgegen, welche noch nicht in der Lage sind,einen gesamten Lernprozess zu überblicken. Unsere erste Hypothese, welche besagt,dass ein Kind in der ersten/zweiten Klasse einen gesamten Lernprozess nicht überblickenkann und dass dies nicht seinem Zeitempfinden und Erinnerungsvermögen entspricht,wird dadurch bestätigt.Diese formalen Bedingungen, die sich aus dem Entwicklungsstand der Kinder ergeben,machen klar, dass <strong>Lerntagebücher</strong> nach Gallin und Ruf auf den unteren Primarstufennicht umsetzbar sind. Ziel ist es, möglichst nahe an die Idee heranzukommen und eineVorarbeit für spätere Formen von <strong>Lerntagebücher</strong>n zu leisten und die angesprochenenZiele zu verfolgen mit Hilfe einer Form, die sich zwischen Portfolio und Lerntagebuchbewegt (Beispiel Forscherbuch). Diese Mischung ermöglicht es, auch auf dieser Stufeein knowledge transforming zu erreichen: Das Portfolio wird ergänzt durch Protokolleder Schülerinnen und Schüler, in welchen sie sich Rechenschaft über ihr Lernverhaltengeben und ihre Tätigkeit reflektieren. Die Reflexion der Lernschritte begünstigt einknowledge transforming, da die Lernenden durch die Verschriftlichung dazu angehaltenwerden, sich intensiv mit dem Lerngegenstand und ihrem Lernverhalten auseinander zusetzen. Unsere Analysen zeigen, dass durch Training und gezielte Unterstützung eineReflexion und Selbsteinschätzung sehr wohl möglich sind! Zu Beginn der 1. Klasse,wenn noch nicht alle Kinder schreiben und lesen können, könnten die Reflexionen z.B.vermehrt in Einzel-, Gruppen- und Klassengesprächen abgehalten werden, wobei dieLehrkraft Notizen zu den Aussagen und Gedanken der Gesprächsteilnehmenden macht.Die Lehrperson könnte die mündliche Reflexion der einzelnen Schülerinnen und Schülerauch verschriftlichen (expressive Sprache).Unsere zweite Hypothese („Die Form des Portfolios entspricht eher den Voraussetzungen,Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder in der 1. und 2. Klasse als ein Lerntagebuch.“)bewahrheitet sich also nur bedingt, weil auch das Portfolio unbedingt durchkurze schriftliche Protokolle zu ergänzen ist. In diesem Sinne ergibt sich auch die Be-25


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/07antwortung der dritten Hypothese, nämlich dass das Dokumentieren des Lernprozessesin Form eines Portfolios kein knowledge transforming ermöglicht, da die Reflexion einwichtiger Bestandteil des Prozesses von einem knowledge telling zu einem knowledgetransforming darstellt. So kann also noch einmal gesagt werden, dass eine Mischformvon Portfolio und Lerntagebuch die ideale Form für den Einsatz auf dieser Stufe darstelltund den Zielen, Kompetenzen und Bedürfnissen der Kinder dieser Entwicklungsstufeam ehesten entspricht. Zu unseren Schlussfolgerungen bezüglich der geeignetenForm auf dieser Stufe möchten wir abschliessend noch folgende Überlegungen festhalten:Unseres Erachtens kann die betreffende Lehrperson innerhalb dieser Mischformvon Lerntagebuch und Portfolio einen Schwerpunkt setzen. Die Gewichtung desSchwerpunktes hängt davon ab, welche Ziele mit dieser Arbeit verfolgt werden undwelche Bedürfnisse und Möglichkeiten die Klasse mitbringt.Durch die intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik konnten wir uns für die I-dee des Führens eines Lerntagebuches mit Kindern begeistern und möchten eine Formdes Lerntagebuches in einer eigenen Klasse einsetzen. Gerade die Möglichkeit, denKindern Raum zu geben, sich individuell mit einem Lerngegenstand beschäftigen zukönnen und die Möglichkeit einer individuellen Betreuung durch die Lehrperson überzeugenuns von dieser Methode. Diese individuelle Auseinandersetzung mit einzelnenAspekten eines Themas entspricht den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand desKindes.Wir persönlich ziehen aus den gesammelten Ergebnissen die Konsequenz für unserepersönliche Arbeit, dass im Fokus der Arbeit mit Portfolio- und Lerntagebuchformendie Reflexion des Lernprozesses und des Lernverhaltens steht. Es erscheint uns wesentlich,dass die Schülerin/der Schüler das Reflektieren auf der Metaebene erlernt undimmer wieder dazu angehalten wird, diese Fähigkeit zu üben, zu vertiefen und zu erweitern,spielt doch die Reflexion eine zentrale Rolle im Wandel von einem knowledgetelling zu einem knowledge transforming.26


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/075. SchlusswortRückblickend stellen wir fest, dass sich unser geplantes Vorgehen als sinnvoll erwiesenhat und wir einen umfassenden Einblick über die von uns gewählte Thematik <strong>Lerntagebücher</strong>gewonnen haben. Durch die Erarbeitung theoretischer Erkenntnisse und dieergänzenden Berichte über Erfahrungen, Bedingungen und Sachverhalte in der Praxisdurch amtierende Lehrpersonen konnten wir unsere Fragestellung, ob und in welcherformalen und inhaltlichen Form sowie mit welchem Ergebnis <strong>Lerntagebücher</strong> aufden unteren Primarstufen geführt werden, vorläufig beantworten. Unseres Erachtenssind die herausgearbeiteten Sachverhalte und Antworten für unsere eigene zukünftigeArbeit als Lehrpersonen gewinnbringend und anwendbar. Die Vorstellungen und Ideenzu Formen von <strong>Lerntagebücher</strong>n und Portfolios, wie sie beispielsweise Gallin und Rufals Theoretiker aber auch Gäumann als praktizierende Lehrperson aufzeichnen, zeigenuns auf, inwiefern die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n unabdingbar ist für eine individuelleFörderung und Begleitung von Schülerinnen und Schülern auf ihrem Lernweg.Wir freuen uns darauf, mit unseren gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen baldpersönlich eine Mischform von Lerntagebuch und Portfolio in einer eigenen Klasseeinzusetzen.Nathalie Arnold und Dinah Matter27


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/076. Quellenverzeichnis• Bräuer, Gerd (2003): Schreiben als reflexive Praxis: Tagebuch, Arbeitsjournal,Portfolio. Freiburg im Breisgau: Fillibach-Verlag.• Easley, Shirley-Dale und Mitchell, Kay (2004): Arbeiten mit Portfolios. Müllheiman der Ruhr: Verlag an der Ruhr.• Gallin, Peter und Ruf, Urs (1990): Sprache und Mathematik in der Schule. Zürich:Verlag Lehrerinnen und Lehrer Schweiz.• Gallin, Peter und Ruf, Urs (1996): Mit Geschichten lernen - Lernen als Geschichteerleben, auch in der Mathematik. Merkmale eines Sprachunterrichts, von demauch andere Fächer profitieren. In: Hohmann, Joachim; Rubinich, Johann (Hrsg.),Wovon der Schüler träumt. Frankfurt: Peter Lang. S. 319-369.• Grace, Cathy und F. Shores, Elizabeth (2005): Das Portfolio-Buch für Kindergartenund Grundschule. Mülheim an der Ruhr. Verlag an der Ruhr.• Hrsg: Klosa, Annette; Kjunkel-Razum, Kathrin; Scholze-Stubenrecht, Werner &Wermke, Matthias (1999): DUDEN. Das Fremdwörterbuch. Augsburg: WeltbildVerlag GmbH.• Lehrplan für die Volkschule des Kantons Bern (1995). Staatlicher Lehrmittelverlagdes Kantons Bern.• Neber, Heinz (1974): Die Erforschung spontanen Lernens. Weinheim und Basel:Beltz Verlag.• Nückles, Matthias und Renkl, Alexander und Fries, Stefan (2005): WechselseitigesKommentieren und Bewerten von Lernprotokollen in einem Blended LearningArrangement. In: Unterrichtswissenschaft. Zeitschrift für Lernforschung. 33. Jg. Bd.3. Juventa. Weinheim, S. 227-243.• Ortner, Hanspeter (2000): Schreiben und Denken. Tübingen: Niemeyer Verlag.• Piekara, Frank H. und Ciesinger, Kurt-Georg, Muthig und Klaus-Peter (1987): Notizenanfertigen und Behalten. In: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie 1(4), S.267-280.28


Nathalie Arnold, Dinah Matter <strong>Lerntagebücher</strong> schriftliche Arbeit WS 06/077. AnhangFragenkatalog zur Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n• Zu welchem Zeitpunkt führst du das Lerntagebuch ein? (Jahresplanung)• Wie führst du das Lerntagebuch ein?- Regeln- Arbeitszeitpunkt/-spanne- Reflexion (Einüben?)• Wie oft und in welcher Form gibst du den einzelnen Lernenden Rückmeldungen?• Welche Ziele verfolgst du mit der Arbeit mit dem Lerntagebuch?• Welche Veränderungen nimmst du im Laufe des Schuljahres im Zusammenhang mitder Lerntagebucharbeit wahr?- Lernstrategien/-prozesse- Reflexionsfähigkeit- Telling/transforming¨• Welche Rückmeldungen/Äusserungen werden von den Schülerinnen und Schülern zuder Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n geäussert?• Welche Erfahrungen und Erlebnisse zur Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n scheinen dir besonderserwähnenswert/bezeichnend?• Welche Punkte müssen deiner Ansicht nach beachtet werden, wenn man mit einerKlasse die Arbeit mit <strong>Lerntagebücher</strong>n planen und durchführen will?- Themen/Fächer- Bedingungen- Vorbereitungen („Vorübungen“)- Regeln/Zeitpunkt29

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