12.07.2015 Aufrufe

H.R. Giger Maler und Plastiker - the little HR Giger Page

H.R. Giger Maler und Plastiker - the little HR Giger Page

H.R. Giger Maler und Plastiker - the little HR Giger Page

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

H.R. <strong>Giger</strong><strong>Maler</strong> <strong>und</strong> <strong>Plastiker</strong>Wir werden heute von einer nicht absehbarenWelle von Neo-Surrealismus überschwemmt, dergerade weil er sich eng an historische Vorbilderhält, dem wahren surrealistischen Geist zutiefstwiderspricht. Denn der ernst zu nehmende surrealistischeElan zielt ständig nach neuen Schrekken,Abenteuern <strong>und</strong> Verzauberungen. Der 1940in Chur geborene, seit r<strong>und</strong> zehn Jahren in Zürichlebende H. R. <strong>Giger</strong> gehört zu den ganz wenigen,die tatsächlich imstande sind, die Alpträume desSpätbürgertums so zu formulieren, dass es einemden Atem verschlagen kann.Fast alle Surrealisten verstehen ihr Handwerk;<strong>Giger</strong> versteht es noch besser. Er verfügt überjene unabdingbare Präzision - nicht nur der handwerklichenDurchführung, sondern auch der innerenVorstellung -, die schliesslich darüber entscheidet,ob der Betrachter eine surreale Schreckvisionals unausweichlich entgegennehmen mussoder aber ob er sie abschütteln kann, weil ihmantiquirierte Ängste - meist die sogenannte Ur-Angst, die zu nichts verpflichtet - entgegengestelltwerden.<strong>Giger</strong> hat nach einem Praktikum als Hochbauzeichnerin Chur die Klasse für Innenausbau <strong>und</strong>Design (Lehrer: Willy Guhl) an der KunstgewerbeschuleZürich besucht <strong>und</strong> dann währendeines Jahres den bekannten konkreten Künstler<strong>und</strong> Designer Andreas Christen assistiert. Mitandern Worten: 1959-67 stand er durchaus aufSeiten derer, die unserer hochtechnisierten Zivilisationnicht misstrauen, sondern sie vollerOptimismus mit errichten oder zu verbessernversuchen. Aber schon während dieser Ausbildungszeitentstanden makaber-witzige Cartoon-Zeichnungen für Zeitschriften wie «Sprachrohr»,«Clou», «Opposition». Schon sie zeigen denMenschen durch Technik <strong>und</strong> Atomschlag verkrüppelt.Dass für <strong>Giger</strong> die Möglichkeit des Surrealismus(der Phantastik) nicht einfach eine Stilmaske bedeutet,die er aufnehmen <strong>und</strong> nach Belieben wiederweglegen kann, geht aus dem monographischenBilderbuch «A Rh +» (1971 im Walter-Zürcher-Verlag, Gurtendorf, erschienen), nochdeutlicher aus einem unveröffentlichten Interviewmit Heinz Thiel hervor. Daraus ist zu entnehmen,dass ihn bereits in der Kindheit unheimlicheRäume <strong>und</strong> Träume Umtrieben. DieTamina-Schlucht mit ihren «irrsinnigen Felsen»,der unterirdische Gang, der unter der Stadt Churbis zum bischöflichen Schloss <strong>und</strong> dabei durch<strong>Giger</strong>s Elternhaus führt, die Folterkammer <strong>und</strong>die von den Plantas nach Hause gebrachtenägyptischen Mumien im Museum, frühe Lektürevon Märchen («Von einem, der auszog das Fürchtenzu lernen») <strong>und</strong> der Werke E.A.Poes, aberauch eine seelische Disposition, die <strong>Giger</strong> selbstmit einem Geburtstrauma zusammenbringt-dasalles hat den Künstler entscheidend geprägt, dasalles erscheint verwandelt in seinen Bildern,Posters <strong>und</strong> Plastiken.1968 entstand in Tusche auf Transcop <strong>und</strong> Holzdie «Gebärmaschine». Diese Arbeit beschliesst<strong>Giger</strong>s Frühwerk (wenn man sich schon so ausdrückendarf) <strong>und</strong> treibt die dieser Epoche eigene,mit schwarzem Humor aufgeladene Krassheit aufdie Spitze. Wir sehen den Querschnitt einer nachoben gerichteten automatischen Feuerwaffe, inderen Magazin <strong>und</strong> Lauf statt der PatronenMenschlein, uniform wie ein Serienprodukt, eingereihtsind. Da sie in eine brutalisierte <strong>und</strong> verseuchteWelt geschossen werden, sind sie bereitsmit einer Art Taucherhelm als Schutzmaske<strong>und</strong> mit einer Maschinenpistole ausgerüstet.Ebenfalls von 1967/68 an hat <strong>Giger</strong> eine seltsambeunruhigende <strong>und</strong> doch auch bemitleidenswerteMenschenmasse, die «Biomechanoiden»(auch als Portofolio bei Bruno Bischofberger erschienen)ins Leben gerufen. Damit gelang derSchritt vom Grotesken zum Dämonischen. DieBiomechanoiden erscheinen als Menschen vonmorgen, aus der Perspektive einer pessimistischenUtopie gesehen, bei der das Genre desScience Fiction auf eine zwar höhere, aber keineswegsim Sinne des Klassischen eine geläuterteStufe gehoben wird. <strong>Giger</strong>s Zukunftsmenschen4pdf created by www.<strong>little</strong>giger.com


würde man mit dem Jargon der heutigen Jules-Verne-Jünger als Mutanten bezeichnen. IhreAnatomie weist sowohl Wucherungen als auchRückbildungen auf, sie tragen Gasmasken oderAntennen, sind überhaupt mit phantastischenApparaturen verwachsen oder werden von diesenunentrinnbar umfangen. Die technische Ausrüstung,mit dem Körper eins geworden (wie wires wenigstens als Vorstufe bereits heute bei denAstronauten beobachten können), ersetzt verkümmerteGlieder <strong>und</strong> Organe. Eine derartigephysiologische Funktionssteigerung der menschlichenSinne verbindet sich mit embrionalerHilflosigkeit; aber anstelle des schützendenMutterleibes ist eine folternde Maschinerie getreten.Obwohl «Missgeburten», halten sich <strong>Giger</strong>sgelängte weibliche Wesen zuweilen in eleganter,angestrengt-manieristischer Pose oderstrahlen einen gefährlichen Sex Appeal aus. DieBezeichnung «weibliche Wesen» trifft übrigensnicht immer zu: die von selbst herbeigeführteApokalypse hat auch Kreuzungen hervorge-Gebärmaschine, 1968, Tusche auf Transcop auf Holz,110x170 cmNr. 107, Phalleluja, 1969, 100 x 74 cm, Öl auf Holzbracht, bei denen sich beide Geschlechter vereinigen- Hermaphroditen, die nach einer unerfüllbarenLust lechzen.Um 1970 hat <strong>Giger</strong> eine neue, <strong>the</strong>matisch wiegestalterisch folgenreiche Wendung vollzogen.Er braucht nun nicht mehr das im Gr<strong>und</strong>e romantischePanoptikum vamphafter Mutanten aufzubieten,um einem das Gruseln beizubringen, sonderner belädt jetzt alltägliche Gebrauchsgegenstände,zum Beispiel Badewannen, noch häufigerletztlich <strong>und</strong>efinierbare, wenn auch ebenfalls anden Alltag erinnernde Objekte mit magischerDrohung. Er nennt diese in ihrer stummen gefrässigenDinglichkeit furchtbaren Vorrichtungen«Passagen». Sie lassen an Wurfschächte, Müllschlucker,Verbrennungsöfen denken. Wie frühereWerke sind sie mit einer Neigung zum Monochromengemalt, aber nicht mehr in auserlesenenGrau-, Braun-, Purpur-Stufungen, sondern infast schmerzend intensiven, psychodelischenBlau, Violett, Rosa, Weiss. Mit den «Passagen»hat sich <strong>Giger</strong> eine bisher gemiedene gestalterischeZucht <strong>und</strong> Formbeschränkung auferlegt,wodurch er das Unheimliche seiner Schöpfungennur noch zu steigern vermag. Fritz Billeter5


Ausstellungen, Editionen, besondere Tätigkeiten.Wichtige Gruppenausstellungen: 1969 «PhantastischeFiguration», Helmhaus Zürich; 1971«The Swiss Avant Garde», New York. Einige Einzelausstellungen:1970 «Passage», Galerie Bischofberger,Zürich; 1972 Galerie 57, Biel.Filme: 1966/68 «High» <strong>und</strong> «Heimkiller», in Zusammenarbeitmit F. M. Murer (im Rahmen derPoetenz-Show von Urban Gwerder); 1969«2069», eine Episode in dem von der SchweizerischenVolksbank finanzierten Film «Swissmade»;in Vorbereitung: «Passagen», ein Filmvon F. M. Murer über H.R. <strong>Giger</strong>.Editionen: «Biomechanoiden» (Portofolio mitacht Siebdrucken, verlegt von Bruno Bischofberger,Zürich); Posters, verlegt durch die FirmaWizard & Genius, Zürich.1969/70 Requisiten für «Early Morning» vonEdward Bond in der Inszenierung von PeterStein am Schauspielhaus Zürich.Werkdokumentation: «A Rh +», Walter-Zürcher-Verlag, Gurtendorf, 1971.Passage VII, 1970, Öl auf Holz, 100 x 80 cm,Sammlung E. NebelBiomechanoid, 1969, Siebdruck, 100 x 70 cmPassage XVI, 1972, Acryl auf Karton, 100 x 70 cm6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!