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Astro Talk: Ich wollte nie anecken - the little HR Giger Page

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<strong>Astro</strong>-<strong>Talk</strong>BLICK IN DIE STERNE:Die «Schweizer Familie» lädt prominente Persönlichkeiten ein undkonfrontiert sie mit ihrem Geburtshoroskop. Dieses wird vorgängigvon der «Schweizer Familie»-<strong>Astro</strong>login Da<strong>nie</strong>la Anhorn erstelltund analysiert. Die <strong>Astro</strong>login kennt den Namen des Gastes nicht.Ihr sind nur Geschlecht. Geburtsdatum, Geburtsort und Geburtszeit bekannt.pdf created by www.<strong>little</strong>giger.com


MenschenSerie <strong>Astro</strong>-<strong>Talk</strong> mit <strong>HR</strong> <strong>Giger</strong>Der Künstler <strong>HR</strong> <strong>Giger</strong> ist mit seinem Monster für den Film «Alien» weltberühmtgeworden. Doch er <strong>wollte</strong> damit nicht schockieren. Ihm geht es darum,sich seine Ängste vom Leib zu halten - wie die Sterne es vorausgesehen haben.Text Bruno Bötschi und Michael SolomickyFotos Philipp RohnerIllustrationen: Marc SardinDer WassermannHansruedi «<strong>HR</strong>» <strong>Giger</strong> wurde am 5. Februar 1940 inChur GR als Sohn eines Apo<strong>the</strong>kers geboren. Nachder Lehre als Hochbauzeichner absolvierte er in Zürichdie Kunstgewerbeschule, Fachrichtung Innenarchitekturund Industriedesign. Seine ersteAusstellung fand 1966 statt. Weltweitbekannt wurde er 1980, als er für dieGestaltung des Monsters im Film «Alien» inder Kategorie «Visuelle Effekte» den Oscar gewann. Sei<strong>the</strong>r arbeiteter immer wieder für die Filmindustrie. Für Aufsehen sorgten seinediversen Plattencovers - unter anderem 1973 für die britischeRockband Emerson, Lake and Palmer («Brain Salad Surgery»).<strong>Giger</strong> war mehrere Jahre mit Schauspielerin Li Tobler liiert, diesich 1974 das Leben nahm. 2006 hat er seine langjährigeLebenspartnerin Carmen Maria Scheitele, 42. geheiratet, die das1998 eröffnete <strong>HR</strong>-<strong>Giger</strong>-Museum im Schloss Greyerz FRleitet. www.hrgigermuseum.comSchweizer Familie 47/2007 17


«Als Kind litt ich unter Platzangst. Das habe ich dannmit Käfigen in meinen Bildern verarbeitet.»Hansruedi <strong>Giger</strong>SCHWEIZER FAMILIE: Herr <strong>Giger</strong>, sindIhre Nachbarn gut auf Sie zu sprechen?HANSRUEDI GIGER: <strong>Ich</strong> glaube schon. <strong>Ich</strong>hatte immer sehr nette Nachbarn. <strong>Ich</strong>glaube, die mögen mich. Einmal haben siemir sogar beim Verlegen der Gleise fürmeine Garteneisenbahn geholfen.Rennen die Nachbarskinder nichtweinend heim, weil Ihr Garten vonKreaturen bevölkert wird, dieder Hölle entsprungen sein könnten?Im Gegenteil. Die Kinder sind stolz aufmich. Manchmal werde ich nach Autogrammengefragt. Aber ich bin froh, wennman mich nicht erkennt.Meiden Sie die Menschen?<strong>Ich</strong> gehe nur an Anlässe, wenn ich muss.Auf Ihrer Klingel steht: «Wir sind immerda.» Gehen Sie <strong>nie</strong> weg?<strong>Ich</strong> habe praktisch keinen Kontakt. Interviewsgebe ich auch nicht gerne. Weil ichnur mit Leuten normal reden kann, dieich gut kenne.Was wollen Sie jetzt mit uns machen?<strong>Astro</strong>-Analyse<strong>Ich</strong> bin einfach nett zu Ihnen. <strong>Ich</strong> will Sienicht mit Ablehnung brüskieren.Sie wohnen in...Entschuldigung, aber mir wäre es lieber,wenn Sie nicht schreiben würden, wo ichwohne.Warum?<strong>Ich</strong> will nicht, dass Leute hier einfachauftauchen.Gut. Seit 37 Jahren leben Sie in einerehemaligen Arbeitersiedlung in einemAussenquartier von Zürich. Hier würdeman viele Leute erwarten, Sie aberbestimmt nicht.Mir hat es hier immer gut gefallen, weilich ein bisschen versteckt bin. Furchtbarist nur: Alle bringen etwas mit, aber rausgeht nicht viel. Dann sammelt es sich haltin all den Jahren an. Das reinste Chaos.In der <strong>Astro</strong>analyse steht, Sie würdengerne den bürgerlichen Rahmensprengen. Sie leben aber in einemnormalen, bürgerlichen Umfeld.Es ist mir wohl.«Er sucht das Unvermutete, Extreme»Das vorliegende Horoskopspricht für eine ausgesprochenwillensstarke,charismatische Persönlichkeit.Ein ausgeprägter Individualistund Exzentriker. Erliebt es. im Rampenlicht zustehen. Der Fokus soll wenigerauf ihn als Person gerichtetsein, seine schöpferischenErzeugnisse sollenbewegen. Als Wassermannwill er die Grenzen des Bisherigendurchbrechen. Seinkreatives Talent hilft ihm.etwas Besonderes aus seinemLeben zu machen. Inseinen Handlungen undGedanken ist er zuweilenunberechenbar. Er ist einErfinder, der aufpassenmuss, dass er sich nicht imElfenbeinturm utopischerIdeen zu sehr von der Weltisoliert. Er hat etwas voneinem schrulligen Professor,der zwischen Ge<strong>nie</strong>und Wahnsinnpendelt. Ergefällt sich in derRolle des Enfantterrible. das mitsurrealen Ideen provoziert.Er sucht das Unvermutete,Extreme, Paradoxe.Er ist eine Kämpfernaturund bereit, sich auch mitunpopulären Schrittendurchzusetzen. Dahinterkann sich indirekt eine Rebellionverstecken gegen dieKonventionalität der Eltern.Obwohl er unter strengenPrinzipien der Erziehunggelitten hat. neigt er selberdazu, sich durch starrePrinzipien einzuschränken.Obwohl er die gesellschaftlicheNormierung anprangert,ist es ihm wichtig, Respektund Ehre zu erfahren.Trotz rebellischer Natur ister empfindlich, wasöffentliche Kritik anbelangt.Denn vermutlichhat er die strengenPrinzipien seiner Kindheitmehr verinnerlicht.als ihm lieb ist. Mit eisernemWillen verfolgt er ehrgeizigeZiele. Sein Eigenwillemacht ihn anfällig für Autoritätskonflikte.Weil er <strong>nie</strong>gelernt hat, der GefühlsebeneBeachtung zu schenken,kann er sich selbergegenüber sehr hart sein.Sicherlich kennt er Zeitender Melancholie, Schwermütigkeitund Einsamkeit.Er kann zurückgezogenleben, und doch braucht erden lebendigen Austauschmit anderen. Auf der Beziehungsebenefühlt er sich zuoriginellen Menschen hingezogen,die durch einenrebellischen Zug auffallen.Es bleibt aber ein Widerspruch.Ausser meinen Bildern ist es hier dochrecht bieder.Aber mit Ihrer Kunst kratzen Sie gernan den gesellschaftlichen Grenzen.Das macht doch jeder Künstler. <strong>Ich</strong> bringedas bürgerliche Leben und meine Kunstunter einen Hut. Oder haben Sie dasGefühl, das gehe nicht?Wir fragen bloss, wie es funktio<strong>nie</strong>rt.Es funktio<strong>nie</strong>rt bestens.Vielleicht, weil Sie in einembürgerlichen Elternhaus aufgewachsensind und in Ihrer Kunst versuchen,aus diesen Grenzen auszubrechen.Das zumindest vermutet unsere <strong>Astro</strong>-Analyse.<strong>Ich</strong> habe immer geschaut, mit meiner Kunstim Rahmen zu bleiben, nicht anzuecken.<strong>Ich</strong> bin nicht ein Künstler, der die Menschenschockieren <strong>wollte</strong>. Im Grunde habeich mein Werk für mich gemacht.In der Analyse heisst es, Ihre Kunstsei eine Verarbeitung der Alpträume,von denen Sie als Kind heimgesuchtworden seien.Das kann man so sagen.Was haben Sie damals geträumt?<strong>Ich</strong> konnte es nicht ertragen, wenn Tieregeplagt wurden. Das ist mir dann in denTräumen hochgekommen. Eine Zeit langlitt ich als Kind unter Platzangst. <strong>Ich</strong> hattedas Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.Das habe ich dann in meinen Bildern mitengen Käfigen und Kaminen verarbeitet.Haben Sie heute noch solcheklaustrophobischen Anfälle?Einmal bin ich im Flugzeug total ausgeflippt.Es war in Mailand. Wir warenlängst eingestiegen und mussten warten.Aber die Hessen einfach die Ventilationnicht an, und es wurde immer heisser. Dahat es mich fast «verjagt». Irgendwannbin ich ausgerastet und habe mit der Faustan die Flugzeugwand gehauen. Aber eshat <strong>nie</strong>mand reagiert. Es war grauenvoll.Fliegen ist eine üble Sache.Waren Ihre Alpträume Ausdruck einerbeklemmenden Kindheit?<strong>Ich</strong> hatte eine schöne Kindheit. MeineEltern waren sehr lieb. <strong>Ich</strong> wurde <strong>nie</strong> geschlagenoder sonst schlecht behandelt.18 Schweizer Familie 47/2007


«Glauben Sie an ein Lebennach dem Tod?» - «Das istdoch nur zur Beruhigung.Damit wir denken können:Da gibt es noch was.» -«Und die Vorstellung vomNichts?» - «Die gefällt mir.»Sie kamen 1940 zur Welt, mitten imZweiten Weltkrieg. Haben Sie eineErinnerung an die dunkle Zeit?Woran ich mich bis heute erinnern kann,ist diese kollektive Furcht, die damalsgeherrscht hat......und die Sie sich als Kind nichterklären konnten.Das war das Schlimmste daran. Zu spüren,dass etwas nicht stimmt, aber nicht zuwissen, was es ist. Und am Abend wurdemanchmal die Wohnung abgedunkelt.Haben die Eltern mit Ihnen über dieSituation geredet?Vater war Offizier und hat immer gesagt,er liesse sich von den Nazis nicht ohneGegenwehr abführen. Wir hatten vieleWaffen zu Hause. Und ich später auch.Warum?<strong>Ich</strong> habe einfach Freude an Waffen. Siesind schön, haben eine faszi<strong>nie</strong>rendeMechanik.Und zum Schiessen?Die Freude am Schiessen ist mir beimMilitär schnell vergangen. <strong>Ich</strong> habe dieRekrutenschule gemacht, Minenwerfer-Kano<strong>nie</strong>r, leichte motorisierte Truppe,Winterthur. Ein schöner Schmarren.Und wo ist jetzt die von der Analysevermutete Verbindung zwischenden Erlebnissen aus Ihrer Kindheitund Ihren Bildern?Da waren zum Beispiel die Treppen: Inunserem Haus an der Storchengasse inChur hatte es über der Treppe ein Fenster.Das war immer verschlossen. In meinenTräumen war das Fenster aber offen. Dahinterverbarg sich ein tiefer Schacht, indem gelbes Licht strahlte und in denviele Treppen hinunterführten. <strong>Ich</strong> wusstedamals schon, dass unter den Häusernvon Chur Treppen zum bischöflichenSchloss raufgingen. Das hat meine kindlicheFantasie beflügelt.Und Sie 20 Jahre später zu IhrenSchacht-Bildern inspiriert.Genau. Für mich sind das Treppen in eineandere Welt.War die Apo<strong>the</strong>ke Ihres Vaters auch eineQuelle Ihrer kindlichen Inspiration?Einmal bekam mein Vater von der FirmaSandoz einen Totenschädel geschenkt, erkam mit der Post. Den habe ich sofortbehändigt.Sie waren als Kind von einemTotenschädel faszi<strong>nie</strong>rt?Wahnsinnig. <strong>Ich</strong> war etwa fünf. Am Anfanghabe ich mich nicht einmal getraut,den Schädel zu berühren. <strong>Ich</strong> realisierte,das war einmal ein Mensch.Sie fühlten sich zu Dingen hingezogen,die Sie ängstigten. Die Analyse kommtzum Schluss, dass Sie sich dieseÄngste von der Seele gemalt haben.Haben Sie das auch so erlebt?Erst viel später. Auf einmal merkte ich, dassdie beengenden Träume verschwanden,sobald ich sie gemalt hatte.Und wenn Sie dieses Ventil nichtgehabt hätten?Dann hätte ich mich auf eine andere Artbefreit. Man muss ja nicht nur malen, mankann ja auch schreiben.Die Analyse vermutet, dass Sie sich amRand des Wahnsinns bewegen.Das klingt jetzt ein wenig hochgestochen.Hatten Sie <strong>nie</strong> Angst, wahnsinnig zuwerden?20 Schweizer Familie 47/2007


«Vielleicht es die Menschen einmal. Dann ist es haltso. Es kann sein, dass wir es nicht mehr im Griff haben.»Hansruedi <strong>Giger</strong>Einige Male fürchtete ich, mich umbringenzu müssen. <strong>Ich</strong> hatte das Gefühl, es inmeinem Körper nicht mehr auszuhalten.Aber das ist schon lange her, so um 1968.Warum haben Sie Ihrem Leben keinEnde gesetzt?Die Qual war offenbar doch nicht ganz soschlimm. Heute sage ich: Zum Glück habeich es <strong>nie</strong> getan.1980 stellt einen Wendepunkt in IhremLeben dar. Mit der Kreatur für den Film«Alien» wurden Sie weltberühmt.Weltberühmt? Das ist doch ein Witz.Nein. Sie erhielten für Alien einenOscar. Der Film ist ein Kinoklassiker.Das kam erst mit der Zeit. Anfänglich hatdie Presse den Film verrissen.Haben Sie Alien für den Film erfunden?Es war umgekehrt. <strong>Ich</strong> hatte zwei Bilder, dieTeile von Alien bereits beinhalteten. Zuerst<strong>wollte</strong> ich etwas Neues machen, doch RegisseurRidley Scott sagte, das sei schon gut.Genau genommen ist das Alien gar keinausserirdisches Wesen.Natürlich nicht, es lebt schon lange auf derErde.Es ist die Tiefseekrebsart Fronima, diesie inspiriert hat.Die Ähnlichkeit ist tatsächlich frappant.Doch ich habe Alien gezeichnet, bevorich von dem Krebs wusste. Fronima bekamich erst vor zehn Jahren geschenkt- schön konserviert.Sie haben eine Satellitenschüssel undschauen vor allem nachts Fernsehen.<strong>Ich</strong> schaue manchmal sehr lange. Und wennich am Morgen erwache, läuft der Fernsehernoch, aber keine Sendung mehr.Welches sind IhreLieblingssendungen?Die Serien «King of Queens» und «Lost».Vor allem schaue ich wissenschaftlicheSendungen auf dem Discovery- oder demHistory-Kanal.In Ihrer Küche steht eine Figur von Alf,dem ausserirdischen Helden einerTV-Kinderserie. Gefällt er Ihnen?Der ist gut. Seine Sprüche sind witzig. Derhat mir sofort gefallen.Was sagt das Alien dazu, wenn sich seinSchöpfer mit anderen Ausserirdischenam Fernsehen vergnügt?<strong>Ich</strong> habe die beiden einander vorgestellt.Und?Es ist nichts passiert, die beiden mögensich. Schliesslich sind beide falsche Ausserirdische.Sie halten zusammen.In Ihrem Garten stehen sogenannteBiomechanoiden, Wesen zwischenMensch und Maschine. Stehen dieseKreaturen - wie die Analyse vermutet -für die gesellschaftlichen Ängste vorder Technologisierung?Im Gegenteil. <strong>Ich</strong> denke, die Technologieunterstützt uns. Dank ihr können wir überhauptüberleben.Im Moment wird zum Beispiel diskutiert,ob Menschen mit Beinpro<strong>the</strong>sen vonden Olympischen Spielen ausgeschlossenwerden sollen, weil......Menschen ohne Beine wahrscheinlichnicht so gut aussehen.Nein, weil Menschen mit Pro<strong>the</strong>senbald schneller laufen können alsSprinter mit ihren eigenen Beinen.Das ist doch super. Damit wird Menschenmit einem Handicap das Leben erheblicherleichtert.Ist der Mensch ein Auslaufmodell?Wenn schon. Vielleicht «verjagt» es dieMenschheit einmal. Dann ist es halt so.Es kann sein, dass wir es früher oderspäter nicht mehr im Griff haben.Früher <strong>wollte</strong>n Sie sich umbringen.Haben Sie heute Angst vor dem Tod?Ja, schon, vor allem Angst vor dem Leiden.In meinem Alter wird man sich dereigenen Endlichkeit bewusst. Doch manweiss <strong>nie</strong>, wie lange es noch geht, es kanngrad morgen fertig sein. In diesen Momentenwünsche ich mir, ich hätte nochein bisschen mehr Zeit.Glauben Sie ans Leben nach dem Tod?Meine Frau Carmen glaubt daran. <strong>Ich</strong> binda nicht so sicher. Das ist doch nur zurBeruhigung. Damit wir denken können:Da gibt es noch was.Und die Vorstellung vom Nichts?Die gefällt mir.ANZEIGE

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